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(08.05.2021, 10:54)Quintus Fabius schrieb: Wie soll man darauf in einem Eintrag in einem Forum antworten? Das ist ein Thema von außerordentlicher Komplexität und immensem Umfang. Jetzt tu nicht so, als würdest nicht gerade du diese Herausforderung gerne annehmen.
(08.05.2021, 10:54)Quintus Fabius schrieb: - Offiziere der Bundeswehr dürften grundsätzlich auch nach dem Ausscheiden nicht in Rüstungsunternehmen oder deren Zulieferern arbeiten oder auch nur sonstwie für diese tätig sein. Ich versteh den Sinn dahinter, sehe aber auch das Problem, dass einerseits der Rüstungsindustrie Kompetenz verloren gehen würde, andererseits diese Einschränkung der Perspektiven von Zeitsoldaten abschreckend wirken könnten, insbesondere z.B. für Ingenieure und Techniker. Hier würde ich eine Begrenzung vorsehen, dass dies nur für Berufssoldaten und alle gelten sollte, die in irgendeiner Form mit der Beschaffung zu tun haben.
(08.05.2021, 10:54)Quintus Fabius schrieb: - Die Bundeswehr müsste vollständig vom Ausschreibungsrecht heraus genommen werden. Waffensysteme würden demzufolge nicht mehr ausgeschrieben, sondern einfach gekauft werden. An sich richtig, rechtlich auf nationaler Ebene kaum zu lösen.
Außerdem bedürfte es guter Kontrollmechanismen, um gerade eben Korruption und so etwas wie egoistischer Misswirtschaft vorzubeugen.
(08.05.2021, 10:54)Quintus Fabius schrieb: - Die Steuergesetzgebung muss geändert werden, dahin dass die Bundeswehr für die Beschaffung die entsprechenden Steuern nicht mehr entrichtet (welche de facto eine Senkung des Wehretat darstellen) Das wäre auch industriepolitisch interessant, weil es nationale Lieferanten bevorzugen würde. Genau das bereitet natürlich europarechtlich Schwierigkeiten. Eventuell wäre es eine Alternative, den Haushalt auf Nettobeträge umzustellen. Das wäre allerdings wohl nur für alle Haushallte gleichermaßen möglich, nicht allein für die Bundeswehr.
Außerdem würde voraussichtlich jede Verbesserung in dieser Richtung nur zu einem entsprechend sinkenden Wehretat führen.
Aber es zeichnet sich eh in deinen Vorschlägen ab, dass die meisten Verbesserungen an europäischem Recht scheitern, sofern hier nicht gemeinsame Änderungen umgesetzt werden. Und selbst dann wird es noch international schwierig. Siehe Streit um Boeing/Airbus-Subventionen.
(08.05.2021, 10:54)Quintus Fabius schrieb: muss nur grade fürs Grillen unterbrechen Das sei dir gegönnt!
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Zitat:sehe aber auch das Problem, dass einerseits der Rüstungsindustrie Kompetenz verloren gehen würde, andererseits diese Einschränkung der Perspektiven von Zeitsoldaten abschreckend wirken könnten, insbesondere z.B. für Ingenieure und Techniker
Sind wir gleich beim nächsten Punkt:
- Ingenieure und Techniker werden nicht entlassen; die Armee wird in eine richtige Berufsarmee umgewandelt und jeder kann Berufssoldat werden. Mit dem Alter (und nachlassender körperlicher Leistungsfähigkeit) werden dann entsprechend ändern sich dann entsprechend die Verwendungen. Das wäre zugleich ein starker Anreiz bei der Personalgewinnung.
- Die Kompetenz hat die Rüstungsindustrie meist nicht wegen ehemaliger Offiziere, sondern wegen ihrer eigenen Techniker. Und gerade ziviles Denken ist hier ein guter Weg um Strukturextrapolierung und Strukturkonservatismus - welche gerade eben bei Soldaten stark vorherrschend sind - zu überwinden. Ich würde also darin im Gegenteil einen Vorteil sehen. Je mehr Soldaten in der Rüstungsindustrie, desto problematischer ist dies für die Beschaffung wie vor allem auch für die Modernisierung.
- dazu gehörend: die Rüstungsindustrie muss freien und beliebigen Zugang zu den Endnutzern erhalten. Um deren Kenntnisse in komplett eigener Regie verwenden zu können.
-die Rüstungsindustrie muss ferner von selbst und unabhängig von konkreten Forderungen der Truppe Systeme anbieten. Dies muss in Bezug auf die Entwicklung vom Staat finanziert werden. Dadurch dass diese Systeme frei von der Truppe selbst bis zur Einsatzreife entwickelt werden, verläuft dieser Part meiner Ansicht nach schneller und besser. Im weiteren hat die Truppe keine Sonderwünsche oder Ergänzungen dazu zu fordern, sondern die Systeme können so genommen werden wie sie sind, oder eben auch nicht.
Zitat:An sich richtig, rechtlich auf nationaler Ebene kaum zu lösen.
-Man müsste es einfach nur tun. Wer sollte etwas real praktisch dagegen machen können?! Man erlässt einfach ein entsprechendes Gesetz (vermutlich ist dieses dann rechtswidrig) und handelt danach. Entsprechende Klagen dagegen ignoriert man einfach und ebenso auch alle sonstigen Folgen. Wer sollte Deutschland in der EU wo alle von unserem Geld abhängig sind in dieser Frage ans Bein pissen wollen? Nicht mal die ausländischen Rüstungsunternehmen, da diese bei der Form der Beschaffung die mir hier vorschwebt ebenfalls eher profitieren würden. Nun kann man Rechtsstaat heulen und dass man die Gesetze doch unbedingt einhalten muss, koste es was es wolle, aber die einfache schlichte Realität ist, dass wir dies in anderen Bereichen einfach auch nicht tun und es dort auch keine Konsequenzen hat.
Zitat:Außerdem bedürfte es guter Kontrollmechanismen, um gerade eben Korruption und so etwas wie egoistischer Misswirtschaft vorzubeugen.
-Und gerade deswegen müssten Rüstungsindustrie und Militär so weit wie möglich entkoppelt werden und darf dass Militär in Bezug auf die Entwicklung von Waffensystemen nicht mehr so viel Einfluss haben. Das klingt auf den ersten Blick immer sehr kontraintuitiv, ist aber einer der wichtigsten Schritte.
-Im weiteren muss man eine Menge Geld für Entwicklung investieren. Die Unternehmen (auch andere EU Unternehmen) müssten dieses Geld aus einem entsprechenden Topf abgreifen können. Wenn wir dann ihr Waffensystem auswählen, müssen sie diese Entwicklungskosten nicht zurück zahlen und profitieren doppelt. Verlieren sie so müssen sie Kosten erstatten.
Zitat:Das wäre auch industriepolitisch interessant, weil es nationale Lieferanten bevorzugen würde.
Exakt.
Zitat:Genau das bereitet natürlich europarechtlich Schwierigkeiten.....Aber es zeichnet sich eh in deinen Vorschlägen ab, dass die meisten Verbesserungen an europäischem Recht scheitern,...Und selbst dann wird es noch international schwierig. Siehe Streit um Boeing/Airbus-Subventionen.
Und um es zusammen zu fassen: Genau das meinte ich als ich davon schrieb dass man sich in Bezug auf die rechtlichen Fragen bewegen muss und dass es zwingend notwendig ist für eie Verbesserung des Beschaffungswesen hier die rechtsstatlichen Hemmnisse so wie möglich zu beseitigen.
Zitat:Außerdem würde voraussichtlich jede Verbesserung in dieser Richtung nur zu einem entsprechend sinkenden Wehretat führen.
Nächster Punkt:
- Der Wehretat muss nicht nur deutlich erhöht werden, innerhalb der NATO muss grundsätzlich die ebenso unsinnige wie lächerliche 2% BIP Regel weg. Stattdessen sollte genau festgelegt werden, was für Streitkräfte in welchem Umfang mindestens zur Verfügung gestellt werden müssen. Wenn man diese für weniger als 2% des BIP realisieren kann, dann gibt man weniger dafür aus. Es muss also genau definierte militärische Mindestfähigkeiten geben und diese müssen völlig unabhängig von der Frage der Finanzmittel definiert werden.
-Im Weiteren muss ein klarer Zeitrahmen gesetzt werden, bis zu dem das zu beschaffende System fertig ist. Eine bestimmte Fähgikeit muss also in einer bestimmten Zeit unter allen Umständen zur Verfügung stehen. Dies geht nur, wenn man die Frage angeht was geschieht wenn dies nicht gelingt und dies geht nur über persönliche Verantwortung:
-Viele Projekte müssen durch eine einzelne dafür Verantwortliche Person durchgeführt werden. Man bestimmt also einen dafür höchstwahrscheinlich geeigneten Verantwortlichen und gibt diesem dann auch die notwendigen realen Machtmittel um seine Aufgabe wahrnehmen zu können. Die Entscheidung erfolgt dann von dieser verantwortlichen Einzelperson aus, und dieser haftet uneingeschränkt und vollständig, mit all seinem Hab und Gut und auch schlußendlich seiner Freiheit sollte es drastisch scheitern. Umgekehrt führt der Erfolg zum Aufstieg. Das ist ganz allgemein ein Prinzip dass in diesem Kontext fehlt: Verantwortung. Heute hat niemand mehr in der Politik die Verantwortung. Niemand hat mehr bei den Beschaffungsvorhaben die Verantwortung. Niemand büßt mehr persönlich, selbst im Falle eines drastischen extremen Versagens.
-wir brauchen eine Haftung von Unternehmern / Geschäftsführern usw wie in den USA. In Deutschland herrscht im Vergleich eine schier unfassbare Verantwortungslosigkeit. Nichts hat Folgen und entsprechend ist es auch allen egal wenn es scheitert.
(folgt in Kürze noch mehr)
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(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: -die Rüstungsindustrie muss ferner von selbst und unabhängig von konkreten Forderungen der Truppe Systeme anbieten. Dies muss in Bezug auf die Entwicklung vom Staat finanziert werden. Hier sehe ich ein große Gefahr hinsichtlich schädlicher Egoismen. Die Gefahr ist groß, dass so nur Systeme entwickelt werden, die dem Hersteller den größten Profit einbringen, unabhängig vom Wert für den Nutzer. Und da die Entwicklung ja eh finanziert wird, kann es den Firmen egal sein, ob sie das Produkt hinterher auch verkauft bekommen oder nicht. Das funktioniert nur in einem isolationistischem System, in dem nur nationale Abnehmer und nationale Anbieter bestehen. (Ich weiß, das wäre dir auch am liebsten so.)
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: -Man müsste es einfach nur tun. Zumindest der maximal pragmatische Ansatz.
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: -Und gerade deswegen müssten Rüstungsindustrie und Militär so weit wie möglich entkoppelt werden und darf dass Militär in Bezug auf die Entwicklung von Waffensystemen nicht mehr so viel Einfluss haben. Das klingt auf den ersten Blick immer sehr kontraintuitiv, ist aber einer der wichtigsten Schritte. Das klingt schon erstmal logisch, wenn man sich anschaut, wie gut zuletzt gelenkte (z.B. PUMA) und freie (z.B. LYNX) Entwicklung im direkten Vergleich so funktioniert haben.
Allerdings sehe ich hier wieder das Problem des Egoismus: z.B. werden Hersteller immer ein Interesse haben, möglichst viele Spezial-System anbieten zu können, weil so die meiste hochbezahlte Entwicklungsarbeit anfällt. Im Militär gibt es zwar den gleichen Standpunkt (Goldrand), aber woher soll so der Vernunft-Impuls kommen, der zu modularen Lösungen und multifunktionalen Generalisten führt?
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: -Im weiteren muss man eine Menge Geld für Entwicklung investieren. Die Unternehmen (auch andere EU Unternehmen) müssten dieses Geld aus einem entsprechenden Topf abgreifen können. Wenn wir dann ihr Waffensystem auswählen, müssen sie diese Entwicklungskosten nicht zurück zahlen und profitieren doppelt. Verlieren sie so müssen sie Kosten erstatten. Versteh' ich das richtig, dass du hier eine Art Auftragslotterie vorschlägst? Firmen bekommen vorab Gelder für militärische Entwicklungen, die sie frei jeglicher Vorgaben nach eigenem Ermessen durchführen. Und nach Abschluss der Entwicklung stellen sie ihr Produkt vor. Erhalten Sie dann einen Auftrag, ist alles okay, wenn nicht, müssen sie alles zurückzahlen. Und das gilt EU-weit.
Ich kann mir das nicht vorstellen. Da wird es doch viel zu viel Missbrauchsmöglichkeiten geben. Sei es z.B. durch durch Firmengründungen, Umfirmierungen und gelenkte Pleiten, um Rückzahlungen zu umgehen oder durch absichtliche Verteuerung von Entwicklungen, deren Beschaffung bekanntermaßen alternativlos sein wird. Wie würde man verhindern, dass eine stillschweigende Übereinkunft der Rüstungsriesen hier die möglichen Entwicklungsprogramme so unter sich aufteilt, dass der Bundeswehr am Ende nur die Wahl bleibt, das eine angebotene, völlig überteuerte System zu bezahlen oder beim Ami zu kaufen und die heimische Rüstungsindustrie komplett zu beerdigen, weil diese die Entwicklungskosten nicht zurück zahlen kann, die dann so oder so weg wären?
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: ... innerhalb der NATO muss grundsätzlich die ebenso unsinnige wie lächerliche 2% BIP Regel weg. Stattdessen sollte genau festgelegt werden, was für Streitkräfte in welchem Umfang mindestens zur Verfügung gestellt werden müssen. Wenn man diese für weniger als 2% des BIP realisieren kann, dann gibt man weniger dafür aus. Es muss also genau definierte militärische Mindestfähigkeiten geben und diese müssen völlig unabhängig von der Frage der Finanzmittel definiert werden. Ja, das symbolische 2%-Ziel ist Blödsinn. (Bei der Rüstung, wie auch beim Klima.) Ich kann mir nur auch die Alternative nicht so recht vorstellen. Wie soll man das denn vernünftig festlegen?. Und was soll das auch bringen?
Es gibt schon das Prozedere, dass die Mitgliedsstaaten ihre Fähigkeiten in Form von zugesagten Beiträgen an die NATO melden und sich so selbst verpflichten. Das ist deutlich näher an sinnvoll als eine 2%-Ausgaben-Selbstverpflichtung, die eh keiner einhält. Aber eine Verpflichtung der Mitglieder durch das Kollektiv, einen bestimmten Mindeststandart zu liefern, wird auch nicht funktionieren. Wie detailliert soll man denn diese Vorgaben machen? Fordert die NATO eine Brigade, heißt das in jedem Land etwas anderes. Auch ist ja die Vergleichbarkeit gar nicht gegeben. Wie will man denn eine voll ausgestattete Division auf dem Balkan mit BMP-1, T-72 und BTR-60 vergleichen mit der 1.Panzerdivision unter Materialmangel? Ich sehe da kein praktikables System, das nicht genau so von den Mitgliedsstaaten unterwandert werden kann wie jetzt auch schon. Dann doch besser komplett freiwillige Selbstverpflichtung und jeder kann sich dann stolz damit brüsten, wenn er mehr als im Vorjahr angeboten hat.
Und es reicht ja noch nicht, die Beiträge miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Hinzu kommt ja noch die Frage, auf welcher Grundlage man denn überhaupt die Mindestanforderung der Allianz im Ganzen festlegt, und nach welchen Kriterien diese dann auf die Mitglieder verteilt wird: Pro Kopf? oder dann doch wieder nach BIP? Da wird man nie ein System finden, das für alle akzeptabel ist.
Die Lösung für dieses Problem liegt für mich viel mehr im Wesen der NATO an sich. Diese ist inzwischen viel zu divers aufgestellt, um noch eine derartige Gleichbehandlung ihrer Mitglieder beizubehalten. Aber das hat nicht mehr direkt mit der Beschaffung zu tun.
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: -Im Weiteren muss ein klarer Zeitrahmen gesetzt werden, bis zu dem das zu beschaffende System fertig ist. Eine bestimmte Fähgikeit muss also in einer bestimmten Zeit unter allen Umständen zur Verfügung stehen. Und wie soll das mit dem Prinzip zusammengehen, dass keine Entwicklungsaufträge vergeben werden? Ohne einen solchen Auftrag kann doch auch kein Zeitziel gesetzt werden. Oder habe ich das komplett falsch verstanden, dass das Militär keinen Einfluss auf die Entwicklung nehmen soll? Gibt es hier doch zumindest Beschaffungsprojekte, in denen Ziele definiert werden?
(08.05.2021, 22:31)Quintus Fabius schrieb: Dies geht nur, wenn man die Frage angeht was geschieht wenn dies nicht gelingt und dies geht nur über persönliche Verantwortung:
-Viele Projekte müssen durch eine einzelne dafür Verantwortliche Person durchgeführt werden. Man bestimmt also einen dafür höchstwahrscheinlich geeigneten Verantwortlichen und gibt diesem dann auch die notwendigen realen Machtmittel um seine Aufgabe wahrnehmen zu können. Die Entscheidung erfolgt dann von dieser verantwortlichen Einzelperson aus, und dieser haftet uneingeschränkt und vollständig, mit all seinem Hab und Gut und auch schlußendlich seiner Freiheit sollte es drastisch scheitern. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich dafür dann Leute finden würden. Wer soll denn freiwillig so einen Schleudersitz-Posten übernehmen? Jemand, der es geschafft hat, sich ausreichend Expertise anzueignen, ein so großes Projekt wie eine Rüstungsbeschaffung zu leiten, der hat sich schon mindestens ein bisschen was aufgebaut im Leben und wird nicht alles riskieren für einen Prozess, der mit soviel Unwegsamkeiten verbunden ist. So gut kann dein System gar nicht aufgebaut sein. Es wäre zwar wünschenswert, dass Firmen und auch öffentliche Strukturen wieder so funktionieren würden, aber das wird sicher nicht kommen.
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Teilen wir es auf: zunächst Antworten auf deine Ausführungen, dem folgend dann weitere Vorschläge.
Zitat:Hier sehe ich ein große Gefahr hinsichtlich schädlicher Egoismen. Die Gefahr ist groß, dass so nur Systeme entwickelt werden, die dem Hersteller den größten Profit einbringen, unabhängig vom Wert für den Nutzer.
Relevant in diesem Kontext wäre auch ein grundsätzliches und absolutes Verbot des Verkaufs und Vertriebs von Waffensystemen außerhalb der EU und dies selbst dann, wenn diese durch ein EU Unternehmen außerhalb der EU produziert wurden. Man sollte ganz grundsätzlich damit aufhören an andere Länder Waffen zu liefern. Stattdessen dürfen europäische Rüstungsfirmen ausschließlich die nationalen Armeen der EU beliefern. An dieser Stelle muss ich dann vermutlich noch mal betonen, dass die Rüstungsindustrie keinerlei Sorgen irgendwelcher Art mehr hätte wenn ich dergleichen entscheiden könnte. Die kämen mit der Produktion sicher nicht mehr hinterher.
Das grundsätzliche Verbot des Waffenexports sollten wir zudem als EU weltweit so weit wie möglich forcieren. Und es kann auch egal sein ob andere Mächte nun weiter Waffen liefern oder nicht, allein indem wir unsere Lieferungen heraus nehmen erzeugt dies einen erheblichen Druck auf alle europäischen Firmen dieser Industrie brauchbare Produkte für die EU Armeen zu liefern.
Zitat:Allerdings sehe ich hier wieder das Problem des Egoismus: z.B. werden Hersteller immer ein Interesse haben, möglichst viele Spezial-System anbieten zu können, weil so die meiste hochbezahlte Entwicklungsarbeit anfällt. Im Militär gibt es zwar den gleichen Standpunkt (Goldrand), aber woher soll so der Vernunft-Impuls kommen, der zu modularen Lösungen und multifunktionalen Generalisten führt?
Wenn man die Einzelpunkte immer nur für sich alleine betrachtet und nicht in einem Gesamtverbund ist das natürlich etwas schwierig zu argumentieren. Die Gewinne durch Entwicklungsarbeit dürfen nie so groß ausfallen wie die Gewinne durch die tatsächliche Lieferung hunderter und tausender Systeme. Damit dem so ist, muss dass Militär heraus gehalten werden was die genauen Spezifikationen des Systems angeht und es müssen Zeitfristen vorhanden sein. Ein Versuch eines praktischen Beispiels: Die Armee stellt fest, dass ein neuer Schützenpanzer benötigt wird. Aufgrund beschlossener Strukturen (TOE) legt man zunächst mal fest, dass man (alle Zahlen rein theoretisch) bis zum Jahr 2030 insgesamt 1000 Schützenpanzer benötigt. Der Schützenpanzer soll ungefähr dem aktuellen Stand der Dinge entsprechen. Die Unschärfe bei der Beschreibung der technischen Eigenheiten ist intentional. DIe Unternehmen haben nun weitgehende Freiheit einen solchen Schützenpanzer zu entwickeln. Entsprechende Kosten werden subventioniert. Der Sieger kann nun immense Gewinne machen indem er bis zum Jahr 2030 die geforderten 1000 Panzer liefert. Aufgrund der fixen Zeit und Mengenvorgabe kann das Unternehmen daher die Entwicklungsarbeit nicht in Richtung Goldrandlösungen treiben weil dies unter den sehr ehrgeizigen Grenzen des Projektes so gar nicht möglich ist und zwingend technisch einfacherer Lösungen her müssen. In einer Auswahl dieser technisch einfacheren Lösungen entscheidet man sich dann für die Leistungsfähigere, ungeachtet aller anderen Faktoren. Die Gewinne können so nicht durch bloße Entwicklungsarbeit erzielt werden, sie steigen aber unermesslich an wenn man gewinnt.
Das Geld was man der Konkurrenz für die Entwicklung zur Verfügung stellt ist dann einfach nur eine Industriesubvention die dafür sorgt dass diese Firmen nicht untergehen sondern überleben können um sich neuen anderen Projekten zuzuwenden. Natürlich "vergeudet" das Geld, aber es fördert auch die wehrtechnische Forschung und Entwicklung und hier fehlt in Europa zunehmend das Fundament dass man überhaupt erst mal wieder errichten müsste. Ohne erhebliche Investitionen des Staates in viele Bereiche der Wehrtechnologie werden wir den technologischen Anschluss an andere Großmächte nicht mehr erreichen. Dieses Geld muss daher so oder so ausgegeben werden. Es wird aber meiner Überzeugung nach effektiver ausgegeben, wenn man es den Unternehmen möglichst frei zur Verfügung stellt und am einfachsten geht dies im Rahmen konkreter Projekte.
Zitat:Versteh' ich das richtig, dass du hier eine Art Auftragslotterie vorschlägst? Firmen bekommen vorab Gelder für militärische Entwicklungen, die sie frei jeglicher Vorgaben nach eigenem Ermessen durchführen. Und nach Abschluss der Entwicklung stellen sie ihr Produkt vor. Erhalten Sie dann einen Auftrag, ist alles okay, wenn nicht, müssen sie alles zurückzahlen. Und das gilt EU-weit.
Nicht alles. Ich schrieb: müssen sie Kosten zurück erstatten. Das heißt nicht zwingend dass sie alles zurück zahlen müssen und es heißt auch nicht, dass sie die Kosten nur in Geld erstatten können. Es wird nur ein Teil der Kosten zurück bezahlt und dies kann auch in Form der erarbeiteten Technologie geschehen. Ganz allgemein muss es die Zielsetzung sein, dass alle entsprechenden Patente so weitgehend wie möglich unter staatliche Kontrolle gelangen (indem sie in staatlichen Besitz gelangen), diese aber allen Unternehmen in den entsprechenden Bereichen wiederum vom Staat im Weiteren auch unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Kann ein Unternehmen also den festgelegten Anteil der von ihm verwendeten Gelder nicht zurück zahlen, verfällt die entwickelte Technologie an den Staat und wird von diesem dann an alle anderen distributiert. Wie oben schon beschrieben ist der Rest der dabei verbrauchten Entwicklungsgelder schlicht und einfach eine notwendige Subvention um die Entwicklung der Militärtechnologie in Europa massiv voran zu bringen.
Zitat:Ich kann mir das nicht vorstellen. Da wird es doch viel zu viel Missbrauchsmöglichkeiten geben. Sei es z.B. durch durch Firmengründungen, Umfirmierungen und gelenkte Pleiten, um Rückzahlungen zu umgehen oder durch absichtliche Verteuerung von Entwicklungen, deren Beschaffung bekanntermaßen alternativlos sein wird.
Missbrauchsmöglichkeiten aller nur denkbaren Art gibt es auch hier und heute und entsprechend werden sie auch missbraucht. Drei Dinge schützen primär vor diesem Missbrauch: Erstens die uneingeschränkte und persönliche Verantwortung natürlicher Personen in diesem Kontext, zweitens und noch vor allem anderen dass immense Profite möglich sind wenn man eben keinen Missbrauch betreibt (Ehrlichkeit in diesem Kontext muss also hochprofitabel werden) und drittens die Bindung dieser Unternehmen an einen begrenzten Raum von Abnehmern indem man jedwede Art von Geschäften in andere Länder systematisch unterbindet (kein Export, keine Verkaufsgenehmigungen an irgendwenn als an die nationalen Armeen der EU). Und natürlich werden trotzdem einige wenige in jedem Fall irgendwelche Gelder unterschlagen. So wie jetzt auch.
Zitat:Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich dafür dann Leute finden würden. Wer soll denn freiwillig so einen Schleudersitz-Posten übernehmen? Jemand, der es geschafft hat, sich ausreichend Expertise anzueignen, ein so großes Projekt wie eine Rüstungsbeschaffung zu leiten, der hat sich schon mindestens ein bisschen was aufgebaut im Leben und wird nicht alles riskieren für einen Prozess, der mit soviel Unwegsamkeiten verbunden ist.
Wie ist es denn sonst in der Wirtschaft?! Hier und in anderen Ländern! Nehmen wir mal als Vergleich die ganz normale Wirtschaft und dann diese BRD und die USA. Die Unterschiede in der persönlichen Haftung sind gigantisch. Wie funktioniert das also in den USA? Tatsächlich erzeugt die Verantwortungslosigkeit in der Wirtschaft wie in der Politik einen Gros der aktuellen Probleme. Gerade weil Verantwortliche in dieser Bundesrepublik so wenig Verantwortung übernehmen müssen und nicht für ihre Handlungen haften, gerade deshalb bestehen so viele Missstände. Weil es ja egal ist wenn alles scheitert. Dann kassiert man noch eine Millionenabfindung und wendet sich dem nächsten Unternehmen zu welches man kaputt macht.
Zwei Dinge könnten hier Abhilfe schaffen und trotz des hohen persönlichen Risikos fähige Leute dazu bringen die Verantwortung zu übernehmen: 1 dass diese Leute auch entsprechende reale Machtbefugnisse erhalten um das auch real tun zu können was sie wollen und 2 dass der persönliche Gewinn beim Gelingen erheblich ist. Das geht dann vor allem darum, dass Projekt auch so durchzubringen, nachdem man die Kaufentscheidung getroffen hat. Also darum, dass wenn man von einer Firma A das System A beschafft, dieses auch mit den zugesagten Eigenschaften in der zugesagten Stückzahl zum zugesagten Zeitpunkt verfügbar ist. Dafür müssen sowohl die Führung im Unternehmen wie auch staatliche Stellen persönlich haften.
Die persönliche Haftung halte ich für eines der wesentlichsten Dinge in diesem Bereich. Die Rüstungsvorhaben scheitern in der BRD ja vor allem deshalb zur Zeit so spektakulär, weil niemand dann verantwortlich ist.
Zitat:Wie würde man verhindern, dass eine stillschweigende Übereinkunft der Rüstungsriesen hier die möglichen Entwicklungsprogramme so unter sich aufteilt, dass der Bundeswehr am Ende nur die Wahl bleibt, das eine angebotene, völlig überteuerte System zu bezahlen oder beim Ami zu kaufen und die heimische Rüstungsindustrie komplett zu beerdigen, weil diese die Entwicklungskosten nicht zurück zahlen kann, die dann so oder so weg wären?
Wie verhindert man jetzt Kartelle, Monopole, geheime Absprachen? Wie kann es sein dass auch jetzt hier und heute sich bei Ausschreibungen nur einige wenige Unternehmen bewerben und trotz allem Ausschreibungsgedöns und Getue im Endeffekt der Sieger schon feststeht und de facto von vornherein festgelegt war? Da kann man sich dass ganze Ausschreibungsgetue auch sparen, ich verweise da mal auf das aktuelle Trauerspiel um das neue Sturmgewehr von HK.
Mein Ansatz wäre demgegenüber dass man Firmen die über entsprechende Fähigkeiten verfügen einfach so oder so entsprechende Subventionenen für Forschung und Entwicklung zur Verfügung stellt. Und da es keine Ausschreibung gibt mit übertrieben präzise festgelegten Kriterien die genau einer bestimmten Firma den Auftrag durch die Ausgestaltung der Kriterien de facto zuschanzen sollen wäre dies wesentlich freier vom Wettbewerb her als dies jetzt hier und heute der Fall ist.
Wenn entsprechende Aufteilungen beobachtbar werden (und dass werden sie ja dadurch, dass sich entsprechend immer nur einer um den Auftrag bewirbt), dann ist die einfache und schlichte Reaktione die anderen dazu aufzufordern auch entsprechende Systeme vorzustellen - oder auch einfach gar nichts zu kaufen. Da keinerlei Export sonst möglich ist und die Firmen aufgrund der Genehmigungen zum Verkauf ihrer Systeme vollständig von uns abhängig sind haben sie eigentlich keine Wahl als sich auf dieses System einzulassen. Sie können ja gar nichts verkaufen wenn wir dies nicht genehmigen.
Schlussendlich will ich auf eine gewisse Janusköpfige Grundsituation hinaus: zum einen geht es darum absolut assymetrisch die Macht zwischen Unternehmen und dem Staat zugunsten des Staates umzuverteilen. Das könnte man auch leicht rechtlich erreichen indem man entsprechende Friedensbewegungen instrumentalisiert. Das Verbot von Rüstungsexporten würde eine breite politische Mehrheit finden, dient aber vor allem dazu die Rüstungsindustrie absoluter Kontrolle zu unterwerfen. Und andererseits würde ich diese Kontrolle nicht anwenden, solange dies nicht notwendig ist (beispielsweise um entsprechende Absprachen zu verhindern), sondern ganz im Gegenteil den Unternehmen gewaltige Subventionen für militärische Forschung zukommen lassen welche sie frei verwenden können und solange sie sich an die Spielregeln halten auch sonst absolute Freiheit in allem.
Insbesondere aber sollte man es den Unternehmen selbst überlassen Waffensysteme zu entwickeln. Im Rahmen der Vorgaben von Stückzahl und Zeitfenster bleibt ihnen gar nichts anderes übrig als sinnvolle Systeme zu entwickeln, da nur so die größtmöglichen Gewinne erzielbar sind.
Zitat:Und wie soll das mit dem Prinzip zusammengehen, dass keine Entwicklungsaufträge vergeben werden? Ohne einen solchen Auftrag kann doch auch kein Zeitziel gesetzt werden. Oder habe ich das komplett falsch verstanden, dass das Militär keinen Einfluss auf die Entwicklung nehmen soll? Gibt es hier doch zumindest Beschaffungsprojekte, in denen Ziele definiert werden?
Das Militär legt notwendige Anforderungen an die grundsätzliche Systemart, das Zeitfenster und die Stückzahl fest. Diese ergeben sich zwingend aus den Umständen. Die genauen Details werden nicht festgelegt und ebenso erfolgt keine Ausschreibung. Zum festgelegten Zeitpunkt sucht man dann aus dem was ist aus, was zu genau diesem Zeitpunkt am besten für die unmittelbare Maximierung der Befähigung Krieg zu führen geeignet ist. Da ich hier von immens viel größeren Stückzahlen als hier und heute ausgehe kann das ausgewählte Unternehmen dann durch diesen Auftrag gigantische Gewinne machen. Und die anderen überleben aufgrund der Subventionen in Forschung und Entwicklung und können sich dem nächsten zuwenden.
Zitat:Im Militär gibt es zwar den gleichen Standpunkt (Goldrand), aber woher soll so der Vernunft-Impuls kommen, der zu modularen Lösungen und multifunktionalen Generalisten führt?
Durch ein entsprechendes Leitbild und da leite ich mal über den den weiteren Vorschlägen:
Man braucht im Endeffekt einen Überbegriff der ungenau genug ist, aber dennoch sofort eingängig und der eine bestimmte Zielrichtung voran treibt, der also eine bestimmte Intention hat. Beispielsweise war diese im Vietnamkrieg Search and Destroy. Aus dieser Parole entwickelte sich eine komplette Grundhaltung die dann alle Bereiche immer weitergehend durchdrang, vom einfachen Infanterietrupp bis hin zur Rüstungsindustrie in den USA. Oder nehmen wir den War on Terror, ebenso ein völlig unbestimmter Begriff, aber genau genommen die Zusammenfassung einer regelrechten Bewegung aller Teile in eine bestimmte Richtung in nur einem kurzen Satz.
- Ebenso benötigt die Rüstung eine spezifische Leitkultur. Es muss in einer zentralreduzierten Hpyothese: und da sind wir wieder beim Eingangsthema: ganz klar festgelegt werden wozu Rüstung dient und in welche Richtung sich diese zu richten hat. Deshalb meine Aussage: jede Art von Rüstung hat allein dem Krieg zu dienen. Es geht gerade eben um die Radikalität in dieser Aussage, sie soll bewusst so sein. Entsprechend verhindert diese Grundströmung dass Goldrandlösungen entwickelt werden, weil sie der Intention welche in diesem kurzen Satz steckt entgegen laufen. Man richtet also alles im Endeffekt kulturell auf ein bestimmtes Ziel aus und nimmt die Ungenauigkeit dieses Ziels bewusst in Kauf und lässt entsprechend der Zielsetzung frei zuarbeiten. Das läuft dann irgendwann von selbst, und jeder tut das was er für entsprechend dieser Ausrichtung für das beste hält und dass wird dann meistens auch ausreichend gut sein. Und mehr muss es auch nicht sein.
-dieses Leitbild muss schlußendlich auch nachhaltig so festgelegt werden und es muss unabängig von Wahlen, sich ändernden politischen Machtverhältnissen usw. beibehalten werden, da Rüstungsvorhaben in vielen entscheidenden Bereichen schlicht und einfach länger dauern als die jeweilige Legislatur-Periode. Wir brauchen also eine klare Festlegung, dass einmal zu einem früheren Zeitpunkt getroffene Entscheidungen nicht aus politischen Gründen wieder umgeworfen werden. Aktuelles Beispiel wäre einmal mehr der PUMA, der nun erheblich zusammen gekürzt werden soll, nachdem er nun doch endlich einsatzbereit geworden ist. Wenn man also ein solches Ziel festgelegt hat, muss es auch dann weiter verfolgt werden, wenn die Politik sich aufgrund der Wahlsiege anderer Parteien ändert.
-man muss in einer geheimen Agenda politische und sozialkulturelle Strömungen für diese Zielsetzung missbrauchen. Beispielsweise könnte man wie schon angeführt den allgemeinen Anti-Bellizismus dazu verwenden zunächst mal Rüstungsexporte zu verhindern um dadurch Druck auf die Unternehmen ausüben zu können da diese dann in ihrer Existenz von einem selbst abhängiger werden.
-Schlußendlich heißt die notwendige Kontinuität auch, dass die natürlichen Personen welche hier für die Durchführung der Beschaffung dann verantwortlich sind auch dann ihre Macht und ihre Position weiter inne haben, wenn sich die Politik ändert. Sie werden also bis zum erfolgreichen Abschluss des Beschaffungsprojektes außerhalb gestellt - allerdings bezieht sich ihre Position ausschließlich auf das Projekt selbst und endet mit diesem. Als praktisches Beispiel um sich das besser vorstellen zu können: als das F-35 Programm immer schlechter lief bestellte man einen hochrangigen Militär als Leiter über das Projekt um dieses endlich auf Linie zu bringen, da es inzwischen zu groß, zu bedeutend und zu entscheidend geworden war als dass man LM hier noch weiter solche Freiheiten zugestanden hätte. Ab dem Zeitpunkt lief es dann deutlich besser und nun kommt die F-35 so langsam da an wo sie hinsollte. Eine solche Führung eines entsprechenden Projektes wäre auch sicher persönlich sehr reizvoll und ein großer Ansporn in sich selbst. Du siehst meiner Meinung nach Menschen allgemein zu profitgierig und zu sehr nur vom Geld gelenkt, leider eine typische Sichtweise in dieser Bundesrepublik heute. Schlußendlich ist es aber die Führungskunst und Führungsaufgabe schlechthin eine für den Auftrag geeignete Person zu identifizieren, dieser dann den Auftrag zu erteilen und diese dann auch machen zu lassen und sie mit den notwendigen Mitteln für die Auftragserfüllung auszustatten.
(folgt noch etliches und irgendwann auch noch eine Art Zusammenfassung)
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(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Relevant in diesem Kontext wäre auch ein grundsätzliches und absolutes Verbot des Verkaufs und Vertriebs von Waffensystemen außerhalb der EU Wie üblich bin ich etwas weniger radikal als du, aber ähnlich sehe ich es auch. Wobei ich halt noch ein paar andere Nationen dabei sehe, mit denen man sich ruhig austauschen kann (Aktuell. Nicht in deinem isolationistischen System). Das wären für mich aber nur die Staaten der Welt, die eine Gesellschaft westeuropäischen Ursprungs und Werteverständnisses haben. Also GB, NOR, CAN, AUS+NZ, eingeschränkt noch USA und das war's dann eigentlich auch schon. Wobei hier die USA aufgrund ihrer eigenen Vorgehensweise hinsichtlich z.B. ITAR mit Vorsicht zu genießen sind. (Off-Topic: Dieser Kreis von Staaten wäre für mich übrigens auch eine sinnvollere Allianz als es die NATO mittlerweile darstellt. Es gibt eine Grenze hinsichtlich der gesellschaftlichen Kompatibilität, die man nicht überschreiten sollte, wenn es um die eigene Sicherheit geht.)
(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Ein Versuch eines praktischen Beispiels: Das erklärt vieles, da hatte ich deine Ausführungen mal wieder zu radikal bewertet.
Interessant wäre es in dem Zusammenhang, wie man den Bedarf tatsächlich feststellen kann hinsichtlich neuer Systeme. Also ob man sehr abstrakte Forderung stellt, die nur grobe Ziele umreißen (zB. "Potential zur Zerstörung von gepanzerten Fahrzeugen"), oder ob man konkrete Systeme bestellt (z.B: "1000 Kampfpanzer").
(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Aufgrund beschlossener Strukturen (TOE) legt man zunächst mal fest, dass man (alle Zahlen rein theoretisch) bis zum Jahr 2030 insgesamt 1000 Schützenpanzer benötigt. Der Schützenpanzer soll ungefähr dem aktuellen Stand der Dinge entsprechen. Die Unschärfe bei der Beschreibung der technischen Eigenheiten ist intentional. DIe Unternehmen haben nun weitgehende Freiheit einen solchen Schützenpanzer zu entwickeln. Entsprechende Kosten werden subventioniert. Der Sieger kann nun immense Gewinne machen indem er bis zum Jahr 2030 die geforderten 1000 Panzer liefert. Aufgrund der fixen Zeit und Mengenvorgabe kann das Unternehmen daher die Entwicklungsarbeit nicht in Richtung Goldrandlösungen treiben weil dies unter den sehr ehrgeizigen Grenzen des Projektes so gar nicht möglich ist und zwingend technisch einfacherer Lösungen her müssen. In einer Auswahl dieser technisch einfacheren Lösungen entscheidet man sich dann für die Leistungsfähigere, ungeachtet aller anderen Faktoren. Die Gewinne können so nicht durch bloße Entwicklungsarbeit erzielt werden, sie steigen aber unermesslich an wenn man gewinnt. Im Prinzip ist das ja schon ein Gesamtansatz, der auch ohne all die ganzen Änderungen der Rahmenbedingungen (EU-Recht, Export, Patente etc.) einfach nur umgesetzt werden müsste. Nehm' ich!
(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Ganz allgemein muss es die Zielsetzung sein, dass alle entsprechenden Patente so weitgehend wie möglich unter staatliche Kontrolle gelangen (indem sie in staatlichen Besitz gelangen), diese aber allen Unternehmen in den entsprechenden Bereichen wiederum vom Staat im Weiteren auch unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Wie würdest du es in dem Zusammenhang bewerten, Entwicklungs- und Produktionsaufträge von einander zu trennen? In der Werftindustrie z.B. sieht man ja schon, dass die Entwicklung einer Schiffsklasse eigentlich unabhängig von der späteren Produktion ist. Systeme werden eh zugekauft und "nur" kombiniert. Es ist ja jetzt schon möglich, dass Damen die System von Atlas, Kongsberg u.a. in einem Schiffsentwurf vereint, der dann bei GNY, Lürssen oder sonst wem zusammengebaut wird. Das ließe sich doch auch vom Auftrag her trennen.
Vergleichbar könnte es in anderen Bereichen auch laufen: Ein reines Planungsbüro entwickelt ein Produkt zur Serienreife und der Staat kauft das Wissen und Recht, dieses Produkt bauen zu lassen. Für den Bauauftrag können sich dann wiederum andere bewerben. In einer isolierten Industrie sollte das doch machbar sein. Schwachpunkt wäre vielleicht, dass die Planungsbüros zu wenig auf die Schwierigkeiten des Produktionsprozesses achten würden, aber das ließe sich wohl lösen.
(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Da ich hier von immens viel größeren Stückzahlen als hier und heute ausgehe Da meine Grundannahme in der Fragestellung ja war, dass nicht mehr Geld zur Verfügung steht, geh ich jetzt einfach mal davon aus, dass du diese Steigerung allein auf die Effizienz der geänderten Beschaffungsprozesse zurückführst.
(10.05.2021, 19:16)Quintus Fabius schrieb: Du siehst meiner Meinung nach Menschen allgemein zu profitgierig und zu sehr nur vom Geld gelenkt, leider eine typische Sichtweise in dieser Bundesrepublik heute. Ich sehe nicht Menschen so. Ich stelle nur fest, dass in unserer derzeitigen Gesellschaft nur sehr wenig entsprechend geeignete Persönlichkeiten es überhaupt in Positionen schaffen, aus denen heraus sie sich für solche Aufgaben in Stellung bringen könnten. Und daher dürfte es nicht so leicht sein, das ganze System so umzukrempeln, dass die geeigneten Charaktere auch an die entsprechenden Posten gelangen. Weder in der Industrie, noch bei Militär oder gar Politik.
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Zitat:Off-Topic: Dieser Kreis von Staaten wäre für mich übrigens auch eine sinnvollere Allianz als es die NATO mittlerweile darstellt. Es gibt eine Grenze hinsichtlich der gesellschaftlichen Kompatibilität, die man nicht überschreiten sollte, wenn es um die eigene Sicherheit geht.
Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen und ich sehe den Kreis der Staaten auf welchen man Rüstungsexporte beschränken muss hier gar nicht unähnlich. Aufgrund der Unmöglichkeit einer eigenen Machtstellung unseres Landes in dieser Gegenwart muß zudem zweifelsohne innerhalb der EU weiter ein rüstungstechnischer Austausch stattfinden und auch die Beschaffungen zwischen den EU Ländern abgestimmt werden. Das findet sogar noch viel zu wenig statt und schränkt damit unsere Kriegsfähigkeit ein.
- Verbesserung also der Abstimmung von Rüstungsvorhaben innerhalb der EU mit maximalem politischen Druck auf die entsprechenden Entscheidungs- und Handlungsprozesse. Dabei darf man nicht einseitig unsere Rüstungsindustrie und deren wirtschaftliche Interessen verfolgen, sondern dem Leitbegriff der Rüstung folgend muss allein die Kriegsfähigkeit im Zentrum stehen. Die Bevorzugung "deutscher" Rüstungsunternehmen ist daher in bestimmten Fällen ein Fehler. Hier und heute aber werden "nationale" Rüstungsunternehmen drastisch und einseitig bevorzugt und dies auch dann, wenn ihre Angebote schlechter sind und die Kriegsfähigkeit darunter leidet.
Zitat:Interessant wäre es in dem Zusammenhang, wie man den Bedarf tatsächlich feststellen kann hinsichtlich neuer Systeme. Also ob man sehr abstrakte Forderung stellt, die nur grobe Ziele umreißen (zB. "Potential zur Zerstörung von gepanzerten Fahrzeugen"), oder ob man konkrete Systeme bestellt (z.B: "1000 Kampfpanzer").
Tatsächlich würde ich wo es geht konkrete Begriffe vermeiden, weil damit ja ganz bestimmte konkrete Bilder verbunden sind, sondern eher militärische Aufgaben benennen. Das geht also tatsächlich in die Richtung: Zerstörung feindlicher gepanzerter Fahrzeuge, aber etwas genauer ist es natürlich dann schon. Es wird halt einfach ein grundlegender Rahmen festgesteckt, ein paar vergleichbare Systeme genannt und dann freie Hand gelassen.
- Relevant ist dann, dass man konsequent evolutionäre Ansätze verfolgt, und revolutionäre Ansätze wo möglich vermeidet. Der Grund dafür ist einfach die größere Geschwindigkeit und die geringeren Kosten eines evolutionären Konzeptes in diesem Bereich. Das kann zwar Probleme hervorrufen, beispielsweise eine zu starke Strukturextrapolierung, aber gerade dem beugt man vor, indem man sich eben nicht genau spezifisch festlegt sondern unabhängig von spezifischen Begriffen und den mit ihnen einher gehenden Bildern einfach bestimmte Handlungsbereiche umreißt. Evolution vor Revolution. Das heißt aber auch, dass man durchaus für Systeme neue Rollen, neue Aufgaben usw finden sollte und finden muss. Ein Musterbeispiel wäre der Kampfpanzer, den man weder aufgeben, noch weiter als Hauptwaffensystem verstehen sollte, sondern der natürlich evolutionär ausläuft während zugleich seine Aufgaben verschoben werden.
Das löst man also so weitgehend wie möglich durch Doktrin, Struktur und neue Konzepte der Verwendung, nicht durch revolutionäre Neubeschaffungen.
Zitat:Wie würdest du es in dem Zusammenhang bewerten, Entwicklungs- und Produktionsaufträge von einander zu trennen? Ein reines Planungsbüro entwickelt ein Produkt zur Serienreife und der Staat kauft das Wissen und Recht, dieses Produkt bauen zu lassen. Für den Bauauftrag können sich dann wiederum andere bewerben. In einer isolierten Industrie sollte das doch machbar sein. Schwachpunkt wäre vielleicht, dass die Planungsbüros zu wenig auf die Schwierigkeiten des Produktionsprozesses achten würden, aber das ließe sich wohl lösen.
Tatsächlich ist das eine Idee die ich schon länger dazu habe, die ich aber bisher nicht genannt habe, weil ich aktuell wieder davon weggekommen bin. Das war aber mal genau so meine Auffassung dazu vor ungefähr 5 Jahren schon. Meiner Meinung nach ist eine solche Lösung möglich, aber sie senkt meiner aktuellen Ansicht nach die Geschwindigkeit des Beschaffungsprozesses. Wenn alles aus einer Hand kommt, geht es schneller, und dass ist für mich immer ein Wert für sich. Zudem zeigen diverse Rüstungsprojekte der letzten Jahre, nehmen wir beispielsweise Saab und seine Gripen NG, dass solche Frankensteinprodukte wenn sie zu sehr aus Komponenten anderer Firmen zusammen gestellt werden erhebliche Probleme und Verzögerungen in der Fertigstellung haben können. Innerhalb des EU Raumes könnte man natürlich ein solches Prozedere als gesamteuropäisches durchaus durchführen, aber auch bei jedem multi-nationalen Projekt sinkt immer die Geschwindigkeit. Es wird sich natürlich aufgrund des immensen Verlustes an nationalen Fähigkeiten und Unternehmen in vielen Bereichen gar nicht anders machen lassen, aber gerade deshalb sollte man so viel Geld in die Wehrforschung investieren. Um diese Fähigkeiten wieder aufzubauen.
Israel zeigt dass sich das auf lange Sicht auch wirtschaftlich auszahlt. Wir sollten hier dem israelischen Beispiel folgen, massiv in Forschung und Entwicklung investieren und langfristig wäre dies sehr vorteilhaft für die gesamte Gesellschaft und alle möglichen anderen Bereiche und natürlich für unsere Kriegsfähigkeit.
Zitat:Da meine Grundannahme in der Fragestellung ja war, dass nicht mehr Geld zur Verfügung steht, geh ich jetzt einfach mal davon aus, dass du diese Steigerung allein auf die Effizienz der geänderten Beschaffungsprozesse zurückführst.
Auf deine Grundannahme hin hatte ich ja explizit erwiedert, dass man mehr Geld einsetzen muss. Es geht nicht anders, selbst wenn alle Prozesse deutlich effizienter wären. Oder man muss auf bestimmte Fähigkeiten verzichten. Rein theoretisch: Nehmen wir einmal an wir würden weitgehend auf die Marine verzichten, so würde das in erheblichem Maße Geld frei machen (das ist jetzt nur eine theoretische Aussage).
Aber wie man es dreht und wendet, wir müssen aufgrund der Unterfinanzierung der letzten Dekaden hier und heute massiv Geld in die Hand nehmen, oder man kann diese Bundeswehr gleich ganz auflösen.
Zitat:Und daher dürfte es nicht so leicht sein, das ganze System so umzukrempeln, dass die geeigneten Charaktere auch an die entsprechenden Posten gelangen. Weder in der Industrie, noch bei Militär oder gar Politik.
Und schon gar nicht in der Politik, gar keine Frage. Das derzeitige System auch nur in Teilbereichen in der von mir skizzierten Art umzukrempeln ist schlicht und einfach unmöglich. Dazu haben viel zu viele Personen mit realer Macht völlig andere Interessen und Zielsetzungen. Aber unabhängig von dieser Realität: die Führungsaufgabe schlechthin ist es, geeignete Personen ausfindig zu machen, diesen einen Auftrag zu erteilen und ihnen dann die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen damit sie diesen Auftrag so weitgehend wie möglich selbst erfüllen können.
- Was ich schlußendlich also hier anstreben würde wäre eine Übertragung dieses Kerns der Auftragstaktik auf die Beschaffungsprozesse.
- Diesbezüglich wäre es meine nächste Forderung das Beschaffungsamt komplett aufzulösen. Ersatzlos.
- Beschaffungsanregungen (ich nenne es einmal so) kommen stattdessen direkt aus der Führung der Kampftruppe. Die Führung der Kampftruppe selbst trifft sich entsprechend, tauscht sich aus und erarbeitet notwendige Fähigkeiten, Zeiträume und Stückzahlen. Das Verteidigungsministerium übernimmt diese Vorschläge dann einfach und setzt de facto eine Art Prokonsul, welcher mit der Ausführung beauftrag wird. Ich verwende hier mal bewusst und konkret den Begriff Prokonsul. Dieser kann aus den Reihen der Führung der Kampftruppe kommen, oder auch aus der Rüstungsindustrie oder woher auch immer. Die vornehmste und wesentlichste Aufgabe des Verteidigungsministeriums wäre es dann für den entsprechenden Beschaffungsprozess einen dafür geeigneten Prokonsul zu finden und ihm dann die dafür notwendigen Mittel, dass heißt auch die dafür notwendige Macht zu übertragen.
Eine Person muss hier absolut das sagen haben. Ihre Macht beschränkt sich allerdings auf das Projekt und ist zeitlich terminiert (zeitgleich zur vorher festgelegten Dauer des Prozesses).
- Im Weiteren muss das dabei dann heraus kommende Ergebnis auch so akzeptiert werden. Nachbesserungen und Änderungen fallen damit weg. Das System kommt so wie es ist, und scheitert es, so tragen die dafür Verantwortlichen die Schuld und haften uneingeschränkt. Umgekehrt sollte eine solche erfolgreiche Tätigkeit als Prokonsul der zwingend notwendige Schritt für den Aufstieg in die höchsten Führungsämter sein. Auch und gerade ein Verteidigungsminister sollte eine solche Aufgabe bereits erfolgreich wahrgenommen haben.
(weiteres folgt, wie üblich geht mir die Zeit aus)
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(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: Aufgrund der Unmöglichkeit einer eigenen Machtstellung unseres Landes in dieser Gegenwart muß zudem zweifelsohne innerhalb der EU weiter ein rüstungstechnischer Austausch stattfinden und auch die Beschaffungen zwischen den EU Ländern abgestimmt werden. Das findet sogar noch viel zu wenig statt und schränkt damit unsere Kriegsfähigkeit ein.
...
Die Bevorzugung "deutscher" Rüstungsunternehmen ist daher in bestimmten Fällen ein Fehler. Hier und heute aber werden "nationale" Rüstungsunternehmen drastisch und einseitig bevorzugt und dies auch dann, wenn ihre Angebote schlechter sind und die Kriegsfähigkeit darunter leidet.
Da wir hier eh in einer Grundsatzdiskussion sind, erlaube ich mir mal den politischen Abstecher noch etwas zu weiten:
Langfristig kann ich mir nicht vorstellen, dass es ohne eine effektivere Umsetzung der Ansätze von GASP, OCCAR und Co. funktionieren wird. Da diese und viele andere existenzielle Bestrebungen aber aktuell alle ständig an Partikularinteressen scheitern, halte ich persönlich eine weitere Vertiefung der europäischen Integration für unumgänglich, wenn wir international nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken wollen. Konkret halte ich es für erforderlich, dass alle im internationalen Austausch relevanten Ressorts europäisch vereinigt und den Nationen entzogen werden müssen. Also hauptsächlich Diplomatie, Verteidigung, Währung, Außenwirtschaft. Einhergehend natürlich mit einer grundlegenden Reform der demokratischen Institutionen. Nur so können die nationalen Egoismen überwunden werden, die uns insgesamt, vor allem aber auch militärisch gerade das Genick brechen.
In diesem Zusammenhang war insbesondere die Ost-Erweiterung allerdings nicht gerade hilfreich, da die Mentalitäten innerhalb der EU inzwischen doch sehr auseinander gehen. Daher, und aufgrund der vorhandenen Strukturen, wäre es ggf. hilfreich bis notwendig, solch eine Weiterentwicklung in Form einer neuen, zusätzlichen (nord-/westeuropäischen) Föderation anzugehen, die selbst dann wiederum anstelle Ihrer Mitgliedsnationen zum EU-Mitgliedsstaat wird. Das würde dann natürlich auch echte gemeinsame Streitkräfte umfassen und das Thema der abgestimmten Beschaffungen wäre keins mehr.
Diese Föderation (anfangs vermutlich in etwa der 90er-Jahre-EU entsprechend) sollte dann eine echte Militärallianz mit den von mir bereits genannten Staaten vergleichbarer Gesellschaftsprägung eingehen. Aufgrund des Umstands, dass hier dann wenige, aber größere und kompatiblere Partner zusammenarbeiten, entfallen derart viele Reibungsverluste, dass diese Allianz die NATO, zumindest als Verteidigungsbündnis, tatsächlich obsolet machen dürfte.
Ich frage mich ja, was realistischer ist: diese Utopie einer neuen Weltordnung, oder eine ernsthaft sinnvolle Bundeswehrreform...
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: - Relevant ist dann, dass man konsequent evolutionäre Ansätze verfolgt, und revolutionäre Ansätze wo möglich vermeidet. ...
Das löst man also so weitgehend wie möglich durch Doktrin, Struktur und neue Konzepte der Verwendung, nicht durch revolutionäre Neubeschaffungen.
Dann würde ich allerdings so etwas wie ein europäisches DARPA-Pendant vorschlagen, gemeinsam finanziert, unabhängig von den Rüstungskonzernen und Regierungen. Mit Militärs und Ingenieuren besetzt, vielleicht in Form von zeitlich begrenzten Abbestellungen nach dem Motto "bevor du Chefingenieur/Stabsoffizier wirst, gehst du für ein-zwei Jahre in die Innovationsforschung." Das wäre bestimmt auch eine gute Vorraussetzung, um später einen der von dir geforderten verantwortlichen Projektleiterposten zu übernehmen.
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: Evolution vor Revolution. Das heißt aber auch, dass man durchaus für Systeme neue Rollen, neue Aufgaben usw finden sollte und finden muss. Ein Musterbeispiel wäre der Kampfpanzer, den man weder aufgeben, noch weiter als Hauptwaffensystem verstehen sollte, sondern der natürlich evolutionär ausläuft während zugleich seine Aufgaben verschoben werden.
Bin ich voll dabei. Gerade bei dem Beispiel. Wie wir an anderer Stelle schon angerissen haben, verschwimmen hier die Aufgaben von Artillerie, Mörsern, Panzerjagd, Feuerunterstützung etc. miteinander. Und all diese Fähigkeiten werden weiter gebraucht. Nur kann sich die Verteilung dieser Aufgaben auf die Einzelsysteme zukünftig komplett verschieben, so dass der Kampfpanzer z.B. nur noch mit 40mm schießt, während der Mörser Panzer jagt und die Haubitze direkt Infanterie unterstützt. Oder nochmal ganz anders.
Die Frage wäre nur, welche Bedingungen man schaffen muss, damit derartige Entwicklungen tatsächlich auch erdacht, geprüft und umgesetzt werden. Nötig sind sie allemal.
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach ist eine solche Lösung möglich, aber sie senkt meiner aktuellen Ansicht nach die Geschwindigkeit des Beschaffungsprozesses. Wenn alles aus einer Hand kommt, geht es schneller, und dass ist für mich immer ein Wert für sich.
Nachvollziehbar. Bestimmt wäre das auch nicht in allen Bereichen sinnvoll. Abhilfe könnte allerdings eine Zwischenlösung in Form einer "Initialproduktion" schaffen: Ein Planungsbüro entwirft ein Produkt und muss selbst oder durch einen frei zu wählenden Produktionspartner in Form einer ARGE ein erstes Produktionslos abliefern. Danach hat der Auftraggeber das Recht, die weiteren Lose auch an andere Produzenten zu vergeben. Das stünde nur deinem Ansatz entgegen, dass die Auftragnehmer mit der Aussicht auf lukrative Großproduktionsaufträge motiviert werden sollen. Aber insgesamt halte ich das für einen Teil der denkbaren Aufträge schon für sinnvoll.
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: Auf deine Grundannahme hin hatte ich ja explizit erwiedert, dass man mehr Geld einsetzen muss. Es geht nicht anders, selbst wenn alle Prozesse deutlich effizienter wären. Oder man muss auf bestimmte Fähigkeiten verzichten. Rein theoretisch: Nehmen wir einmal an wir würden weitgehend auf die Marine verzichten, so würde das in erheblichem Maße Geld frei machen (das ist jetzt nur eine theoretische Aussage).
Und da wären wir wieder beim europäischen Ansatz: wir brauchen eigentlich keine Marine. Solange die Skandinavier die Ostsee, die Briten den Nordatlantik und die Italiener das Mittelmeer sichern, können wir uns wieder auf die zentraleuropäische Panzerschlacht konzentrieren. Aber dazu: siehe oben!
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: - Diesbezüglich wäre es meine nächste Forderung das Beschaffungsamt komplett aufzulösen. Ersatzlos.
- Beschaffungsanregungen (ich nenne es einmal so) kommen stattdessen direkt aus der Führung der Kampftruppe. Die Führung der Kampftruppe selbst trifft sich entsprechend, tauscht sich aus und erarbeitet notwendige Fähigkeiten, Zeiträume und Stückzahlen. Das Verteidigungsministerium übernimmt diese Vorschläge dann einfach
Somit wäre es dann ja nicht ersatzlos, sondern es gäbe eine, wie auch immer ausgestaltete, Findungsmethodik für die Bedarfsermittlung innerhalb der Truppe, die dann den Auftrag an das Ministerium erarbeitet. Auch wenn diese keine zentrale Dienstelle darstellt, wird es ja trotzdem Strukturen geben, die diesen Prozess begleiten, evaluieren und definieren. Aber ich will dir damit gar nicht widersprechen, ein Amt müsste es nicht sein.
(12.05.2021, 20:27)Quintus Fabius schrieb: Eine Person muss hier absolut das sagen haben. Ihre Macht beschränkt sich allerdings auf das Projekt und ist zeitlich terminiert (zeitgleich zur vorher festgelegten Dauer des Prozesses). ... Umgekehrt sollte eine solche erfolgreiche Tätigkeit als Prokonsul der zwingend notwendige Schritt für den Aufstieg in die höchsten Führungsämter sein. Auch und gerade ein Verteidigungsminister sollte eine solche Aufgabe bereits erfolgreich wahrgenommen haben. Das wäre schonmal ein hilfreicher Ansatz für die Motivierung geeigneter Personen. Allerdings frage ich mich, ob es in unserem politischen System noch realistisch ist, das der/die Verteidigungsminister/-in ernsthaft die Führung der Streitkräfte in derartigen Belangen direkt übernehmen kann. Denn Kabinettsposten werden bekanntermaßen leider nicht nach Kompetenz vergeben. Hier würde ich den Minister mehr als Schnittstelle zwischen Politik und Streitkräften betrachten. Hingegen sollte es möglich sein, Staatssekretäre explizit nach derartigen Referenzen auszuwählen und ihnen dann auch entsprechende Aufgaben und Kompetenzen zu übertragen.
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Zitat:Die Frage wäre nur, welche Bedingungen man schaffen muss, damit derartige Entwicklungen tatsächlich auch erdacht, geprüft und umgesetzt werden. Nötig sind sie allemal.
Man bräuchte im Endeffekt Strukturen welche außerhalb der bisherigen tradierten Formen stehen, also beispielsweise eine echte Armee einer Kern-EU außerhalb der Nationalstaaten, eine entsprechende europäische Beschaffungsstruktur außerhalb der Nationalstaaten usw. Wie du es beispielsweise im folgenden auch konkret vorschlägst:
Zitat:Dann würde ich allerdings so etwas wie ein europäisches DARPA-Pendant vorschlagen, gemeinsam finanziert, unabhängig von den Rüstungskonzernen und Regierungen. Mit Militärs und Ingenieuren besetzt, vielleicht in Form von zeitlich begrenzten Abbestellungen nach dem Motto "bevor du Chefingenieur/Stabsoffizier wirst, gehst du für ein-zwei Jahre in die Innovationsforschung." Das wäre bestimmt auch eine gute Vorraussetzung, um später einen der von dir geforderten verantwortlichen Projektleiterposten zu übernehmen.
Eine nationale Lösung wäre mir rein persönlich lieber, aber angesichts der aktuellen Sozialkultur in dieser Bundesrepublik ist das völlig unrealistisch. Aufgrund der Unmöglichkeit einer nationalen deutschen Lösung ist eine EU Variante davon wenigstens noch besser als das was ist.
Zitat:Somit wäre es dann ja nicht ersatzlos, sondern es gäbe eine, wie auch immer ausgestaltete, Findungsmethodik für die Bedarfsermittlung innerhalb der Truppe, die dann den Auftrag an das Ministerium erarbeitet. Auch wenn diese keine zentrale Dienstelle darstellt, wird es ja trotzdem Strukturen geben, die diesen Prozess begleiten, evaluieren und definieren. Aber ich will dir damit gar nicht widersprechen, ein Amt müsste es nicht sein.
Mit ersatzlos meinte ich nur, dass es eben kein spezielles Amt dafür gib, sondern die Truppe selbst sich erarbeitet was sie benötigen würde und bis wann. Das muss dann von der obersten militärischen Führung so weit wie möglich zusammen gestellt werden, dass man andere Stellen dann entsprechend beauftragen kann die geforderten Systeme in der beschriebenen Art zu entwickeln. Das führt auch noch zu der Frage inwieweit der Verteidigungsminister hier weiter die beherrschende Rolle spielen sollte und inwieweit man nicht das Ministerium selbst auch aus dem ganzen Prozedere so weit wie möglich heraus halten könnte.
Zitat:Das wäre schonmal ein hilfreicher Ansatz für die Motivierung geeigneter Personen. Allerdings frage ich mich, ob es in unserem politischen System noch realistisch ist, das der/die Verteidigungsminister/-in ernsthaft die Führung der Streitkräfte in derartigen Belangen direkt übernehmen kann. Denn Kabinettsposten werden bekanntermaßen leider nicht nach Kompetenz vergeben. Hier würde ich den Minister mehr als Schnittstelle zwischen Politik und Streitkräften betrachten.
Exakt. Und deshalb muss der Position des Ministers hier Macht genommen werden.
-Was wir also konkret für eine Verbesserung des Beschaffungswesen benötigen ist eine echte Militärische Führung der Armee welche tatsächlich reale Macht über das Militär hat,in Form eines fest bestellten und tatsächlichen militärischen Oberbefehlshabers der mit dem Verteidigungsminister in Beschafffungsffragen gleichberechtigt agiert. Ich will hier mal den Begriff Konsulat einwerfen, die Macht wird also gleichberechtigt geteilt, statt dass das Ministerium und seine Staatssekretäre hier das Übergewicht haben wie es aktuell der Fall ist.
Zitat:Hingegen sollte es möglich sein, Staatssekretäre explizit nach derartigen Referenzen auszuwählen und ihnen dann auch entsprechende Aufgaben und Kompetenzen zu übertragen.
Das müssen eben nicht zwingend Staatssekretäre sein, deshalb schrieb ich ja explizit den Begriff Prokonsul. Wir brauchen mehr Macht in einer Person, in einer Stelle, und dadurch entsteht erst die notwendige Handlungsfreiheit. Die Begrenzung dieser Macht ergibt sich aber aus einer zeitlichen Befristung, der persönlichen Verantwortung und der Beschränkung auf das jeweilige Projekt.
Die entsprechende Stelle kann auch eine Person aus der Rüstungsindustrie oder ein Soldat inne haben, ein externes Ingenieursbüro oder eine Person aus der von uns beiden angedachten europäischen DARPA.
Weiteres:
-Auch wenn man durch Vereinheitlichung Einsparungen erzielen kann so kann die Vereinheitlichung auch zu weit gehen. Ein gewisse Typenvielzahl ist zwingend erforderlich. Diese erneute Widersprüchlichkeit in der Beschaffung kann man nur sinnvoll auflösen wenn man einen Schwerpunkt setzt und dieser muss in Richtung der Quantität gehen. Wenn ich also eine bestimmte Anzahl von Systemen zur Auswahl habe, müssen diese so ausgewählt werden dass man insgesamt bei gleichen Kosten / gleicher Zeit eine höhere Quantität an Einheiten erzielt, und zwar über alle beschafften Einheiten.
-Ebenso müssen bestimmte militärische Fähigkeiten in Schwerpunkten stärker forciert werden als andere Fähigkeiten. Beispielsweise Artillerie vor Kampfpanzern. Kampfflugzeuge vor Kriegsschiffen. Luftraumverteidigung vor Panzergrenadieren, Mörser vor PALR, EloKa vor allem anderen, UAV vor UGV usw usw usf Den Schwerpunkten folgend muss man dann Stück für Stück im Rahmen des möglichen die Armee ausrüsten. Wenn man dann bestimmte Fähigkeiten aufgeben muss, ist dem so. Es wären beispielsweise bei der Marine immense Einsparungen möglich, welche entsprechend sowohl von den Mitteln wie von den verwendeten Soldaten an andere Teilstreitkräfte abgehen könnten.
-Bei Fähigkeiten innerhalb der Systeme müssen ebenfalls Schwerpunkte gesetzt werden. Es muss nicht jede denkbare Option abgedeckt werden, dass muss zwingend bei jeder Anforderung bedacht werden. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei den Fähigkeiten von Systemen sollte immer Robustheit, Anspruchslosigkeit und möglichst geringe logisische Anforderungen sein. Je niedriger diese sind, desto besser.
-Zudem sollte man zwingend ganz konkrete militärische Szenarien als Grundlage für die Rüstung nehmen. Diese müssten erst einmal heraus gearbeitet werden, und dass frei von Tabus. Die Rüstung muss einer strategischen Gesamtkonzeption folgen. Krieg in Ostasien darf nicht dazu gehören. Krieg in Osteuropa gegen Russland hingegen muss dazu gehören.
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(15.05.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: -Was wir also konkret für eine Verbesserung des Beschaffungswesen benötigen ist eine echte Militärische Führung der Armee welche tatsächlich reale Macht über das Militär hat,in Form eines fest bestellten und tatsächlichen militärischen Oberbefehlshabers der mit dem Verteidigungsminister in Beschafffungsffragen gleichberechtigt agiert. Ich will hier mal den Begriff Konsulat einwerfen, die Macht wird also gleichberechtigt geteilt, statt dass das Ministerium und seine Staatssekretäre hier das Übergewicht haben wie es aktuell der Fall ist.
Ich glaube, dass derartiges in einer (wie von mir beschriebenen) europäischen Armee deutlich besser umzusetzen ist, als in unsere BW. Das ganze Thema Militär ist bei uns viel zu sehr Politikum, obwohl kaum ein anderes Land weniger militärischen Sachverstand in der Politik und der öffentlichen Meinung besitzt.
(15.05.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: Diese erneute Widersprüchlichkeit in der Beschaffung kann man nur sinnvoll auflösen wenn man einen Schwerpunkt setzt und dieser muss in Richtung der Quantität gehen. Wenn ich also eine bestimmte Anzahl von Systemen zur Auswahl habe, müssen diese so ausgewählt werden dass man insgesamt bei gleichen Kosten / gleicher Zeit eine höhere Quantität an Einheiten erzielt, und zwar über alle beschafften Einheiten.
...
Ein wesentlicher Schwerpunkt bei den Fähigkeiten von Systemen sollte immer Robustheit, Anspruchslosigkeit und möglichst geringe logisische Anforderungen sein. Je niedriger diese sind, desto besser.
Ich verstehe diesen Impuls anhand des problematischen Status Quo. Allerdings mache ich mir manchmal etwas Sorgen, dass diese totale Fixierung auf Quantität zu einer Low-Budget Armee mit massivem Personalmangel führen könnte. Ich weiß, dass du immer parallel noch einen gesellschaftliches Umdenken forderst, dass die reinen Zahlen an Soldaten massiv steigert. Nur wird das wohl halt nicht kommen, bevor der Russe nicht an der Oder steht.
(15.05.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: -Ebenso müssen bestimmte militärische Fähigkeiten in Schwerpunkten stärker forciert werden als andere Fähigkeiten. Beispielsweise Artillerie vor Kampfpanzern. Kampfflugzeuge vor Kriegsschiffen. Luftraumverteidigung vor Panzergrenadieren, Mörser vor PALR, EloKa vor allem anderen, UAV vor UGV usw usw usf
Ich sehe hier vor allem, dass es zwangsläufig ein Umdenken geben muss, da die Hauptkampfsysteme nicht mehr so einzusetzen sein werden wie bisher. Wahrscheinlich wir die Panzerbekämpfung zukünftig vorwiegend Artillerieaufgabe werden. Und ob U-Jagd mit Überwasserschiffen noch eine große Zukunft hat, ist auch noch nicht gesichert. Für die Beschaffung muss das natürlich bedeuten, dass da Schwerpunkte setze, wo ich mit einem System das größte Spektrum abdecken kann. Z.B. flexible neue Artilleriesysteme.
(15.05.2021, 20:17)Quintus Fabius schrieb: Krieg in Ostasien darf nicht dazu gehören. Krieg in Osteuropa gegen Russland hingegen muss dazu gehören.
Das seh' ich genauso. Dafür gibt es ja nun mal globale Allianzen. Wir müssten nur dringend unsere Partnermächte stattdessen dort entlasten, wo unsere ureigenen Interessen zu schützen sind (Afrika, Eurasien, Nahost).
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Zitat:Ich glaube, dass derartiges in einer (wie von mir beschriebenen) europäischen Armee deutlich besser umzusetzen ist, als in unsere BW. Das ganze Thema Militär ist bei uns viel zu sehr Politikum, obwohl kaum ein anderes Land weniger militärischen Sachverstand in der Politik und der öffentlichen Meinung besitzt.
Volle Zustimmung. Gerade aufgrund des desaströsen Zustandes alles Militärischen an sich in unserer Gesellschaft ist eine echte EU Armee (nicht aller EU Länder, sondern zunächst mal einer Kern EU) hier auch meiner Meinung nach wahrscheinlich die einzige Lösung.
Da man diese Bundeswehr nicht reformieren kann würde eine EU Armee die Chance bieten, eine komplett neue Streitmacht vollständig von Grund auf neu aufzubauen. Und dies auch in Bezug auf alle Beschaffungsstrukturen und -mechanismen.
Zitat:Ich verstehe diesen Impuls anhand des problematischen Status Quo. Allerdings mache ich mir manchmal etwas Sorgen, dass diese totale Fixierung auf Quantität zu einer Low-Budget Armee mit massivem Personalmangel führen könnte. Ich weiß, dass du immer parallel noch einen gesellschaftliches Umdenken forderst, dass die reinen Zahlen an Soldaten massiv steigert. Nur wird das wohl halt nicht kommen, bevor der Russe nicht an der Oder steht.
Eine hohe Quantität heißt nicht zwingend schlechte Systeme oder ein zu geringes Budget - weil man sich durch effizientere Prozedere hier ein solches leisten kann - sondern diese muss vor allem eben durch ein Konzept der Tiefe vor der Breite erreicht werden. Statt dem aktuellen, im Idealfall als Kaderarmee angedachten Konzept der Breite vor der Tiefe. Auch wenn es schmerzhaft ist müssen daher bestimmte Fähigkeiten geopfert werden, für das höhere Ganze.
Und um einen gesellschaftlichen Wandel einzuführen muss man parallel natürlich auch noch die Gesellschaft angehen, dazu hattten wir ja mal im Strang über eine Territorialmiliz recht ausführlich diskutiert. Aber auch ohne eine solche Re-Militarisierung von Oben ist bei gleichen Mannzahlen sehr viel mehr Kampfkraft drin als in der aktuellen Struktur.
Zitat:Für die Beschaffung muss das natürlich bedeuten, dass da Schwerpunkte setze, wo ich mit einem System das größte Spektrum abdecken kann. Z.B. flexible neue Artilleriesysteme.
Exakt so sehe ich das auch. Das meine ich immer wenn ich von Generalisten schreibe und von Systemen die man möglichst vielfältig einsetzen kann. Da der Krieg sich zunehmend auf Finden und Verbergen als den zwei wesentlichen Faktoren hin entwickelt müssen die Aufklärungskräfte deutlich stärker werden. Damit man dann aber genau Feuerkraft hat, muss diese auch über größere Distanzen hinweg eingesetzt und zusammen gefasst werden und insgesamt mehr Feuerkraft zur Verfügung stehen. Das spricht für stark bewaffnete Aufklärungseinheiten welche selbst neben der Aufklärung gleich auch Waffenwirkung liefern können (das reicht von Spähpanzern bis zu bewaffneten Drohnen) und es spricht zugleich für weitreichende Artillerie, weil diese unabhängiger von der Position weitere Feuerkraft gegen den Feind liefern kann und man die Feuerkraft vieler dislozierter Systeme zusammen fassen kann und diese Dislozierung ist wiederum zwingend notwendig weil man sonst selbst zu anfällig für die feindliche Feuerkraft wird. Gleichzeitig kann ein solcher Systemverbund sowohl im konventionellen Krieg als auch in assymetrischen Konflitken gleichermaßen gut eingesetzt werden.
Die Anforderungen des konventionellen Krieges: Dislozierung, Finden, Verbergen, weitreichende Feuerkraft ähneln dabei immer mehr den Anforderungen des assymetrischen Krieges. So kann man beides mit derselben Ausrüstung abdecken.
Beschließend möchte dabei noch betonen, dass diese Feuerkraft sich explizit weder ausschließlich gegen Boden- oder gegen Luftziele richtet, sondern dass diese Trennung genau das ist was fallen muss. Es darf in diesem Kontext einfach nur Ziele geben, so feuern dann Panzerhaubitzen auf Drohnen und feuern Maschinenkanonen indirekt im Steilfeuer auf Bodenziele oder umgekehrt.
- Die Trennung von Luft- und Bodenzielen so weit wie möglich aufzuheben ist daher unabhängig von allen anderen Fragen der Beschaffung meiner Meinung nach das Kernthema für die Beschaffung in den nächsten Dekaden. Ziel muss die Erzeugung eines Gesamtverbundes Feuerkraft sein, die man einfach gegen alles einsetzen kann. Alle im Weiteren zu beschaffenden Systeme sollten daher die Entwicklung in diese Richtung befördern. Damit senkt man zugleich das Risiko, sollte man sich in Bezug auf die strategische Gesamtkonzeption irren und sollte diese dann ganz anders ausfallen als erwartet.
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(16.05.2021, 16:33)Quintus Fabius schrieb: Die Anforderungen des konventionellen Krieges: Dislozierung, Finden, Verbergen, weitreichende Feuerkraft ähneln dabei immer mehr den Anforderungen des assymetrischen Krieges.
Das perfide daran ist ja, dass diese Kampfweise im asymmetrischen Kampf die geringsten eigenen Verluste mit sich bringt, was unserer pazifistischen Heimatfront wohl das Wichtigste sein dürfte, während die dafür erforderlichen Mittel (UCAV) und Bedingungen (ROE) von der selben öffentlichen Meinung verpönt werden.
(16.05.2021, 16:33)Quintus Fabius schrieb: Beschließend möchte dabei noch betonen, dass diese Feuerkraft sich explizit weder ausschließlich gegen Boden- oder gegen Luftziele richtet, sondern dass diese Trennung genau das ist was fallen muss. Es darf in diesem Kontext einfach nur Ziele geben
Das muss sich ja allein deshalb so entwickeln, da zumindest im Nahbereich die Sphären von Luft- und Bodenzielen demnächst ineinander übergehen werden. Kleine UAVs werden in Bodennähe agieren und so die Deckung des Geländes nutzen, während bodengebundene Einheiten genau solche UAVs einsetzen werden.
(16.05.2021, 16:33)Quintus Fabius schrieb: so feuern dann Panzerhaubitzen auf Drohnen und feuern Maschinenkanonen indirekt im Steilfeuer auf Bodenziele oder umgekehrt.
Für größere Kaliber dürfte das verhältnismäßig einfach zu entwickeln sein. Auf Anhieb fällt mir da DRACO ein als AA-System, dem man durch Integration von VULCANO leicht artilleristische Fähigkeiten verleihen könnte. Und 105mm-FlaK gab's ja früher auch schon. Hierzu würde mich interessieren, ob es praktikabel sein kann, bei AA-Munition mit separater Treibladung zu arbeiten, oder ob hier grundsätzlich Patronen erforderlich sind.
Bei den kleineren Mittelkalibern habe ich etwas Schwierigkeiten, mir vorzustellen, wie man es hinbekommen soll, z.B. ein 30mm Geschoss mit seinem geringen Gewicht halbwegs präzise im indirekten Richten zu verschießen. Aber so etwas wie ein Flächenbombardement gegen Weichziele oder Drohnenschwärme aus mehreren Kanonen simultan sollte auch relativ einfach machbar sein. Mit Airburst-Munition könnte man sogar ein größeres Areal mit Splittern/Schrapnellen belegen. Technisch vermutlich nicht viel mehr als eine Frage der Zielleitung.
Gegen Hartziele ergäbe sich daraus auch ein Mittel zur Bekämpfung von Abwehrmaßnahmen durch Übersättigung oder Blendung.
Zukunft haben solche Ansätze aber nur, wenn die Grenzen zwischen Artillerie, Panzerabwehr und Luftabwehr auch in der Organisationsstruktur abgebaut werden.
Mein Ansatz dazu wäre, die Flugabwehr wieder auf allen Ebenen bei der Artillerie zu integrieren. Hier gäbe es dann immer wahlweise Rohr- und Raketenwaffen ähnlicher Reichweite zusammen. Dafür müsste die angebundene Zielfindung natürlich auch gebündelt werden, so dass z.B. Systeme wie BÜR und LÜR zusammengeschaltet werden müssen um ein gemeinsames Lagebild erstellen zu können. Die Entwicklung dahin ist ja zum Glück inzwischen angelaufen.
Positiver Nebeneffekt: C-RAM für die Artilleriestellung wäre schon integriert vorhanden. Problem: Die optimalen Stellungen für Artillerie und Luftabwehr sind nicht unbedingt immer die selben und schnelle Stellungswechsel mit aktuellen Fla-Systemen wie z.B. PATRIOT dürften eine Herausforderung sein.
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Hier mal ein längerer Artikel zu aktuellen Problemstellungen bei der Beschaffung:
https://www.reservistenverband.de/magazi...sse-ganze/
Interessant ist auch der Vergleich mit Frankreich:
Zitat:Frankreich, der wichtigste Partner Deutschlands für strategische Rüstvorhaben, arbeitet seit den 1960er Jahren mit einem Planungsgesetz. Die französische Variante sieht eine Finanzplanung für sechs Jahre vor, direkt verbunden mit einem Rüstprogramm für das Fähigkeitsprofil der Streitkräfte, das aus der französischen Sicherheitsstrategie abgeleitet wird. Wird diese erneuert, wird auch das Planungsgesetz angepasst. Dabei bindet das „Loi de programmation militaire“ keine Finanzmittel. Die veranschlagten Gelder müssen jedes Jahr vom Parlament über den Haushalt bewilligt werden. Dafür zieht die Nationalversammlung einen jährlichen Performance-Bericht heran, der bis ins Detail den Stand der Rüstungsvorhaben und der aufgewandten Mittel zeigt. Bei Defiziten oder Etatkürzungen, gibt es für Anpassungen und die Debatte darüber ein klares Zielbild. Experten bescheinigen diesem Ansatz hohe Effizienz. Eine Analyse für das britische Verteidigungsministerium von 2009 bescheinigte Rüstungsvorhaben im französischen Beschaffungssystem eine Durchschnittsverzögerung von nur 1,5 Monaten.
Zum Vergleich:
Zitat:Die Großprojekte im Rüstungsbericht des Wehrressorts kennen praktisch nur eine Konstante: Verzögerung. Sie bewegt sich seit 2015 um die 50 Monate. Künftig dürfte die Rüstungsmisere noch drastischer werden.
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Der Artikel ist zwar schon ein paar Monate alt, wirft aber einen Blick auf ein in meinen Augen nicht unerhebliches Problem, dass auch in Europa zum tragen kommen könnte, insbesondere weil sich auch immer mehr die "Start-Up"-Kultur in militärisch interessanten Technologiebereichen durchsetzt:
https://breakingdefense.com/2021/10/fara...-the-f-35/
Zitat:At one point it looked as if FARA might be a different story. There appeared to be an openness in the initial design competition to developing new, revolutionary technologies. (...)
Next, the program plan called for a competitive prototyping effort that would create near-production-ready models to quickly transition to building a new fleet of helicopters. (...)
All of this we learned was a myth when Aviation Week reported in August that Army officials fessed up that the requirements for the program “were not compatible with the laws of physics,” as the outlet put it. The report also said the competitive fly-off to be conducted between the eventual winning bidders and current providers of Army helicopters, Sikorsky and Bell, would be nowhere near being production ready.
Auf dieser Grundlage wird der weitere Weg vorgezeichnet:
- aus den Gewinnerentwürfen wird ein Sieger ausgewählt, auch wenn der die Forderungen nicht erfüllt und nicht seriennah ist
- es erfolgt eine Neudefinition der Anforderungen
- basierend auf dem Grundentwurf kann der Hersteller einen Neuentwurf entwickeln, losgelöst vom bisherigen Kostenrahmen, da dieser durch die Neudefinition der Anforderungen hinfällig geworden ist
Dies wurde abgeleitet aus dem F-35-Programm, dass tatsächlich erstaunliche parallelen aufweist.
Am Ende gibt es dann noch eine Empfehlung:
Zitat:To advance vertical lift technology in ways that go beyond where the Army and the commercial market may be going, Congress should consider funding additional prototype demonstration efforts around the technologies of the other FARA bidders who went the closest to “defying the laws of physics” and offer some promise of real revolutionary change. These efforts probably need to be run out of the Office of the Secretary of Defense or in one of the other services as the Army has already had its shot to do this and has failed.
In dem Artikel wird lustigerweise Europa als Gegenbeispiel genannt, was vermutlich primär daran liegt, dass die europäischen Hubschrauberhersteller den Zivilmarkt nicht nur quantitativ, sondern auch technologisch dominieren. Dafür fehlt es den hiesigen militärischen Forschungsprogrammen (bzw. solchen mit dualem Nutzen) an Breite und finanzieller Unterstützung, was eine Fokussierung auf Technologien zur Folge hat, die primär zivilen und damit wirtschaftlichen Einsatzzwecken dient.
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