Zitat:Die Wehrmacht war eine Massenarmee und dennoch für ihre Auftagstaktik und ihren professionellen Einsatz von Artilleriebeobachtern und Luftwaffenverbindungsoffizieren bekannt.
Die Wehrmacht ist militärisch eine Ausnahmeerscheinung. Und trotzdem ist auch bei der Wehrmacht die Auftragstaktik im Verlauf des Krieges herunter gekommen.
Mit jedem Kriegsjahr verlor die Wehrmacht an Fähigkeiten und Qualität. Ab 1942 gingen immer mehr Einheiten wieder zur Befehlstaktik über, schlicht und einfach weil der Ersatz nicht mehr über die notwendige Ausbildung verfügte.
Am Anfang des Krieges waren selbst viele MG Schützen in der Wehrmacht derart gut ausgebildet, daß sie Ballistisch ! über die eigenen Truppen hinweg präzise gegnerische Stellungen bekämpfen konnten. Die Artilleriebeobachter konnten weiter hinter stehenden MG Trupps dafür die Koordinaten geben und so war es selbst den MG Trupps möglich präzises Unterstützungsfeuer zu geben.
Das sind militärische Fertigkeiten gewesen sie selbst heute keine Armee mehr hat. Und sie gingen im Kriegsgeschehen rasch verloren. Schon 1942 hörte der Einsatz von MG auf diese Weise auf. Nicht weil er sich nicht bewehrt hätte sondern weil einfach das Können dafür verloren ging.
Die Auftragstaktik ist eine Besonderheit der Reichswehr. Nicht die Wehrmacht sondern die Reichswehr war der Entwickler der Auftragstaktik und meiner Ansicht nach eine der besten Armeen aller Zeiten was das Können der Soldaten angeht. In der Wehrmacht wurden dann die ungeheuren militärischen Fähigkeiten der Reichswehr zunehmend verwässert.
Zitat:Währ dumm wenn diese Erfahrungen nicht auch in der Bundeswehr Bestand hätte
Diese Erfahrungen haben aber leider in der Bundeswehr eben keinen Bestand. Die Bundeswehr ist rein vom handwerklichen Können der Soldaten her schlechter als die Wehrmacht. Und das obwohl die Kriege und die Technologie sich weiter entwickelt haben.
Bei der Gründung der Bundeswehr gab es noch viele Veteranen des Krieges, aber selbst da hatte die Bundeswehr bei weitem nicht mehr das extreme Niveau der Reichswehr vor dem Kriege.
Seitdem ist die Bundeswehr militärisch immer weiter degeneriert.
Zitat:Im Tschetschenienkrieg konnte mann sich ja von der russischen Präzision und der Fähigkeit feindliche *Artillerieverbände* zu bekämpfen überzeugen. Es wurden ganze Städte zertrümmert, die eigenen Verluste waren trotzdem enorm.
Es gab zwei Tschetschenienkriege. Im Ersten Tschetschenienkrieg waren die Verluste im Kampf um Grosny enorm. Dabei wurde aber die Stadt gerade eben nicht zertrümmert.
Gerade aus den Erfahrungen dieses Krieges heraus entwickelte man eine neue Vorgehensweise und setzte dann im Zweiten Tschetschenienkrieg auf massiven Artillerieeinsatz und zertrümmerte damit die Stadt.
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Der Einsatz der Artillerie in Tschetschenien hat aber mit der Strategie und gedachten Einsatzweise der Artillerie der Sowjetunion nichts zu tun. Es handelt sich dabei um eine neues Konzept das erst aufgrund der Erfahrungen des ersten Tschetschenienkriegs entwickelt wurde.
Noch darüber hinaus hatten die Tschetschenen keine Artillerieverbände die von der russischen Artillerie hätten bekämpft werden können. Die Tschetschenen setzten primär auf eingegrabene Infanterie die mit Panzerabwehrwaffen das Vordringen in den Städten extrem schwierig machte.
Zitat: In allen nach Sowjetvorbild ausgebildeten und ausgerüsteten Armeen, sei es Vietnam oder Ägypten, ist massierte Artillerievorbereitung charakteristisch. Deren Wirksamkeit ist aber immernoch ein gutes Stück Glückssache
Die Ägyptische Artillerie war sehr wirksam, ebenso wie die russischen SAM die die Ägypter einsetzten. Das hatte mit Glück nichts zu tun.
Ganz im Gegenteil:
Gerade die Russische Artillerie Doktrin geht nicht von Glück aus sondern von der Annahme das Krieg eine reine nüchterne Wissenschaftliche Angelegenheit ist. Man feuert gerade eben nicht blindlings vor sich hin sondern legt exakte Gebiete fest die dann mit einer ganz bestimmten Menge Munition auf eine ganz bestimmte Weise beschossen werden.
Gerade die Steifheit dieses Vorgehens das auf vorher festgelegten Berechnungen beruht ist sogar ein Fehler, eine Schwäche der russischen Artillerie.
Gerade die russische Artillerie folgt überpräzisen Vorschriften und Normen die jede Handlung bis ins kleinste Detail festlegen.
Zitat:Ich vermute dass die Russen inzwischen flexibelisieren. Deine Counterartillery-Theorie halte ich aber für fehl am Platz
Du scheinst hier die Zeiten durcheinander zu werfen. Die Russische Artillerie hat sich immer wieder weiter entwickelt:
Ich habe klar und exakt Drei Zeiten und Drei verschiedene Konzepte unterschieden:
1 die Art des Artillerieeinsatzes im Zweiten Weltkrieg durch die Rote Armee wo die Zerschlagung der Hauptkampflinie des Gegners Prioritär war
2 das Konzept der Sowjetunion im Kalten Krieg wo die Niederkämpfung der Gegnerischen Artillerie und der Schlag in die Tiefe des Gegnerischen Raumes in den Vordergrund traten
3 Das heutige Konzept das sich aus den Tschetschenienkriegen heraus entwickelt hat bei bestimmte Gebiete in der Tiefe des Raumes mit massivem Feuer zerschlagen werden. Dabei ist das Gebiet selbst das Ziel und nicht mehr wie unter 2 bestimmte gegnerische Einheiten oder Einrichtungen sondern die Fläche im Allgemeinen
Zitat:Denn um die beweglichen NATO-Panzerhaubitzen zu verfolgen benötigt man Gefechtsfeltradar, Drohnen oder todesmutige Spähpanzerpanzerbesatzungen...
Man muß hier wieder zwischen den heutigen Möglichkeiten und denen im Kalten Krieg klar unterscheiden. Früher hatten weder die NATO noch die Sowjetunion auch nur ansatzweise die heutigen Aufklärungsmittel.
Gerade deshalb war die sowjetische Artillerie numerisch so groß. Auch ohne Gefechtsfeldradar und Drohnen (die es nicht gab) kann man gegnerische Artillerie aufspüren und mit Feuer belegen.
Gerade die Bodenaufklärung an der Front oder hinter der Front des Gegners hatte deshalb für die Sowjets eine besonders große Bedeutung. Deshalb ja gerade eben die große Zahl an Spionen, Sondereinheiten, Fernspähern, Fallschirmjägern usw
Die Sowjets hatten eine Menge Todesmutiger Aufklärungstruppen, aber keine Spähpanzerbesatzungen sondern Infanterie. Es gab ganze Regimenter sogenannter Bodenaufklärungstruppen und insbesondere auch die Speznaz waren dafür gedacht.
Zitat:im Tschetschenienkrieg, besonders im ersten, kamen Taktiken der sowjetischen Armee kaum zum Einsatz........
Es ist nur als Beispiel gut wie schnell fehlgeleitete Politik und eine kranke Gesellschaft auch Kampfwert der Armee gegen Null führen.
So ist es.
Auch das hatte ich schon ausgeführt, daß die Russische Armee im Ersten Tschetschenienkrieg weit hinter ihr Niveau zurück gefallen ist. Selbst die einfachsten Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges im Kampf um Städte wurden nicht mehr beachtet.
Gerade deshalb waren die russischen Verluste so hoch.
Es gibt auch heute noch einen deutlichen Bruch zwischen den Vorgehensweisen der Armee zur Zeit der Sowjetunion und der Kampfweise der Russischen Armee heute.
Das Vorgehen russischer Soldaten in Afghanistan und heute in Tschetschenien unterscheidet sich insbesondere bei der Verwendung der Artillerie in einigen Punkten. Die sowjetische Artillerie agierte präzise und durchdacht, heute wird hingegen relativ blind um sich geschossen.