Weißrussland
#29
Einfach so passiert nichts, das ist eine mehr oder minder triviale Feststellung, denn letztlich ist alles eine bewirkte Wirkung und kausal verursacht, auch wenn die genaue Zurechnung nicht immer einfach ist oder gar zur Gänze vorgenommen werden kann.

Aber wieso kommt es denn zu diesem Preisanstieg und wieso denn nun dieses "einfach" von mir?
Belarus ist mit der engste Verbündete Russlands, gleichwohl Lukaschenko vielen in Moskau zu unabhängig und zu machtgierig ist. Trotzdem, wieso bekommt Belarus nun denselben "Marktpreis" diktiert wie das verfeindete, zum Westen übergelaufene Georgien (das man erst vor 2 Monaten mit krieg drohte, falls es Russland weiter provoziert) oder wie der reiche Westen? Belarus ist nicht derart reich und es ist schon mehrfach auch in diesem Thread darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich die weißrussische Wirtschaft nur aufgrund ihrer Abschottung, ihrer engen Anlehnung an Russland und eben wegen den billigen Ressourcenpreisen halten kann. Wieso dann kommt es also "einfach" zu diesem derartigen offensichtlichen Affront und feindlichen Akt Russlands, das unter Umständen gar Lukaschenkos ganzes Regime bedrohen könnte.
Denn Lukaschenko lebt davon, dass er das Land und die älteren, die sonstigen Wendeverlierer im Osten Europas, mit seiner künstlich aufrechterhalteten Wirtschaft einigermaßen gut versorgen kann.

Wieso also dann nun diese Ereignisse?
Zwei Erklärungen:
Zum einen geht es darum, Macht seitens des Kremls zu präsentieren und den Vasallenstatus Lukaschenkos aller Welt, und vor allem ihm selbst auch, klar zu machen. Er soll auf den Stand eines Moskau-getreuen Vasallen reduziert werden und der Gaspreishebel ist eine effektive und durchgreifende Maßnahme und Wirkweise, um dies zu erreichen. Es soll klar sein, wer am längeren Hebel sitzt.
Zudem verweise ich jetzt nochmal auf den zweiten Teil des Gaspromangebots. Dieser fand sich u. a. (zumindest hab ich ihn dort gelesen) in mehreren Spon-Artikeln. Der Preis von 200Dollar ist für ein Land wie Belarus nicht zahlbar, aber 80 Dollar pro 1000 Kubikmeter mögen schon eher noch erträglich sein. Nur, Gasprom gelangt so in den Vollbesitz der Pipelines, denn der weißrussische 50% Anteil an der Pipelinebetreiberfirma Beltransgaz ginge in dem Fall an Gasprom und Gasprom würde soch so absichern gegen eventuelle Maßnahmen von belarussischer Seite. Immerhin gehören heute die Pipelines, die Gas nach Westeuropa bringen, immer noch zu einem Teil Belarus. Mit der Übertragung der Staatsanteile an Gasprom, wären auch die Pipelines in alleinigem Besitz Gasproms und damit allein dessen Verfügung unterstellt. Sehr interessant, wenn man bedenkt, dass die EU-Kommision im Gegenzug für die Öffnung des westeuropäischen Verbrauchermarktes für Gasprom die Öffnung russischer Gasfelder und russischer Leitungen für westliche Betreiber fordert, sozusagen als Vollliberalisierung des gesamteuropäischen Gasmarktes. Hier will Gasprom wohl vorbauen, indem es nun auch so viele Pipelines wie möglich unter seine Kontrolle bringen will um so eventuelle Mitbewerber entweder völlig auszuschließen oder sie nur unter seinen Bedingungen zur Mitarbeit zuzulassen.
Ich sehe wie gesagt hier den russischen Versuch am Werk ein völliges Gasmonopol vom Gasfeld bis zum Endverbraucher zu errichten und Belarus ist eben ein weiteres Opfer dieses Versuches.

Zur Untermauerung meiner Position folgender Artikel von Spon:
Zitat:Nervenkrieg zwischen Moskau und Minsk
Die weißrussische Delegation ist Gasprom im Streit um die Vertragsbedingungen für weitere Lieferungen weit entgegengekommen. Doch Moskau bleibt misstrauisch: Solange der Vertrag nicht unterschrieben ist, läuft das Ultimatum - zum Jahreswechsel wird der Gashahn zugedreht.
Quelle:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,457197,00.html

Wichtig ist u.a. folgende Passage meiner Meinung nach:
Zitat:Ein wesentlich größeres Zugeständnis dürfte aber in der Bereitschaft liegen, die Hälfte der staatlichen Gastransportfirma Beltransgas für 2,5 Milliarden Dollar an Gasprom abzutreten. Der russische Gasriese würde damit nämlich die Kontrolle über einen wichtigen Transportweg erlangen, Weißrussland dagegen wäre in Zukunft den Forderungen des großen Nachbarn ausgeliefert, ohne ein Druckmittel zur Gegenwehr in der Hand zu halten.
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