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(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Besser wäre es ihnen beizubringen im Kampf zu fallen.
Ansichtssache und durch fremde Personen sicher schwer vermittelbar wie ein Mensch sterben sollte.
Das der Tod der mögliche Abschluß eines soldatischen Arbeitstages ist, dürfte (sollte) jedem klar sein der diesen Beruf wählt.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Ich schrieb doch schon explizit dass es völlig legal ist ! Aber unzweckmässig. Es wäre viel zweckmässiger den Russen gefangen zu nehmen.
Darum ging es nicht. Zudem kommt es auf die Situation an und kampfunfähig machen kann auch Gefangennahme bedeuten
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Hübsche Theorie. Die Realität sieht aber anders aus.
Deine vielleicht/offensichtlich
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Die "Wehrfähigkeit" der Bürger gegenüber dem Staat unterliegt sehr weitgehend der Willkür.
Ganz sicher nicht! Ich kann Dir aus langjähriger Praxis versichern, dass sie konketen Gesetzen unterliegt und im Zweifel unabhängig durch mehrere Instanzen geprüft wird.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Es kann sein dass er Recht bekommt, es kann aber auch nicht sein, völlig unabhängig von der Frage wie sich der Fall real verhält.
Das stimmt. Daher der Spruch: Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Und in ganz vielen Punkten hat der Bürger überhaupt gar keine Möglichkeit sich rechtlich zu Wehr zu setzen.
In welchen?
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Erklär mir dann mal bitte wie du überhaupt Krieg führen willst, und wie ein Krieg unter Beachtung des Artikel 1 stattfinden soll?! Wie führt man einen ernsthaften großen und konventionellen Krieg Menschenrechtskonform und unter Beachtung der Menschenwürde ?
Am besten gar nicht! Und wenn nur mit in Übereinstummung des Völkerrechts (z.b Selbstverteidigung) oder mit einem Mandat der Vereinten Nationen.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Im übrigen finden sehr viele Artikel des Grundgesetz schon durch ihre Formulierung Grenzen durch Gesetze, deshalb steht da auch bei recht vielen: solange diese Rechte nicht per Gesetz eingeschränkt werden etc.
Natürlich gibt es Grundrechtseinschränkungen. Aber nicht willkürlich wie in einem Unrechtsstaat
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Im weiteren ist dieses Grundgesetz, welches du hier so sakrosankt vor dir her trägst in etlichen Aspekten bereits hier und heute durch EU Recht ausgehebelt. Oder durch Gesetze welche diese Bundesrepublik erlassen hat.
Das Grundgesetz bildet die Rechtsordnung unseres Staates. Offensichtlich hast Du deine liebe Not damit,
weshalb es gut ist, dass Du nicht für "diese" Bundesrepublik (eine andere gibt es nicht) tätig bist.
Die Auswirkungen von EU Recht auf die nationalen Verfassungen der Mitgliedsländer beobachte ich ebenfalls sehr kritisch.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Wie schon geschrieben finden sich in den Artikeln des GG reihenweise Schranken, Begrenzungen und Einschränkungen welche immer darauf hinaus laufen, dass der Staat in diese Grundrechte aufgrund von Gesetzen eingreifen kann, und das tut er auch.
Natürlich darf und tut er das! Das muss er auch. Andernfalls gäbe keine Strafverfolgung o.ä. Aber er muss diese sorgfältig abwägen und die Einschränkungen dürfen nicht willkürlich sein.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Deshalb ist deine Aussage, dass es hier eine sakrosankte Rangfolge gäbe nur ein rechtstheoretisches Konstrukt, aber eben nicht die praktische Realität.
Ich glaub Dir, dass Du das so siehst!
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Das ist meiner Ansicht nach wiederum nur eine rein theoretische, rein rechtsphilosophische Aussage, die an der Realität vorbei geht.
An Deiner Realität offensichtlich. An meiner und meinem Alltag definitiv nicht.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Recht wird von Richtern gesprochen, also entscheiden hier Individuen darüber was Recht ist und was nicht. Und hier divergiert das Recht immens, je nach Gericht und beteiligten Individuen.
Natürlich, von wem sonst!? Daher gibt es auch mehrere Instanzen
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Die ganze Idee, dass das Recht hierzulande frei von menschlichem Einfluss für sich selbst existieren würde ist eine Auffassung die den Boden der Realität verlassen hat.
Natürlich nicht! Deswegen die Gewaltenteilung und ein mehrstufiges Verfahren das ganz normaler Alltag ist.
Deine Realität kann ich natürlich nicht beurteilen.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Von den ganzen sonstigen Rechtsbereichen, und der massiven Willkür welche hier seitens staatlicher Organe herrscht, und zwar aufgrund von bloßen Willkürentscheidungen bestimmter Machtträger fange ich erst gar nicht mal an.
Ich glaub Dir, dass Du das so siehst.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Im weiteren nimmt die Kultur und auch die Gesellschaft sehr wohl Einfluss auf das Recht und wie es ausgelegt wird.
Natürlich! Gesetze werden erlassen, vollzogen und über ihre Ausführung/Auslegung durch Mitglieder unserer Gesellschaft entschieden. In unserem und jedem anderen Rechtsstaat jedoch durch die Gewaltenteilung von unterschiedlichen staatlichen Institutionen und Personenkreisen
Etwaige Verfehlungen widersprechen dieser Rechtsordnung!
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Ein Beispiel: es wäre absolut Grundgesetzkonform Schwule rechtlich zu verfolgen, zu hohen Haftstrafen zu verurteilen (entsprechende Gesetze voraus gesetzt) und sie für lange Zeit wegzusperren. Auch wenn das hier und heute der absoluten Mehrheit absurd vorkommen mag. Und früher gab es - bei exakt gleichem Grundgesetz - entsprechende Gesetze! Nicht umsonst kämpfen bestimmte Initiaven (3+) immer noch für eine entsprechende Grundgesetzänderung.
Sie haben durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht nur das Recht diesen Schwachsinn zu fordern sondern darüber hinaus auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wenn ihnen jemand für diese absurde Forderung auf die Schnauze hauen wollte.
Aber weder sie, noch die betroffenen homosexuellen entscheiden darüber, sondern der Gesetzgeber und am Ende das Bundesverfassungsgericht wenn dieser Unfug es jemals dahin schaffen sollte, was Gott verhüten möge und auch zum Glück sehr unwahrscheinlich ist.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: In der Frühzeit der Bundesrepublik war es grundgesetzkonform dass die Ehefrau ohne schriftliche Einwilligung des Ehemannes nicht arbeiten durfte, bei exakt gleichem Grundgesetz. Und Vergewaltigung in der Ehe gab es noch bis 1997 (!) nicht, bei exakt gleichem Grundgesetz.
Du beantwortest Dir die Frage selbst! Das ändert nichts am Grundgesetz. Ganz im Gegenteil.
Die Initiativen kommen aus Gesellschaft und in den beiden o.g. Fällen von Frauen aus der Politik. Die Entscheidung darüber fällt jedoch das Bundesverfassungsgericht, welches diese schwachsinnigen Gesetze der Legislative ja auch einkassiert hat, weil ihre Überprüfung dem GG eben nicht entsprochen hat.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Weder existiert also in der praktischen Realität diese Rangfolge welche du hier propagierst
Doch! Auch wenn ich Dir natürlich glaube, dass Du das anders siehst.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: dass das Recht eine Entinität außerhalb von Individuen oder der Gesellschaft wäre. Ganz im Gegenteil wird es gerade eben hochgradig durch die jeweilige sozialkulturelle Grundströmung
Natürlich! Gott sei Dank! S.o.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: und insbesondere auch durch Mächtige Individuen bestimmt.
Kann sein, ist aber durch unsere Rechtsordnung weder vorgesehen noch durch diese gedeckt.
Andernfalls ist der souveräne Umgang mit ihnen das Problem und nicht unser Grundgesetz.
Eine bestehende Rechtsordnung bedeutet nicht, dass sie oder gar ihre Anwendung perfekt funktioniert.
Viele gescheiterte Staaten haben ( gerade in Afrika) sehr fortschrittliche Rechtsordnungen, die allen Rechtsstaatlichen Anforderungen mehr als genügen.
Sie müssen natürlich konsequent angewendet werden.
Was sollte denn bitte die Alternative sein, ohne dass ich eine Antwort darauf benötige.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Gerade das hatte ich geschrieben, genau diese Auffassung ist das rein militärische Problem. Und das gilt noch weit über den Artikel 1 hinaus, ganz ebenso für alle Gesetze welche strikt befolgt werden, weil man ja ein Rechtsstaat sein will. Du verstehst anscheinend meine Schlußfolgerung daraus nicht.
Ich habe Deine Ausführungen sehr genau gelesen und auch nach diesen Ausführungen um so mehr den Eindruck, dass ich sie sehr gut verstanden habe. Daher habe ich Dir ja auch explizit darauf geantwortet.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Gerade weil diese Nachteile gegeben sind, und zwar in jedem Fall, gerade eben deshalb muss man sie berücksichtigen. Wozu ich aufrief war gerade eben:
1. Einzuräumen dass es solche Nachteile gibt, und zu erkennen dass die Existenz von Nachteilen aus dieser Haltung heraus ein Fakt ist.
2. auf den Fakt dass dies Nachteile zur Folge hat zu reagieren, indem man entsprechend diese Nachteile bei der Kriegsführung berücksichtigt.
Auch das habe ich verstanden und Dir ebenfalls zuallererst darauf geantwortet.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Rechtsstaat und Krieg sind zwei völlig entgegen gesetzte Konstrukte. Sie sind daher nicht vereinbar. Wer dies leugnet, der leugnet das Wesen des Krieges selbst.
Daher der Versuch diesem Wahnsinn durch Völkerrecht etc. in irgendeiner Weise Herr zu werden und gewisse Grundregeln zu verpassen mit denen 7 Mrd Menschen leben können. Komplex halt.
(08.10.2022, 19:54)Quintus Fabius schrieb: Ich bin nur ein einfacher Krieger.
Das ist überhaupt nicht schlimm und auch gut so
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Das führt jetzt hier leider alles zu weit vom Thema des Stranges weg. Ich werde es daher in Kürze verschieben, weiß nur noch nicht genau wohin.
War klar, dass du im weiteren die Gewaltenteilung anführst, ich hatte es schon erwartet, und dass in einem Staat in welchem die Staatsanwaltschaften den Innenministerien hörig sind und die Exekutive zugleich als Teil der Legislative über ihre eigenen Gesetzesvorschläge abstimmt. Aber wie dem auch sei, nur zu einem ganz wesentlichen Punkt muss ich noch etwas anmerken:
Zitat:Das Grundgesetz bildet die Rechtsordnung unseres Staates. Offensichtlich hast Du deine liebe Not damit,
Nein, absolut nicht. Und diese Aussage von dir zeigt eben auf, dass du meine Kernaussage doch nicht verstanden hast. Mit dem Grundgesetz habe ich die allergeringsten Probleme, oder genau genommen eigenltich gar keine.
Und wenn ich von überbordendem Legalismus schreibe, dann meine ich damit nicht das Grundgesetz. Das hast erst du hier in die Diskussion eingeworfen, ic hhatte es nicht genannt.
Auch wenn du dir sicher bist, dass du mich verstehst, ich bin mir da umgekehrt gar nicht so sicher. Ganz im Gegenteil. Allein der folgende Passus zeigt klar auf, dass du überhaut nicht weist wovon ich da schreibe:
Zitat:Zitat: Ein Beispiel: es wäre absolut Grundgesetzkonform Schwule rechtlich zu verfolgen, zu hohen Haftstrafen zu verurteilen (entsprechende Gesetze voraus gesetzt) und sie für lange Zeit wegzusperren. Auch wenn das hier und heute der absoluten Mehrheit absurd vorkommen mag. Und früher gab es - bei exakt gleichem Grundgesetz - entsprechende Gesetze! Nicht umsonst kämpfen bestimmte Initiaven (3+) immer noch für eine entsprechende Grundgesetzänderung.
Sie haben durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht nur das Recht diesen Schwachsinn zu fordern sondern darüber hinaus auch das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit wenn ihnen jemand für diese absurde Forderung auf die Schnauze hauen wollte.
Aber weder sie, noch die betroffenen homosexuellen entscheiden darüber, sondern der Gesetzgeber und am Ende das Bundesverfassungsgericht wenn dieser Unfug es jemals dahin schaffen sollte, was Gott verhüten möge und auch zum Glück sehr unwahrscheinlich ist.
Offenkundig verstehst du meine Aussagen hier nicht wirklich.
Die Initiativen 3+ sind Homosexuelle und wollen gerade eben eine Grundgesetzänderung damit Homosexuelle schon aufgrund des Grundgesetzes nie mehr strafrechtlich verfolgt werden können. Es ist also exakt umgekehrt zu dem was du hier hinein interpretiert hast. Genau umgekehrt.
Deshalb ist es fast schon amüsant wenn du schreibst, Gott möge verhüten, dass diese Gruppen (in Wahrheit Homosexuelle die für ihre Rechte eintreten) es jemals vor das Bundesverfassungsgericht schaffen.
Oder wenn du schreibst, die Forderungen dieser Gruppen (in Wahrheit Homosexuelle die gerade eben für ihre Rechte eintreten) seien Schwachsinn und absurde Forderungen.
Das zeigt meiner Meinung nach klar auf, dass du in Wahrheit trotz all deiner juristischen Kenntnisse, welche sich ja in exakter Analyse von Tatbestandsmerkmalen und Subsumptionen gerade eben für ein genaues Textverständnis eignen sollten, mich doch nicht richtig verstanden hast.
Zitat:weshalb es gut ist, dass Du nicht für "diese" Bundesrepublik (eine andere gibt es nicht) tätig bist.
Für das Grundgesetz wie auch für diese Bundesrepublik würde ich jederzeit sofort in den Krieg ziehen und töten und auch sonst im Krieg alles nur denkbare tun, damit diese Bundesrepublik siegreich daraus hervor geht, oder zumindest der Feind so viel Schaden nimmt wie möglich. Schwur ist Schwur. Der endet für mich nicht nur weil irgendein Dienstverhältnis endete. Und zwar völlig unabhängig davon wie das rechtlich sein mag oder sein soll.
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(07.10.2022, 14:12)Quintus Fabius schrieb: Auch wenn du dir sicher bist, dass du mich verstehst, ich bin mir da umgekehrt gar nicht so sicher. Ganz im Gegenteil. Allein der folgende Passus zeigt klar auf, dass du überhaut nicht weist wovon ich da schreibe:
Offenkundig verstehst du meine Aussagen hier nicht wirklich.
Die Initiativen 3+ sind Homosexuelle und wollen gerade eben eine Grundgesetzänderung damit Homosexuelle schon aufgrund des Grundgesetzes nie mehr strafrechtlich verfolgt werden können. Es ist also exakt umgekehrt zu dem was du hier hinein interpretiert hast. Genau umgekehrt.
Deshalb ist es fast schon amüsant wenn du schreibst, Gott möge verhüten, dass diese Gruppen (in Wahrheit Homosexuelle die für ihre Rechte eintreten) es jemals vor das Bundesverfassungsgericht schaffen.
Oder wenn du schreibst, die Forderungen dieser Gruppen (in Wahrheit Homosexuelle die gerade eben für ihre Rechte eintreten) seien Schwachsinn und absurde Forderungen.
Das zeigt meiner Meinung nach klar auf, dass du in Wahrheit trotz all deiner juristischen Kenntnisse, welche sich ja in exakter Analyse von Tatbestandsmerkmalen und Subsumptionen gerade eben für ein genaues Textverständnis eignen sollten, mich doch nicht richtig verstanden hast.
Hier hast Du mich offensichtlich mißverstanden! Natürlich meinte ich mit Schwachköpfen diese merkwürdige 3 plus Bewegung gemeint.
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@Quintus
Zitat:Ein praktisches Beispiel von hunderten: die Ukrainer setzen Einheiten komplett in Zivil ein, die mit verdeckt geführten Waffen operieren. Nicht nur zur Aufklärung, auch für Kampfeinsätze und bei einem Spezialverband des Azov Regimentes einzelfallweise auch in russischen Uniformen etc. Das wird die Bundeswehr selbst in einem echten ernsthaften Krieg nie tun, weil es gesetzlich verboten ist. Es ist aber höchst zweckmässig. Das ist jetzt nur mal ein einziges Beispiel von sehr vielen die man anführen könnte
Waren diese Einheiten denn in irgendeiner Art und Weise wenigstens noch gekennzeichnet? Weil ansonsten wären sie nichts weiter als Saboteure und Partisanen, und fallen auch nicht unter die Genfer Konventionen bzgl. Kombattantenstatus (wie etwa Freischaren). Und ehrlich gesagt würde ich mich so nicht verhalten, da ich ja damit rechnen müsste - vermutlich berechtigterweise -, sofort erschossen zu werden, falls man doch einmal in Gefangenschaft geraten sollte.
D. h. nur weil etwas rein praktisch irgendwie machbar ist, heißt es deswegen noch lange nicht, dass es somit legal oder mit dem Kriegsrecht irgendwie zu vereinbaren wäre. Und nur weil ich etwas den Deckmantel des Legalen dadurch überhänge, dass ich sage, dass es im Krieg eben keine eigentlichen Gesetze mehr gibt, mache ich es eben schlicht noch nicht legal. (Von den Risiken für die eigenen Einheiten, die ein solches Vorgehen bedeuten kann, rede ich hier noch nicht.)
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(08.10.2022, 23:26)FJ730 schrieb: Hier hast Du mich offensichtlich mißverstanden! Natürlich meinte ich mit Schwachköpfen diese merkwürdige 3 plus Bewegung gemeint.
Oh man, diesmal habe ich wirklich alles Missverstanden da ich Deine Ausführungen hier auch nicht mehr aufmerksam gelesen habe. Sorry,! Natürlich meine ich jede Gruppierung die glauben sollte das Recht eines Menschen einschränken zu wollen wen er liebt.!!!!! Ich dachte das wäre offensichtlich.
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@Quintus
Zitat: Sie würde aber meiner Einschätzung nach selbst in einem solchen Krieg versuchen weiterhin das Übermaß an Regulierungen, Vorschriften, Gesetzen und gesetzlicher Bürokratie aufrecht zu erhalten, und sich dadurch selbst künstlich einschränken. Was für bizarre Auswüchse dass annehmen kann konnte man vom Kosovo bis nach Afghanistan "bewundern". Die Bundeswehr würde sich selbst also durch den ihr eigenen überbordenden Legalismus militärisch schwächen, und dies selbst dort wo es gar nicht notwendig ist.
Es ist eben die Frage ob sich das so extrapolieren lässt. Afghanistan und Kosovo waren keine Kriege im engeren legalistischen Sinne und gerade die Bundeswehr nimmt im Sinne ihres verfassungsmäßigen Auftrags eine sehr deutliche Trennung zwischen Friedens- und Kriegsbetrieb vor. Es bestehen, so meine Auffassung, alle rechtlichen Voraussetzungen um im Falle des Falles ‚den Schalter umzulegen‘ und Krieg – im Rahmen des Kriegsvölkerrechts - nach den Erfordernissen des Schlachtfeldes zu führen.
Das man es dann eventuell nicht tut, weil man wehrunfähig ist, schlicht nicht will und das alles ja einfach so furchtbar ist und man in der vermeidlichen Not auch das Versteck hinter Paragraphen sucht, ist da nochmal ein anderer Themenkomplex der über die rein rechtliche Einordnung hinausgeht.
In der Praxis wird es dann eh solche und solche Befehlshaber geben und spezielle deutsche Befindlichkeiten würden sehr schnell im Nato-Verbund aufgehen.
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FJ730:
Mal abgesehen davon, dass bloße Triebe nicht das selbst sind wie Liebe, habe ich dich eben schon verstanden, du mich aber eben umgekehrt nicht. Mir ist sofort klar gewesen, dass du beim zu flüchtigen drüber lesen gemeint hast, ich würde damit eine Gruppe meinen, die sich gegen Homosexuelle ausspricht. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Nimm dazu noch die Beschränktheit der schriftlichen Foren-Kommunikation, da geht viel unter.
Aber um etwas konkreter auf das eigentliche Thema des Stranges zurück zu kehren: was sich im Ukrainekrieg eben zeigt ist, dass ein ausgeprägter Nationalismus für den Krieg äußerst vorteilhaft ist, und dass das bewusste Umgehen von Regeln und Gesetzen vorteilhaft ist. Selbst du hast dies ja explizit eingeräumt: (ZITAT)
Zitat:Natürlich ist jedem Verantwortlichen gerade im Sicherheitsbereich völlig bewusst, dass Leute die sich nicht an Regeln halten praktische Vorteile haben.
Nichts anderes war meine Aussage. Und im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Bundeswehr aus der Überbetonung von Regeln (und damit meinte ich nie das Grundgesetz!) Nachteile hat. Und dass man sich dessen eben bewusst sein muss.
Nun wirft Nightwatch sehr berechtigt die Frage auf, ob man das bizarre Gesetzes und Vorschriftentheater des Kosovo oder Afghanistans oder Malis überhaupt auf einen ernsthaften großen Krieg extrapolieren kann?!
Werter Nightwatch:
Zitat:Es ist eben die Frage ob sich das so extrapolieren lässt. Afghanistan und Kosovo waren keine Kriege im engeren legalistischen Sinne und gerade die Bundeswehr nimmt im Sinne ihres verfassungsmäßigen Auftrags eine sehr deutliche Trennung zwischen Friedens- und Kriegsbetrieb vor.
Bis dahin dass wir in Afghanistan mit entladenen Waffen ausgestiegen sind, weil man nicht mit geladenen Waffen fliegen durfte, und man sich mehr um die Anzugsordnung gekümmert hat als um den Feind usw usw usf Völlig klar.
Zitat:Es bestehen, so meine Auffassung, alle rechtlichen Voraussetzungen um im Falle des Falles ‚den Schalter umzulegen‘ und Krieg – im Rahmen des Kriegsvölkerrechts - nach den Erfordernissen des Schlachtfeldes zu führen.
Jedes Recht ist aber interpretierbar. Es kann enger gefasst betrachtet werden, oder als bloßes Mittel zum Zweck so interpretiert werden, dass es wesentlich mehr Freiräume gewährt.
Das heißt für mich, dass man eben auch bei Wegfall aller Friedensregelungen sich entweder durch das Recht stark einschränken kann, oder, mit dem exakt gleichen Recht wesentlich freier agiert!
Und meiner Auffassung nach, und da kommt die Ukraine ins Spiel (!), ist die militärische Lehre aus dem Ukrainekrieg, dass man den Rahmen des Kriegsvölkerrechts so weit wie nur irgendwie machbar dehnen sollte. Und das müsste man eben auch bereits in Friedenszeiten vorbereiten, durch entsprechende im Vorab bereits festgelegte Interpretationen, welche explizit dazu dienen diesen Rahmen so weit wie nur irgendwie möglich auszuweiten. Und dass man, völlig ungeachtet des Kriegsvölkerrechts in einzelnen bestimmten Fällen die Zweckmässigkeit über dieses stellen sollte, was man natürlich sowohl davor als auch danach nur systematisch leugnen und von sich weisen muss. Hier müssen dann alternative Fakten an die Stelle des tatsächlichen Geschehens treten.
Ob die real existierende Bundeswehr aber dazu in einem ernsthafen Krieg in der Lage sein wird ?!
Zitat:man in der vermeidlichen Not auch das Versteck hinter Paragraphen sucht
Perfekt ausgedrückt. Das ist meiner Meinung nach einer der primären Gründe für diese grundsätzliche Einstellung bei der Bundeswehr. Und ich bezweifle eben, dass sich das in einem ernsthaften Krieg ändern würde. Deshalb glaube ich auch nicht, dass unsere Befindlichkeiten im NATO Gesamtverbund untergehen würden, sondern wir würden sie gerade eben selbst dann noch aufrecht erhalten, wenn dies nur noch von Nachteil ist.
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Leider habe ich dieses Forum erst vor knapp zwei Wochen entdeckt und nun erst einmal versucht den hier abgebildeten und reflektierten Ukrainekrieg mit all seinen aufgeworfenen Aspekten aufzuarbeiten. Das war ein ordentliches Unterfangen kann ich sagen und ich bin noch immer nicht durch, wenngleich endlich im Oktober angekommen.
Kurz zu meiner Person, ich bin Militärhistoriker und beschränke mich genau deshalb in der Regel auf eben diese Aspekte. Psychologie und das damit verbundene Unterkapitel Kognition, hier noch spezieller die Wahrnehmung, gehören aber nicht nur rein zufällig, ebenso zu meiner Profession.
@lime
(13.10.2022, 07:56)lime schrieb: Werde demnächst mal einen Freund von mir Fragen der im Grafikbereich arbeitet was er von der Sache hält und ob die Erklärung auf der polnischen Seite realistisch ist.
Ja, das ist absolut realistisch und passiert so jeden Tag, und auch jedem von uns ständig.
Die menschliche Wahrnehmung von Reizen (hier dieses Foto) funktioniert subjektiv und ist ein rein individueller Vorgang. Dafür sorgen zum Beispiel unsere eigenen Erfahrungen (Wissen, Erlebtes, Gelerntes …) und entsprechende Erwartungen (z.B. Sehgewohnheiten, wie eine Swastika auszusehen hat). Diese Informationen werden durch unser Gehirn gefiltert, interpretiert und zum Teil dann wiederum auch (re)konstruiert - weil wir zum Beispiel das Muster kennen bzw. zu erkennen glauben. Da greifen wiederum etliche weitere Prinzipien nach denen Wahrnehmung funktioniert. Eines der hier in diesem Falle zu Grunde liegende Phänomene nennt sich das „Figur-Grund-Prinzip“ (als ein übergeordnetes Prinzip der Wahrnehmung), welches genau für das schnelle Erkennen bzw. scheinbare Erkennen von Grundmustern sorgt - selbst wenn genau dieses Muster genau genommen eigentlich gar nicht da ist, sondern ein anderes (Stichwort Vexierbilder - jeder sieht etwas anderes). Diese schnelle Wahrnehmungssystem hilft bei der Entscheidung „Fight or Flight“, hat aber eben auch etliche Nachteile, wie die klassische Fehlinterpretation.
Hinzu kommen das sog. „Priming“ und der „erste Eindruck“ - beide können dafür sorgen, dass man, da im Vorfeld darüber berichtet und geredet wurde, genau dies dann auch (scheinbar) „erkannt“ wird. Oder eben auch die „selbsterfüllende Prophezeiung“.
In der Regel greifen mehrere Prinzipien bzw. Mischformen davon und so kommt es, dass wir am Ende zehn verschiedene Zeugenaussagen bei einem Verkehrsunfall bekommen.
All dies soll nun nicht heißen, dass es nicht auch tatsächlich entsprechende „Kader“ auf ukrainischer Seite gäbe, aber die gezielte Desinformationskampagne durch die russische Seite sollte ebenso immer wieder bedacht werden. Es sollen unbedingt Nazis gefunden werden und dann wird man sie halt auch immer wieder „nachweisen“. Die Beispiele dafür wurden hier ja schon eindrücklich benannt.
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@Camarilla
Ein herzliches Willkommen im Forum meinerseits.
Schneemann
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Camarilla:
Ebenso herzlich willkommen im Forum. Militärgeschichte ist von einigen hier ein Steckenpferd, und früher war mal deswegen der Geschichte-Strang recht aktiv (und rein persönlich bin ich mal vor Ewigkeiten wegen römischer Militärgeschichte hier gelandet). Es wäre mir daher eine besondere Freude, wenn ich in diesem Bereich wieder mehr diskutieren und dazu lernen könnte!
Zu deinen Ausführungen möchte ich ergänzend anmerken, dass ich solche Mechanismen seit geraumer Zeit immer als Bestätigungsfehler bezeichne. Keine Ahnung ob das überhaupt ein passender Begriff ist, aber ich meine es so, dass man in ganz vielem bereits eine Meinung hat, und dann neue bzw. weitere Informationen so wahrnimmt, dass sie zu der bereits vorgefassten bestehenden Meinung passen. Ad extremum kann dabei der eigentliche Inhalt einer Information sogar in sein Gegenteil verkehrt werden. Das gilt meiner Auffassung nach sogar dann, wenn man sich der bereits vorgefassten Ansicht noch gar nicht selbst bewusst ist und selbst noch meint, dass man noch gar keine feste Meinung dazu gebildet hat. Die Fehlinterpretation der dann herein kommenden Informationen (in der Art, dass diese zum bereits gefällten Entschluss passen) bestätigt dann diese Entscheidung / Wahrnehmung und je mehr diese bestätigt wird, desto mehr verstärkt sich dieser Effekt und desto mehr werden alle weiteren Informationen immer sicherer und weitergehender so interpretiert und/oder wahrgenommen, dass sie ebenfalls dazu passen.
Meiner Meinung nach bestätigt sich so dann immer weitergehender dass man schon vorher wusste. Deshalb nenne ich es Bestätigungsfehler. Gerade durch das Forum habe ich diesen auch schon oft bei mir selbst wahrgenommen. Es ist immer wieder erstaunlich für mich gewesen, wie ich dann Dinge trotz der Annahme dass ich objektiv und möglichst kalt-rational über sie denke falsch wahrgenommen habe. Ein Musterbeispiel im Kontext dieses Stranges ist meine Wahrnehmung der russischen Streitkräfte gewesen. Ich habe Russland schon vor 20 Jahren als Feind gesehen, und als zukünftigen Kriegsgegner, und ebenso vor 10 Jahren usw. aber ich habe auch immer die Stärke und Leistungsfähigkeit der russischen Streitkräfte viel zu hoch angesetzt und ständig deshalb eine möglichst hektische Aufrüstung gefordert. Weil ich von einer sehr ernsthaften militärischen Gefahr ausging, und alle Informationen über die russischen Streitkräfte daher entsprechend interpretierte.
Im vollen Wissen um die Korruption und die Inkompetenz wahr ich trotzdem nicht in der Lage den tatsächlichen Zustand der russischen Streitkräfte richtig einzuordnen.
Bezüglich rechtsextremstischer Kreise in der Ukraine und insbesondere in den ukrainischen Streitkräften könnte man in diesem Kontext aber auch einwerfen, dass diese im Westen nun gerade eben nicht mehr ausreichend wahrgenommen werden, weil die Ukrainer als die Guten angesehen werden und damit alle Informationen welche über die Ukraine herein kommen eher Pro-Ukrainisch interpretiert / wahrgenommen werden. Entsprechend leugnet man solche Problemstellungen, weil sie dem Bild dass die Ukrainer hier "die Guten" sind (scheinbar) wiedersprechen. Die Ukraine verteidigt daher immer nur Freiheit und Demokratie, auch die Unsrige und alles was dem widersprechen könnte wird gedanklich verdrängt oder uminterpretiert.
Entsprechend wirkmächtig ist damit auch die ukrainische Propaganda, welche diese Prozesse teilweise mitinitiiert hat, welche aber größtenteils einfach nur diese ganz von selbst ablaufende Entwicklung aufgreift, verstärkt und aktiv ausnützt.
Beschließend ist meiner Meinung nach noch ein weiterer Aspekt, dass das Übermaß an Informationen und die Haltlosigkeit in einem derart unbestimmten Informationsfeld viele Menschen überfordert, dazu kommt noch das Wegbrechen von Strukturen welche ansonsten früher Halt gegeben haben (Familie, Dorf, Verein, Nation, Religion etc). Und deshalb streben die Menschen (unbewusst)meiner Meinung nach oft danach, durch Vereinfachungen und Echokammern diesem kaleidoskopartigen Zustand zu entkommen, um wieder Klarheit und Struktur für sich zu generieren. Die Technologisierung der Gesellschaft und die Auflösung vieler althergebrachter Strukturen, Werte und Normen lassen die Menschen ratlos und haltlos zurück. Entsprechend sind diese Zustände heute meiner Meinung nach auch ein Symptom der industriell-technologischen Gesellschaft. Die Technik produziert Umstände, welche wiederum Selbstläufer hervor bringen, welche die Menschen wiederum dazu bringen, sich selbst eine Wirklichkeit zu stricken.
Gesellschaften die in Teilen technologisch hinterher hinken, und damit auch sozialkulturell (da die soziakultur weitgehend mit der Technik interagiert), und die daher und auch aus sonstigen Gründen starke Bruchlinien in der Gesellschaft selbst haben, reagieren in diesem Kontext meiner Meinung nach noch viel stärker auf die beschriebenen Mechanismen. So erklärt sich meiner Meinung nach vieles was seit Jahren in Russland so geschieht, dass ist eben nicht alles einfach nur von oben her gesteuerte Propaganda und in vielen Aspekten müsste man fragen, was hier Henne und was Ei ist, und ob die Propaganda hier nicht auch einfach bereits ablaufende Entwicklungen aufgreift und diese verstärkt, bzw. ab wann diese der Propaganda und Lenkung des Staates aus dem Ruder gelaufen sind (was mein Eindruck ist). Ganz viele Russen glauben die abstrusesten Sachen über den Westen, und dies eben nicht, weil die Staatsmedien ihnen das so vorgeben, sondern auch unabhängig von diesen. Entsprechend verstärken die Informationen welche sie in den Staatsmedien finden nur was sie ohnehin schon glauben. Aber sie interpretieren auch alle sonstigen Informationen entsprechend, dass sie dazu passen (Bestätigungsfehler).
Gute Bekannte und Freunde von mir leben ja (bekanntermaßen) in Ostsibirien. Die haben Internet, die "surfen" auf westlichen Seiten, die sehen sich westliche Medien an. Trotzdem sind sie über Jahre hinweg immer mehr abgeglitten und ist ihr Hass auf "den Westen" ständig gestiegen. Obwohl sie keine Staatsmedien konsumieren und obwohl sie von der aktuellen russischen Regierung auch nichts halten. Aber trotzdem wird alles was sie im Internet frei sehen nicht so wahrgenommen wie wir es wahrnehmen. Entsprechend glauben sie beispielsweise fest daran, dass Satanisten im Westen die Macht übernommen haben, um das Christentum auszurotten und die ganzen Gesellschaften dort zu verderben und ins Verderben zu führen. Und alles was sie in westlichen Medien lesen, wird von ihnen entsprechend interpretiert.
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Danke für das herzliche Willkommen.
(26.10.2022, 23:04)Quintus Fabius schrieb: […] Zu deinen Ausführungen möchte ich ergänzend anmerken, dass ich solche Mechanismen seit geraumer Zeit immer als Bestätigungsfehler bezeichne. Keine Ahnung ob das überhaupt ein passender Begriff ist, aber ich meine es so, dass man in ganz vielem bereits eine Meinung hat, und dann neue bzw. weitere Informationen so wahrnimmt, dass sie zu der bereits vorgefassten bestehenden Meinung passen. Ad extremum kann dabei der eigentliche Inhalt einer Information sogar in sein Gegenteil verkehrt werden. Das gilt meiner Auffassung nach sogar dann, wenn man sich der bereits vorgefassten Ansicht noch gar nicht selbst bewusst ist und selbst noch meint, dass man noch gar keine feste Meinung dazu gebildet hat. Die Fehlinterpretation der dann herein kommenden Informationen (in der Art, dass diese zum bereits gefällten Entschluss passen) bestätigt dann diese Entscheidung / Wahrnehmung und je mehr diese bestätigt wird, desto mehr verstärkt sich dieser Effekt und desto mehr werden alle weiteren Informationen immer sicherer und weitergehender so interpretiert und/oder wahrgenommen, dass sie ebenfalls dazu passen. […]
Eine absolut passende Umschreibung wie ich finde. Im privaten Kontext umschreibe ich dieses eigentlich immer ganz ähnlich wie du das hier getan hast. Indem sich jemand in seinen Ansichten immer wieder selbst „verifiziert“ (durch die mehr oder weniger gezielte Recherche in etwa) oder durch (z.B. innerhalb in sich geschlossenen) Gruppen die gegenseitige Bestätigung von Fehlern ein üblicher Vorgang ist, da niemand den wirklichen Sachstand kennt, gibt es aus dieser Gruppe heraus auch keine Widerworte. Nun kann es in solchen Gruppen dann auch zur Selbstverstärkung kommen und von außen kommende Impulse (z.B. Experten, Wissenschaftler, „die Lügenpresse“ etc.) werden immer wieder abgetan oder nicht ernst genommen. Letztlich kommt es natürlich immer auf den Einzelfall an, aber vieles das hier wirkt, kann man mit dem „Leben in der Blase“ (sprich z.B. Algorythmen auf YouTube etc., die natürlich genau unsere Suchinteressen bedienen und uns dadurch immer wieder zu bestätigen scheinen), der „Down the Rabbit Hole“-Metapher (kurz Menschen verlieren sich sozusagen bei der Recherche) und schließlich dem Dunning-Kruger-Effekt beschrieben werden, der besagt, dass gerade die „Halbwissenden“ besonders von ihrer Expertise überzeugt sind und entsprechend selbstbewusst (z.B. in Talkshows) auftreten, während die eigentlichen und tatsächlichen Experten ständig relativieren bzw. die vielen verschiedenen Grautöne betonen und deswegen lieber vorsichtiger auftreten, da sie wissen, dass sie eigentlich immer noch zu wenig wissen. Hinzu kommen die schon oben in meinem ersten Beitrag erwähnten und noch andere Phänomene (Stereotypenbildung etc.). Das ist auf jeden Fall ein weites und äußerst interessantes Feld. Ich wundere mich auch immer wieder, wie wenig diese Dinge in der Vergangenheit in der Geschichtsforschung berücksichtigt wurden. Wobei es natürlich auch wirklich gute Beispiele gibt.
Aber speziell auf das von Lime angesprochene Beispiel mit dem Armband erscheint mir das Figur-Grund-Prinzip im Zusammenhang mit dem Abrufen bekannter Schemata (hier gern auch Stereotypen) absolut plausibel zu sein. Auch das Priming (da das Thema ja sozusagen angebahnt und angekündigt wurde) könnte hier recht gut herangezogen werden.
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Nun gleich einmal eine Frage bzw. Problematisierung (nennen wir es gerne auch eine rhetorische Frage, da ich mir natürlich dahingehend schon einige Gedanken gemacht habe ) meinerseits, die mich seit dem misslungenen Angriff auf Kiew beschäftigt und sich wie ein roter Faden durch die russische Vorgehensweise zu ziehen scheinen - aber wie schon geschrieben, ich bin Militärhistoriker, war zu meiner aktiven Zeit nur einfacher Fallschirmpanzerabwehrsoldat und eben kein Einheitsführer mit entsprechend tiefergehenden praktischen Erfahrungen, zwar zumindest Ausbilder im alpinen Bereich, aber mehr auch nicht - deswegen mag sich manches davon jetzt etwas „naiv“ lesen. Aber Literatur- und Quellenstudium kann am Ende nunmal nicht die Praxis ersetzen (und zum Glück muss keiner von uns diese in der Ukraine sammeln).
Die kaiserlich deutsche Armee hat auf Grund ihrer Erfahrungen an der Westfront nach Auswegen aus dem Dilemma des Abnutzungs- und Stellungskrieges gesucht, dieses Mittel dann u.a. in Form der Auftragstaktik (Paradebeispiel Stoßtruppen) gefunden. Dieses wurde dann bekanntermaßen zuerst im Osten im September 1917 bei der Eroberung Rigas and dann in der 12. Isonzoschlacht im Oktober / November mit besonders verheerenden Ergebnis für die Italiener umgesetzt (wenngleich natürlich noch einige andere Aspekte in diese verheerende Niederlage der Italiener hinein spielten). Man denke hier nur an den jungen Oberleutnant Rommel mit seinen seinen Württembergern.
Im Zweiten Weltkrieg wurde dieses dann bereits erprobte Vorgehen sozusagen perfektioniert (zumindest so lange vernünftig ausgebildete Unteroffiziere und Offiziere zur Verfügung standen). Schließlich haben auch viele westliche Armeen dieses Konzept (bei den Amerikanern als Mission Command) übernommen - ich verweise hier nur beispielhaft auf die Umsetzung von Erkenntnissen aus den Untersuchungen Martin van Crefelds.
Wie kann es sein, dass die russische Armee des 21. Jahrhunderts derart mit heruntergelassenen Hosen dasteht und in wirklich (wie hier ja bereits mehrfach von euch aufgegriffen und ausgeführt) fahrlässigster Weise jegliche Grundprinzipien moderner Kriegsführung mißachtet? Die Ukrainer haben es ihnen u.a. bei Charkiw, wie einst Rommel im Oktober 1917 auf dem Weg zum Matajur geradezu lehrbuchmäßig vorgeführt. Ist die Antwort am Ende wirklich so einfach, dass tatsächlich das Uffz. und Offz.Korps der Russ. Armee so schlecht aufgestellt sein sollte?
Führen von vorne scheint dagegen sehr weit verbreitet bzw. sogar bis auf die Spitze getrieben zu sein, wenn man sich die Verlustzahlen an höheren Dienstgraden anschaut. Am Einsatzwillen und fehlender Tapferkeit der Epaulettenträger (aber auch der einfachen Soldaten) liegt es also wohl eher nicht. Aber dieses geradezu stumpfsinnig anmutende Vorgehen ist in meinen Augen genau genommen nichts anderes als die „russische Dampfwalze“ zu Beginn des 1.Weltkrieges bzw. bereitwillige Verheizen der Soldaten analog zum Großen Vaterländischen Krieg. Bis irgendwann die Verluste, zwar quantitativ jeder Zeit, aber eben nicht mehr qualifiziert auszugleichen sind (und danach sieht es derzeit durchaus aus) und schließlich in einer nicht näher zu definierenden Zukunft die Heimatfront vielleicht doch wackeln sollte.
Es ist keine Frage, abschreiben sollte man die russische Armee auf keinen Fall - auch wenn es im Zeitalter der digitalen Medien natürlich manchmal doch recht schnell gehen kann. Aber zurück zum Ausgangspunkt. Wie gesagt, mir geht es an dieser Stelle um den Ausbildungsstand des Uffz.und Offz.Korps. Gerade wenn ich das regelrechte Verheizen der Fallschirmtruppe vor Kiew und im Donbass betrachte, die ja eigentlich das Paradebeispiel für auftragstaktisches Vorgehen abbilden sollte, dann zweifle ich ernsthaft an der russischen Vorgehensweise (wenngleich natürlich erfreulich für die Ukrainer). Spielt Auftragstaktik bei der Ausbildung eine derart untergeordnete Rolle?
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Die Auftragstaktik wurde in der preuß. Armee bereits in den Befreiungskriegen in Anfängen eingeführt. Und von da an immer weiter entwickelt und nicht erst im 1.WK aufgrund der Erfahrungen an der Westfront.
Und erst nach den Erfahrungen im 2.WK und der erfahrenen Überlegenheit der Wehrmacht, hat man in den westl. Armeen angefangen, ebenfalls zur Auftragtstaktik überzugehen. Anders im WP, wo man immer an der Befehlstaktik festgehalten hat. Das hat natürlich Gründe. Die Auftragtstaktik erfordert den intelligenten, mitdenkenden Untergebenen, der in die Lage und Ziele der Führung eingewiesen und in der Lage ist, selbständig zu handeln. Dafür braucht es Vertrauen und trotzdem Kontrolle, die eng ist, aber nicht einengt, so würde ich das mal nennen.
Und bei russ. Armee ist die Ausbildung tatsächlich auf einem extrem niedrigen Niveau und auch die anderen Voraussetzungen, wie an Bildung, Eigeninitiative usw. sind nur wenig gegeben. Und aufgrund der Behandlung, bspw. das System der Großväter bzw. die synonyme EK-Bewegung in der NVA, hat die Führung auch kein Vertrauen in die Untergebenen. Zumal in totalitären Staaten, wie der UdSSR und auch heute noch in Rußland, sowie wenig Vertrauen ggü. dem Bürger besteht.
Der Kontraktniki, so nennt man die wohl, dient vier Jahre. Nur 1% der Soldaten verlängert seinen Dienst. So kann natürlich kein Unteroffizierskorps entstehen. Also hapert es schon an der Ausbildung und praktischen Anleitung der Soldaten. Dazu das System der Schinderei und Bereicherung durch die Vorgesetzten. In diesem System kann keine Qualität entstehen.
In dem Buch des Wagnerssöldners wird desöfteren beschrieben, wie unbelehrbar der russ. Soldat ist. Es werden einfachste und grundlegendste Fehler gemacht, die Menschenleben kosten und von jedem mit ein bißchen gesundem Menschenverstand vermieden werden. Und bei der nächsten Gelegenheit wurden von den gleichen Leuten die gleichen Fehler gemacht. Sie schaffen es nicht, aus Fehlern zu lernen. Und die Wagnersöldner gelten ja schon als Elite in der russ. Armee.
Also, die Auftragstaktik spielt nicht nur eine untergeordnete Rolle, sondern gar keine. Weil einfach alle Voraussetzungen dazu fehlen.
(26.10.2022, 23:04)Quintus Fabius schrieb: Gute Bekannte und Freunde von mir leben ja (bekanntermaßen) in Ostsibirien. Die haben Internet, die "surfen" auf westlichen Seiten, die sehen sich westliche Medien an. Trotzdem sind sie über Jahre hinweg immer mehr abgeglitten und ist ihr Hass auf "den Westen" ständig gestiegen. Obwohl sie keine Staatsmedien konsumieren und obwohl sie von der aktuellen russischen Regierung auch nichts halten. Aber trotzdem wird alles was sie im Internet frei sehen nicht so wahrgenommen wie wir es wahrnehmen. Entsprechend glauben sie beispielsweise fest daran, dass Satanisten im Westen die Macht übernommen haben, um das Christentum auszurotten und die ganzen Gesellschaften dort zu verderben und ins Verderben zu führen. Und alles was sie in westlichen Medien lesen, wird von ihnen entsprechend interpretiert.
Hier sehe ich so einen "Bestätigungsfehler". Gerade, weil sie einen Einblick in die westl. Gesellschaft haben, können sie mit dem Blick von außen, der ja vieles deutlicher und schärfer sehen kann und auch andere Vergleiche hat, natürlich einiges kritischer sehen. Und wenn ich versuche, unsere Gesellschaft mit den Augen Dritter von außen zu betrachten, sehe ich eben viel "verstörendes", wie man heute modisch sagt.
Ich sehe eine dekadente Gesellschaft, in der bspw. die Sitten verwahrlosen, Wehrwille und Wehrfähigkeit dramatisch schwinden, ja bis zum 24.2. lächerlich gemacht wurden (toxische Männlichkeit) und der Leistungsgedanke immer vom Wohlfahrtsgedanken verdrängt wird.
Vieles heutige erinnert an die römische Spätzeit, die ja ein Paradebeispiel für Dekadenz war. Das dies alles viel Ablehnung in der Welt erfährt, bemerken viele in ihrer westlichen Blase nicht einmal. Aber schon in Osteuropa erfährt diese westl. Entwicklung viel Ablehnung, auch viele derjenigen, die gerne bei uns einwandern und von uns in MAssen geholt werden, verachten dies alles.
Und auch hier im Osten Deutschlands gibt es viel Ablehnung dieser Entwicklung und diese Auswüchse werden mit dem Westen und den USA identifiziert. Und da ist Rußland einer der Gegenpole zu dieser Entwicklung. Und wurde von vielen als der wichtigste Gegenspieler wahrgenommen und hat sich damit Symphatien erworben, die sich jetzt in einer rosaroten Brille und in der Ablehnung der Sanktionen bemerkbar machen. Die Ukraine frönt ja auch nicht diesem westlichen Weg, wird aber hier durch den Weg weg von Rußland und hin zum Westen als "Vasall der USA" wahrgenommen.
Eher einfach gestrickte Menschen benötigen eben auch einfache Erklärungen für ihre Wahrnehmungen, die ja durchaus richtig sein können, wenn sie sie nicht analytisch erklären können. Und da kommt es dann zu der Erklärung, daß Satanisten die Macht übernommen haben.
Soweit zumindest mein Eindruck.
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Camarilla:
Deine Fragestellung umfasst eine sehr weite und komplexe Thematik. Das ist in einem Forenbeitrag kaum richtig beantwortbar, ich will es trotzdem versuchen.
Die russische Armee vertritt in etlichen Punkte eine vollständig andere Ansicht vom Krieg, weil sie bis heute sehr stark von den Ideen Jominis geprägt ist (dieser beendete sein Leben und sein Wirken in Russland als eine Art höchstrangiger Militärberater und persönlicher Lehrer des jungen Zaren in militärischen Angelegenheiten). Deshalb nahm die russische Armee einen vom Westen getrennten Sonderweg. Gröbst vereinfacht gesagt wird in den russischen Streitkräften deshalb bis heute die Auffassung vertreten, dass die westliche Auftragstaktik in einem ernsthaften Krieg der länger andauert nicht aufrecht erhalten werden kann, dass der Abnutzungskrieg in Wahrheit vorteilhaft ist und umso vorteilhafter wird, je länger ein Krieg andauert, dass man alle Strukturen, alle Ausbildung und die Doktrin sowie auch die Ausrüstung daraufhin ausrichten muss, auch unter den widrigsten Umständen immer weiter zu funktionieren, und dass die höhere Quantität sich langfristig gesehen durchsetzen wird (ein geistiges Erbe der napeleonischen Ära), was aber zur Folge hat, dass eine solchermaßen auf Quantität ausgerichtete Armee eben nicht querschnittlich eine hohe Qualität haben kann und diese auch nicht aufrecht erhalten werden kann, womit sich der entsprechende Kreis schließt.
Diese Auffassungen sind keineswegs falsch bzw. per se abzulehnen. Auch die US Streitkräfte waren übrigens früher (vom amerikanischen Bürgerkrieg an) stark von Jomini geprägt und seine Lehren verhalfen den US Streitkräften sowohl im Ersten Weltkrieg, als auch dann im Zweiten Weltkrieg zu erheblicher Stärke.
Entsprechend wurde alles darauf ausgerichtet, diesen genannten Faktoren zu genügen. Dazu trat noch die sehr hohe Gewichtung der operativen Ebene, die sehr hohe Gewichtung der Geschwindigkeit als Selbstwert und die Auffassung, dass die militärische Strategie unabhängig von der technologischen Weiterentwicklung und den evolutionären Veränderungen der Kriegsführung immer gleich bleibt und beschließend als eine Schlußfolgerung aus all dem eine Überhöhung der Offensive anstelle der Defensive.
Nun zur Gegenwart: der primäre Grund für die aktuellen Probleme der russischen Streitkräfte ist vor allem anderen, dass sie ihrer eigenen Doktrin und ihrer eigenen ganz grundsätzlichen Auffassung vom Krieg eben nicht mehr genügen. Die zwingende Schlussfolgerung aus den russischen Auffassungen ist eine Kultur der allgemeinen Wehrpflicht, eine von Wehrpflichtigen gestellte Massenarmee und schlussendlich ein ausgefeiltes Vorgehen auf der operativen Ebene, unter Vernachlässigung der taktischen Ebene (weil aus russischer Sicht weniger relevant) um dadurch Wirkung auf der strategischen Ebene zu erzielen, und all dieses war im vorliegenden Krieg eben nicht der Fall.
Die Russen kämpften eben in den ersten Wochen (Monaten) nicht gemäß ihren eigentlichen grundsätzlichen Auffassungen. Hätten sie es getan, hätte die Ukraine verlieren können.
Die Gründe warum die Russen eben nicht gemäß ihren Auffassungend und ihrer grundsätzlichen Doktrin gemäß kämpften sind vielfältig, einer der wesentlichsten Faktoren war aber meiner Meinung nach, dass die russischen Streitkräfte heute in der RF einen sehr niedrigen Rang haben und von der aktuellen russischen Führung gezielt klein gehalten werden und fortwährend herunter gemacht werden.
Das geht so weit, dass Bekannte von mir der Verschwörungstheorie anhängen, dass der Ukrainekrieg primär der Zerstörung der russischen Streitkräfte durch die russische Führung dient, weil diese ansonsten in einem Militärputsch in Kürze eben diese Führung gestürzt hätten. Russland ist auch in der praktischen Realität heute kein Militärstaat, sondern ein Polizeistaat, in dem die inneren Sicherheitskräfte ein Primat über dem Militär inne haben, welches sie mit allen Mitteln verteidigen.
Das Militär wird also mit jedem nur denkbaren Mittel niederhalten und geschwächt, aus der berechtigten Sorge, dass es ansonsten die Macht an sich reißen könnte. Deshalb hat man viele der Strukturen und Grundlagen welche die russische Armee für ihre Kriegsführung benötigte absichtlich zerstört und ernsthafte Reformen welche die Armee durchführen wollte nicht nur behindert, sondern sogar aktiv wieder revidiert. Ein Musterbeispiel (eines von sehr vielen) ist das scheinbare Fehlen von Unteroffizieren in der russischen Armee. Was weniger bekannt ist, es gab in der russischen Armee seit jeher eine Art Äquivalent, eine eigene Gruppe von niedrigrangigen Offizieren, welche im Endeffekt als Fähnrichslaufbahn zu bezeichnen wären. Diese übernahmen die Rollen welche in westlichen Streitkräften die Unteroffiziere inne haben. Diese niedrigrangigen Offiziere wurden unter Putin massivst abgebaut, unter der Zielsetzung, an deren Stelle das Unteroffizierskorps auszubauen, was aber dann absichtlich und intentional nicht geschehen ist. Entsprechend verfehlt ist daher die Annahme, dass es in den russischen Streitkräften nie ein Äquivalent zum westlichen Unteroffizierskorps gegeben habe, dies stellten früher eben die "Fähnrichte".
Eine wesentliche Zäsur scheint vor allem anderen der Versuch von Militärreformen seit 2008 gewesen sein. Statt die Armee voran zu bringen, hat man sie seitdem intentional massiv geschädigt und geschwächt. Ganz viele der Reformen wurden nicht nur zurück abgewickelt, sondern sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Das reicht vor allem in die Ausbildung der Offiziere hinein, in welcher man das alte zerschlagen hat, nichts sinnvolles neues aber aufbaute und schließlich sowjetische Systeme wieder belebte, ohne dass dafür noch die gleichen Grundlagen vorhanden wären (Massenarmee von Wehrpflichtigen mit Unmengen von Material).
So stand die russische Armee so dar, dass sie als eine Massenarmee ausgelegt war, ohne Masse zu haben, als eine Wehrpflichtigenarmee ohne einsetzbare Wehrpflichtige und ohne ernsthafte Reserve, als eine Armee welche den Gegner mit der Masse ihres Materials überwindet, ohne ausreichend Material dafür zu haben, als eine Armee mit einem Offizierskorps dass auf den Abnutzungskrieg hin ausgerichtet war und ist, ohne einen solchen führen zu dürfen und um dem ganzen die Krone aufzusetzen als eine Armee mit einem Primat auf der operativen Ebene, der man aber aus politischen (!) Gründen, von der Ebene der zivilen Politik aus verboten hat auf dieser Ebene frei und selbstständig operieren zu dürfen.
Es gab bis vor kurzem nicht einmal einen Oberbefehl über den Kriegsschauplatz, sondern verschiedene militärische Befehlshaber wurden völlig voneinander getrennt eingesetzt und in deren Entscheidungen ständig seitens der politischen Führung hinein gepfuscht.
Unter diesen Voraussetzungen hätte auch keine westliche Armee siegen können, Auftragstaktik hin oder her.
Beschließend ist es also nicht so, dass die russische Armee die Grundlagen der modernen Kriegsführung missachtet, sie hat zum einen lediglich ganz andere Vorstellungen davon was diese Grundlagen sind, und sie kann diese zum anderen nicht so umsetzen wie es für diese genuien Auffassungen erforderlich wäre. Stattdessen versuchte die politische zivile Führung vor allem Anfangs westliche Feldzüge zu imitieren, und damit die Truppen völlig entgegen ihren genuien Auffassungen einzusetzen. Alles was da die ersten Wochen geschehen ist wiederspricht vollkommen der eigentlich geltenden russischen Doktrin.
Keine Tapferkeit und kein persönlicher Mut und kein persönliches Eingreifen von Offizieren kann unter diesen Umstände ein anderes Ergebnis produzieren als das was wir jetzt da gesehen haben.
Die russische Armee ist auf eine andere Kampfweise spezialisiert. Das ist keinesfalls falsch. Es entspricht sogar viel eher den Grundlagen mit denen man dort nunmal arbeiten muss. Sie durfte aber weder anfangs auf die ihr eigene Kampfweise agieren, noch durfte sie ihre eigene Doktrin umsetzen, noch hatte sie die materiellen und quantaitiven Grundlagen um ihren Auffassungen hier genügen zu können.
Von der ganzen Idee her ist die russische Armee also auf eine Vorgehensweise ausgerichtet, für welche sie nicht die Mittel hat (aufgrund ziviler politischer Eingriffe) und welche sie im vorliegenden Krieg nicht praktizieren durfte (aufgrund ziviler politischer Eingriffe).
Um auf deine letzte Frage zurück zu kommen: bei den russischen Offizieren wird die Auftragstaktik durchaus studiert, als bewusst abgelehntes Beispiel dafür wie man es nicht machen sollte, um besser zu verstehen, wie man das was real ist besser einsetzen kann.
Der größte Anteil der "Schuld" am Scheitern liegt aber nicht daran, sondern ganz im Gegenteil völlig außerhalb des Militärs. Es ist der Einfluss und das Wirken der Inneren Sicherheit, der Geheimdienste und der zivilen Regierung, welche die Armee hier ihrer genuien Kampfweise so lange und so weitgehend beraubt haben, und die noch darüber hinaus die Grundlagen dieser Kampfweise systematisch über Jahre hinweg erodiert und nachhaltig zerstört haben, welche hier die Verantwortung für das Scheitern inne haben.
Die Schuld für das Versagen ist also direkt auf Putin und seine Geheimdienst-Kamarilla zurück zu führen, und nicht auf die russische Armee selbst. Hätte diese frei und völlig selbstständig agieren können, wäre die Ukraine bereits geschlagen worden, trotz aller Erosion und systematischen Zerstörung aller Grundlagen für die ihr eigene Art der Kriegsführung. Die Ukraine wäre einfach systematisch geschlagen worden. Es ist aber gerade eben dieses völlige Fehlen jedweder Systematik, vor allem auf der operativen Ebene, gewesen, welches völlig konträr zur russischen Auffassung der Kriegsführung läuft, welches die russischen Truppen in die aktuelle Lage gebracht hat.
Als Zukunftsaussicht könnte man anmerken, dass die russische Armee unter anderem explizit darauf ausgerichtet ist ohne Ausbildung, ohne Können und ohne Ansprüche unter schwierigsten Verhältnissen immer weiter zu kämpfen. Westliche Streitkräfte wären nach solchen Verlusten wie sie jetzt dort für die russischen Streitkräfte aufgetreten sind nicht mehr einsatzfähig. Je härter die Umstände werden, desto "besser" schlägt sich das russische System.
Es ist daher noch keineswegs ausgemacht dass die Ukraine gewinnen wird. Das hängt stattdessen inzwischen alleine davon ab wie lange wir die Ukraine mit Waffen und Geld versorgen werden. Und von nichts anderem. Im Endeffekt ist der aktuelle Zustand ein Zweikampf der reinen Ausdauer zwischen unserer materiellen Überlegenheit und der Opferbereitschaft des russischen Volkes. Aufgrund historischer Fakten geht die russische Führung anscheinend davon aus, dass ihre Seite "zäher" ist. Keine Auftragstaktik würde dann irgend etwas an dem endgültigen Ausgang ändern. Aber ob diese Rechnung der russischen Führung angesichts der katastrophalen Verluste (vor allem der ersten Monate, inzwischen sieht es anders aus) und angesichts der Inneren Unruhe in Russland aufgehen wird ist eine ganz andere Frage.
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Rudi:
Und bei russ. Armee ist die Ausbildung tatsächlich auf einem extrem niedrigen Niveau
Aus eigener Anschauung, zumal ich selbst zwei Jahre in Ostsibirien wie ein Einheimischer gelebt habe und daher davon ausgehe, da ich da einen gewissen Einblick habe: das Maß der Ausbildung hängt in der russischen Armee sehr stark von den Offizieren der jeweiligen Einheit ab. Es ist keineswegs so, dass alle Einheiten ein extrem niederiges Niveau haben. Insgesamt aber ist die Grundidee, dass die Armee - vor allem auf der taktischen Ebene - gar kein hohes Niveau benötigt, weil man das für den Sieg im Krieg nicht braucht, bzw. weil das in einem ernsthaften massiven Krieg ohnehin irrelevant ist.
Und es gibt durchaus Belege dafür, dass daran etwas dran sein könnte. Beispielsweise wurde im 2WK untersucht ob Fallschirmjäger mit sehr intensiver Ausbildung bessere Chancen haben als solche mit weniger Ausbildung. Es stellte sich heraus, dass die Verlustraten völlig ungeachtet der Ausbildung in beiden Fällen irreal hoch waren und keine Auswirkungen der Ausbildung auf die lange Sicht feststellbar waren. Dies widerspricht allen grundsätzlichen Auffassungen welche heute die Bundeswehr so hat.
Aber die Wehrmacht hat beispielsweise nicht zuletzt deshalb (unter anderem) im 2WK begonnen die Ausbildung zu verkürzen und zur reduzieren und dies eben nicht aus der bloßen Not heraus um schneller Soldaten zu generieren, sondern tatsächlich aus der Erkenntnis heraus, dass ein Übermaß an Ausbildung zwar etwas bringt, aber nicht so viel dass es den höheren Aufwand rechtfertigen würde.
Bei einem Krieg von geringer Intensität sieht das natürlich dann ganz anders aus! Ich spreche hier explizit nur von wirklich großen konventionellen Kriegen und es war und es ist eigentlich immer die grundsätzliche Auffassung der Russen gewesen, dass ihre Armee sich primär auf diese Art von Krieg spezialisiert. Sehr vieles was man in den russischen Streitkräften so sieht resultiert aus dieser "Spezialisierung" heraus.
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