Krieg im 21. Jahrhundert
Ach ja, Quintus Fabius und die Infanterie.

Infanterie zu Fuß ist halt extrem langsam. Warum würde ich auf Tempo und Bewegung verzichten wollen? Gegner müssen überrascht, Schwerpunkte müssen gelegt werden, Reserven nachgeführt, Durchbrüche ausgeweitet, Situationen ausgenutzt, Gegner gestellt oder eingekesselt werden können. Distanzen die mit Fahrzeugen binnen Minuten überwunden werden können, bindet und exponiert die Infanterie zu Fuß schnell über Stunden. Auch wenn der Kampfraum "nur" 10 oder 20km tief ist.

Infanterie zu Fuß ist hochgradig verwundbar. Selbst ungeschützte Fahrzeuge wären auf den von Artillerie und Drohnen dominierten Schlachtfeld noch besser als zu Fuß vorzurücken. Es ist zwar richtig, dass Drohnen und Artillerie immer niedergehalten werden müssten, jedoch können Mechanisierte Verbände durchaus noch in Lagen agieren, in denen Infanterie zu Fuß längst vernichtet wurde.

Infanterie zu Fuß hat sicher nicht den gleichen logistischen Fußabdruck wie ein mechanisierter Verband der gleichen Ebene. Jedoch auch nicht die gleiche Kampfkraft. Im klassischen Angriffsgeschehen hat eine Panzerbrigade die zwei bis dreifache Angriffskraft einer motorisierten Infanteriebrigade.
Wie sich dann die Logistik darstellt wenn du im Gefecht zehn, zwanzig, dreißig und mehr Prozent Ausfälle der Infanterie hast um die du dich kümmern musst, während der mechanisierte Verband unter Schutz zwingend weniger Ausfälle bei insgesamt schon deutlich weniger Personal haben wird möchte ich auch erst mal sehen.

Auch wirst du wenn du infanteristisch kämpfen willst wahrscheinlich gewaltig mehr Munition verbrauchen. Schon weil die Artillerie über viel längere Zeiträume wirken müssen um die langsame und verwundbare Infanterie irgendwie zu schützen und auch weil *1000 Mann zu Fuß* halt erheblich mehr Blei in die Welt pumpen werden müssen um *100 Mann im Graben* zu überwinden als es *100 Mann mit Panzerfahrzeugen* tun müssten.

Reine Infanterieinheiten hätten sicherlich den Vorteil leichter aufgestellt und unterhalten werden zu können, im taktischen Kontext sind sie gegenüber mechanisierten Einheiten viel zu deutlich unterlegen und würden nur zu horrenden Verlusten führen.
Tatsächlich ist es doch so, dass Russland das was du hier skizzierst eine ganze Weile in dieser Richtung praktiziert hat. Infanterie greift unter massiver artilleristischer Überlegenheit an. Das resultierende Kampfgeschehen konnte nur als beidseitiges Gemetzel bezeichnet werden.
Haben wir eigentlich alles schon mal durchgespielt. Der Panzerverband war dem Sturmbataillone überlegen.

Zitat:Zunächst stellt sich die Frage, ob besagter Diktatfrieden angesichts der Umstände nicht besser wäre.
Die Frage stellt sich der Ukraine schon seit klar ist, dass die westlichen Mächte nicht die Absicht haben, die AUF zum militärischen Sieg zu befähigen und die Implosion Russlands mehr fürchten als alles andere.
Unter diesen Voraussetzungen gibt es für die Ukraine sehr wenig zu gewinnen und je länger der Krieg geführt wird nur mehr zu verlieren. Eigentlich müsste die Ukrainische Führung diese Problematik politisch und medial viel stärker bespielen als gute Miene zu bösen Spiel zu machen.
Zitat: Denn es gibt in diesem Kontext noch ein wesentliches Problem: es ist in der praktischen Realität extrem schwierig, zugleich Krieg zu führen, und zeitgleich die Streitkräfte richtig auszubilden und noch schwieriger, sie zeitgleich zu modernsieren.

Da nützen alle Vergleiche zum 2WK und was während dieser noch lief alles geschafft wurde rein gar nichts - und es war auch damals extrem schwierig. Die militärischen wie politischen Führer dieser Zeit waren jedoch fähiger oder viel fähiger. Und trotzdem kann man beispielsweise bei der Wehrmacht klar feststellen, wie die Qualität der Ausbildung dann 44 und 45 stark erodierte.

Gleichzeitig konnte man feststellen, dass bei den Westalliierten die Qualität der Ausbildung und Verbandsführung deutlich anstiegt. Die Ukraine ist sicherlich nicht in der Situation der Wehrmacht in den späten Kriegsphasen und könnte im Westen auf ausgezeichnete Ausbildungsbedingungen und Knowhow zurückgreifen. Die Aufgabe wäre sicherlich nicht einfach am fern der Unmöglichkeit würde man sie ernsthaft angehen wollen.
Und das ist IMO halt der wesentliche Punkt, die höhere politische und militärische Führung der Ukraine scheint mir kein gesteigertes Interesse daran zu haben die verfahrene Lage aufbrechen zu wollen. Vielmehr scheint man sich damit abgefunden zu haben und reitet ohne Ideen und Ambition einen Verhandlungs- /Diktatfrieden entgegen.
Zitat: Meine These ist nun, dass es zur höheren Wahrscheinlichkeit so oder so einen Folgekrieg geben wird. Bei einem Frieden jetzt - ganz genau so wie bei einem Erschöpfungsfrieden später - ganz genau so wie bei einem (wie auch immer definierten) ukrainischen Sieg.
Wozu? In einem Folgekrieg gäbe es für Russland dort viel weniger zu gewissen als im ersten Einmarsch. Wenn Putin unbedingt weiter Krieg führen möchte bzw aus Gründen wieder weiter Krieg führen muss wird er entweder die ganz große Klaviatur gegen die Nato versuchen oder sich einen Gegner suchen bei dem er was zu gewinnen hat.
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(28.08.2025, 19:45)Quintus Fabius schrieb: Hier und jetzt könnten selbst ganz normale Infanterie-Divisionen, ohne jede mechanisierte Fahrzeuge den gleichen Effekt erzielen, vorausgesetzt man setzt sich im Drohnenkampf durch und kann die feindliche Artillerie mit Konterartilleriefeuer ausreichend eindämmen. Dann würden selbst Infanterie-Einheiten zur Fuß in ausreichender Größe bereits genügen, den gleichen Effekt wie einige mechanisierte Regimenter zu erzielen.

[...]

Eine solche begrenzte Penetration wäre selbst mit Infanterie machbar, wäre sie nur in ausreichender Anzahl vorhanden und könnte in ausreichender Anzahl konzentriert werden.

Wenn es aber nicht gelingt die Drohnen einzudämmen und das Konterartillerieduell zu gewinnen, spielt es keine Rolle ob mechanisiertes Regiment oder Infanterie-Regiment, beide würden dann gleichermaßen scheitern.

Die von Dir hier eingebrachte These hast Du ja bereits hinreichend gut dargestellt, wonach m. E. aber die Bedingungen, die erfüllt sein wollen, um mehr mit der Infanterie im Kampf der verbundenen Waffe zu arbeiten, einfach nicht erfüllbar sind.

Jede große Agglomeration oberhalb der Kompanieebene scheitert ja i. d. R. bereits daran, dass durch Drohnen oder Satelliten eine Aufklärung stattfindet und der Feind bereits Gelegenheit erhält mit der Artellerie auf eben jene Agglomeration einzuwirken. Genau aus diesem Grund beobachten wir ja die Dislozierung.

(28.08.2025, 19:45)Quintus Fabius schrieb: Zudem müsste ein Einsatz eines solchen Infanterie-Großkampfverbandes durch diesem zugeordnete starke Artillerie-Konzentrationen unterstützt werden, spezifischer durch größere Mengen an Raketenartillerie, wobei in dem gleichen Verband dann auch Boden-Luft Raketen eingezogen wären, welche die Luftraumverteidigung über der Infanterie verdichten, und die Raketenartillerie selbst decken würden. Ein primäres Ziel einer solchen Raketen-Brigade (Raketenartillerie-Kommando / FlaRak-Kommando) wäre dann vor allem auch das Konterartillerieduell, wobei der Sieg in diesem die Voraussetzung für den begrenzten Durchbruch wäre.

Auch sehe ich hierin eine einschränkende Bedingung, die erfüllt sein muss, sodass die Infanterie tatsächlich die Möglichkeit erhält überhaupt Raum zu nehmen, ohne vorher schon vernichtet worden zu sein. In diesem Zuge möchte ich Nightwatch beipflichten, der ja bereits schon betont hat, dass die Infanterie einfach nicht schnell genug sein dürfte. Im Vergleich zu den kürzlich erst eingesetzten Motorrädern ist hier mit erheblich weniger Geschwindigkeit zu rechnen, was die Gefahr der Aufklärung und von Drohnenangriffen - gegen die die Infanterie wohl kaum eine Chance hat - immerzu weiter ansteigt.

Wie relevant ist deines Erachtens eine Erhöhung der Luftraumverteidigung zum aktuellen Zeitpunkt? Die Ukrainer dürften ja aktuell über ca. 70 Kampfjets verfügen, deren Wirkung angesicht der quantitativen Unterlegenheit begrenzt bleibt. War dies in der Aufstellung deiner These ein nebensächlicher Vorteil, oder mit eine der überwiegenden Überlegungen?

Letztlich halte ich den Einsatz von größeren Infanterieverbänden für ein zu großes Risiko und gehe davon aus, dass man an dem Kampf auf oder unterhalb der Kompanieebene fortfährt.
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Das generelle Problem dieser Großinfanterie-Verbände ist nicht nur ihre geringe Beweglichkeit, sondern auch ihr Schutz.
Es ist einfach einfach so, das sich Infanterie immer nur auf die letzten Meter selbst schützen kann gegen Wirkmittel von oben. Sobald da auch nur ein MG6 auf Wolf, eine Natter mit 12,7 auf EagleV oder ein vierfach Stinger Werfer auf Unimog oder ein Mells LR dabei ist, dann ist dieses Konzept schon fast wieder passee. Gerade das ist aber genau das, was sie brauchen.
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Ich bin insofern gerne mit dabei wenn man leichte Infanterie aufbaut. Die muss dann aber zwangsläufig in der Art der alten Jäger, bloß in modern gedacht werden. Also Motschützen im Sinne von Caracall, Unimog und EagleV. Da bin ich voll dabei. Reine Infanterie ist meiner Meinung nach nur zum Ausfüllen von Schützengräben oder Infrastrukturschutz zu gebrauchen.
Bloß wie schon häufiger gesagt. Beides ist nicht unsere Aufgabe. Wir haben die Mittel um der Allianz EF, A400m, Aaaw Zerstörer, Leos u.ä. zu geben. Die dies nicht können, sind für besagte beiden Infanteriegruppen da. Da fehlt es nämlich tatsächlich.
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Um bestimmte Aspekte die in mehreren Beiträgen genannt wurden zusammengefasst aufzugreifen:

1. Geschwindigkeit:
heutige motorisierte wie auch mechanisierte Verbände sind aufgrund der Umstände keineswegs schneller als Infanterie zur Fuß, wenn man die durchschnittlichen Geschwindigkeiten pro Tag nimmt. Das war schon im Irak 2003 auffällig, wie langsam mechanisierte Großkampfverbände voran kamen und dies hat sich seitdem noch verschlechtert. Es ist schön und gut (auf dem Papier), dass Panzer mit extrem hoher Geschwindigkeit vordringen könnten, sie tun es aber im realen Krieg nicht. Damit bleibt diese Fähigkeit in ganz vielen Fällen völlig ungenutzt und wird damit sinnlos in sich selbst. Nun ist das Gegenargument, dass die Panzer dann halt einfach schnell vordringen sollen, dies führt aber heute zu genau so hohen Verlusten wie wenn Infanterie zu exponiert agieren würde.

2. Schutz: Heutige Panzer sind von oben her sehr verwundbar, es hat schlicht und einfach seinen Grund, warum derart viel an zusätzlichem Schutz, Käfigpanzerungen usw. oben aufmontiert wird. Gegenüber ernsthaften Wirkmitteln nützen aber auch diese nichts. Es gab früher diese Bedrohung von oben so nicht, weshalb die Panzerung sehr weitgehend nur nach vorne hin konzentrierbar war. Eine ausreichend starke Rundumpanzerung macht die Fahrzeuge aber zu schwer. Diese Quadratur des Kreises muss daher nicht durch Panzerung, sondern durch andere Schutzkonzepte überwunden werden, insbesondere abstandsaktive Schutzmaßnahmen.

Umgekehrt ist für Infanterie das Gelände der Schutz. Es ist (entsprechendes Gelände vorausgesetzt) gar nicht so leicht, Infanterie in diesem tatsächlich sicher auszuschalten. Es gibt erstaunlich große Anteile der Gesamtfläche, in welchen Fahrzeuge aller Art, einschließlich der schwersten Fahrzeuge eher ausgeschaltet werden kann als Infanterie.

3. Missverständnisse in Bezug auf das von mir angerissene Konzept: ich habe explizit eine ganze Reihe von Fähigkeiten beschrieben, die nicht zur Fuß mitgeführt werden. Entsprechend meine ich mit Infanterie-Verbänden keine die nur zur Fuß agieren. Und umgekehrt soll mein Konzept keineswegs bedeuten, dass man keine mechanisierten Einheiten mehr hat oder einsetzt, sondern ganz im Gegenteil: es soll die Schaffung wirklich relevanter mechanisierter Großkampfverbände überhaupt erst ermöglichen - dazu später noch mehr unter 11.

4. Aufklärung und feindliche Fernwirkung: ich schrieb explizit, dass die Voraussetzung für das Vorgehen eines entsprechenden Verbandes ein Sieg im Konterartillerieduell ist. Ich beschrieb explizit was für eine Konzentration von Raketenartillerie hier im Verhältnis zur Quantität der Infanterie erforderlich ist.

Darüber hinaus ist auch bei jedem mechanisierten Vorstoß dies ganz genau so erforderlich, da heutige moderne Artilleriemunition selbst sehr schnell fahrende Panzer präzise treffen kann. Kein Panzer aber übersteht den Einschlag eine 155mm, völlig gleich was für Panzerung er haben mag oder was für abstandsaktive Schutzmaßnahmen ihn zusätzlich decken. Umgekehrt bietet das Gelände für die Infanterie einen besseren Schutz gegen solche Munition, bzw. wird der Munitionsansatz um dislozierte infiltrierende Infanterie im Gelände heraus zu schießen für den Gegner schnell untragbar.

5. Munitionsverbrauch: moderne Infanterie kämpft im modernen Krieg nicht dadurch, dass sie Unmengen an Munition einsetzt. Genau dieses konzeptlose veraltete Denken will ich ja überwinden. Neue Formen von Infanteriewaffen ermöglichen es, ohne eigene Exposition die feindlichen Stellungen zu vernichten, während man selbst komplett in Deckung bleibt, und dies mit einem viel geringeren logistischen Fußabdruck insgesamt.

Das ganze Bild von 1000 Mann zur Fuß die 100 Mann im Graben mit Unmengen an Munition ausschalten ist schon vollständig falsch und zeigt auf, dass man meine Aussagen hierzu anscheinend nicht verstanden hat.

6. Russische Taktiken: Nur scheinbar haben die Russen so ein Konzept wie von mir beschrieben umgesetzt. Ironischerweise war es sogar primär der Mangel an Infanterie, der ihren hochgradig mechanisierten Bataillons-Taktischen-Gruppen in der Anfangsphase des Krieges das Genick gebrochen hat. Und ich spreche nicht von Massenangriffen von Infanterie, sondern diese greift durch ihre Infanteriewaffen an, wozu sie sich selbst nicht einmal exponieren muss. Relevant ist sie in größerer Anzahl primär dadurch, dass dann wesentlich mehr dieser Infanteriewaffen zugleich in einem Raum konzentriert und eingesetzt werden können.

7. Erhöhung der Luftraumverteidigung: Diese muss auch und gerade bei Verwendung von mechanisierten Einheiten drastisch erhöht werden, anders können diese heute nicht mehr agieren. Das Gefechtsfeld umfasst aber viel mehr Bereiche und der am meisten unterschätzte ist die Frage von Anti-Fahrzeug-Minen. Die Verseuchung des Geländes mit Anti-Fahrzeug-Minen in der Ukraine ist beispiellos. Es ist vor allem anderen die Kombination solcher Minen mit Drohnen, welche Fahrzeuge vor extreme Probleme stellt. Die meisten Drohnenerfolge beruhen ebenfalls darauf, dass Fahrzeuge damit zerstört werden, die vorher schon einer Mine zum Opfer gefallen sind.

In diesem Kontext muss man betonen, dass man Fahrzeuge auch mit Minen überschütten kann, dass Minen per Artillerie und heute auch per Drohne verlegt werden und damit selbst in soeben geräumten Gebieten sofort wieder Minen auftreten. Anti-Fahrzeug-Minen wirken aber gegen Infanterie nicht.

8. Erfüllbarkeit der Voraussetzungen: die von mir genannten Voraussetzungen müssen für jeden Einsatz einer mechanisierten Einheit ganz genau so erfüllt sein. Wenn sie also nicht erfüllbar sind, können auch mechanisierte Einheiten nicht erfolgreich offensiv operieren. Was auch einer der primären Gründe dafür ist, warum sie dass in der Ukraine nicht tun.

9. Raum nehmen: erneut wurde hier geschrieben, die Infanterie würde Raum nehmen, dass dies und das sein müsse, bevor sie Möglichkeit hat Raum zu nehmen etc. Genau das ist der Punkt der überwunden werden muss. Das Ziel eines solchen Angriffes ist es nicht Raum zu nehmen, sondern feindliche Soldaten zu vernichten (im weiteren Sinne des Begriffes). Jede Methode welche darauf abzielt Raum zu nehmen, verkennt, dass dies in der Ukraine inzwischen vollständig sinnlos geworden ist. Die desolate Lage der Ukraine basiert nicht zuletzt auf diesem anscheinend nicht überwindbaren Denkfehler, der Raum zum Selbstzweck werden lässt.

10. Kampfkraft: die klassischen Konzepte, in welche man die Kampfkraft einer Einheit mit Kampfpanzern auf das zwei- bis dreifache einer motorisierten Infanterie-Einheit einstuft, greifen nicht mehr, weil sie überholt sind. Im weiteren erstaunt es mich, dass dieses Argument genau von dem hervor gehoben wird, der vorher noch so sehr auf den psychologischen Aspekten, indirekter Wirkung, Furcht vor Einkesselung und dem folgend Rückzug etc. insistiert hat.

Aber bleiben wir bei der bloßen Kampfkraft. Ein modernes Infanterie-Bataillon (keines wie die bisherigen konventionellen) könnte mit Leichtigkeit so aufgestellt werden, dass seine Kampfkraft dem eines Panzer-Bataillons entspricht.

11. Verluste: wenn ich ein Panzerbataillon verliere, werden damit nicht nur Unsummen an Material vernichtet, sondern ganz genau so viele Soldaten, aber noch darüber hinaus wird die ganze Logistikkette nach hinten damit sinnlos, weil sie ins Leere läuft. Entsprechend werden damit viele Soldaten die vorher dem Panzer-Bataillon zugearbeitet haben mit entwertet und generieren ganz genau so keine Kampfkraft mehr. Ein Panzer-Bataillon bindet insgesamt immer deutlich mehr Soldaten als ein Infanterie-Bataillon.

Im weiteren ist die Verlust-Aversion zur Zeit eine der größten Schwächen westlicher Streitkräfte und wird uns im nächsten Krieg das Genick brechen. Das bedeutet nicht umgekehrt, dass man leichtfertig nach russischer Manier Verluste hinnehmen sollte, aber auch mechanisierte Verbände erleiden sehr schnell sehr hohe Verluste, nur dass diese dann praktisch nicht mehr ersetzbar sind, wie es der Ukrainekrieg zeigt.

Wenn ich also mechanisierte Großkampfverbände aufbauen will, die ich dann natürlich ebenfalls einsetzen kann, so muss ich dazu meine mechanisierten Einheiten aufsparen, spärlich einsetzen, schonen und nicht für jedwede Aufgabe verschleißen, weil sonst die Abnutzung schnell zu groß wird.

12. Geringe Beweglichkeit: Es gibt jede Menge Terrain, in denen Infanterie zur Fuß gesamt deutlich beweglicher ist. Denn mechanisierte Großkampfverbände hängen an ihrer Logistik und benötigen immens viel mehr davon und diese Logistikkette (wortwörtlich) schränkt die Beweglichkeit ganz genau so ein. Natürlich ist dies Geländeabhängig, Infrastrukturabhängig, aber man unterschätzt die Beweglichkeit von Infanterie bei weitem und überschätzt die Beweglichkeit mechanisierter Einheiten noch mehr.

Das hat seinen Grund in unserer vollmotorisierten Gesellschaft, in welcher Bewegung zur Fuß schon aus sozialkulturellen Gründen nicht mehr nachvollzogen werden kann. Schließlich hat jeder ein Auto und fährt auf Autobahnen weite Strecken. Das verstellt völlig den Blick darauf, in was für einem Kriegsraum wir agieren werden müssen. Wer glaubt, dass er da überall mit mechanisierten Einheiten schlagen kann, der war noch nie im Baltikum oder Ostpolen, geschweige denn in Russland selbst.

Wo mechanisierte Einheiten aber entsprechend eingeschränkt sind, als mindestes durch ihre Logistik selbst, stellt sich wie seit jeher die Frage, wer in alle dem anderen Terrain kämpfen soll, welches der Feind zweifelsohne explorieren wird, da wir uns zu sehr auf mechanisierte Einheiten für alles verlassen.

Und am Ende sehen wir dann dem 38 Tonnen Radpanzer dabei zu, wie er vollständig aufsitzend im Acker versinkt, während eine feindliche ultraleichte zielsuchende Munition die aussteigende Besatzung tötet. Während feindliche Infanterie in größerer Anzahl längst hinter die eigenen Positionen infiltriert hat.
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Zitat:11. Verluste: wenn ich ein Panzerbataillon verliere, werden damit nicht nur Unsummen an Material vernichtet, sondern ganz genau so viele Soldaten, aber noch darüber hinaus wird die ganze Logistikkette nach hinten damit sinnlos, weil sie ins Leere läuft. Entsprechend werden damit viele Soldaten die vorher dem Panzer-Bataillon zugearbeitet haben mit entwertet und generieren ganz genau so keine Kampfkraft mehr. Ein Panzer-Bataillon bindet insgesamt immer deutlich mehr Soldaten als ein Infanterie-Bataillon.
Die Heereslogistik endet auf Ebene Grossverband(Brig), Einheiten und Verbände werden nicht durch diese versorgt. Und wenn ein Pzbtl vernichtet ist gibt es ja noch ein zweites in der Brig. Und die Versorgungsteile der Brig haben die ganze Brig zu versorgen. Eine logistikkette für ein Btl gibt es nicht .
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Du sprichst hier aber immer nur von mechanisierten Kräften in Form von Leo oder Boxer.
Ja in der Form nicht sinnig. Aber im Verbund mit, von dir beschriebenen, Kräften aus Bulgarien, Rumänien oder sonstwem sind sie nötig und sinnig. Aus genau diesem Grund verstehe ich auch immer deine Abneigung der mittleren Kräfte als zu Infanterie lästig nie. Schnelle Husaren ohne Infanterie wie soll das gehen? 120mm Panzerjägerboxer klettern in die Keller eines Regionalbürgerhauses um die Reste des dort untergebrachten Regimentsstabes zu eliminieren? Gerade die Kombination aus Infanterie und Feuerkraft würde meine Husaren auszeichnen. Dann kommt die leichte Infanterie und unterstützt sie, damit sie weiter können und hält dann. Den Boxer in schlammiges Gebiet zu schicken bringt keinen Sinn klar. Dafür gibt es Häglunds mit leichter Infanterie. Für Berge gibt es Gebirgsjäger. Städte würde ich generell einfach umgehen und einkesseln, ja verhungern einige aber nicht unsere und der Krieg ist schnell vorbei. Vielleicht bin ich da zu rational für diese Welt, aber in Bachmut wie die Russen reingehen, nee lass mal. Lass sie rein und dann lass sie da drin bis sie mit weißen Flaggen wieder rauskommen. Was bringt ihnen die Stadt wenn du das Umfeld hast ?
Wer jetzt aufschreit, wie kannst du nur, ist das brutaler als das was der Russe mit Kriegsgefangenen, Kindern, Frauen und Zivilisten insgesamt macht ?
Evakuiert die Stadt , lasst den Russen rein und nie wieder raus, fertig.
Wie schon häufiger hier und anders besprochen, gilt es aber doch gerade darum, es nicht dazu kommen zu lassen, dass es zum minenverseuchten Sperrgürtel kommt. Einsickern lassen, Flanke schlagen mit Leo und Puma, Boxer durchlassen und auf ihrer eigenen Versorgungsstraße bis zum Divisionsstand durchgehen und leichte Infanterie hinterherziehen. Das ist der Boxer. Nicht mehr. Aber da ist er unschlagbar.
Genau wie der Leo braucht er aber Multiplikatoren, Artillerie, Luftüberlegenheit, Aufklärung und eben auch leichte Infanterie. Spezialisierte die den Boxern folgt, oder ihm vorrauseilt und aufklärt oder Hindernisse von hinten beseitigt und eben auch die dickbäuchigen die danach dann halten und Polizei spielen.
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alphall31:

Zitat:Die Heereslogistik endet auf Ebene Grossverband(Brig), Einheiten und Verbände werden nicht durch diese versorgt. Und wenn ein Pzbtl vernichtet ist gibt es ja noch ein zweites in der Brig. Und die Versorgungsteile der Brig haben die ganze Brig zu versorgen. Eine logistikkette für ein Btl gibt es nicht .

Das gedanklich derart zu trennen, ist genau das Problem. Nur weil die Heereslogistik irgendwo endet, bedeutet das nicht, dass die Logistikkette dort endet. Die reicht weit über die Heereslogistik hinaus, welche darüber hinaus für einen ernsthaften Krieg ohnehin unzureichend ist, angesichts des realen hier zu bewältigenden Aufwands. Allein schon die Verstärkung der Brigaden mit Artillerie wird den logistischen Aufwand so hochjagen, dass die Heereslogistik diesen im Krieg nicht mehr wird bedienen können. Die Brigade-Artillerie wird dadurch dann mehr zu einem (logistischen) Problem als zu einer Lösung.

Falli75:

Zitat: im Verbund mit, von dir beschriebenen, Kräften aus Bulgarien, Rumänien oder sonstwem sind sie nötig und sinnig.

Ich habe nichts anderes behauptet. Ganz im Gegenteil habe ich die Notwendigkeit tatsächlicher schwerer Kräfte immer hervor gehoben. Wir haben zu wenig echte, wirklich schwere Durchbruchseinheiten.

Meine Eingangs-Aussage war lediglich, dass im Ukrainekrieg beide Seiten es deshalb nicht mehr hinkriegen mechanisierte Großkampfverbände aufzubauen und einzusetzen, weil sie jedwede auftreibbare gepanzerte Plattform sofort an der Front verkleckern, was sie tun müssen, weil sie überhaupt keinerlei Konzept haben, was sie sonst tun könnten. Und dass beide Seiten es ebensowenig hinkriegen, dass was sie tun und tun können hoch zu skalieren, als Alternative.

Zitat:120mm Panzerjägerboxer klettern in die Keller eines Regionalbürgerhauses um die Reste des dort untergebrachten Regimentsstabes zu eliminieren?

Wo habe ich je von 120mm Boxern geschrieben ?! Ganz im Gegenteil habe ich schon oft vorgebracht, dass der GTK an sich für die Kriegsführung in Europa stark eingeschränkt ist.

Zitat:Evakuiert die Stadt , lasst den Russen rein und nie wieder raus, fertig.

Jede Stadt ? Auch jede Großstadt ? Wo ziehst du die Grenze ? (es kommt immer auf die Grenze an und nicht auf eindeutige Fälle). Was ist mit dem Verlust von Verkehrsknotenpunkten, relevanten Bahnhöfen, Energieinfrastruktur, Wirtschaft usw usf ? Was ist mit der Verhandlungsmasse. Was wenn die Russen die Zivilbevölkerung aus der Stadt vertreiben, so dass die Versorgung der dann in der Stadt verschanzten Truppen unproblematisch wird ? Was ist mit der Versorgung der Flüchtlinge aus der Stadt durch uns ? Was ist mit dem Vorteil der inneren Linie und allgemein für die Verteidigung entsprechender strategischer Linien ?

Man kann solche Axiome leicht von sich geben, aber in der praktischen Realität muss man jeden Einzelfall betrachten und flexibel und anpassungsfähig bleiben.

Zitat:Wie schon häufiger hier und anders besprochen, gilt es aber doch gerade darum, es nicht dazu kommen zu lassen, dass es zum minenverseuchten Sperrgürtel kommt. Einsickern lassen, Flanke schlagen mit Leo und Puma, Boxer durchlassen und auf ihrer eigenen Versorgungsstraße bis zum Divisionsstand durchgehen und leichte Infanterie hinterherziehen. Das ist der Boxer. Nicht mehr. Aber da ist er unschlagbar.

Bis die auf die Straße gebundenen GTK einfach von Minen überschüttet werden, welche per Artillerie auf sie herabregnen und auf Minen stoßen welche vor ihnen und hinter ihnen per Drohne verlegt wurden.

Die Versorungsstraße entlang zum Divisionsstand, dass ist so herrlich veraltet. Heutige Stäbe sind stark disloziert und bilden nur durch eine Netzstruktur gemeinsam einen Stab. Du schaltest damit allenfalls einen einzigen kleinen Baustein aus, noch mal abgesehen davon, dass Stäbe heute meist nicht am Ende von Versorgungsstraßen sind und diese von Drohnen derart heimgesucht werden, dass praktisch kaum noch Versorgung über diese Straßen möglich ist.

Zitat:Genau wie der Leo braucht er aber Multiplikatoren, Artillerie, Luftüberlegenheit, Aufklärung und eben auch leichte Infanterie. Spezialisierte die den Boxern folgt, oder ihm vorrauseilt und aufklärt oder Hindernisse von hinten beseitigt und eben auch die dickbäuchigen die danach dann halten

Alles schön und gut, aber alles benötigt immer Multiplikatoren. Und deine Auflistung lässt außer Acht, mit welchem Ziel, mit welchem Zweck, mit welchen Effekten dies alles getan werden soll.

Krieg wird heute viel zu sehr im luftfreien Raum ohne Kontext betrachtet. Dabei ist der Kontext das einzig relevante: Was soll wie und auf welche Weise genau und vor allem warum und mit welchem Zweck erreicht werden ?!

Und da landet man dann immer nur beim Raum einnnehmen, Raum halten, als ginge es im Krieg nur darum (auch wenn es in manchen Fällen natürlich genau darum gehen kann).

Zitat:Aus genau diesem Grund verstehe ich auch immer deine Abneigung der mittleren Kräfte als zu Infanterie lästig nie.

Der Grund ist höchst einfach, dass mittlere Kräfte für mich primär Brigade- und Divisonstruppen sein sollten, also beispielsweise die Artillerie etc. Also keine Kampftruppe sondern statt dessen Kampfunterstützungstruppen und Führungsunterstützungstruppen sowie bedingt in Anteilen Logistiktruppen.
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Genau so sehe ich aber auch die Diskussion bezüglich Drohnen und Luftabwehr insgesamt. Warum die Ukraine ihre Luftabwehr an Shaheds verschwendet wird mir nie einleuchten. Lass die doch sonstwo einschlagen. Das einzige was geschützt werden muss ist die Kriegsindustrie und die Infrastruktur die sie versorgt. Bei einem Luftangriff ist die Bevölkerung im Keller oder in der Ubahn, also sicher. Die Patriot gehören dahin wo sie die Trägerflugzeuge der Kinshal und ähnlichem runterholen oder die Kinshal von der Fabrik fernhalten kann. Diese Kriegsmentalität scheint selbst dort noch angekommen zu sein, mit etwas wie diesem hier Hehör zu finden ist zumindest möglich, aber bei deinem Nachbarn, viel Spaß !

Aber mit Raum einnehmen und halten funktioniert Manöverkrieg. Es geht hier nicht um den Raum ansich, wie schon beschrieben ist der mir egal. Der Raum ansich ist nur das Mittel um den Gegner aufzureiben. Lass ihn rein und zerquetsch ihn da. Gerade Fläche wie in Mecklenburg z.B. ist groß und sieht toll aus auf der taktischen Karte wenn man ihn erobert hat. Sollte man ihn trotzdem gerade deshalb erobern lassen ? Ja denn dort gibt es keine Deckung, keine Möglichkeit ungesehen zu versorgen o.a..Ja jede Stadt oder Dorf ist unterschiedlich, das ist richtig. Die Frage ist wie wichtig. Mir wäre ein Knotenpunkt den ich mit wenigen Mitteln halten kann durch geografische Gegebenheiten, aber gerade mal 5000 Einwohner hat, mir aber See, Bahn und Autobahnkreuzverbindung gibt zehnmal so viel wert wie eine Großstadt ohne Nutzen. Dieses mir angedichtete althergebrachte Denken ist reine Logik. Du denkst immer nur in der jetzigen Situation in der Ukraine. Es geht darum genau diese zu vermeiden. Das heißt Räume zu opfern um den Feind zu binden, in Bereichen die er als Riesenraumgewinn nach oben melden kann. Die ihn aber komplett ins leere laufen lassen. Auf der anderen Seite aber den Schwung den er braucht um den Raumgewinn zu erlangen, nutzt um ihn abzuschneiden. All das was er braucht um durch zu brechen, das hat er nicht mehr zur Verfügung um besagte Minen mit Artillerie zu verbringen, die ist nämlich schon weiter vorne. Das weit verstreute Divisionskomando ist nicht mehr weit verstreut, das ist auf dem Marsch und vom Wodkaregen der Nacht um den Riesenraumgewinn zu feiern, extrem vulnerabel vor allem. Versteckte den Durchbruch im Erdloch abwartende leichte Infanterie mit Bunkerfaust und MG3, Artillerie mit Cluster ( kann ich immer nur wiederholen, her damit, weder der Russe noch der Ami, noch der Chinese stören sich daran, wir sind schlauer ?), Luftangriffe darauf, nicht auf die vorrückende Truppe, Mars mit Minen vor und hinter ihnen im Hohlweg, dann die versteckte leichte mit Bunkerfaust, u.ä., das ist Manövertaktik.
Bin kein studierter Offizier, (wollte ich zwar und habe die Eignung dazu auch erhalten, mich aber in meinem jugendlichen Leichtsinn damals dagegen entschieden) ,habe nur wenige Militärstrategie betreffende Bücher und Abhandlungen gelesen, aber das ist meine Idee dazu. Wenn ich damit komplett koträr zur Standartliteratur liege, gut dann ist die halt falschCool
Wenn das Standartpraxis ist, dann kann ich nur sagen die Ukraine hat sie nicht gelesen.
Was das verleckern der wenigen noch vorhandenen schweren Kräfte angeht. Genau das soll ja nicht passieren. Es darf kein Grabenkrieg mit Minensperren entstehen. Genau dafür ist der Manöverkrieg da. Zumindest meiner Meinung nach, wer was anderes sagt hat keine Ahnung, oder lügt.
So das Konter jetzt mal einer..
Wie schon in anderen Posts gesagt, zum Frühstück gab's heute Kasper.
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Zitat:Du denkst immer nur in der jetzigen Situation in der Ukraine.

Nicht wirklich, auch wenn dieser Vorwurf schon von mehreren erhoben wurde. Ich bin eigentlich viel zu radikal und reformbesessen als dass ich auch nur ansatzweise eine solche Denkweise verfolgen würde. Stattdessen:

Zitat:Es geht darum genau diese zu vermeiden.

wäre genau das mein primäres Ziel, weil es exakt diese Erkenntnis ist, dass man das dem Gegner verweigern muss, was dieser wechselseitig ablaufen lassen möchte, die im Krieg wesentlich ist.

Zitat:Das heißt Räume zu opfern um den Feind zu binden, in Bereichen die er als Riesenraumgewinn nach oben melden kann. Die ihn aber komplett ins leere laufen lassen. Auf der anderen Seite aber den Schwung den er braucht um den Raumgewinn zu erlangen, nutzt um ihn abzuschneiden.

Das ist doch exakt das, was ich schon mehrfach und ausführlich hier beschrieben habe, explizit und insbesondere auch in Bezug auf die Ukraine. Das entspricht doch genau dem was ich seit Jahren diesbezüglich schreibe.

Und genau das meine ich mit der Überbetonung des Raumes - dass man diesen nicht hergeben will, um durch das Freigeben von Raum Manöver zu ermöglichen, exakt mit dem Ziel der Vernichtung der feindlichen Wehrkraft.

Zitat:Aber mit Raum einnehmen und halten funktioniert Manöverkrieg. Es geht hier nicht um den Raum ansich, wie schon beschrieben ist der mir egal. Der Raum ansich ist nur das Mittel um den Gegner aufzureiben.


Exakt was ich schreibe. Im weiteren muss man den Begriff Manöver - genauer gesagt Bewegung, noch weiter denken, und eben nicht nur in Raum. Manöver findet heute vor allem auch in der Zeit statt und auch im Informationsraum.

Es ist doch genau meine Aussage, dass der Raum nur Mittel zum Zweck sein darf, und nicht das Ziel selbst, weil das eigentliche Ziel die Wehrkraft des Feindes sein muss.

Meine Kritik an der Ukraine (wie den Russen) war und ist doch gerade eben, dass hier beide Seiten den Raum als Ziel betrachten, und dies als vorrangiges Ziel selbst vor der Wehrkraft des Feindes. Es geht also dort nicht darum Raum zu verwenden, Raum zu nutzen, sondern Raum zu besetzen, als Selbstzweck.

Das war und ist meine Kritik an dem Geschehen dort.

Wenn ich damit komplett koträr zur Standartliteratur liege, gut dann ist die halt falsch

Als ob Krieg mit Standardliteratur führbar wäre. Falsch und richtig zeigen sich allein im Endergebnis. Aber in Bezug auf unsere Diskussion hier und jetzt meinen wir in Wahrheit durchaus das gleiche.

Wobei ich in Bezug auf die Raumverteidigung hier ja schon oft noch wesentlich weiterreichende Konzepte detailliert beschrieben habe, insbesondere die Netzverteidigung wie sie Brigadegeneral Afheldt zuerst beschrieben hat. Denn wenn du eine Fläche von konventionellen Streitkräften räumst um den Gegner dort hinein laufen zu lassen, so bedeutet dies nicht, dass man nicht zusätzlich dort weiter unkonventionelle Streitkräfte stehen lassen kann, was die Sache für den Gegner noch viel problematischer macht.

Zitat:Es darf kein Grabenkrieg mit Minensperren entstehen. Genau dafür ist der Manöverkrieg da.

In der Ukraine ist es kein Grabenkrieg mehr, weil Gräben dort praktisch nicht mehr haltbar sind. Das Kriegsbild hat sich dort erneut deutlich gewandelt. Und Manöverkrieg auf der kleinsten Ebene findet dort durchaus statt, denn die Russen agieren primär mit Infiltration, was ebenso Manöver ist, nur halt auf der untersten taktischen Ebene.

Zum Problem der Minensperren: die Minenmeere in der Ukraine haben ein Ausmaß angenommen, dass viele nicht verstehen, weil ihnen die gedankliche Skalierung nicht gelingt. Deshalb wurden Bundeswehrsoldaten auch zu Recht von Ukrainern während der Ausbildung hierzulande ausgelacht, als sie als Standard-Doktrin erklärten, dass man Minenfelder einfach umfährt. Die Minenmeere dort kann man nicht umfahren. Insbesondere mechanisierte Streitkräfte können deshalb dort kaum manövrieren.

Zitat: Versteckte den Durchbruch im Erdloch abwartende leichte Infanterie mit Bunkerfaust und MG3, Artillerie mit Cluster

= Netzverteidigung. Wobei das "MG" kein normales MG sein muss, die Infanterie nicht dort, wo das "MG" auf einer Lafette per Kabel ferngesteuert eingesetzt wird (zuzüglich anderer, KI gesteuerter Waffen einschließlich Bodendrohnen welche im Gelände versteckt auf den Feind lauern) und die Artillerie könnte und sollte in Form einer leichten Raketenartillerie in möglichst leichten und kompaketen Einwegbehältern ebenfalls überall im Gelände disloziert versteckt sein, womit sie nicht mehr bewegt werden muss.

Ein roboterisiertes und per Kabel ferngelenktes Gefechtsfeld, ein System maximaler Dislozierung und trotzdem extremer und konzentrierbarer Feuerkraft, in welchem sich aber praktisch nichts mehr bewegt und daher auch keine Bewegung vom Feind aufgenommen werden kann, und dass aufgrund seiner Struktur überhaupt keine sinnvollen Angriffspunkte mehr bietet, geschweige denn Angriffsflächen, weil man das Gesamtsystem in endloser Kleinarbeit abtragen muss und allein dies derart viel Zeit und Ressourcen frisst, dass man deswegen nirgends mehr voran kommt, während man verblutet.

Die Infanterie feuert daher nicht aus dem Bunker mit einem MG, sondern bedient eine Art Metal Storm System mit Granaten per Kabel aus sicherer Distanz, während sie komplett unter der Erde bleibt. Und statt Raketenwerfer selbst abzufeuern, sind diese im Boden senkrecht eingegraben, nicht aufspürbar und auf eine Reihe Ziele voreingestellt abfeuerbar, ebenso aus der Distanz. Dazu noch Drohnen, Minen und vieles mehr und schon wird es sich der Gegner überlegen, ob er überhaupt in den von konventionellen Truppen freien Raum eindringen kann, ohne genau dadurch seine Vernichtung herbei zu führen.

Dieses System wäre im weiteren über gewaltige Flächen ausdehnbar und dies zu geringen Kosten und würde selbst einem Angriff mit taktischen Nuklearwaffen problemlos standhalten, weil es keinerlei Ziele für Nuklearwaffen bietet. Es wäre noch darüber hinaus günstiger als die aktuellen konventionellen gepanzerten Großkampfverbände.

Und es wäre nicht offensiv-fähig, was es ermöglichen würde massivste Aufrüstung in unmittelbarer Nähe zum Gegner zu betreiben, ohne einen Präventivschlag von diesem dadurch zu provozieren, bis es für den Gegner praktisch zu spät ist, und unsere Raum für ihn konventionell nicht mehr eroberbar ist.

Solche Konzepte habe ich schon vor vielen Jahren beispielsweise fürs Baltikum vorgeschlagen, schon viele Jahre vor dem Ukrainekrieg.

Mir wäre ein Knotenpunkt den ich mit wenigen Mitteln halten kann durch geografische Gegebenheiten, aber gerade mal 5000 Einwohner hat, mir aber See, Bahn und Autobahnkreuzverbindung gibt zehnmal so viel wert wie eine Großstadt ohne Nutzen.

Absolut richtig. Zumal man solche Großstädte auch zu einer regelrechtem Falle für den Gegner umbauen kann, insbesondere wenn dieser von Raum-zentrischen Strategien besessen ist. Der Besitz der Großstadt wird damit für ihn schnell zum Problem, insbesondere weil die Infrastruktur von Großstädten so labil ist und leicht dann von außen ausgeschaltet werden kann (Strom, Trinkwasser etc) und man die Bevölkerung in der Stadt dann zu einem Problem für den Gegner machen kann, zuzüglich der üblichen Methoden wie mit Sprengladungen vorpräparierter Häuser mit Zeitzünder, urbane Guerilla etc etc

In diesem Kontext habe ich schon öfter das Konzept der offenen Städte als einen möglichen Teil einer Strategie beschrieben und wie man Offene Städte für sich nutzen kann, um dem Gegner damit ein Ei zu legen.
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Dann bin ich ja froh trotz meines geistigen Ergusses gestern, ganz generell nicht so verkehrt mit meiner Denkweise bin.
Die Idee mit dem MG3 auf Lafette, ferngesteuert fasziniert schon wieder. Kombiniert mit Richtminen und deinen Metalstrom Raketenwerfern, kann man damit ja absolutes Chaos veranstalten. Das muss ja nicht nur defensiv gedacht werden, sondern vor allem offensiv. Ein paar Caracall oder auch nur alte Wölfe mit Anhänger, dazu Mörser, Enforcer u.ä. und man ist mit wenigen, der absolute Stachel im Hintern.
Ließe sich auch hervorragend mit den CB90 denken, wobei dort immer noch , zumindest für mich, ein genau so schnelles Boot zur Verbringung besagter Wölfe fehlt. Ja du und ich denken da an geklaute Zivilfahrzeugen sobald sie gelandet sind, aber die Bundeswehr ist langsam. Wenn sie schon mal soweit kommen würden, dann überfordert man sie nicht gleich total.
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Ich weiß nicht ob ich verkehrt bin in meiner Denkweise oder nicht, und kann auch kaum sagen, ob deine Ausführungen verkehrt sind oder nicht.

Ich kann halt nur darstellen, wie ich mir die Sache vorstellen würde, und dann leuchtet das ein oder nicht, und funktioniert in der Realität oder eben nicht.

Deshalb müsste man solche Methoden gründlich testen. Wofür man Lehrverbände bräuchte, welche dezidiert nur dafür da sind und die zugleich Feinddarstellung für andere Verbände liefern. Das wäre beispielsweise mal ein erster Schritt, sich von der Truppenübungsplatzkünstlichkeit zu lösen, Manöver mit Großverbänden durchzuführen, und dafür Lehr-Einheiten zu schaffen, deren Auftrag es ist, andere Konzepte intensiv praktisch zu testen.

Die Bundeswehr ist dazu jedoch nicht in der Lage und wird dazu auch nicht in der Lage sein. Führ heute mal ein Manöver durch in dieser Bundesrepublik, du bist nach Wochen noch nicht mal über das E-Mails im Kreis schicken und abzeichnen lassen hinaus gekommen. Und so eine Truppe will im Krieg bestehen, itzo lass mich lachen.
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Trotz alledem muss der Einsatz , besonders die Preisgabe von Raum , auch der Politik und der betroffenen Bevölkerung verkauft werden . Und gerade im Baltikum gibt es nicht viel Raum und ein Land wie Estland ist ziehmlich schnell besetzt. Die moralische Wirkung auf das ganze Bündnis kann durchaus verheerend sein, gerade bei den Zusagen die vollmundig im Voraus gemacht wurden. Und ob die westlichen Gesellschaften ein Mariopol auf eigenem Gebiet moralisch überstehen ist fragwürdig.
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Estland ist auch jetzt schnell besetzt - dem folgend erfolgt eine nukleare Demonstration - und dann rennt der Hühnerhaufen hektisch im Kreis herum....ich meine, tagt der Nationale Sicherheitsrat und berät sich und berät sich.

Die Frage ist ja gerade eben, wie man dies verhindern könnte.

Aktuell ist die Auffassung der NATO, dass man eine Art Vorneverteidigung wieder aufleben lassen könnte, wie man sie schon mal im Kalten Krieg angedacht hat. Aber auch bei einer solchen Vorwärtsverteidigung und wenn man sich in diesem Kontext das Konzept der Mittleren Kräfte und wie diese eingesetzt werden sollen ansieht, gibt man Raum auf. Man wird auch so in der Verzögerung mit mittleren Kräften zwischen 50 und 75 km Raum aufgeben.

Warum also nicht in diesem Raum weitere Wirkmöglichkeiten schaffen, welche die feindlichen Streitkräfte derart abnutzen, dass dieser Raum auch zeitnah wieder zurück erobert werden kann, wobei feindliche Schwerpunkte welche sich dann beispielsweise in einer Stadt festlegen eingeschlossen und dadurch "erbeutet" werden, was erneut strategische Verhandlungsmasse erzeugt.

Aber noch darüber hinaus: was wenn der Krieg von Anfang an mit taktischen Nuklearwaffen geführt wird, in einer begrenzten Art und Weise und strikt begrenzt auf bestimmte Gebiete ?!

Wie wollen konventionelle Großkampfverbände in einem solchen Gefecht bestehen, bieten sie doch viel zu viele Angriffspunkte für eine solche Kriegsführung ?

Und ist eine Selbstverteidigung durch Selbstmord glaubhaft ?! Ist eine selbstmörderische Abschreckung überhaupt glaubhaft, die behauptet, für Estland die menschliche Zivilisation insgesamt auszulöschen ?

Gerade eben deshalb benötigt man Methoden, Strukturen und Systeme, welche auch für den Fall des Einsatz von Massenvernichtungswaffen ausgelegt sind, und dass sind eben nicht unsere aktuellen mechanisierten Großkampfverbände, die wir ohnehin "weiter hinten" und stark disloziert bereit halten müssten, um nicht das Risiko zu haben, sie gleich zu Beginn des Krieges zu verlieren.

Was ist also die Alternative? Wie überhaupt Estland verteidigen ? Dies geht nur, indem die feindliche Streitmacht welche in Estland eindringt vernichtet wird, also vollständig kampfunfähig wird. Dazu benötigt man andere Strukturen, welche dazu befähigt sind, den Feind je weiter er vordringt umso mehr zu lähmen, festzulegen und schließlich derart weitgehend zu vernichten, dass sein Vordringen dadurch sinnlos wird.

Eine solche Verteidigung ohne Massenvernichtungswaffeneinsatz wäre dann zudem eine glaubhafte Abschreckung, im Gegensatz zu dem strategischen Wahnsinn der nuklearen Abschreckung.

Wenn der Feind im Baltikum konventionell rein gar nichts erreichen kann, und selbst unter Einsatz taktischer Nuklearwaffen dort nichts erreichen kann, weil seine Streitkräfte durch das erläuterte Konzept wirkungslos geworden sind, kann er genau dadurch am ehesten davon abgebracht werden, ins Baltikum einzumarschieren. Da von den gleichen Strukturen aber keine offensive Gefahr in sein Gebiet ausgeht, sinkt die Gefahr eines Präventivschlages und damit wird Krisenstabilität erzeugt, während die aktuellen Pläne von mechanisierten Großkampfverbänden Kriseninstabilität bedeuten und die Gefahr eines nuklearen Krieges erhöhen.

Wer aber über die Verteidigung des Baltikums spricht, ohne über den Atomkrieg zu sprechen, der blendet den wesentlichsten Aspekt in diesem Kontext einfach aus und kann daher überhaupt nicht zu einem sinnvollen strategischen Konzept für die Verteidigung des Baltikums kommen, weil der Feind ihn praktisch immer und nach belieben durch die Exploration dieses Aspektes besiegen kann.

Und wir werden nicht für Estland Atomwaffen auf Russland werfen, dass wird nicht geschehen. Womit die ganze aktuelle Abschreckungsstrategie und die Idee der konventionellen Vorneverteidigung durch mechanisierte Großkampfverbände sinnlos sind.

Sobald die NATO anfängt mechanisierte Großkampfverbände im Baltikum anzusammeln, im Rahmen einer Konterkonzentration, kommt man ganz schnell in Abwärtsspiralen welche ebenfalls sehr schnell im Atomkrieg enden und enden müssen.

Das Problem der aktuellen Konzepte der NATO für das Baltikum ist daher vor allem anderen die inhärente Kriseninstabilität dieser Konzepte.
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Die einfachste aber auch gleichzeitig radikalste wäre eine sehr einfache.
Einen breiten Streifen um die Grenze ziehen, in dem niemand wohnen darf und taktische , artillerieverbrachte atomare sehr kleine Waffen einzusetzen, auf jeden Russen der sich in diesen Streifen wagt.
Das ist die einfachste Lösung.
Ich gebe Quintus vollkommen Recht was alles weitere angeht.
Ich hatte das, meine ich zumindest, schonmal angedacht in der Art das jeder Gegenangriff wie auch immer geartet, eigentlich immer in das nehmen von Kaliningrad, oder zumindest Teilen davon hinaus führt. Ich denke jedem hier ist aber klar was das bedeutet. Genau dort liegt das Problem in der Region. In der Größenordnung in der ein Angriff erfolgen würde, sehe ich zumindest wenig Möglichkeiten zu einem Manöverkrieg. Es bleibt zu hoffen das der Kreml sich dessen ebenso bewusst ist, denn wenn der kommen würde, ginge es in fast jedem Fall, kurz oder lang zum großen Bumms.
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