Wie sich Deutschland von Frankreich entfernt
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(02.09.2022, 15:04)voyageur schrieb: Ich denke hier wird das Pferd von hinten auf gezâumt. Der erste Schritt wäre ein "buy Europa akt", Länder die woanders einkaufen gehen können doch nicht über die Exporte anderer Länder entscheiden.

Das allgemeine Desinteresse an einer tatsächlich europäischen Souveränität, zu der natürlich auch die Bereitschaft und der Wille gehört, europäische Produkte und Projekte zu bevorzugen, habe ich ja bereits erwähnt. Das ist kein spezifisch deutsches Problem, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch ganz Europa. Ich halte es aber für zu eindimensional gedacht, wenn sich erst das ändern soll, bevor es einheitliche Exportvorgaben geben darf. Denn letztlich sind diese durchaus auch ein Entscheidungskriterium für genau die Beschaffungsvorhaben, die es zu verändern gilt.

Insofern braucht es einen ganzheitlichen Ansatz, einen Zusammenschluss der Länder, die es hinsichtlich der europäischen Souveränität tatsächlich ernst meinen und bereit sind, dafür auch Opfer auf nationaler Ebene zu bringen. Das muss zwingend Hand in Hand gehen, denn zu erwarten, dass sich erst das Kaufverhalten ändern soll, bevor man selbst bereit ist, die eigene Rüstungsindustrie bzw. das Verhältnis von Politik und Rüstungsindustrie zu reformieren, ist nichts anderes als eine weiterhin rein nationalistisch ausgelegte Denkweise davon, was europäische Souveränität tatsächlich bedeutet.

Zitat:Dann aber Twister ins Spiel zu bringen, da versteh ich gar nichts mehr. Twister war ja als Arrow 3 Konkurrenz aufgesetzt. Und wenn ich Arrow 3 kaufe brauche ich kein Twister mehr.

Zwischen Twister, Hydef und Arrow 3 gibt es Schnittpunkte, aber direkte Konkurrenz sind die jeweils nicht zueinander. Zum einen handelt es sich um unterschiedliche Programmzusammensetzungen, beispielsweise geht es bei Twister ja auch eine weltraumgestützte Aufklärung und Frühwarnung. Zum anderen besitzen die Systeme unterschiedliche Leistungsschwerpunkte, bei Twister ist beispielsweise ein endo-atmosphärischer Effektor vorgesehen, Arrow 3 hingegen ist ein exo-atmosphärischer Effektor, und Hydef wird auch BMD-tauglich, soll aber den Schwerpunkt auf die Abwehr von Hyperschallflugkörpern legen. Daneben besteht auch noch eine zeitliche Problematik, die beiden zum Teil in Konkurrenz zueinander stehenden europäischen Projekte werden erst ab Mitte der 2030er Jahre zur Verfügung stehen, Arrow 3 hingegen könnte relativ zeitnah in Dienst gestellt werden und langfristig als zusätzliche Ebene zu einer rein europäischen Luftverteidigung dienen, sofern man es nicht als reine Übergangslösung sehen möchte.

Das diese Übergangslösungen unökonomisch sind ist dabei klar, nur lässt sich das Dilemma der kurzfristig benötigten Verteidigungsfähigkeit nicht anders lösen, sofern man mittelfristig eine europäische Souveränität anstrebt. Ob das nun einer Nation gefällt oder nicht, darf dabei keine Rolle spielen. Wie der Artikel zeigt, ist aber genau das der Fall, und das ist in meinen Augen tatsächlich ein Problem.
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RE: Wie sich Deutschland von Frankreich entfernt - von Helios - 02.09.2022, 16:49

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