Russland & Verbündete gegen Europa & USA
(20.03.2025, 17:10)Quintus Fabius schrieb: Zusammenfassung: wenn man die aktuellen Umstände annimmt, würde der Krieg sehr ähnlich verlaufen wie jener in der Ukraine und einem langen blutigen Abnutzungskrieg münden.
Ich lese das etwas anders, bzw. kann ich in dem Artikel gar keine konkrete Prognose erkennen, die über die Feststellung von Mängeln hinaus geht.

Und persönlich sehe ich das auch anders. Eben weil wir einen Mangel an Durchhaltefähigkeit haben, kann es gar nicht zu einem langen Krieg wie in der Ukraine kommen, weil wir einen solchen schnell verlieren würden. Also entweder schaffen wir es, schnell Erfolge zu erzielen, oder wir verlieren. Aber wir werden nicht drei Jahre im Baltikum um jeden Meter erbittert kämpfen können.

Deshalb ist auch bei unserer Aufrüstung ein Schwerpunkt auf weitreichende Mittel zu legen, um die diesbzgl. auf unserer Seite vorhandenen qualitativen Vorteile auch quantitativ nutzbar zu machen. Wir können den Gegner nicht an der Front abnutzen, das muss tief hinter dessen Linien stattfinden.
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Zitat:Eben weil wir einen Mangel an Durchhaltefähigkeit haben, kann es gar nicht zu einem langen Krieg wie in der Ukraine kommen, weil wir einen solchen schnell verlieren würden. Also entweder schaffen wir es, schnell Erfolge zu erzielen, oder wir verlieren. Aber wir werden nicht drei Jahre im Baltikum um jeden Meter erbittert kämpfen können.

Dem möchte ich wiedersprechen, denn die Russen sind zum einen extrem ausgeblutet, und auch die russischen Produktionskapazitäten sind begrenzt. Insbesondere bei bestimmten für sie überaus relevanten Systemen sind die russischen Produktionskapazitäten extrem begrenzt und können von den Russen auch nicht beliebig gesteigert werden, weil ihnen dafür die Grundlagen fehlen (beispielsweise Rohre für Kanonen / Haubitzen etc)

Wenn man die gesamten Produktionskapazitäten in allen EU Ländern addiert, ist unsere Rüstungsindustrie keineswegs unproduktiver als die russische und in einigen Aspekten sogar deutlich leistungsfähiger.

Ja, Europa ist schwach und weit weit unter seinen Möglichkeiten. Aber: die Russen sind viel schwächer als man es früher je vermutet hat und sie sind durch den Krieg weitgehend erschöpft.

Selbst wenn die USA ihre Unterstützung einstellen und die Ukrainer nicht genug Unterstützung von Europa erhalten, wird es noch mehrere Jahre dauern bis die Ukraine komplett kollabiert. Diese Zeit kann genutzt werden. Darüber hinaus kann man in der Ukraine auch einen für die Russen aufwendigen Guerillakrieg organisieren der erhebliche Mengen russischer Truppen dort festlegt.

Die Verluste welche die Russen erlitten haben, werden sie in kritischen Bereichen nicht schnell genug ersetzen können, so dass sie mit dem was sie übrig haben über einen Stellungskrieg gegen die EU hinaus kommen.

Dafür braucht die EU gar keine so großen überragenden Vorräte, und was nachproduziert werden kann, würde gegen die aktuell real existierende russische Armee durchaus erstaunlich lange reichen.

In einigen Jahren, sollte Russland zeitnah in der Ukraine siegen (sieht nicht danach aus) und wenn die Russen ihre Korruptions- und Ineffizienzprobleme in den Griff kriegen (sieht nicht danach aus) und wenn sie dann ihre Kriegswirtschaft über mehrere Jahre aufrecht erhalten könnten ohne dass das Land wirtschaftlich komplett kollabiert (sieht nicht danach aus), dann würde Russland zum Problem werden und wir einen Stellungskrieg verlieren, vorausgesetzt wir sind bis dahin immer noch in die Gänge gekommen (sieht danach aus).

Zitat:Europe possesses both the institutional knowledge and technological expertise to rebuild these capabilities independently in its own area of responsibility. We know what to do, how to do it and what to do it with. Large-scale air exercises with European command structures have demonstrated this potential. Technology, both new and old, an industrial base and financial resources exist to produce, procure, and employ the necessary weapon systems – build, buy and bomb. This applies to everything from aircraft and drones to cruise missiles, long-range rocket artillery, and other critical capabilities.

Europe also has a deep well of doctrinal expertise and a large corps of staff and non-commissioned officers capable of leading the necessary expansion of forces. With a workforce more than twice the size of Russia’s – and larger than that of the United States – Europe has the manpower to sustain and build up its militaries – if it acts now.
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(20.03.2025, 21:53)Quintus Fabius schrieb: In einigen Jahren, sollte Russland zeitnah in der Ukraine siegen (sieht nicht danach aus) und wenn die Russen ihre Korruptions- und Ineffizienzprobleme in den Griff kriegen (sieht nicht danach aus) und wenn sie dann ihre Kriegswirtschaft über mehrere Jahre aufrecht erhalten könnten ohne dass das Land wirtschaftlich komplett kollabiert (sieht nicht danach aus), dann würde Russland zum Problem werden und wir einen Stellungskrieg verlieren, vorausgesetzt wir sind bis dahin immer noch in die Gänge gekommen (sieht danach aus).
Das war aber meine Grundannahme, weil ich nur dann überhaupt einen russischen Angriff auf die NATO/EU für möglich erachte.
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Ich kann die Annahme, so unrealistisch sie auch sein soll, die Ukraine könnte langfristig verlieren, nicht teilen. Spätestens am Dnipro wäre doch Schluss. Wie sollten die Russen da übersetzen und ihre Truppen langfristig und nachhaltig versorgen?
Für mich zeigt sich, dass heutzutage, mit den Möglichkeiten der Aufklärung und weitreichenden Wirkmitteln, kein Überwinden solcher Hindernisse möglich ist, ohne komplett jeden Mann zu opfern.
Das hat sich nicht zuletzt in Kherson gezeigt, als man Stück für Stück die Brücken zerstört und damit schlussendlich die Russen zum Rückzug gezwungen hat.
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Die Russen verlangen im Endeffekt Spitzbergen (norwegisches Staatsgebiet) - dafür wären sie umgekehrt bereit die US Ansprüche auf Grönland anzuerkennen.

Schier unfassbar:

https://jamestown.org/program/moscow-war...on-arctic/
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(21.03.2025, 03:41)Geopolitik2025 schrieb: Ich kann die Annahme, so unrealistisch sie auch sein soll, die Ukraine könnte langfristig verlieren, nicht teilen. Spätestens am Dnipro wäre doch Schluss. Wie sollten die Russen da übersetzen und ihre Truppen langfristig und nachhaltig versorgen?
Für mich zeigt sich, dass heutzutage, mit den Möglichkeiten der Aufklärung und weitreichenden Wirkmitteln, kein Überwinden solcher Hindernisse möglich ist, ohne komplett jeden Mann zu opfern.
Das hat sich nicht zuletzt in Kherson gezeigt, als man Stück für Stück die Brücken zerstört und damit schlussendlich die Russen zum Rückzug gezwungen hat.

Würde Rußland alle Gebiete östlich des Dnipro erobern wäre es relativ wahrscheinlich dass Weißrußland dem Krieg beitritt um sich auch noch ein Stück abzuschneiden. Die russ. Truppen könnten dann auch über Weißrußland vorrücken.

Kherson wäre für Rußland auch haltbar gewesen wenn zu dieser Zeit schon eine größere Mobilisierung stattgefunden hätte. Zur problematischen Lage kam damals aber noch die Überdehnung einer viel zu schwach besetzen Frontlinie und die schlechte Moral der Truppen in Kherson.

Meines Erachtens wäre es auch durchaus noch möglich wieder solche Brückenköpfe zu etablieren, wenn auch die Verluste dafür sicherlich sehr hoch wären.
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Der Rückzug aus Kherson und die Räumung des Brückenkopfes auf der westlichen Seite des Flusses war tatsächlich eine der wenigen wirklich intelligenten und sinnvollen Handlungen der Russen in diesem Krieg. Tatsächlich sogar vermutlich eine der besten Entscheidungen auf russischer Seite bisher insgesamt.
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(22.03.2025, 23:50)Quintus Fabius schrieb: Der Rückzug aus Kherson und die Räumung des Brückenkopfes auf der westlichen Seite des Flusses war tatsächlich eine der wenigen wirklich intelligenten und sinnvollen Handlungen der Russen in diesem Krieg. Tatsächlich sogar vermutlich eine der besten Entscheidungen auf russischer Seite bisher insgesamt.


Naja der Rückzug war halt einfach alternativlos. Das mussten und haben selbst die Russen eingesehen. Die Anzahl an Personal lässt sich bei solche einer Flussbreite einfach niemals sinnvoll und unter akzeptablen Verlusten versorgen.
Unter anderem deshalb auch der Deal (durch Amerikaner eingefädelt), so dass die Russen beim Rückzug quasi nicht bekämpft wurden.
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Das etwas sinnvoll ist, oder sogar dringend geboten, heißt nicht, dass Russland dies dann auch tut. Die russische Führung neigt sogar eher zum Gegenteil. Surowikin hat damals praktisch gesehen etliches an russischen Einheiten gerettet, sinnvolle Defensivanlagen angelegt, ist allgemein in die Defensive gegangen entlang von sinnvollen natürlichen Linien und hat die strategischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung forciert, alles richtig. Dafür haben sie ihn dann verhaftet und kalt gestellt.
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Dachte die Russen hätten angeblich iranische Fath-360 Raketenartillerie erhalten. Das wäre doch (Aufklärung vorausgesetzt) ein mögliches Antidot gegen weitreichende, ukrainische Artillerie. Sind diese Systeme schon verbraucht oder gar nie angekommen?
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Angeblich haben sie die bekommen, aber praktisch sieht man sie nicht an der Front, warum auch immer. Vielleicht hebt man sie als strategische Reserve auf, weil man das Konterartillerieduell ohnehin aktuell sehr weitgehend mit Drohnen führt.

https://defence-network.com/fath-360-arm...-russland/

Mal sehen, vielleicht wartet man damit noch bis in den Sommer wenn die Zeit für größere Offensiven wieder losgeht nachdem die Böden abgetrocknet sind. Aktuell verschlammt ja wieder alles.
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Spaßige Randnotiz:

Die Menge des Import russischen Erdgas in die EU steigt und steigt. Erneut + 18 % im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem Spanien und Italien tun sich hier hervor. Gleichzeitig stagniert (!) die Nachfrage nach Gas in Europa - es wird nicht mehr Gas verbraucht. Und die Preise steigen zugleich massiv.

Freie Marktwirtschaft die nach den Regeln des Marktes funktioniert at its best. Oder wie man es mir gegenüber begründet hat: man kauft ja zu viel Gas - also hat man dadurch Mehrkosten welche man natürlich auf die Kunden umlegen muss......

Aber das böse böse Russland muss natürlich durch Sanktionen gegen russischen Wodka in die Knie gezwungen werden, so dass die Russen dazu gezwungen sind auf die Label der Flaschen Made in Kasachstan zu drucken u.ä.

Diese Mehrkosten für die Wodkalabel (Extraschriftzug) und dass man die Flaschen über andere Länder liefen muss, werden Putin so beeindrucken, dass er die Eroberung der Ukraine abbricht, jawoll.

Denn wenn erst jeder Deutsche mehr für Gas bezahlt, obwohl mehr Gas da ist und dafür im Gegenzug keinen russischen Wodka mit der Beschriftung Made in Russia mehr trinkt, dann wird alles gut.
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Der Etikettenschwindel beschränkt sich außerdem nicht nur Brennstoff, der in Glasflaschen abgefüllt wird. Und es ist ja auch technisch nicht so einfach umsetzbar und wirtschaftlich sowieso kaum sinnvoll, bei steigendem Energiebedarf so zeitnah ohne ausländisches (technisch bedingt entsprechend anteilig russisches Erdgas) auszukommen. Daher bleibt die Nachfrage technisch bedingt stabiler, als es der Heimatschutz vielleicht gerne hätte.
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ich kann dieser Meldung leider nur zustimmen:
Der Politologe Herfried Münkler über Trumps Launen (n-tv)
"Die Russen werden die USA sowieso hereinlegen"

Zitat:Die Wertebindung zwischen den Europäern und den USA ist nicht mehr so, wie sie früher war, als sie eine weitere Annäherung an China verhindert hat. Das Ganze wird ein politisches Spiel zwischen den fünf Mächten USA, China, Europa, Russland und Indien. Dieses Spiel wird nicht mehr in einer regelbasierten, sondern in einer machtbasierten Ordnung ablaufen.

Hätten die USA überhaupt Nachteile, wenn sie die Europäer verlieren?

Ohne die Europäer stehen die Amerikaner plötzlich nicht mehr so stark da, wie sie glauben, sein zu müssen. Ob eine Auseinandersetzung wirtschaftlicher Art mit China dann noch zu gewinnen wäre? Ich denke, ohne die Europäer können sie die nicht gewinnen. Und mit den Russen können sie auch wirtschaftlich keinen großen Stich machen. Die Russen werden die USA sowieso hereinlegen. Die Russen werden die enge Bindung an China nicht aufgeben. In Trumps Regierung versammeln sich Leute, die kurzfristig denken, die keine langfristigen Vorstellungen haben, vor allen Dingen keine strategischen Vorstellungen. Sie wissen nicht, was es heißt, reagieren zu können auf einen Akteur, der einen eigenen Willen hat und eigene Karten und eigene Figuren auf dem großen Schachbrett der Politik. Sie agieren auf unterschiedliche Weise aus dem Tag heraus und in den Tag hinein. Die Leute in Trumps Regierung werden damit auf die Nase fallen.
und dieser selbstverliebte Egomane merkt gar nicht, wie sehr er die USA und damit die "westliche Wertegemeinschaft" schwächt.

Ich denke tatsächlich:
China, Europa, Indien, die USA und Russland (in dieser Reihenfolge) werden die fünf Mächte sein, die zukünftig ihre Region prägend sein - und eine machtbasierte neue Ordnung schaffen. Und den Abstieg der USA und Russlands haben sich die beiden Präsidenten DT und P zuzuschreiben.
DT weil er alles macht, um die US-Wirtschaft und die Staatsmacht und damit die globale Führungsrolle zu zerstören (als ob er ein russischer Agent wäre), und P weil er sich mit der Ukraine überhoben hat, Russland sich dort verausgabt und von Glück reden kann, wenn dieses geschwächte Russland nur zum Juniorpartner Chinas und nicht zu einem abhängigen Gebiet wird. Letzteres ist insofern unwahrscheinlich, als China mit wesentlich feineren Methoden Dominanz ausübt - und mit Indien einen gewichtigen regionalen Rivalen hat.

Inwieweit weitere Staaten und Staatengruppen - Brasilien, die Arabischen oder türkischsprachigen Staaten, ASEAN ... - in dem Konzert mitspielen werden, sei einmal dahin gestellt. Die Grundlagen dafür wären vorhanden. Aber die Ansätze alleine reichen nicht aus. Dazu sind die inneren Rivalitäten noch zu stark und erst zu überwinden.
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wenn sich die USA nicht mehr für Europa interessieren, dann stellt sich die Frage:
Kann Europa militärisch gegen Russland bestehen?

Ich meine - ja.
Die europäischen Streitkräfte verfügen über gute "Hardware" wie Artillerie, Panzer und Kampfflugzeuge. Leider ist davon einiges an Mehrfachstrukturen vorhanden, was ein logistischer Alptraum ist.
Andererseits - die Ukraine zeigt, dass auch ein bunter Mix aus allen möglichen Systemen logistisch bewältigt werden kann.
So, wie die Ukraine jetzt schon russische Angriffe durchkreuzt - insbesondere mit ihren Drohnenschwärmen über dem Gefechtsfeld - so würden russische Angriffe wohl "erst recht" an den zahlenmäßig deutlich höheren Systemen der europäischen NATO-Mitglieder scheitern.

Es fehlen vor allem einige technologische Spitzenprodukte wie ausreichende Satelliten (Aufklärung, Kommunikation ...),
es fehlen abschreckende taktische Atomwaffen (würden GB oder F ihre strategischen Nuklearsprengköpfe einsetzen, wenn Russland versucht, unter Einsatz seiner taktischen Nuklearsprengköpfe über die Grenzen der baltischen Staaten vor zu dringen - und damit die Zerstörung von London oder Paris in Kauf nehmen?) - aber das sind alles "Desiderate", die in absehbarer Zeit sogar auf nationaler Ebene und ggf. mit Finanzierungshilfe aus Brüssel beschafft werden können.

Und ich denke, das ist ein Ansatz:
die Streitkräfte bleiben weiterhin in nationaler Verantwortung - da sind wohl die Egoismen zu hoch. Sobald sich aber zwei oder mehr Staaten für gemeinsame Entwicklungen oder Beschaffungen verabreden, gibt es finanzielle Unterstützung aus der EU.
Von der EU finanzierte Projekte - etwa Satellitensysteme - würden dann auch allen EU-Mitgliedern zur Verfügung stehen.
Und die Förderung von Beschaffungsmaßnahmen (wie Munition als simples Beispiel) wirkt sich um so entlastender aus, je mehr solcher gemeinsamen Systeme hergestellt und übernommen werden - weil durch größere Produktionsmengen auch die Produktionskosten "pro Stück" niedriger werden.
Das dürfte bereits ausreichen, um eine Vereinheitlichung zu erreichen. Zumindest in dem Maße, wie das aufgrund unterschiedlicher Umwelt- und Klimaverhältnisse (schwere Kampfpanzer sind wenig für Schlamm geeignet, winterliche Verhältnisse in Skandinavien fordern andere Ausstattung als in Mitteleuropa ...) möglich ist.
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