(Allgemein) Vergleich des United States Marine Corps (USMC) mit der Bundeswehr
#8
Wenn ich jetzt hier anführe, dass ich mit taktischen Fähigkeiten solche zum Führen des Gefechts, mit strategischen jene zum Führen eines Krieges meine, besteht auch wieder die Gefahr, dass du das zu meinem Ungunsten missverstehst (unbeabsichtigt natürlich). Genauso wie ich hier ja keineswegs definiert habe, was eine Armee ausmacht oder welche Fähigkeiten eine vollumfängliche Armee besitzen muss, sondern lediglich anführte, dass sich die Aufgaben des USMC aufgrund seiner Rolle als Teilstreitkräfte deutlich von den Aufgaben einer Armee unterscheiden, und dementsprechend auch die Fähigkeiten unterschiedlich ausgeprägt sind, was insbesondere deutlich wird, wenn man Streitkräfte gleicher Größe oder mit gleichem Etat miteinander vergleicht.

Die großräumige Luftraumüberwachung und -sicherung, die Überwachung und Sicherung der Territorialgewässer und der maritimen Versorgungswege, die Langzeitaufklärung großräumiger Entwicklungen, den Lasttransport über große Distanzen, usw. gehören nicht zu den Aufgaben des US Marine Corps, und dementsprechend werden auch keine oder maximal rudimentäre Fähigkeiten in den entsprechenden Bereichen vorgehalten oder finanziert.
Natürlich kann man argumentieren, dass diese Aufgaben und dementsprechend auch die Fähigkeiten in diesen Bereichen entbehrlich sind, vielleicht sogar unnötig oder überflüssig - aber das ändert nichts daran, dass sie aktuell erhoben und entsprechend bereitgestellt werden und folgerichtig auch in der Bewertung berücksichtigt werden müssen.

Du hast Eingangs gefragt (wenn auch vermutlich eher rhetorisch):
"Wie kann es sein, dass das USMC mit einem deutlich kleineren Wehretat durchgehend immer deutlich leistungsstärker ist und mehr Kampfkraft liefert ? !!"

Die Antwort darauf habe ich versucht zu geben, es ist nicht so, also erübrigt sich die Frage. Deshalb halte ich auch deine These, die du ja noch einmal extra wiederholt hast, für missweisend:
"Die Kampfkraft die das USMC für sich allein (ohne die anderen Teilstreitkräfte) real einsetzen kann ist höher als die der Bundeswehr und das bei einem 10 Milliarden Euro pro Jahr geringeren Etat."

Im letzten Jahr betrugt der Unterschied im Übrigen weniger als 5 Mrd. Euro (41 Mrd. USMC gegenüber 45,7 Mrd. Bundeswehr), nicht dass das aufgrund der sonstigen Ausführungen eine große Rolle spielen würde.

(04.11.2021, 15:00)Quintus Fabius schrieb: Dafür verfügt das USMC über viele andere Fähigkeiten welche beispielsweise die Bundeswehr nicht hat, unter anderem eine sehr leistungsstarke Nahbereichsluftabwehr und dass was die Bundeswehr früher mal als Heeresluftabwehr hatte und jetzt nicht mehr hat. Wir haben also beispielsweise A400M und Patriot, dass USMC dafür hingegen sehr viel mehr schwere Transporthubschrauber, Kipprotorflugzeuge und Stinger.

Selbstverständlich, das liegt auch in der Natur der Sache. Man stelle sich vor, was für eine reine Luftstreitkraft man mit dem Budget der Bundeswehr auf die Beine stellen könnte, welche Fähigkeiten in dieser ausgeprägt wären, usw. Natürlich könnte man auch deinen Gedanken folgen und überlegen, was mit der Bundeswehr möglich wäre wenn bestimmte Aufgaben und dementsprechend auch Fähigkeiten wegfallen würden. An der Grundproblematik der Gegenüberstellung aufgrund aktueller Zahlen ändert das nichts.

Zitat:Die Fähigkeiten der Bundeswehr in diesem Bereich sind allenfalls marginal im Vergleich zu dem was das USMC hier mit der F-35 leisten kann.

Nein, sind sie nicht, im Gegenteil besitzt die Bundeswehr (bzw. wird im Rahmen der laufenden Beschaffung) Fähigkeiten besitzen, die weit über das Hinausgehen, was das USMC jetzt und in Zukunft in dem Punkt leisten kann. Ich spreche hier über die Verfügbarkeit von AWACS im Rahmen der Beteiligung an der NAEW&C Force Command, von der Beschaffung von PERSEUS, von der Verfügbarkeit von MPA, usw.. Darüber hinaus gehend besitzt die Bundeswehr auch weltraumgestützte Aufklärungsmittel in Form der Satelliten SAR-Lupe bzw. zukünftig SARah. Zur Großlagebilderstellung und Langzeitaufklärung, also alles das, was unter strategische Aufklärung fällt, ist das USMC nicht befähigt. Im Bereich der taktischen Aufklärung ist es der Bundeswehr überlegen.

Zitat:Die meisten Armeen weltweit haben keine strategischen Transport-Flugzeuge und je nach den Umständen werde diese auch gar nicht benötigt. Beispielsweise könnte die Bundeswehr ihren grundgesetzlichen Auftrag auch ganz ohne diese Flugzeuge erfüllen.

Das USMC kann seinen Auftrag allerdings nicht ohne die Bereitstellung dieser Fähigkeiten durch andere Teilstreitkräfte erfüllen. Wie herum man das auch dreht spielt dabei ja keine Rolle, die Fähigkeiten sind bei der Bundeswehr vorhanden und werden dort finanziert, beim USMC hingegen nicht, und dieser Umstand muss bei einem wie auch immer gearteten Vergleich berücksichtigt werden.

Zitat:Und Tankflugzeuge hat das USMC, und zwar aktuell 57 (und 79 wurden bestellt). Wieviele hat die Bundeswehr hier nochmal ?!

Die KC-130J des USMC ist aber nicht für großräumige, quantitativ ausgeprägte Unterstützung ausgelegt (um das Wort "strategisch" zu vermeiden), sie bietet dafür weder Reichweite noch Volumen, weshalb das USMC im Einsatz immer wieder auf die entsprechenden Fähigkeiten der US Air Force zurück greift. Die Bundeswehr wird neben den KC-130J des deutsch-französischen Geschwaders Zugriff auf die A330 MRTT der Multinational MRTT Unit haben und besitzt zudem entsprechende Rüstsätze für den A400M (der ja bereits seit zwei Jahren in dieser Rolle auch im Einsatz verwendet wird).
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RE: United States Marine Corps (USMC) - von Helios - 04.11.2021, 18:18

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