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Schneemann:
Grad zufällig drüber gestolpert:
https://www.youtube.com/watch?v=ukLujeJezNU
Ist natürlich nur anekdotische Evidenz, aber es trifft es perfekt. Hör dir den jungen Russen ab 4:04 an:
4:16 Second of all, you can peacefully kill people without going to jail. You fight for russia at the end of the day. You won´t be punished for it.
4:34 Then you can torture them. You can put them on their knees and then you cut their (wahrscheinlich schwänze / genitalien) off. It´s very good.
4:47 And you get even 2200 Dollar for that!
4:53 I´d would like to get money for killing people.
4:58 And it´s not bad what i will do. Good must overcome evil.
Jetzt könnte man natürlich argumentieren, dass das ja nur ein einzelner junger Mann ist, verblendet von Propaganda usw. aber so einfach ist das nicht. Das ist eine in Russland sehr tpyische Haltung, insbesondere im ländlichen Russland in der Provinz. Es ist diese besondere Mischung aus Irrationalismus, Geldgier, trostlosen Lebensumständen ohne Perspektive, grundsätzlich extremer Gewaltbereitschaft, Armut und Schulden und der Möglichkeit im Krieg straffrei Normen zu brechen, welche die Russen dann im Einsatz zu Gewaltexzessen treibt.
In diesem Kontext auch sehr witzig und unterhaltsam:
https://www.youtube.com/watch?v=-CYHgPclI-g
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Zitat: Das primäre Problem der Ukrainer ist zur Zeit nach allem was ich so gesehen habe tatsächlich der Munitionsmangel. Dabei sah es im Sommer noch vorübergehend richtig gut aus. Und schon da haben die Ukrainer rationieren müssen.
Ein ebenso großes Problem wird immer mehr das der Krieg nicht mehr von allen Bereichen der Bevölkerung mitgetragen wird . Anfang letzten Jahres haben wir das erste mal von freiwilligen Rückkehrern aus der Ukraine gehört das die Bevölkerung die Ruheplätze hinter der Front in Ortschaften nicht mehr haben wollte . Mittlerweile hat es Ausmaße angenommen das diese Plätze an die Russen verraten werden in dem man z.B. Zeichen auf die Straße malt wenn sich Einheiten in so einem Platz befinden das diese von russischen Drohnen erkannt werden können. Vor allem aus dem südlichen Bereich kommen solche Berichte . Die Zahl der Freiwilligen hat nach der letzten Offensive stark abgenommen . Freiwillige die an der Offensive teilgenommen haben sagten das man stellenweise die Offensive abgebrochen hat weil es einfach nichts mehr zu befreien gibt dort . Das wir im laufenden Jahr groß mit einer Offensive rechnen können bezweifle ich mal . Moralisch ist einfach ein tief erreicht aus dem man schwerlich wieder heraus kommt. Auch gibt es wohl keine Ruhephasen mehr wie noch vor der Offensive . Die Verbände mit westlichem Gerät werden auch bloß noch von einem Brandherd zum nächsten verschoben ohne Ruhe oder ersatzpersonal .
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@Quintus
Zitat:Die Russen sind extrem, wirklich extremst stolz darauf militärisch herausragend zu sein - was sie in Wahrheit nicht sind. Das Selbstbewusstsein, die ganze eigene Identität, das eigene Selbstverständnis basieren darauf, dass man zumindest militärisch eine Supermacht ist und alle anderne Schwach. Dass russische Männer stärker, härter, leidensfähiger, und militärisch besser sind als alle anderen Völker der Welt. Das ist das Selbstverständnis. Daher stört es das russische Ego in unerträglicher Weise in der Ukraine nun real vorgeführt zu bekommen, dass man in Wahrheit militärisch viel schwächer ist als gedacht. Das ist inakzeptabel, auch für einfache arme Russen, oder sogar gerade eben für die.
Das sehe ich auch so, aber wenn man zudem dieses ganze Konstrukt aus Wahnwelten, Egozentrismus, Gedankenblasen, Armut, Überlegensheitsausflüchte etc. zusammenzieht, so muss doch auch irgendwann der Punkt erreicht sein, wo man den Fehler erkennt. Es laufen ja offensichtlich und ersichtlich so viele Dinge schief, dass man das mit den unterstellten Annahmen nicht mehr kaschieren oder schönreden kann - man kann sich vielleicht eine Weile lang selbst belügen oder auch daran glauben, aber es ist keine Dauerlösung, weder psychologisch noch praktisch.
Und am Ende wird man pragmatisch damit umgehen und sich auch die Fehler eingestehen und das bisherige Verhalten überdenken müssen, weil ansonsten wird man nur schwerlich eine weiterführende Lösung für sich und das Land selbst entwickeln können - allenfalls könnte man ansonsten dann nur noch mit der Handgranate in den Keller gehen und sich selbst in die Luft jagen. Und ob diese fatale Haltung sich wirklich in Russland durchsetzt, bei allem Fatalismus und angesammelten Misthaufen, das kann ich mir nun nicht vorstellen (zumindest nicht generell).
Zitat:Um das nochmal zu wiederholen: es spielt daher absolut gar keine Rolle gegen wen Russland gerade kämpft. Es wäre gegen Kasachstan genau das gleiche wie gegen Finnland oder gegen Azerbeidschan oder halt nun hier gegen die Ukraine.
Das kann und wird aber nicht dauerhaft funktionieren, selbst gegenüber anderen Diktaturen nicht. Dieser Planet kennt vielleicht 120 Mio. Russen - Tendenz aktuell deutlich fallend -, und weder können diese mit dieser Hoppla, wir sind halt so!-Haltung nach dem Westen, mit seinen vielleicht 800 Mio. Menschen, noch nach dem Osten mit mehreren Milliarden Menschen oder nach der islamischen Welt irgendetwas gewinnen. Am Ende steht man als einziger auf seiner Insel und guckt den Rest der Welt böse an und schreit Gebt auf, ihr habt keine Chance!
Schneemann
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Schneemann:
Zitat:muss doch auch irgendwann der Punkt erreicht sein, wo man den Fehler erkennt. Es laufen ja offensichtlich und ersichtlich so viele Dinge schief, dass man das mit den unterstellten Annahmen nicht mehr kaschieren oder schönreden kann - man kann sich vielleicht eine Weile lang selbst belügen oder auch daran glauben, aber es ist keine Dauerlösung, weder psychologisch noch praktisch.
1. Zunächst mal schiebt man dann die Schuld für das eigene Versagen einem Sündenbock zu, und dass ist hier der Westen. Man hätte ja längst gesiegt, wenn der Westen nicht seine gigantischen Arsenale welche er im Kalten Krieg angehäuft hat jetzt in der Ukraine entsorgen würde und noch darüber hinaus auch noch auf Anschlag produziert um die Ukraine mit Waffen vollzumüllen !
Man kämpft hier ja nicht gegen die Ukraine, sondern 120 Millionen tapfere heldenhafte Russen stemmen sich gegen 800 Millionen Schwächlinge aufwärts. Aber bei einer Überlegenheit von 1 : 8 für den Feind und dessen größerer Industrie muss man halt mehr kämpfen und noch härter sein usw.
2. Die Russen neigen aufgrund ihres Volkscharakters zu einer verblüffenden Passivität in Bezug auf bestimmte Umstände. Man nimmt deshalb solche Fehlentwicklungen sehr viel länger hin als jedes andere Volk, selbst wenn man darum weiß was tatsächlich die Gründe sind. Das greift tief in die Sozialkultur hinein und ist sogar militärisch relevant - aus dem gleichen Grund sind Russen beispielsweise in der Defensive so zäh zu schlagen. Weil sie in der Defensive Zustände hinnehmen die sonst niemand hinnehmen würde.
3. Sollte man aber wie schon geschrieben eine gewisse Grenze überschreiten, und dann kommt eine Mehrheit zu der Überzeugung, dass tatsächlich man selbst Schuld an allem ist, dann war es die Führung. Zunächst die bösen Bojaren, welche den Herrscher falsch beraten haben. Wären da nur gute Bojaren die dem Herrscher die Augen öffnen würden, dann würde alles gut werden. Die Rebellion von Wagner / Prigoshin ging in exakt diese Richtung bzw. resultierte aus diesem Reflex heraus.
Gnade Gott aber dem Herscher und seinem engsten Zirkel sollten die Russen auf die Idee kommen, dass er das Problem ist und Schuld an ihrer Demütigung und militärischen Erniedrigung. Und exakt das ist der Grund, warum Putin und der Kreis direkt um ihn herum diesen Krieg nicht einmal einstellen und beenden könnte, wenn er es selbst wollte.
Zitat:am Ende wird man pragmatisch damit umgehen und sich auch die Fehler eingestehen und das bisherige Verhalten überdenken müssen, weil ansonsten wird man nur schwerlich eine weiterführende Lösung für sich und das Land selbst entwickeln können
Und was ist real dort zu beobachten ? Man entwickelt seit Jahren schon keine weiterführende Lösung für das eigene Land. Die ganze Geschichte der letzten Dekaden sollte klar aufzeigen, dass die gerade eben das eigene Verhalten nicht so überdenken wie du dir das vorstellst. Die mafiösen Eliten nicht weil es ihren ökonomischen Interessen zuwieder läuft, das einfache Volk nicht, weil es Barbaren sind. Deshalb wird man keine weiterführende Lösung anstreben, sondern versuchen sich irgendwie mit Gewalt durchzusetzen.
Es ist die Logik eines kleinkriminellen Hinterhofschlägers die hier wirkt, sowohl in den Eliten als auch im Volk und diese Logik verbindet beide.
Zitat:allenfalls könnte man ansonsten dann nur noch mit der Handgranate in den Keller gehen und sich selbst in die Luft jagen.
Es wird sich stattdessen nach außen entladen. Und genau genommen ist der Ukrainekrieg bereits so eine Entladung oder vielmehr der Versuch einer Entladung. Man wird also ins Nachbarhaus gehen und dort sich mit dem Nachbarn zusammen in die Luft sprengen.
Zitat:Am Ende steht man als einziger auf seiner Insel und guckt den Rest der Welt böse an und schreit Gebt auf, ihr habt keine Chance!
Im Prinzip sind wir bereits an genau diesem Punkt. Sieh dir russisches Staatsfernsehen an, es ist exakt das von dir hier beschriebene Szenario: die stehen alleine auf der Insel, niemand mag sie und sie gucken hasserfüllt um sich und schreien: Ihr habt keine Chance, wir sind überlegen usw.
Zitat:weder können diese mit dieser Hoppla, wir sind halt so!-Haltung ..........irgendetwas gewinnen.
Zweifelsohne. Aber sie können trotzdem sehr viel Schaden anrichten. Und wenn sie das können, werden sie es tun. Es sind erstaunlich viele dort längst an dem Punkt wo ihre Haltung ist: natürlich verlieren wir, und wir sind schwach geworden und haben keine Zukunft, aber hier und jetzt werden wir noch so viel Schaden anrichten wie möglich.
Wenn wir untergehen sollen, dann müssen die anderen mit untergehen. Das ist der aktuelle Fatalismus bei einer zu großen Minderheit in Russland. Entweder werden wir siegen, oder alle verlieren. Und beides ist gleich gut.
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Da stellt sich mir die Frage: Was wäre bzw. wie wäre die Denke, wenn es anders gelaufen wäre?
Rein hypothetisch (nur ein Gedankenspiel):
- russischer Aufmarsch 2022
- der Westen ist zerstritten, die NATO zerrüttet, Donald II. herrscht im Weißen Haus
- russischer Angriff, recht zäher Kampf, aber man kommt dennoch voran
- Westen protestiert ein wenig, liefert ein wenig an die Ukraine, sanktioniert ein klein wenig
- ansonsten Schweigen und interner Zwist in der EU, Deutschland kauft weiter Gas und macht sein eigenes Ding
- Mitte 2023 ist die Ukraine russisch kontrolliert, es gibt nur hier und da noch ein paar Partisanengruppen
- 12 Millionen Flüchtlinge ziehen Richtung EU
- man hat zwar 100.000 Mann verloren und einiges an schwerem Gerät, aber war siegreich, Jubel in Moskau
- und man kann nun Schwarze Listen abarbeiten, liquidieren und "entnazifizieren"
Wenn deine Annahme bzgl. der russischen Denke stimmt, dann müsste es nun nicht der böse Westen sein, der der Sündenbock ist, sondern man selbst würde wohl sagen: Ha, wir sind die größten, besten und schönsten und coolsten Licht-Krieger und der schwu... Westen ist schwach und degeneriert und wir haben deswegen gewonnen und technisch haben wir es auch allen gezeigt...
Die Frage wäre nun: Würde man nun erst recht größenwahnsinnig werden und würde man dann weiter ausgreifen? Oder würde man sich begnügen mit dem Erfolg?
Weil: Ich vermute vielmehr, dass man den Westen so oder so als schwach ansehen würde, d. h. man würde sich das passende psychische Gebilde lediglich zurechtlegen, je nach Lagebild, und immer eine Rechtfertigung für irgendwas ableiten.
Würde der Westen also versagen und nichts machen und würde Russland in der Ukraine mehr oder minder "glorreich" siegen, dann wäre der Westen aus dieser Sicht vermutlich schwach, fies, böse, aber eben unfähig, rückständig und erschrocken angesichts der heranstürmenden "Lichtkrieger". Hält der Westen aber dagegen, wenn auch nur geringfügig, so wie derzeit, und versagt die russische Armee, dann ist der Westen schwach, fies, böse, aber eben technisch versiert und zutiefst hinterlistig.
Sollte also diese Psychose so zutreffen, wäre es überaus frustrierend für uns. Es hieße, wir können machen, was wir wollen, und haben die Rolle der Finsterlinge immer inne, eben einmal als charakterlich schwacher Finsterling und einmal schwacher, aber eben als technisch überlegener, hinterlistiger Fiesling.
Schneemann
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Treffem sich drei Insassen im Gulag:
"Warum bist du hier?"
"Ich habe den Kriegsverbrecher Igor Girkin beleidigt."
"Und du?"
"Ich habe den russischen Helden Igor Girkin öffentlich unterstützt."
"Und was ist mit dir?"
"Ich? Ich bin Igor Girkin."
Russischer Nationalist Igor Girkin zu vier Jahren Haft verurteilt
https://www.zeit.de/politik/ausland/2024...eg-donbass
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Schneemann:
Zitat:Sollte also diese Psychose so zutreffen, wäre es überaus frustrierend für uns. Es hieße, wir können machen, was wir wollen, und haben die Rolle der Finsterlinge immer inne,
Ja natürlich. Das ist doch ganz klassisch für Faschistische Gesellschaften, der Feind ist immer schwach, erbärmlich und verachtenswert, man selbst ist weit überlegen, aber zugleich ist der Feind extrem gefährlich, bedroht die Existenz der eigenen Nation und ist sehr hinterlistig. Das ist ein ganz klassisches Narrativ. So klassisch dass man es als einen Indikator von mehreren dafür hernehmen kann, ob eine Gesellschaft faschistisch ist oder nicht.
Zitat:Die Frage wäre nun: Würde man nun erst recht größenwahnsinnig werden und würde man dann weiter ausgreifen? Oder würde man sich begnügen mit dem Erfolg?
Man würde definitiv weiter ausgreifen. Hätte Russland in der Ukraine im ersten Anlauf gesiegt, und dass hätte rein theoretisch auch so stattfinden können, denn in den ersten Kriegswochen war die ganze Lage gar nicht so gut für die Ukraine und die Russen hätten tatsächlich auch siegen können, wenn sie es anders und geschickter angestellt hätten, dann würde Russland einige Zeit brauchen um die Ukraine niederzuknechten - aber gerade darin sind die Russen tatsächlich sehr gut. Die russischen Streitkräfte und Sicherheitsorgane sind vor allem in COIN wirklich hervorragend. Und dem folgend würde man frühzeitig, also spätestens nach wenigen Jahren das nächste Ziel angreifen.
Bei einem Sieg über die Ukraine wird sich meiner Einschätzung nach Russland auf keinen Fall mit dem "Erfolg" begnügen. Verbleibt also die Frage, wie schwer man die anschlagen kann und wie lange sie deshalb brauchen um ihre nächsten Ziele angehen zu können. Und wie man sie intern zu einem Umsturz bringt, ohne das Land intern zu sehr zu destabilisieren. Alles immens anspruchsvoll, und weit über unseren Fähigkeiten wenn man sich das ganze Jahrelange Gestümper des Westens so ansieht.
Werter Nightwatch:
Herrlich ! Aber insgesamt ist er ganz gut weggekommen. Jetzt muss er sich nur noch vor Tee und Fenstern hüten.
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(25.01.2024, 23:45)Quintus Fabius schrieb: Ja natürlich. Das ist doch ganz klassisch für Faschistische Gesellschaften, der Feind ist immer schwach, erbärmlich und verachtenswert, man selbst ist weit überlegen, aber zugleich ist der Feind extrem gefährlich, bedroht die Existenz der eigenen Nation und ist sehr hinterlistig. Das ist ein ganz klassisches Narrativ. So klassisch dass man es als einen Indikator von mehreren dafür hernehmen kann, ob eine Gesellschaft faschistisch ist oder nicht.
Ähm, man tausche mal die Sichtweise. Denkt man im Westen nicht genauso über Rußland? Ist man nun deswegen faschistisch? Kann irgendwie nicht so richtig hinkommen...
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@lime
Zitat:Ähm, man tausche mal die Sichtweise. Denkt man im Westen nicht genauso über Rußland? Ist man nun deswegen faschistisch? Kann irgendwie nicht so richtig hinkommen...
Naja, das sehe ich anders. Die Denke über Russland ist eher sehr ambivalent - aber durchaus auch manchmal davon geprägt, dass man das Land unterschätzt. 2022 war die große Sorge, dass eine russische Militärmaschinerie die Ukraine überrennt (der Gegner wurde also definitiv nicht als schwach angesehen). Als die Ukrainer dann die ersten Offensiven abwehrten und sogar im Herbst 2022 überraschend zu erfolgreichen Gegenoffensiven antraten, hielten nicht wenige die Russen für schwach bzw. für schwächer als angenommen. Zugleich sah man den Gegner als recht unvorbereitet hinsichtlich der westlichen Sanktionen an (ich übrigens auch), aber die russische Wirtschaft war - zumindest bislang - deutlich resilienter als angenommen. Und aktuell sehe ich die Neigung im Westen, die russische Kampfbefähigung wieder zu überschätzen. Zugleich verliert man aber im Westen zumindest tendenziell das Interesse an dem Konflikt.
Hier ist also eine Auf- und Abbewegung im "Empfinden" bzw. in der Darstellung beobachtbar. Hinzu kommt, dass es durchaus immer noch manche Kreise im Westen gibt - und ich rede nicht nur von Rechtsparteien (wobei diese sich quer durch Europa gar nicht mal einig sind bzgl. der Russlandpolitik) -, die still und heimlich mit Moskau sympathisieren (was aber auch dem Hang hin zum "starken Mann" und auch faschistischen Tendenzen geschuldet sein mag).
In Russland hingegen ist das (offiziell gezeichnete) Bild über den Westen relativ gleichbleibend. Wir sind schwach, degeneriert, unentschlossen, verwöhnt etc. D. h. während man im Westen zaudert und herumdiskutiert bzw. die eigenen Positionen und das eigene Verhalten ständig in Frage stellt, bleibt die russische Meinung über die Westmächte umgekehrt recht gleich - egal ob die Russen militärisch und gesellschaftlich nun völlig versagen oder auch nicht.
Man kann also die westlichen Verhaltensweisen und Ansichten nur schwer als faschistisch ansehen, dazu sind sie viel zu inkohärent und vielschichtig, während in Russland der Blick auf den Westen - auch wenn durch Propaganda und Hetze beeinflusst - seit Jahren durchgehend gleichblieb und immer nur das Bild eines degenerierten Konglomerates zeichnete, dass entweder einfach nur schwach ist oder aber zwar schwach ist, aber sich eben hinter der gefährlichen Technik versteckt.
Schneemann
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lime:
Es ist nur ein Indikator von mehreren (die alle zutreffen müssen) und die Haltung im Westen gegenüber Russland ist eine deutlich andere als die in Russland gegenüber dem Westen. Insbesondere begreift die Bevölkerung Russland insgesamt nicht per se als Feind und auch die Politiker und etliche der westlichen Staaten nicht.
Zudem wird Russland auch von denen welche es als Feind betrachten nicht als gesellschaftlich (!) schwach angesehen in dem Sinne, dass man den Russen vorwirft sie wären pervers, degeneriert, Sybariten usw. Ganz im Gegenteil: das Bild das man von den einfachen russischen Menschen hat ist ein völlig anderes.
Und da liegt der entscheidende Unterschied: Die Menschen im Westen und ihre Sozialkultur und ihre Gesellschaften werden in Russland auf eine bestimmte Weise klassifiziert (Gayropa). Umgekehrt haben wir über die Russen eine völlig andere Klassifizierung (Barbarenhorde aus dem Osten).
Natürlich ist auch die Wahrnehmung im Westen (Barbaren aus dem Osten) ein ganz klassisches Narrativ dass schon immer so bemüht wurde. Aber es ist eben ein völlig anderes Narrativ als das Russische - niemand wird den Russen vorwerfen degenerierte schwächliche Perverse zu sein die nicht bereit sind Gewalt anzuwenden, nicht bereit sind für irgend etwas zu kämpfen oder sich zu opfern. Ganz im Gegenteil schüttelt man eher den Kopf über die Gewaltbereitschaft, die Missachtung jedweden Lebens einschließlich des eigenen und wieviel die einfachen Russen aushalten.
Deshalb ist ungeachtet der Frage ob man Russland für militärisch stark oder schwach hält das Narrativ im Westen ein komplett anderes.
In einer faschistischen Sozialkultur aber ist der Feind degeneriert und moralisch unterlegen - in dem Sinne, dass er sittenlos ist, gottlos, keinen Nationalstolz hat, und feige ist und sein Leben nicht opfern will, nicht gleichermaßen in den Krieg ziehen will usw. Man hat nun im Westen allerlei große Vorurteile gegen die Russen, die als Volk natürlich wesentlich komplexer sind und die in Wahrheit im einfachen Volk meiner Meinung nach zu den besseren Kulturen auf diesem Planeten gehören, aber man hat eben nicht diese Vorurteile, die typisch sind für faschistische Gesellschaften gegenüber ihren Feinden.
Und die aktuelle RF ist nunmal meiner Ansicht nach ganz klar auf dem Weg in eine geradezu klassisch traditionell faschistische Gesllschaft.
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(26.01.2024, 00:23)lime schrieb: Ähm, man tausche mal die Sichtweise. Denkt man im Westen nicht genauso über Rußland? ...
Diesen Geruch vernehme ich auch immerfort.
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In der SZ ist heute ein interessanter Artikel über die Probleme der Ukraine bei der Rekrutierung neuer Soldaten. Inzwischen werden selbst Musiker während eines Konzertes oder Lehrer aus dem Unterricht von der Polizei mit Gewalt rekrutiert. Wobei ein Musiker beim Abtransport so geschlagen wurde, dass er dann erst mal ins Krankenhaus musste, und dem folgend in eines der in der Ukraine wie Gefängnisse gestaltete Ausbildungszentren.
Der ukrainische Generalstab möchte 2024 nun 450.000 bis 500.000 neue Soldaten rekrutieren um Verluste auszugleichen, um überhaupt die Front halten zu können und vor allem anderen auch um abgekämpfte Verbände an der Front heraus lösen, auffrischen und sich erholen lassen zu können. Auch die Altersgrenzen für die uneingeschränkte Kriegsdienstpflicht sollen ausgeweitet werden.
Derweilen wird der Krieg in der Ukraine immer unpopulärer, weil die von der staatlichen Propaganda verkündeten Erfolge ausbleiben, die Verluste nur ständig steigen und die Russen anscheinend niemals nachlassen. Es gibt inzwischen regelrechte Warndienste in sozialen Medien die vor den Wehrämtern, der Polizei und gerade laufenden Zwangsrekrutierungen warnen.
Immer wieder berichten Ukrainer in sozialen Medien von ruppigem Verhalten und Korruption der Wehramtsmitarbeiter. Vor allem letztgenanntes stößt auf immer mehr Unmut und Unverständnis. Die Korruption bei den Wehrämtern und den Militärärzten hat ein enormes Ausmaß angenommen. Der Kyiv Independent berichtete darüber. Das neue Mobilisierungsgesetz schuf laut der Parlamentarierin Radina nur noch weitere Korruptionsrisiken.
Derweilen plant die Regierung eine Pfändung von Eigentum und Bankkonten bei Nichterscheinen zur Musterung. Außerdem überlegt man in der Ukraine Sträflinge an die Front zu schicken (kommt einem bekannt vor). Der Oberkommandierende Saluschnyj drängte derweilen zur Eile: Zitat: „Russland werde allein bis Juni bis zu 400.000 weitere Soldaten mobilisieren. Mit wem soll ich kämpfen? Laut dem Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes ist Russland aktuell in der Lage tatsächlich seine Streitkräfte um ungefähr 30.000 Mann pro Monat zu verstärken.
Zitat direkt aus dem Zeitungsartikel: „Zwei Jahre lang wurde den Ukrainern eine schnelle Rückkehr auf die Krim, eine Rückkehr zu den Grenzen von 1991 versprochen“, analysierte die Ukrainska Prawda (UP) Mitte Januar. Und die Ukrainer hätten der staatlichen Propaganda gern geglaubt. Als im Dezember 2023 indes „die harsche Realität der Notwendigkeit weitere 500.000 Mann zu mobilisieren“ öffentlich wurde - und dies nicht etwa für einen Vormarsch, sondern um die aktuelle Front halten zu können - hätten die Ukrainer einen „Tsunami von Hass“ gegenüber der gesamten politischen und militärischen Führung entwickelt, so die Ukrainska Prawda.
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@Pogu
Zitat:Diesen Geruch vernehme ich auch immerfort.
Ich hatte mir überlegt, wie du das gemeint hast. Da mir aber dein Sinn für feine Ironie schon öfters (positiv) auffiel, denke ich, sollte ich dies nicht direkt übertragen.
Eines der zentralen Probleme beim aktuellen Russland-Kontext ist indessen, dass eine wirkliche Diskussion über den Faschismus - und seine Ableger - in Russland kaum stattfindet. Eher ist und war es so, dass überaus leichtsinnig, ja geradezu inflationär-unverantwortlich - wenn man bedenkt, dass Russland im Kampf gegen einen (wirklich Russland bzw. die Sowjetunion gefährdenden) Faschismus bzw. einen Ableger von diesem einen fürchterlichen Krieg mit vermutlich mehr als 25 Mio. Opfern im Minimum führen musste - mit dem Begriff und dem Vorwurf des Faschismus seitens der russischen Führung umgegangen wird.
D. h. man legt den Faschismus völlig unkritisch auf alles irgendwie "russlandfeindliche" um, egal ob es tatsächlich ein "echter" Gegner ist oder nur jemand, der einen stört, weil er am autokratisch-kleptokratischen System und am Kriegskurs Kritik äußert (und ggf. sogar prorussisch denkt) oder ob es jemand ist, der sich die russischen Panzer nur vom Leib halten möchte. Und damit sind wir wieder bei der Insel-Haltung: Man faucht nach allen Seiten, dass all diejenigen, die nicht mit Russland (besser: der gegenwärtigen Führung) handeln wollen oder konform gehen, ja irgendwie Faschisten sein müssen.
Und das wiederum führt dazu, dass der Begriff des Faschismus völlig verschwimmt und unscharf wird - wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies nicht manchmal sogar gewollt ist - und irgendwann dann sogar harmlose Minderheiten als Faschisten bezeichnet werden können.
Übrigens ist dieses Vorgehen nicht neu. Nachdem sich die Altbolschewisten von 1917 untereinander zerstritten hatten, grob nach dem Fiasko im russisch-polnischen Krieg in den frühen 1920ern, als sich die Führung im Kreml gegenseitig die Schuld für den Misserfolg zuschob, wurden diejenigen, die nicht mit Stalin konform gingen und in Ungnade fielen - obgleich Linksrevolutionäre - später im Moskauer Tenor als Faschisten bezeichnet (!). Es schlich sich dann sogar die Bezeichnung "faschistisch-trotzkistisch" in den Sprachgebrauch ein (in Anlehnung an den abservierten Leo Trotzki), was eigentlich, rein politisch betrachtet, ein völliger Treppenwitz der Geschichte ist. Das hat also leider eine gewisse bittere Tradition, was wir aktuell aus Russland so hören...
Im Westen hingegen wird der Begriff deutlich enger eingegrenzt in Bezug auf Russland und differenzierter genutzt - übrigens wird das aktuelle Regime in Russland nicht direkt als faschistisch bezeichnet (auch bei uns im Forum nicht), sondern wir haben beständig darauf hingewiesen, dass v. a. das, was ggf. nach Putin kommen könnte, eine Staatsform sein kann, welche durchaus als protofaschistisch bzw. protoneobolschewistisch mit extremer intolerant-nationalistischer Färbung angesehen werden muss. Und wenn man sich die rassistischen und bellizistischen Töne von manchen von diesen ultranationalistischen Rädels- und Wortführern anschaut, so trifft das auch klar zu.
Insofern sind die Blickwinkel schon sehr unterschiedlich.
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(26.01.2024, 12:12)Quintus Fabius schrieb: Zitat direkt aus dem Zeitungsartikel: „Zwei Jahre lang wurde den Ukrainern eine schnelle Rückkehr auf die Krim, eine Rückkehr zu den Grenzen von 1991 versprochen“, analysierte die Ukrainska Prawda (UP) Mitte Januar. Und die Ukrainer hätten der staatlichen Propaganda gern geglaubt. Als im Dezember 2023 indes „die harsche Realität der Notwendigkeit weitere 500.000 Mann zu mobilisieren“ öffentlich wurde - und dies nicht etwa für einen Vormarsch, sondern um die aktuelle Front halten zu können - hätten die Ukrainer einen „Tsunami von Hass“ gegenüber der gesamten politischen und militärischen Führung entwickelt, so die Ukrainska Prawda.
Wenn sich das tatsächlich weiter massiv in diese Richtung bewegen sollte, dann müsste man wohl auf ukrainischer Seite überlegen, ob man nicht eine generelle Meinungsabfrage in Angriff nimmt.
Entweder müsste dies via Volksabstimmung oder sogar durch Wahlen erfolgen, welche sowieso im März angesetzt gewesen wären. Natürlich beides in Kriegszeiten schwierig umzusetzen, man hat definitiv besseres zutun.
Dennoch muss man prüfen, ob man die Legitimation der Mehrheit für die Weiterführung des Krieges hat. In den bisherigen Umfragen war eine breite Masse gegen Friedensverhandlungen, aber die Stimmung in der Bevölkerung kann natürlich auch kippen.
Denn sollte das Narrativ der russischen Propaganda "Die Ukraine kämpft nur (und die Ukrainer sterben nur), weil der Westen das so will" um sich greifen und Fuß fassen, wäre das dann sowieso der Anfang vom Ende.
Dann würde zu der Kriegsmüdigkeit eine massive Ablehnung der Unterstützungsleistungen der verbündeten Bevölkerungen hinzukommen, und dann wird Russland (leider) auf jeden Fall den längeren Atem haben.
Im Endeffekt müssen Land und Leute selbst entscheiden, ob sie sich weiter verteidigen wollen und was ihnen diese Verteidigung Wert ist. Das dies ohne eine ausreichende Anzahl an Soldaten nicht funktioniert ist nunmal Fakt.
Die Aufgabe der Verbündeten kann nur darin liegen, das Land zu dieser Verteidigung zu befähigen, damit der Verschleiß der "Ressource Mensch" so gering wie möglich ausfällt.
Da wir dieser Aufgabe aber im großen und ganzen mehr schlecht als recht nachkommen, eine klare Zielsetzung fehlt und die Situation an der Front absolut verfahren ist, ist es völlig klar, dass sich kritische Stimmen mehren.
Vielleicht würde es die Unterstützernationen aber auch ein Stück weit "wachrütteln", wenn sich das ukrainische Volk mit klarer Mehrheit für eine Fortsetzung der Kampfhandlungen ausspricht.
Sollte das Ergebnis anders ausfallen, müsste man dann eben daraus seine Schlüsse ziehen und eventuell neue Wege einschlagen.
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Die breite Masse ist in der Ukraine immer noch gegen Friedensverhandlungen und will auch durchaus den Krieg weiter fortführen. Sie hasst nur zunehmend den Westen (Verräter!) und die eigene Regierung (Versager!) und sie fühlt sich zwischen allen Stühlen sitzend.
Die ukrainische Regierung schürt im weiteren in ihrer Staatspropaganda seit ein paar Wochen zunehmend das Narrativ, dass man ja schon gesiegt hätte, wenn der Westen einen nicht im Stich gelassen hätte um die Schuld am bisherigen Geschehen ebenfalls auf uns abzuschieben. Ala: ihr müsst ja nur deshalb sterben weil uns in Wahrheit niemand hilft usw.
Aber ungeachtet solcher Details eine gefährliche Entwicklung für die Ukraine.
Umgekehrt haben die Russen zwar sehr schwach angefangen, sich aber von dort ausgehend nicht verschlechtert. Sie machen einfach auf dem niedrigen Moralniveau weiter und weiter ohne dass dieses nachlässt. Das ist meiner Meinung nach aber auch typisch für die Russen und sie konzipieren sogar ihre Streitkräfte auf diese Besonderheiten hin.
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