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(27.10.2022, 22:35)Quintus Fabius schrieb: Ich spreche hier explizit nur von wirklich großen konventionellen Kriegen und es war und es ist eigentlich immer die grundsätzliche Auffassung der Russen gewesen, dass ihre Armee sich primär auf diese Art von Krieg spezialisiert. Sehr vieles was man in den russischen Streitkräften so sieht resultiert aus dieser "Spezialisierung" heraus.
Mit ein Grund, warum die "Sonderoperation" scheitern musste. Sie widerspricht grundlegend dieser Spezialisierung.
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@Camarilla
Zitat:Die kaiserlich deutsche Armee hat auf Grund ihrer Erfahrungen an der Westfront nach Auswegen aus dem Dilemma des Abnutzungs- und Stellungskrieges gesucht, dieses Mittel dann u.a. in Form der Auftragstaktik (Paradebeispiel Stoßtruppen) gefunden. Dieses wurde dann bekanntermaßen zuerst im Osten im September 1917 bei der Eroberung Rigas and dann in der 12. Isonzoschlacht im Oktober / November mit besonders verheerenden Ergebnis für die Italiener umgesetzt (wenngleich natürlich noch einige andere Aspekte in diese verheerende Niederlage der Italiener hinein spielten). Man denke hier nur an den jungen Oberleutnant Rommel mit seinen seinen Württembergern.
Auch wenn richtigerweise der Umstand angeführt wird, wonach es noch andere Aspekte bei der 12. Isonzoschlacht gegeben hat, so ist die Frage hier, ob diese nicht doch gewichtiger waren als die reine Änderung der Taktik auf Seiten der Mittelmächte.
1.) Die italienische Armee war faktisch innerlich stark zerrüttet, einerseits von den schweren Verlusten der vorausgegangenen Schlachten, andererseits auch hinsichtlich des Vertrauens in die eigene Führung. Faktisch gab es dieses Vertrauen kaum mehr, da der von Standesdünkeln geprägte Führungsstil Luigi Cadornas nicht nur von technisch-taktischem Unverständnis - da war er allerdings zu der Zeit nicht alleine - strotzte, sondern auch von unsinnigen Anordnungen (z. B. Verbot von Fronttheatern zur Aufmunterung der Truppe, da dies "die Moral untergraben könnte" - es war genau das Gegenteil der Fall), Grausamkeit (hohe Quote an Hinrichtungen von vermeintlichen "Feiglingen") und Überheblichkeit gezeichnet war (er lehnte z. B. direkte Ordensvergaben an normale Soldaten ab).
2.) Hinzu kam, dass auf diese innerlich desolate Armee (die reine Versorgungslage war bei den Italienern sogar gar nicht mal schlecht) nicht nur eine erfahrene und taktisch gut geführte deutsche Armee traf, sondern dass diese ihren Angriff mit einem starken Gasangriff einleitete (sog. "Buntschießen"), der die Italiener völlig überforderte und ganze Verteidigungssysteme ausschaltete. Der (auch moralische) Kollaps war hier nur eine Frage der Zeit - und die Auftragstaktik hat letztlich somit nur dem ganzen die Krone aufgesetzt, sie dürfte aber nicht entscheidend gewesen sein.
Jetzt überlege ich, wie ich die Kurve zur Ukraine kriege?
Hinsichtlich 1.) kann man sicher Parallelen ziehen. Auch das Verhältnis der einfachen russischen Soldaten zu ihrer Führung dürfte derzeit massiv belastet sein und das Vertrauensverhältnis ist faktisch kaum vorhanden. Demütigungen in der Ausbildung, Ausbeutung (Diebstahl von privaten Gegenständen), Veruntreuung von Verpflegung, Propagandalügen, Korruption, unzulängliche und alte Ausstattung und unsinnige Befehle sowie massive taktische Fehler und hohe Verluste. Es summiert sich also selbst für russische Verhältnisse. Zwar lag selbiges nicht eins zu eins bei den Italienern 1917 vor, aber das Nichtvertrauen in die Führung dürfte ähnlich gelagert sein - und ähnlich zerfielen auch beinahe beide Armeen.
Bzgl. 2.) bleibt abzuwarten, wie sich das Frontgeschehen entwickeln wird. Von irgendwelchen Gasangriffen gehe ich nun nicht aus, aber das Gespenst eines taktischen Atomwaffeneinsatzes geistert ja bekanntlich im Äther immer noch über den Drachenzähnen der "Wagner-Linie" herum.
Aktuelles:
Zitat:US warns Russia over satellites threats
The US counter-threat came after a Russian official said Western commercial satellites could become legitimate targets. [...] Washington has warned Moscow against shooting down US satellites after Russian threats that it might target them.
"I would just say that any attack on US infrastructure will be met with a response and will be met with a response appropriate to the threat that's posed to our infrastructure," US National Security Council communications director John Kirby said Thursday.
A senior Russian Foreign Ministry official had earlier said that commercial satellites from the United States and its allies could become legitimate targets for Russia if they were involved in the war in Ukraine.
https://www.dw.com/en/russia-ukraine-upd...a-63570741
Man sollte vielleicht auch erwähnen, dass nicht nur Musk mit seinem Starlink den Ukrainern hilft, auch Deutschland stellt der Ukraine Satellitendaten zur Verfügung, so liefert (anscheinend) der BND auch Daten via der Aufklärungssatelliten SAR-Lupe nach Kiew...
Schneemann
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@ Quintus Fabius
Natürlich gibt es auch besser ausgebildete Einheiten, wie die Luftlandetruppen oder WDW, oder auch Verbände wie die 1. Pz.-Garde-Armee. Aber das der Stand der Ausbildung von den vorgesetzten Offiziern abhängt, ist ja für sich schon ein Zeichen.
So ist ja auch der Sturm des Flughafens Hostomel nicht am Ausbildungsstand der eingesetzten Soldaten gescheitert, sondern am taktischen Vorgehen/Planung der Führung.
Das die Befehlstaktik allerdings der Auftragstaktik bei langfristigen und intensiven Kriegen unter widrigen Bedingungen überlegen ist, überzeugt mich nicht. Das letzte Beispiel, was diesen Bedingungen entspricht, ist ja der 2.WK. Und dort hat die Wehrmacht ihre Überlegenheit aufgrund der Auftragstaktik bis zum Schluß unter Beweis gestellt. Was ja auch einer der Gründe war, warum die Auftragstaktik auch in westl. Streitkräften weitgehend eingeführt wurde. Natürlich kann auch die Aufragstaktik materielle Übermacht nur begrenzt ausgleichen. Und ebenso natürlich wurde die Ausbildung aus der Not heraus verkürzt, was die Anwendung der Auftragstaktik erschwerte. Aber nicht ohne Grund ist die Auftragstaktik beim Aufbau der Bw selbstverständlich als Kernelement wieder eingeführt worden, anders als bei der NVA, die nach russ. Vorbild ausgebildet wurde.
Meiner Meinung nach hat sich die Auftragstaktik sowohl in den offensiven Zeiten, wie auch in den defensiven Zeiten unter schwersten Bedingungen, bewährt.
"Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld hat in seiner großen Studie „Kampfkraft“ (1982) die militärische Organisation und Leistung von US-Army und Wehrmacht verglichen. Darin erkennt er in dem Prinzip, dass „vom jüngsten Soldaten aufwärts ... überall selbständiges Einsetzen der ganzen geistigen und körperlichen Kraft gefordert werden (muss)“, einen zentralen Grund für die außerordentliche Kampfkraft der deutschen Armeen."
Um den Bogen zur Ukraine zu bekommen. Im 2.WK hat die Rote Armee aufgrund der riesigen materiellen Überlegenheit und Unterstützung der USA, m.M.n. trotz der Befehlstaktik, auf der Seite der Sieger gestanden. Bevor dieser >Zustand eintrat, hat die Rote Armee ja auch riesige Niederlagen erlitten. Fehlt diese materielle Überlegenheit, wie schon von Dir geschildert, jetzt im Ukrainekrieg. bzw. kann diese grundsätzlich schon vorhandene materielle Überlegenheit aufgrund der Schwäche der russ. Logistik und der erfolgreichen Störungen der Ukraine, nicht an die Front gebracht werden, kann die russ. Armee nicht erfolgreich kämpfen. Und den Grund sehe ich insbes. in der Befehlstaktik mit allen ihren Nachteilen. Und personell ist die russ. Armee nach dem Rückbau der Vergangenheit auch nicht überlegeb. Inwieweit die Teilmobilmachung dies ändert, wird sich zeigen.
Interessant wäre zu wissen, inwieweit die Auftragstaktik in der ukr. Armee bereits eingeführt und verinnerlicht wurde. Soweit man das von außen beobachten kann, scheint die Auftragstaktik in der ukr. Armee durchaus schon praktiziert zu werden.
Und natürlich ist der Krieg für die Ukraine noch nicht gewonnen. Der Sieg kann nur erfolgen, wenn die massive Unterstützung des Westens weiter anhält.
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Rudi:
In der praktischen Realität neigt sich auch bei westlichen Streitkräften vieles sehr oft in Richtung Befehlstaktik, selbst wenn die Auftragstaktik in der Theorie noch so hoch gehalten wird. Gerade die Bundeswehr ist da ein Musterbeispiel, von hehren Ansprüchen welche der Realität im Einsatz eben nicht genügen. Aber noch darüber hinaus gibt es nur extrem selten hier ganz reine Formen, meist wird eine Mischung aus beidem verwendet, bzw. gibt es trotz aller Doktrin und Zielsetzung beides nebeneinander.
Die Annahme also, dass sich hier zwei Systeme absolut diametral gegenüber stehen und es entweder das eine oder das andere ist, tritt so in der praktischen Realität nicht auf.
Mein rein persönlicher Eindruck ist zudem, dass du wie sehr viele (insbesondere fast alle die Crefeld gelesen haben) sowohl die Wehrmacht überschätzt als auch die Auftragstaktik als militärischen Wert zu hoch gewichtest. Die Wehrmacht war in vielem gar nicht so gut und vieles was man da annimmt ist mehr Schein als Sein. Und ebenso ist die Auftragstaktik zwar ein großartiges theoretisches Konzept, die reale praktische Umsetzung aber eine komplett andere Geschichte. Zudem könnte man noch anmerken, dass die Wehrmacht verloren hat. Es ist eigentlich erstaunlich, dass man heute Auffassungen der Wehrmacht so hochhält und versucht deren Konzepte zu imitieren (Maneuver Warfare / Mission Command etc) obwohl es sich ja um die Armee handelt, welche im Kampf dann unterlag.
Das gleiche gilt für den Dualismus von Abnutzungskrieg und Bewegungskrieg (Attrition Warfare vs Maneuver Warfare). IOder ob ich den Fokus nach Innen richte, auf dort ablaufende Prozesse und versuche diese zu optimieren, oder ob ich ihn nach außen richte, auf die angestrebten Ergebnisse. Und auch hier wie bei allen solchen Dualismen gilt meiner Meinung nach, dass die reine (extreme) Form praktisch extrem selten vorkommt und meist beides vermischt oder nebeneinander her praktiziert wird.
Nicht nur in der Bundeswehr klaffen dabei zwischen Anspruch und Wirklichkeit gewaltige Löcher, auch bei den US Streitkräften (nach denen du ja explizit gefragt hattest) ist dies so. Man erklärt zwar Mission Command zur Doktrin und anzustrebenden Vorgehensweise, aber die Realität sieht völlig anders aus.
Das gleiche übrigens bei den Ukrainern die eben keineswegs so hervorragend sind (vom Können her) wie das meist kommuniziert wird. Es hakt in der ukrainischen Armee immer noch gewaltig, es fehlen auch dort massiv Unteroffiziere und auch in der ukrainischen Armee ist der Ungeist der Sowjetzeit noch lange nicht überwunden. Erst jetzt, durch den realen Krieg, verbessert sich die ukrainische Armee fortwährend und entwickelt sich rasant evolutionär weiter, unter dem Druck der Ereignisse.
Noch kurz vor Kriegsbeginn stand die ukrainische Armee in Wahrheit beim handwerklichen Können, bei der Frage der Auftragstaktik, bei der Ausbildung usw. gar nicht so gut dar. Es gab damals Artikel welche explzit betonten, dass die Ukrainer gegen Russland im Krieg untergehen würden, weil sie sich viel zu langsam in Richtung moderner westlicher Streitkräfte entwickeln würden und es nicht ausreichend mit dem Umbau und der Modernisierung der Streitkräfte dort voran geht. Und weil das Können der ukrainischen Offiziere unzureichend sei, die Ausbildung schlecht sei, es immer noch zu viel Korruption gäbe usw usw
Erst durch den Krieg selbst, und seine besonderen Umstände hat sich die Ukrainische Armee erst zu dem entwickelt, was sie jetzt ist. Lernen durch Tun, Lernen durch Versuch und Irrtum, Entwicklung der richtigen Strukturen und Vorgehensweisen durch den äußerst heftigen Druck und die extremen Umstände, welche dass was dann notwendig ist von selbst herbei zwingen.
Damit dies so stattfindet, damit die Umstände die richtigen Strukturen, Mechanismen und Prozedere herbei zwingen können, bedarf es vor allem anderen der Anpassungsfähigkeit. Diese ist ein Wert den man getrennt von der Frage der Auftrags- oder Befehlstaktik betrachten sollte. Der primäre Vorteil der Ukrainer gegenüber den Russen war weder die Auftragstaktik, noch dass der Westen die Ukrainer mit Waffen belieferte, sondern vor allem anderen die deutlich höhere Anpassungsfähigkeit. Und die Lernfähigkeit während der Einsatz läuft.
Vor dem Krieg waren die Ukrainer nicht so lernbereit, war die Lernfähigkeit deutlich geringer als sie es jetzt ist. Unter dem Eindruck der Ereignisse aber, unter den extremen Umständen, entwickelten die Ukrainer eine enorme Lernfähigkeit. Umgekehrt erwies sich die russische Armee weder lernfähig, noch als ausreichend anpassungsfähig. Man passte sich zwar auch an, aber eben viel zu langsam und jeweils nicht weitgehend genug und hinkte so immer hinterher.
Diese schlechtere Anpassungsfähigkeit an die äußeren Umstände war und ist für die russischen Streitkräfte deutlich problematischer und bedeutsamer als die Frage von Auftrags- vs Befehlstaktik. Diese spielen für diese Frage nur dahingehend hinein, als dass es bei einer rigide auf Befehlstaktik ausgelegten Armee wesentlicher wichtiger ist, dass die höhere Führung besonders qualifiziert und besonders anpassungsfähig, geistig flexibel und schnell und von erheblichem Können ist. Wenn dies der Fall ist, kann eine solche Armee dann sogar einer Armee welche sich in Auftragstaktik versucht überlegen sein.
Exakt das Gegenteil war aber im vorliegenden Fall gegeben. Die höhere militärische Führung der russischen Streitkräfte wurde und wird seitens der zivilen Führung massiv behindert, in jeder Weise geschädigt und beeinträchtigt und ist durch jahrelange Fehlentwicklungen nicht in dem Zustand in dem sie eigentlich sein müsste um so einen Krieg führen zu können.
Noch eine kurze Einzelanmerkung:
Zitat:So ist ja auch der Sturm des Flughafens Hostomel nicht am Ausbildungsstand der eingesetzten Soldaten gescheitert, sondern am taktischen Vorgehen/Planung der Führung.
Der Sturm von Hostomel, genau genommen also der Theater Entry der Luftsturmeinheiten dort verlief im Endeffekt absolut plangemäß und war keineswegs schlecht gemacht. Insbesondere war die taktische Planung ohne große Fehler und ganz normaler Standard.
Was dann daraus geworden ist, und wie es nach dem Sturm weiterging, dass war hier die eigentliche Geschichte. Der Sturm selbst verlief demgegenüber ganz normal und war erfolgreich.
Als die weiteren (anderen) Pläne dann aber nicht mehr nach Plan liefen, dann entstanden erst die Probleme. Und exakt da sind wir wieder beim Thema: der mangelnden Anpassungsfähigkeit der russischen Streitkräfte. Man hatte einen im Prinzip guten Plan, man verfolgte ihn, der erste Teil (der eigentliche Sturm auf Hostomel) verlief erfolgreich, dann aber änderern sich die Umstände, Teile des Plans scheiterten und dem folgend war man nicht in der Lage sich ausreichend schnell anzupassen, sondern spulte einfach weiter Prozedere ab, die sich längst durch die reale praktische Entwicklung völlig erübrigt hatten.
Der Grund warum die Luftsturmoperation ihr Ziel nicht erreicht war höchst einfach: Nach der Landung der VDV und einiger Speznaz Einheiten per Heli, sollten nach der Besetzung der Landebahnen sofort mit Transportflugzeugen Verstärkungen heran gebracht werden. Diese sollten landen und diese Truppenverstärkungen ausladen, bevor die Ukrainer einen organisierten Gegenangriff zustande bringen. Wären diese Transportmaschinen mit nicht unerheblichen Mengen an Soldaten und Gerät gelandet, wäre die ganze Sache dann im weiteren komplett anders gelaufen.
Aber: bereits auf dem Anflug nach Hostomel wurden zwei IL-76 von der Ukraine abgeschossen, und der Rest drehte daraufhin ab, weil man den weiteren Anflug für zu Risikoreich hielt. Nur deshalb gelang es dann dem danach folgenden ukrainischen Gegenangriff die Russen vorübergehend aus dem Flughafen zu vertreiben. Und auch wenn die russsischen Luftsturm-Einheiten dann die Ukrainer wieder aus dem Flughafen heraus werfen konnten, hatte man seitens der russischen Führung wegen des erfolgreichen ukrainischen Gegenangriffs im weiteren die Idee per IL-76 dort massiv Truppen hinzuverlegen dauerhaft aufgegeben.
Dieser Gegenangriff wäre aber eben nie erfolgreich gewesen, wenn nicht die zwei IL-76 abgeschossen worden wären und der Rest der Maschinen dann abdrehte. Denn dann wären die Russen in Hostomel zu stark gewesen um sie dort auch nur vorübergehend zu vertreiben.
Und erst nach der Aufgabe des ursprünglichen Planes dort weitere Truppen einzufliegen war die weitere Präsenz der VDV dort sinnlos geworden. Statt sie aber folgerichtig zu evakuieren beließ man sie einfach dort und ließ sie dort gegen immer stärkere ukrainische Verbände immer weiter kämpfen. Ohne dass dies noch irgendeinen Sinn oder Grund gehabt hätte, weil letzterer ja bereits weggefallen war.
Noch zwei weitere Sichtweisen zur gleichen Thematik:
https://soldat-und-technik.de/2022/09/st...dekraefte/
https://mwi.usma.edu/an-airfield-too-far...-airfield/
Hier noch der eigentliche Luftsturm aus russischer Ego-Perspektive:
https://twitter.com/RALee85/status/15027...wsrc%5Etfw
https://www.youtube.com/watch?v=2xVerbh-K5I
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(28.10.2022, 14:42)Quintus Fabius schrieb: Mein rein persönlicher Eindruck ist zudem, dass du wie sehr viele (insbesondere fast alle die Crefeld gelesen haben) sowohl die Wehrmacht überschätzt als auch die Auftragstaktik als militärischen Wert zu hoch gewichtest. Die Wehrmacht war in vielem gar nicht so gut und vieles was man da annimmt ist mehr Schein als Sein. Und ebenso ist die Auftragstaktik zwar ein großartiges theoretisches Konzept, die reale praktische Umsetzung aber eine komplett andere Geschichte. Zudem könnte man noch anmerken, dass die Wehrmacht verloren hat. Es ist eigentlich erstaunlich, dass man heute Auffassungen der Wehrmacht so hochhält und versucht deren Konzepte zu imitieren (Maneuver Warfare / Mission Command etc) obwohl es sich ja um die Armee handelt, welche im Kampf dann unterlag.
1. Im Buch "Kampfkraft" wird von Crefeld die Wehrmacht nicht eingeschätzt, sondern bewertet. Das tat die US Armee über Jahrzehnte ebenfalls. Das so bemerkenswerte Phänomen: Deutsche Bodentruppen verursachten bei ihren Gegnern nahezu prinzipiell und unter allen Bedingungen 50 Prozent höhere Verluste als sie selbst hatten.
2. Nicht die Wehrmacht hat verloren, sondern das sogenannte 3. Reich. Der Unterschied ist himmelhoch!
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@Quintus,
die Wehrmacht unterlag aus Mangel an Mensch und Material. Ansonsten kann ich Crefeld nur beipflichten. Allerdings kann man es natürlich nicht wirklich beweisen. Aber man kann die Kampfstärke in gewissen zeitlichen Rahmen vergleichen, wo personell und ausrüstungstechnisch etwa Gleichstand herrschte. Eine andere Sache ist diese Konzepte dann auf die Gegenwart oder gar Zukunft übertragen zu wollen. Meines Erachtens gibt es noch einige weitere Einflüsse die letztendlich bestimmen ob Auftrags- oder Befehlstaktik vorteilhafter ist.
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(28.10.2022, 18:00)lime schrieb: Meines Erachtens gibt es noch einige weitere Einflüsse die letztendlich bestimmen ob Auftrags- oder Befehlstaktik vorteilhafter ist.
Ganz gewiß. Je kompetenter die Geführten, desto mehr trägt die Auftragstaktik echte Früchte und vice versa.
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Rein persönlich bin ich ein entschiedener Apologet sowohl der Auftragstaktik als auch der Manöver-Kriegsführung bzw. des Bewegungskrieges, wobei man hier Bewegung nicht einfach nur als eine Bewegung von Einheiten durch das Gelände verstehen darf, sondern der Begriff viel weiter gefasst werden muss. So gibt es ebenso eine Bewegung in der Zeit wie auch eine Manöverkriegsführung in einer reinen stationären Defensive usw.
Dessen ungeachtet gibt es im Krieg einfach keine Axiome und die für eine solche extreme Position wie die meine notwendigen Grundlagen und Umstände sind einfach real praktisch sehr oft nicht gegeben bzw. nicht vorhanden. Und was dann?
lime:
Dieses Narrativ - auch wenn es immer wieder wiederholt wird - stimmt genau so wenig wie die Annahme, dass die Wehrmacht in den ersten Operationen (Polen, Frankreich) überlegen gewesen wäre. Das Bild der zahlenmässig und vor allem vom Material her deutlich unterlegenen Wehrmacht, die primär vor allem anderen wegen dieser rein materiellen Unterlegenheit verlor, ist nicht ganz richtig. In den Fällen, wo eine möglichst weitgehende Parität herrschte, erwies sich die Wehrmacht eben nicht per se überlegen, vor allem nicht in der Art wie es Crefeld propagiert hat. Natürlich ist das ein Narrativ dass einem Deutschen schmeicheln muss, aus unserer Perspektive vieles scheinbar erklärt und schlussendlich die Schuld für das militärische Scheitern abwälzt.
Werter Pogu:
Seltenst dass wir mal nicht einer Meinung sind, aber die scharfe Trennung welche du hier zwischen Wehrmacht und Drittem Reich vornimmst teile ich so nicht. Das ist übrigens in keinster Weise eine moralische Wertung. Gerade in einem rein militärwissenschaftlichen Kontext sollte man sich überhaupt moralisch-ethischer Fragen enthalten bzw. diese erst gar nicht aufwerfen.
Im weiteren ist die Kausalkette welche du hier anreißt fragwürdig: wo die Wehrmacht querschnittlich überproportional höhere Verluste beim Feind erzeugte, lag dies an einem ganzen Faktorenbündel und eben keineswegs an der Auftragstaktik allein. Und eine solche höhere militärische Leistung wurde von deutschen Soldaten auch dort erbracht, wo man eben nicht per Auftragstaktik kämpfte.
Zudem sind bei diesen Werten auch Zahlen der Ostfront mit eingerechnet, eben ein Wert über alles. Wenn man sich dann aber nur die Zahlen für bestimmte Abschnitte und Zeiträume der Westfront für sich alleine betrachtet, ändert sich das Bild teilweise schlagartig sofort. Es ist primär das fortwährende Niedermetzeln russischer Soldaten gewesen, welches diese überhöhten Anteilswerte hervor gebracht hat.
Nehmen wir mal als einen begrenzteren Abschnitt nur die Kämpfe in Nordafrika:
Dort verloren die Allierten insgesamt ca. 2000 Panzer, die Deutschen aber ca 2600 Panzer. Es kamen ca. 36.000 britische Soldaten ums Leben, aber es kamen ca 23.000 Italiener um und ca 22.000 Deutsche. Dazu wurden aber noch von den Briten nicht weniger als ca 350.000 italienische Soldaten gefangen genommen und nicht weniger als ca 180.000 deutsche Soldaten.
Die Wehrmacht inklusive der italienischen Verbündeten verlor damit zusammen gerechnet nicht weniger als ca 575.000 Mann. Auf der Gegenseite gingen ca 30.000 Briten in Kriegsgefangenschaft, dazu kann man noch die US Verluste rechnen, in Höhe von ca 3000 Getöteten US Amerikanern.
Wir kommen so auf ein Verhältnis von 575.000 Mann Verluste (Achsenmächte) zu ca 40.000 Mann Verluste (Alliierte).
Die Zahlen sind sicher nicht genau genug, und man kann auch andere Zahlen hernehmen, die Vichy Franzosen mit einrechnen und was weiß ich noch alles, aber dass ändert alles nichts am grundsätzlichen Verhältnis und der grundsätzlichen Tendenz.
Aller Brillianz des Afrika-Korps und Rommels zum Trotz wurde der Krieg in Nordafrika absolut eindeutig und mit einem für die Deutschen katastrophalen Zahlenverhältnis verloren.
In keinster Weise aber töteten die Deutschen hier immer 50% mehr als die Alliierten. Und wie die sehr hohen Gefangenenzahlen aufzeigen, sind bloße Verluste (welche von Crefeld überbewertet) eben nicht alles. Und für die Frage der Kampfkraft und des weiteren Kriegsverlaufs spielt es eben gar keine Rolle, ob jemand Gefallen ist oder Gefangen wurde, in beiden Fällen fällt er dauerhaft aus.
Verbleiben noch die ca 600 mehr an Panzern, welche die Alliierten zerstören konnten. Und auch hier sieht man, dass die Deutschen eben in keinster Weise hier immer 50% mehr Verluste anrichteten als sie selbst erlitten.
Die Lehre daraus ist für mich die gleiche wie aus dem aktuellen Ukrainekrieg: man darf gerade eben den bloßen schlichten und stumpfen Abnutzungskrieg in keinster Weise unterschätzen, und man darf die Auftragstaktik eben auch nicht überschätzen. Sie ist ein hervorragendes Werkzeug, aber eben nur eines von vielen und eben nicht eine Pauschallösung für alles.
Noch ein paar vielleicht ganz lesenswerte Ansichten dazu:
https://smallwarsjournal.com/jrnl/art/ca...er-warfare
https://press.armywarcollege.edu/cgi/vie...parameters
https://warontherocks.com/2020/02/from-d...f-warfare/
Und um all dem folgend meine persönliche Position nochmal darzulegen: seit ich 1997 zum ersten Mal das Werk Warfighting des USMC gelesen habe, bin ich in ein überzeugter Anhänger der dort beschriebenen Konzepte und vor allem natürlich auch der Auftragstaktik. Aber: man darf diese eben nicht als Wert überhöhen, sonst fällt man nur umso schmerzhafter, wenn sie aufgrund spezifischer Umstände mal nicht aufgeht.
Und ich sehe rein persönlich nicht einmal einen Widerspruch zwischen Auftrags- und Befehlstaktik und ebensowenig zwischen Maneuver und Attrition. Das geht alles viel fließender ineinander über, man muss beides zugleich beherrschen können und beides ergänzt sich auch perfekt.
Das diese scheinbaren Gegensätze überwunden werden können, und überwunden werden müssen, ist meiner Ansicht nach eine der militärischen Lehres des Ukraine Krieges. Eine wirklich überlegene Armee ist daher nicht eine, welche blind einem Ideal der reinen Auftragstaktik folgt, sondern welche optional beides zugleich anwenden kann und in beidem versiert ist.
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(28.10.2022, 22:30)Quintus Fabius schrieb: Seltenst dass wir mal nicht einer Meinung sind ....
Jeder Einwand, Widerspruch und überhaupt jedes Gegenfeuer von Dir, gern gelesener @Quintus_Fabius, lässt mich was lernen. Und es ist immer relevant.
Jetzt muß ich das viele Material jenem von Crefeld gegenüberstellen und mit viel Stirnrunzeln mein Bild glätten.
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Das musst du keineswegs, noch darüber hinaus solltest du es gar nicht. Man kann die eigene Auffassung nur dann wirklich auf ihre Richtigkeit überprüfen, wenn man sie fortwährend kritisch hinterfragt. Das Ideal wäre, wenn du nach gründlichster Überlegung trotzdem wieder bei dem gleichen Ergebnis ankommst. Denn dann ist dieses zur höheren Wahrscheinlichkeit doch valide.
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Nun, wie ich mit der Nachspeise nicht wirklich Sättigung suche, sondern das Geschmacksereignis, mache ich mir gerne Gedanken. Du schreibst hier immer viel nuancierter, als ich es tue. Und ich schätze das ungemein. Es gibt mir damit Denkstoff.
Wenn unser Kaiser zur Jagd lud, waren nie mehr als zwei Patronen zugelassen. Damit sollte ein Ballern auf das wertvolle Wild hintangehalten werden.
Diese Art von Vorgaben sind im militärischen Kontext gängig, unberührt von Auftragstaktik oder Befehlstaktik. Diese Vorgaben können aber auch in hoher Dichte 'ausgesandt' werden und dadurch selbst eine konsequent etablierte Auftragstaktik geradezu kastrieren. Und es wäre immer noch keine Befehlstaktik. Was man vom Ukraine-Konflikt weiß, und da passt das letzte Verb schon nicht, dürfte die strategische Lenkung durch dichte Vorgaben geschehen, die operative Führung durch Befehlstaktik und das bloße Überleben der Ratlosen ganz unten und ganz vorne durch Auftragstaktik. Womöglich auf beiden Seiten, unterschiedlich gewichtet.
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Natürlich habe ich, nicht nur, Crefeld gelesen und halte die WH für die wahrscheinlich beste Armee. Insofern gestehe ich, schuldig zu sein. Und natürlich war es leichter, der Roten Armee Verluste zuzufügen, als den Westalliierten.
Schauen wir uns den Beginn an. Im Polenfeldzug verlor die WH 40.000 Mann, die Polen 120.000. Im Frankreichfeldzug verlor die WH 180.000 Mann, die Westallierten 360.000. Gefangene zu zählen macht m.E. wenig Sinn.
Bei der Suche nach Zahlen zur Westfront bin auf folgende Zahlen gestoßen. Überprüfen kann ich die nicht.
"Statistischer Vergleich aller Schlachten gegen die West-Alliierten 1943/44
Nun der statistische Vergleich des Kampfwertes der in insgesamt 78 Schlachten (Italien und im Westen) untersuchten Verbände.
Alle Schlachten gesamt:
Seite gesamte Truppenstärke gesamte Verluste durchschnittliche Verluste je Kampftag durchschnittliche Kampf-Effektivität
Westalliierte 1.783.237 47.743 1,25% 1,45
Deutsche 940.198 48.585 1,83% 2,25
Kampf-Effektivität nach Aktionen:
Aktion Alliierte Deutsche deutsche Überlegenheit
Angriff erfolgreich 1,47 3,02 205%
Angriff scheitert 1,20 2,28 190%
Verteidigung erfolgreich 1,60 2,24 140%
Verteidigung scheitert 1,37 2,29 167%
Durchschnitt 1,45 2,31 159%
Effektivste Verbände
Nachfolgend der Kampfwert derjenigen Einheiten, welche an mindestens drei der untersuchten Schlachten teilnahmen. Der durchschnittliche Kampfwert der deutschen Truppen liegt etwa 23 Prozent höher als der alliierten Truppen."
Danach war die WH den Westallierten auch in der Endphase trotz der materiellen Überlegenheit immer noch qualitativ überlegen.
Der Kriegsschauplatz Afrika scheint hier eine Ausnahme zu sein, vllt. geschuldet der problematischen Vetdorgung über das Mittelmeer.
Aber ich schließe mich an, daß Dein Beitrag mir eine neue Sichtweise öffnete.
"Und eine solche höhere militärische Leistung wurde von deutschen Soldaten auch dort erbracht, wo man eben nicht per Auftragstaktik kämpfte."
Hast Du dafür ein Beispiel ? Ich gehe bisher davon aus, daß die Auftragstaktik so tief im Wesen deutscher Armeen und den Vorschriften verwurzelt ist, das sie eigentlich immer, mehr oder weniger angewandt wird.
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29.10.2022, 00:21
Möchte mal allen hier meinen Respekt ausdrücken. Eure Diskussion ist wirklich sehr informativ, da kann man echt was lernen und findet vieles zum Nachlesen .
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@Quintus
Zitat:Nehmen wir mal als einen begrenzteren Abschnitt nur die Kämpfe in Nordafrika:
Dort verloren die Allierten insgesamt ca. 2000 Panzer, die Deutschen aber ca 2600 Panzer. Es kamen ca. 36.000 britische Soldaten ums Leben, aber es kamen ca 23.000 Italiener um und ca 22.000 Deutsche. Dazu wurden aber noch von den Briten nicht weniger als ca 350.000 italienische Soldaten gefangen genommen und nicht weniger als ca 180.000 deutsche Soldaten.
Die Wehrmacht inklusive der italienischen Verbündeten verlor damit zusammen gerechnet nicht weniger als ca 575.000 Mann. Auf der Gegenseite gingen ca 30.000 Briten in Kriegsgefangenschaft, dazu kann man noch die US Verluste rechnen, in Höhe von ca 3000 Getöteten US Amerikanern.
Wir kommen so auf ein Verhältnis von 575.000 Mann Verluste (Achsenmächte) zu ca 40.000 Mann Verluste (Alliierte).
Ich möchte dir gerne hier bei dieser Gegenüberstellung widersprechen.
Die Zahl von 2.600 Panzern enthält nicht nur deutsche Panzer, sondern auch italienische, vermutlich ca. 1.200 Stück (darunter viele Tanketten und leichte Panzer mit zweifelhaftem Kampfwert). Von den verbleibenden ca. 1.400 deutschen Panzern gingen vermutlich etwa 700 bis 800 in Gefechten verloren (d. h. im Erdkampf mit dem Gegner), die restlichen 600 gingen jedoch auf dem Seetransport verloren und liegen auf dem Grund des Mittelmeeres.
D. h. bei der Gegenüberstellung haben die deutschen Panzer in Nordafrika in etwa ein Abschussverhältnis von 2,5:1 zum Gegner, wobei ein erheblicher Teil der Panzer auch nicht im direkten Duell mit gegnerischen Panzern verloren ging, sondern von Pak oder Flak abgeschossen wurde. Im Sommer 1942 z. B. erlitten die Deutschen die meisten Panzerverluste nicht durch Crusader-, Lee-, Matilda-Tanks und Co., sondern durch Minen und die neuen 6-Pfünder-Pak (57 mm).
Weiterhin sind auch die Personalverluste nicht direkt vergleichbar. Bei den ca. 22.000 gefallenen Deutschen handelt es sich a) auch um Vermisste (die du bei den Amerikanern [ca. 5.000] nicht einbezogen hattest, d. h. hier wären wir bei min. 17.000 US-Gesamtverlusten mit Verletzten und Vermissten), ferner gingen b) von den deutschen "Totalverlusten" ca. 25% auf dem Seetransport verloren, d. h. die reinen deutschen Gefechtsverluste nach Toten und Vermissten liegen in Nordafrika selbst bei rund 16.000. Hinzu kommen wohl noch etwa 55.000 Verwundete. (Gefangene zähle ich nicht mit.)
Die Gesamtverluste des Empire liegen aber bei über 160.000, wenn man Verwundete, Evakuierte und Erkrankte ("sick") mit einbezieht. D. h. ohne Gefangene im Rahmen von Massenkapitulationen (wie 1943 in Tunesien), sondern nur bzgl. reiner "Ausfälle", um diesen technisch-hässlichen Begriff beizubehalten, im Laufe der Kampagnen und Offensiven, wären wir in Nordafrika bei:
1.) Achsenmächte:
- Deutsche: In etwa 77.000 (davon ca. 60.000 im Landkampf, der Rest auf Seetransporten [i. d. T. schätzt man die deutschen Verluste an Bord von Transportschiffen zw. 1941 und 1943 auf ca. zwei Divisionen, es wurden interessanterweise bis heute hier keine genauen Zahlen erfasst, das sind also grobe Schätzwerte; es sei aber daran erinnert, dass in manchen Monaten 70% der nach Nordafrika laufenden Schiffe versenkt wurden])
- Italiener: Grob 90.000 (davon 18.000 Gefallene an Land und 5.000 auf See, der Rest sind Verwundete und Kranke - aber auch hier gibt es hinsichtlich der Verluste an Bord versenkter Transporter keine genauen Zahlen, sondern nur Dunkelziffern, möglicherweise liegen also die Seeverluste noch höher als 5.000).
- Vichy-Frankreich: Ca. 3.000 Tote und Verwundete (hauptsächlich bei "Torch" 1942).
2.) Alliierte:
- Empire: Vermutlich rund 160.000+ (rund 30.000 Kriegsgefangene abgezogen, da es wenig Sinn ergibt, diese einzurechnen), hierbei handelt es sich um rund 35.000 Tote, 9.000 Vermisste und ca. 80.000 Verwundete - dazu kommen noch in etwa 35.000 aus allen möglichen Gründen evakuierte Soldaten (zumeist als "sick" angegeben, was aber vom Typhus bis zum "shell shock" alles sein kann).
- USA: Etwa 17.000 (davon 2.800 Tote, 9.000 Verwundete, 5.000 Vermisste). (*)
- Sonstige (Polen, Freifranzosen, Griechen): Rund 20.000 Tote, Verwundete und Vermisste.
(*) Die US-Verluste beziehen sich nur auf Verluste an Land, nicht aber auf See.
Ergo: Pogus Hinweis...
Zitat:Das so bemerkenswerte Phänomen: Deutsche Bodentruppen verursachten bei ihren Gegnern nahezu prinzipiell und unter allen Bedingungen 50 Prozent höhere Verluste als sie selbst hatten.
...ist also bezogen auf Nordafrika nicht falsch, sondern wird durch dieses Bsp. sogar gestützt.
Wir haben ca. 200.000 alliierte Gesamtverluste (ohne Gefangene), die Deutschen verloren rund 77.000 Mann (ohne Gefangene), dazu kamen noch einmal etwa 90.000+ Italiener und andere Verbündete (auch hier ohne Gefangene gerechnet).
Schneemann
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(27.10.2022, 19:02)Rudi schrieb: Die Auftragstaktik wurde in der preuß. Armee bereits in den Befreiungskriegen in Anfängen eingeführt. Und von da an immer weiter entwickelt und nicht erst im 1.WK aufgrund der Erfahrungen an der Westfront.
Keine Frage, gab es hier bereits frühere Erfahrungen (Wie auch sonst? Solche eine Doktrin entsteht nicht im luftleeren Raum). Aber genau genommen nahm dies erst richtig Form speziell im Verlauf der Einigungskriege gegen Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich (1870/71) an und natürlich griff man auch auf diese in der Folge zurück, wenngleich der tatsächliche Begriff „Auftragstaktik“ allerdings erst deutlich später (Ende 80/ Anfang 90er Jahre des 19. Jahrhunderts) Eingang in die preußische Militärwissenschaft fand.
Die Ursprünge könnte man natürlich sogar noch früher als in den Befreiungskriegen suchen - ich denke da z.B. an die Freikorps des 7jährigen Krieges, aber das führte jetzt deutlich zu weit und war auch nicht der Punkt, um den es mir ging. Der Rahmen des 1.Weltkrieges sollte auch nur als Einleitung dienen und den Bogen spannen, um noch einmal zu verdeutlichen seit wann diese Taktik bereits im preußisch-/deutschen Heere von herausragender Bedeutung und in größerem Ausmaß praktiziert wurde - nachdem man sich zunächst erst wieder aus der Not des Stellungskrieges an der Westfront heraus auf die Erkenntnisse von 1870/71 besinnen musste.
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