(Allgemein) Vergleich des United States Marine Corps (USMC) mit der Bundeswehr
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(04.11.2021, 22:58)Quintus Fabius schrieb: Wenn man nun festhält, dass die Bundeswehr andersherum bestimmte Fähigkeitsbereiche abdeckt welche das USMC nicht hat, dann muss man doch umgekehrt ebenso festhalten, dass die Bundeswehr dafür wiederum in anderen Bereichen deutlich schwächer ist oder diese gar nicht zur Verfügung hat. Deshalb finde ich es halt einfach falsch zu erklären, dass das USMC keine vollumfängliche Armee sei. Denn dann ist auch die Bundeswehr und der Gros aller Armeen weltweit keine Armee im Sinne eurer Definition.

Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, es geht bei meinem Einwand nur darum aufzuzeigen, dass sich die Aufgaben einer Teilstreitkräft wie dem USMC signifikant von den Aufgaben unterscheiden, die an eine Armee gleicher Größe (Etat, Personalstärke, usw.) bereits in den Kernbereichen (beispiele habe ich genannt) üblicherweise gestellt werden. Das hat mit der Bundeswehr im Speziellen erstmal gar nichts zu tun, diese Vergleichsproblematik ist bei anderen Streitkräften genauso zu finden. Natürlich bedeutet eine Fokussierung auf bestimmte Aufgaben umgekehrt, dass dort bei gleichem Aufwand wesentlich bessere Fähigkeiten vorhanden sein können, das liegt in der Natur der Sache.

Zitat:Es gibt hier viele Szenarien in denen die Bundeswehr vollständig unfähig wäre und das USMC einen solchen Krieg (dieses jeweiligen Szenarios) auch ganz alleine führen könnte. (...) Hier wäre das USMC viel eher in der Lage ein solches Szenario vollständig eigenständig abzuarbeiten als die Bundeswehr es jemals könnte.

Das USMC würde nicht einmal in nenneswerter Zahl dahin kommen, wenn es nicht sowieso schon zufällig vor Ort wäre, könnte eigenständig nicht dauerhaft versorgt werden, selbst wenn es dort wäre, und wüsste im Vorfeld nicht, wie die Zustände sind. Es kann keinen Krieg alleine führen, es soll keinen Krieg alleine führen und es hat in der modernen Form (meines Wissens) auch noch nie einen Krieg alleine geführt, zumindest nicht auf einer Ebene, die über dem Wirken von kleinsten Strukturen (Spezialeinheiten) hinaus geht.
Die Bundeswehr besitzt zumindest die grundlegenden Fähigkeiten zur Aufklärung, zum Transport und zur Versorgung, ohne dass ich jetzt behaupten wolle, diese wären besonders ausgeprägt (quantitativ oder qualitativ). Und damit wir uns nicht falsch verstehen, ist das USMC erstmal im Einsatz (also auch entsprechend unterstützt durch die anderen Teilstreitkräfte), dann kann ich deine Einschätzung hinsichtlich der Fähigkeiten völlig nachvollziehen.

Mir ist auch klar worauf du insgesamt hinaus willst, über Fähigkeiten der Bundeswehr insbesondere auch im Verhältnis zum Personal und zum Etat haben wir hier ja schon ein paar Mal diskutiert (und ich etliche Beiträge mehr von dir nur gelesen), auch wenn ich in einigen Punkten grundsätzlich unterschiedlicher Meinung bin (bspw. Marine) kann ich dir sogar zustimmen. Ich finde nur den Vergleich mit dem USMC eben auf Basis einiger weniger Kennwerte unnötig.

Zitat:Ich finde daher die Aussage: strategische Fähigkeiten = Befähigung einen Krieg zu führen zu plakativ und zu ungenau

Ist sie auch, und ich habe ja auch prognostiziert, dass du genau das aufgreifen wirst. Wink

Zitat:Ernsthaft zu erklären die Bundeswehr habe AWACS und das USMC nicht ist doch wohl ehrlich gesagt etwas an der Realität vorbei. Die E-3A Flotte gehört genau so wenig zur Bundeswehr wie zum USMC.

Mit keinem Wort habe ich erwähnt, dass die Bundeswehr AWACS habe, aber die Bundeswehr finanziert einen Teil dieser Flotte und hat im Rahmen der Bündnisaufgaben Zugriff darauf, das USMC eigenständig nicht. Noch intensiver ist dies bei der MMU, wir finanzieren und betreiben die Maschinen gemeinsam mit Bündnispartnern, haben aber natürlich ein festes Kontingent (übrigens über die Hälfte der Gesamtflugstundenzahl der Flotte), auf das wir flexibel zugreifen können. Natürlich rechne ich nicht die Maschinen des Verbandes eins zu eins der Bundeswehr zu (wie kommst du darauf?), sondern nur die grundsätzliche Fähigkeit, die im USMC gar nicht vorhanden ist weil sie für die Aufträge nicht benötigt wird.
Die Zahl der KC-130 des USMC spiegelt letztlich diese unterschiedlichen Aufgaben wieder, und ja, die Fähigkeiten zur Luftbetankung in kleinräumigen Einsätzen sind (erwartungsgemäß) stärker ausgeprägt, das ist absolut unstrittig. Vorhanden ist diese Fähigkeit in der Bundeswehr allerdings eben, und tatsächlich ist die Basis dafür bei der Bundeswehr nicht die schlechteste - man bräuchte nur mehr als die zehn Rüstsätze, die aktuell eingeplant sind (nur zur Information).

Zitat:Das ist der eigentliche Punkt auf den ich hinaus will: wir verfolgen (immer noch) ein Konzept der Breite vor der Tiefe, welches dazu führt, dass wir zwar durchaus sehr viele verschiedene Fähigkeiten haben, welche das USMC nicht hat, dass aber die Tiefe dieser Fähigkeiten für einen Krieg unzureichend ist.

Genau diese Darstellung von Breite und Tiefe ist doch letztlich das, was ich mit dem Unterschied zwischen einer Teilstreitkräft und einer Armee gleicher Größe aufzeigen wollte, allerdings ohne dass ich eine Wertung dazu abgegeben habe.
Was die Wertung betrifft müsste man aber zuerst die Frage beantworten, die du gestellt hast:
"Und dann muss man sich fragen was für ein Krieg überhaupt, gegen wen und unter welchen Umständen?"

Zitat:Was an den extrem teuren aktuellen Beschaffungsvorhaben liegt

Zum Teil ja, was ja nur meine Aussage unterstützt, dass für einen sinnvollen Vergleich auch die finanziellen Daten erstmal bereinigt werden müssten, weil das einfache Gegenüberstellen "irgendwelcher" Zahlen ohne Berücksichtigung des Inhalts eben keine Aussagekraft besitzt. Der Anstieg unseres aktuellen Verteidigungshaushalts etwa geht primär auf Beschaffungen und Investitionen zurück, nicht auf die hier von dir erwähnten Punkte wie Personalkosten oder Versorgungsrücklagen.
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RE: Vergleich des United States Marine Corps (USMC) mit der Bundeswehr - von Helios - 05.11.2021, 10:24

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