Good Point. Aus dem gleichen Grund, aus dem die meisten in Abstimmungen einen EU-Beitritt abgelehnt hätten lehnen sie einen Austritt ab. Man findet die Lage schlimm, möchte aber vermeiden dass sie schlimmer wird, also soll sie einfach schlimm bleiben.
Aber ich vermute, dass egal welches Ergebnis durch Verträge und Sonderkonditionen abgefedert wird. Sicher sind schon lange viele richtig teure Anwälte am formulieren. Die EU ist keine Selbstverständlichkeit mehr, sie kriegt ja auch nichts auf die Reihe.
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Am Tage der Brexit-Abstimmung machte das Forum für längere Zeit Pause.
Daher, nachträglich fürs Protokoll:
- Die Briten haben sich für den Brexit ausgesprochen (mit knapp 52% Ja-Anteil).
- David Cameron ist zurückgetreten, neue Premierministerin ist Theresa May
- Boris Johnson ist neuer Aussenminister
- Schottland und Nordirland denken laut über Sezession nach
- Nigel Farage ist als UKIP-Chef zurückgetreten
- England ist an der EM gegen Island ausgeschieden
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Also ich fand das ja köstlich. Vor allem der überschäumende mediale Zirkus drum herum. Schade das das Forum down war.
Gerechnet habe ich nicht damit (wie ja eigentlich nicht mal die politischen Brexit-Befürworter), aber wie schon im Juni geschrieben, trotz der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann man den Briten zu dieser souveränen Entscheidung nur gratulieren.
Und im gleichen Atemzug würde ich den Schotten wünschen, dass es diesesmal mit ihrer Unabhängigkeit klappt.
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In was für Abhängigkeiten diese so vermeintlich souveräne Entscheidung münden wird bleibt abzuwarten. Den meisten Briten meiner Generation habe ich in den vergangenen Wochen mein Beileid aussprechen müssen. Im Endeffekt zeigt das Ergebnis vor allem, welchen gefährlichen Einfluss der demografische Wandel über die Politik auf die Gesellschaft nimmt. Bisher stand immer nur der umgekehrte Weg im Fokus.
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Zitat:Im Endeffekt zeigt das Ergebnis vor allem, welchen gefährlichen Einfluss der demografische Wandel über die Politik auf die Gesellschaft nimmt. Bisher stand immer nur der umgekehrte Weg im Fokus.
Warum ist dieser Einfluss gefährlich? Ich beobachte zwar bei mir selber, dass ich mit zunehmendem Alter auch konservativer und intoleranter werde ("die Jugend von heute", etc.), aber das muss nicht per se schlecht sein. Die Jungen haben nicht einfach so recht, sondern lediglich die Lufthoheit in der medialen Empörung und Meinungsmache. Es ist mir zu einfach, die Schuld einfach der vergeisenden Bevölkerung zuzuschieben, die angeblich nicht weiss, was gut ist für ein Land. Man muss halt auch auf diese Leute und ihre Bedürfnisse eingehen.
Aber mir geht es natürlich auch ähnlich wie vermutlich vielen Brexit-Befürwortern: ich sehe die Vorteile der EU nicht, sondern in erster Linie ihre Nachteile (Personenfreizügigkeit, Entmündigung der Staaten). In keiner pro/contra-Kampagne zur EU-Mitgliedschaft wurde bisher eindeutig nachgewiesen, dass man ohne die EU verloren sei. Wenn nun junge Briten lamentieren, der Brexit habe ihre Zukunft vernichtet, dann ist das eben auch nur diffuse Angstmacherei. Man muss wirklich abwarten, wie es in ein paar Jahren aussieht.
Die junge Generation hat ja beschlossen, keine Meinung zu haben bzw fern zu bleiben.
Was ich gar nicht so verkehrt finde, die sind anfälliger für Manipulation.
Da staunt man manchmal, wenn man merkt dass einige tatsächlich glauben man hätte früher keinen Urlaub machen können wegen der Grenzen.
Und dass es ein hohes Gut ist, überhaupt eine Entscheidung treffen zu dürfen ist denen offenbar auch nicht recht klar.
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Unabhängig vom Ausgang des Referendums, hatte es irgendwie einen faden Beigeschmack, dass solch eine wichtige Entscheidung durch so einen engen Wahlgang bestimmt wird, bzw. schon fast aus einer "Laune" herauß.
Die Entscheidung beeinflusst das Land über Jahrzehnte hinweg. Rechnet man die Wahlbeteiligung mit ein, haben ca. 37,5% für den Brexit gestimmt, ca 34,5 % für den Verbleib und 28% haben gar nicht gewählt. Somit bestimmt ein Drittel die Marschrichtung der anderen zwei Drittel welche unentschieden bzw. dagegen waren. Ist das Demokratie ein solcher Wahlmodus? Fraglich meiner Meinung nach.
"Selbst Schuld", werden viele denken, wer nicht wählt, hat seine Stimme verspielt. Und selbst dann, wäre wohl eine Zweidrittelmehrheit doch angebrachter bei einem Referendum solch eines Ausmaßes. So zwingt die eine Hälfte der andere Hälfte ihren Willen auf.
Das mal zum Referendum an sich. Des Weiteren fand ich es falsch, dass Cameron seinen persönlich Ehrgeiz Premier zu werden über das Wohl des Landes gestellt hat. Ohne das Referendum wäre er nicht Premier geworden und ein Votum anzukündigen, um die konservative Unterstützung zu gewinnen und dann aber für den Verbleib zu werben, also gegen das Votum, ergibt nicht wirklich einen Sinn. Wenn man für den Verbleib ist, hätte man sich das Votum sparen können.
Durch die Medien gewann man den Eindruck, als das sich viele Treiber der Brexit-Bewegung aus der Verantwortung gestohlen haben. Einige sind gegangen, anderen wollen nicht Premier werden, aber sind zumindest Außenminister. Haben aber dennoch den Kopf aus der Schlinge gezogen. Wenn ich für etwas einstehe, muss ich danach auch grade dafür stehen. Im Allgemeinen bin ich deshalb etwas enttäuscht von der "Führungsqualität" der britischen Politikerelite. Persönlich bin ich doch von mehr Substanz und Format ausgegangen.
Generell, denke ich, dass sich die Lage etwas entspannen wird und man dann versuchen wird, das Ergebnis des Votums konstruktiv umzusetzen. Denn zu Schaden kommen können letztendlich beide Partein. Vorallem Deutschland ist sicher weiterhin an einem kaufkräftigen England interessiert.
Den Schotten wünsche ich viel Erfolg für ihre Unabhängigkeit. Vll bewegt sich sogar etwas in Irland.
Die Menschen müssen verstehen lernen, warum die EU wichtig ist und dass die EU sehr viele Vorteile hat. Mehr als Nachteile. Machtpolitisch, sicherheitspolitisch und volkswirtschaftlich macht es mehr als Sinn, ein geeinteres, vll. sogar eines Tages geeintes, Europa zu haben. Will man die nächsten 50 oder 100 Jahre mitgestalten und den Wohlstand hier halten ist das oberste Priorität. Das ist Fakt. Asien holt auf, die USA werden in Relation schwächer werden und es braucht einen stärkeren Westen, vorallem Europa, will man in Zukunft ein gutes und vorallem friendliches Leben hier haben. Es braucht starke, reale und geeinte Machtpolitik.
Kritiker sagen, man kann diese Vorteile auch alle haben, ohne sich zusammenzuschließen. Jeder kann national bleiben und mit Abkommen können man die Vorteile trotzdem abschöpfen. Das wird nicht gelingen, weil man viele Teile hat und keine Metaebene die diese Teile koordiniert. Eine gewisse Zentralisierung ist von Nöten. Wäre diese Ebene nicht vorhanden, so will jeder bei Abkommen etwas anderes und es entsteht ein enormer Aufwand und eventuell kann sich keiner einigen. Die Geschichte hat schon oft gezeigt, dass man gemeinsam mehr erreichen kann. Gerade wir Deutschen sollten das nicht vergessen. Unsere Geschichte ist geprägt von Beispielen, in denen uns Einigkeit immer geholfen hat. Volkswirtschaftlich muss man gar nicht diskutieren, denn Abbau von Grenzen und Hürden zahlt sich immer aus, solange alle Parteien auf Augenhöhe sind.
Man ist so vernarrt von seiner Nationalität. Warum ist denn ein Franzose oder Deutscher so besonders? Oder die Briten auf ihrer Insel? Warum machen Menschen ihren Mißerfolg und ihre Unausgeglichenheit im Leben an dem Dasein anderer verantwortlich? Ich vermisse schmerzlichst die Leistungskultur und die Kritik an sich selbst. Vorallem bei jungen Menschen.
Wenn wir schon besonders sein wollen, können wir dann nicht als Europäer besonders sein? Und nicht als Deutsche, Franzosen, Briten, Italiener oder Spanier? Wenigstens das zum Anfang wäre schön um ein positives Vorbild für die Zukunft abzugeben.
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(15.07.2016, 12:06)hunter1 schrieb: Warum ist dieser Einfluss gefährlich?
Weil wir hinnehmen müssen, dass durch den demografischen Wandel in zunehmenden Maße auch strategische Entscheidungen von Personen getroffen werden, die in abnehmenden Maße von diesen Entscheidungen betroffen sind. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weniger langfristige Perspektiven als vielmehr kurzzeitige Effekte relevante Kriterien einer Wahl werden. Ich halte dies bei den Herausforderungen, denen wir uns zwangsläufig im Laufe des Jahrhunderts stellen müssen, für problematisch, weil nur ein vernünftiger Mix der Interessensgruppen, und damit auch einer Durchmischung beim Alter, eine stabile gesellschaftliche Basis bilden.
Davon ab ist es sicherlich nicht per se schlecht, konservativer zu werden. Intoleranter zu werden erachte ich hingegen in keiner Weise als positiv.
(15.07.2016, 12:09)Mitleser schrieb: Was ich gar nicht so verkehrt finde, die sind anfälliger für Manipulation. Da staunt man manchmal, wenn man merkt dass einige tatsächlich glauben man hätte früher keinen Urlaub machen können wegen der Grenzen. Das ist doch reine Polemik, gerade die Brexitwahl und mit ihr die Manipulationen von beiden Seiten und für alle Altersschichten sollte dies recht deutlich gemacht haben.
(15.07.2016, 14:03)Helios schrieb: (15.07.2016, 12:06)hunter1 schrieb: Warum ist dieser Einfluss gefährlich?
Weil wir hinnehmen müssen, dass durch den demografischen Wandel in zunehmenden Maße auch strategische Entscheidungen von Personen getroffen werden, die in abnehmenden Maße von diesen Entscheidungen betroffen sind. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weniger langfristige Perspektiven als vielmehr kurzzeitige Effekte relevante Kriterien einer Wahl werden. Ich halte dies bei den Herausforderungen, denen wir uns zwangsläufig im Laufe des Jahrhunderts stellen müssen, für problematisch, weil nur ein vernünftiger Mix der Interessensgruppen, und damit auch einer Durchmischung beim Alter, eine stabile gesellschaftliche Basis bilden. ...
Ich erlebe es eher so, dass die jüngeren Leute sich offen halten auszuwandern wenn es ihnen nicht mehr passt. Ältere Leute sind sesshafter. Inwiefern sollten also jüngere Leute von der Entscheidung betroffener sein ?
Abgesehen davon missfällt mir die kleinkarierte Art, wie mit dem Thema umgegangen wird. Wenn das Egebnis nicht passt war es zu knapp oder es sind die falschen Leute wählen gegangen, wäre es das Wunschergebnis, würde jeder der sich jetzt beschwert von einer klaren demokratischen Entscheidung sprechen.
Was auch wieder zeigt, dass Demokratie an sich definitv an Wertschätzung verloren hat weil die Leute einfach zu verwöhnt sind. Allein die Lässigkeit mit der davon geredet wird, das Wahlrecht passend einzuschränken ist atemberaubend. Diese Haltung wird uns alle noch teuer zu stehen kommen.
Mit welchem Recht wollen so verantwortungslose Leute über andere entscheiden ?
Es geht bei Wahlen um Interessen, und die Briten auf ihrer Insel mit ihrer USA-Bindung sind in einer anderen Lage als die Deutschen. Zumal die Deutschen mit ihren schrägen Vorstellungen eines Zuchtprogramms für Europa wohl das Zünglein an der Waage waren, da sollten sie jetzt mal gepflegt schamhaft im Boden versinken statt zu stänkern.
Nur was die angebliche EU-Bürokratie angeht werden die Exiteers sich noch wundern, denn ohne einheitliche Regeln für Patente und ja, auch Gurken usw, gibt es natürlich viel mehr Papierkram
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Helios¨ schrieb:Weil wir hinnehmen müssen, dass durch den demografischen Wandel in zunehmenden Maße auch strategische Entscheidungen von Personen getroffen werden, die in abnehmenden Maße von diesen Entscheidungen betroffen sind. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass weniger langfristige Perspektiven als vielmehr kurzzeitige Effekte relevante Kriterien einer Wahl werden. Dem kann ich nur zum Teil zustimmen. Während es wohl stimmt, dass man sich typisch für seinen eigenen "Kontext", d.h. für die Welt, in der man aufgewachsen/geprägt worden ist, verhält und entsprechend abstimmt (also als alter Mensch für eine vergangene Welt), hat die ältere Generation auch den Vorteil, länger dabei gewesen zu sein und die Entwicklungen von Anfang an miterlebt zu haben. So ist es denkbar, dass man als Rentner zu einem anderen Urteil kommt, als ein Jugendlicher, der nie etwas anderes gekannt hat (im Bezug auf die EU).
Zudem finde ich es schade, die älteren Wähler alle als egoistisch und kurzsichtig zu pauschalisieren. Die haben auch Kinder und Enkel, denen sie (vielleicht) ein besseres Leben ermöglichen wollen.
Zitat:Davon ab ist es sicherlich nicht per se schlecht, konservativer zu werden. Intoleranter zu werden erachte ich hingegen in keiner Weise als positiv.
Für mich zieht eine konservative Haltung automatisch intolerantes Verhalten nach sich. Irgendwas muss man ablehnen, um etwas bewahren/schützen zu können. "Konservativ" heisst für mich nicht "rückständig", "altmodisch" o.ä., sondern eben, dass man einen bestimmten Status Quo bewahren will.
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Knapp 40% der jungen Wähler haben sich für den Brexit entschieden. Die Mehrheit der Jungwähler ist nicht einmal zur Wahl gegangen. Sie haben sich somit dafür entschieden die Entscheidung anderen zu überlassen oder ihnen war es schlichtweg egal. Das bedeutet daß nur etwa 30% der Jungen sich klar für die EU ausgesprochen haben. Dies ist alles andere als ein klares Votum. Wenn man dann noch die einseitige Propaganda pro EU mit einbezieht fällt das Ergebnis noch katastrophaler für die EU aus.
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(15.07.2016, 19:51)hunter1 schrieb: Zudem finde ich es schade, die älteren Wähler alle als egoistisch und kurzsichtig zu pauschalisieren. Die haben auch Kinder und Enkel, denen sie (vielleicht) ein besseres Leben ermöglichen wollen.
Auf der einen Seite erwähnst du, dass man auf die älteren Mitbürger und deren Bedürfnisse eingehen muss, auf der anderen Seite unterstellst du eine pauschalisierte Bewertung als egoistisch und kurzsichtig, wenn ich darauf Hinweise, dass der Einfluss der demografischen Entwicklung auf politische Entscheidungen zu einem stärkeren Fokus auf die älteren Mitbürger und deren Bedürfnisse führt. Davon abgesehen bin ich nicht der Meinung, dass die älteren Wähler egoistisch denken, sondern dass ein ähnlicher Anteil in allen Bevölkerungsschichten eher an der persönlichen Perspektive interessiert ist, als an einer gesamtgesellschaftlichen.
Zitat:Für mich zieht eine konservative Haltung automatisch intolerantes Verhalten nach sich. Irgendwas muss man ablehnen, um etwas bewahren/schützen zu können. "Konservativ" heisst für mich nicht "rückständig", "altmodisch" o.ä., sondern eben, dass man einen bestimmten Status Quo bewahren will.
Ich will jetzt hier keine Toleranzdiskussion vom Zaun brechen, aber meiner Meinung nach kann man konservativer in seinen Ansichten werden, ohne deswegen zwangsläufig intoleranter zu werden, weil das Bewahren des Einen nicht das Erweitern um etwas Anderes ausschließen muss. Allerdings hat bei mir Intoleranz zur Zeit sowieso einen sehr starken persönlichen Bezug, den ich fälschlicherweise in deine Worte hineingelegt habe.
(15.07.2016, 20:59)frieder75 schrieb: Knapp 40% der jungen Wähler haben sich für den Brexit entschieden. Die Mehrheit der Jungwähler ist nicht einmal zur Wahl gegangen. Sie haben sich somit dafür entschieden die Entscheidung anderen zu überlassen oder ihnen war es schlichtweg egal. Das bedeutet daß nur etwa 30% der Jungen sich klar für die EU ausgesprochen haben. Dies ist alles andere als ein klares Votum. Wenn man dann noch die einseitige Propaganda pro EU mit einbezieht fällt das Ergebnis noch katastrophaler für die EU aus.
Ach bitte, diese Polemik ist hier doch wirklich Fehl am Platze. Weder sind die statistischen Spielereien irgendwie zielführend (denn nach diesen kann man auch sagen, dass sich lediglich 37,8% explizit für einen Austritt ausgesprochen haben), noch gab es eine einseitige Propaganda pro EU (auffälliger waren auf jeden Fall die Brexit-Befürworter, gelogen wurde auf beiden Seiten).
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Helios schrieb:Auf der einen Seite erwähnst du, dass man auf die älteren Mitbürger und deren Bedürfnisse eingehen muss, auf der anderen Seite unterstellst du eine pauschalisierte Bewertung als egoistisch und kurzsichtig, wenn ich darauf Hinweise, dass der Einfluss der demografischen Entwicklung auf politische Entscheidungen zu einem stärkeren Fokus auf die älteren Mitbürger und deren Bedürfnisse führt. Davon abgesehen bin ich nicht der Meinung, dass die älteren Wähler egoistisch denken, sondern dass ein ähnlicher Anteil in allen Bevölkerungsschichten eher an der persönlichen Perspektive interessiert ist, als an einer gesamtgesellschaftlichen. Den ersten Teil verstehe ich nicht. Ich unterstelle nicht, dass eine Pauschalisierung der älteren Generation kurzsichtig und egoistisch sei, sondern dass es falsch sei, die ältere Generation pauschal als kurzsichtig und egoistisch darzustellen.
Den zweiten Teil kann ich nachvollziehen. Ich verstehe Dein Argument jetzt.
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(18.07.2016, 09:41)hunter1 schrieb: Den ersten Teil verstehe ich nicht. Ich unterstelle nicht, dass eine Pauschalisierung der älteren Generation kurzsichtig und egoistisch sei, sondern dass es falsch sei, die ältere Generation pauschal als kurzsichtig und egoistisch darzustellen.
Es ist vielleicht etwas kompliziert von mir formuliert, aber genau darauf will ich ja hinaus. Du kannst doch nicht auf der einen Seite ausdrücken, dass man auf die älteren Mitbürger und ihre Bedürfnisse eingehen muss, auf der anderen Seite aber kritisieren, wenn ich befürchte, dass es zu einer Fokusbildung auf die älteren Mitbürger und deren Bedürfnisse kommt. Ich unterstelle nicht, dass diese Bevölkerungsgruppe egoistischer ist als andere, sehe aber auch nicht, warum sie weniger egoistisch sein sollte. Und das eine egoistische Sichtweise auf die Gesellschaft mit zunehmendem Alter zwangsläufig kurzsichtiger wird liegt in der Natur der Sache.
Oder anders ausgedrückt: wir hatten in meinen Augen bis Ende der neunziger Jahre ein auf die Altersgruppen bezogen ein relativ ausgewogenes Meinungsbild. Das kippte mit Aufkommen der neuen Medien immer mehr Richtung Jugend, weil die deutlich stärker in diesem Bereich aktiv waren und es von da auch in traditionelle Medien überschwappte. Eine Folge davon war die sehr liberale Entwicklung der letzten Jahre bei vielen gesellschaftlichen Themen. Ältere Generationen fühlten sich weniger Verstanden, weniger Vertreten, was wiederum in einen stärkeren Konservatismus mündete. Und dies drückt sich eben in den Wahlergebnissen aus, auch, weil die Jüngeren zu großen Teil lieber im Internet quatschen oder auf der Straße demonstrieren als in den Wahllokalen für ihre Interessen einzustehen. Noch könnten sie es, durch die demografische Entwicklung wird allerdings auch das immer schwieriger.
Im Brexit hat diese Situation in meinen Augen nun auch die ersten langfristigen Konsequenzen, weil die Entscheidung eben eine für Jahrzehnte sein wird. Dabei halte ich sie gar nicht so sehr als Ausdruck gegen die EU, wie dies teilweise suggeriert wird, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil auch als Ausdruck einer gefühlten Entfremdung ganzer Personenkreise vom Leitbild unserer Gesellschaft, so wie es in den Medien transportiert wird. Glücklich kann mit der Situation auf Dauer niemand sein, nur will sie offensichtlich auch niemand ändern. Stattdessen überlässt man Populisten das Feld.
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Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie man diese Situation ändern sollte, außer indem man Älteren das Wahlrecht entzieht oder ihr Stimmrecht mit jedem Jahr prozentual verringern würde. Und beide Maßnahmen wären höchst undemokratisch und verfassungsfeindlich. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass der Brexit ein Fehler war und die Jungen gegen ihren Mehrheitswillen drunter leiden müssen. Was aber wenn der Brexit sich nicht als Fehler entpuppt, sondern genau das Richtige wahr und UK nun den möglichen Untergang der EU nicht mitfinanzieren und daran teilnehmen muß? Dann nämlich hätte die Mehrheit der konservativen und erfahreneren Alten die Jugend vor einem bösen Fehler bewahrt.
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