Seefahrt in vorchristlicher Zeit
#3
@Tiger

Danke dir für deinen Beitrag.

Ich werde anbei eine kleine Korrektur bei meiner vormaligen Gliederung vornehmen müssen. Die reinen Unterteilungen in Völker werden ich fallenlassen und stattdessen auf Zeiteinteilungen zurückgreifen. Dies deswegen, weil die Übergänge oft sehr fließend sind und sich deswegen keine klaren (ethnischen) Einteilungen vornehmen lassen. Eine Konzentration im Völker-Sinne wird indessen meinerseits vorgenommen werden im Falle des römisch-karthagischen und des griechisch-persischen Konfliktes. Ebenso werde ich (später) auf die innerrömischen Konflikte in der Endphase der Republik eingehen.

Kapitel 3: Der Zeitraum von 2.000 v. Chr. bis ca. 500 v. Chr.:

• ab 1.900 v. Chr.: Wanderungsbewegungen protogriechischer Stämme, Achäer und Ionier, nach dem heutigen Griechenland hinein. Bis ca. 1.400 v. Chr. nehmen sie alle griechischen Insel sowie das (noch) minoische Kreta in ihren Besitz.
• nach 1.600 v. Chr.: Die minoische Zivilisation wird durch einen Vulkanausbruch schwer getroffen. Mutmaßlich (die Wissenschaft streitet hierüber) führt der verheerende Ausbruch auf der Insel Santorin letztlich zum Untergang des Kulturvolkes (s. "minoische Eruption"). Die genaue Datierung des Ereignisses ist nicht ganz gesichert.
• nach 1.550 v. Chr.: Das neuägyptische Reich erneuert, nachdem es unter Pharao Ahmose die Hyksos-Herrschaft abgeschüttelt hatte, seinen maritimen Anspruch. Unter Königin Hatschepsut (gest. um 1480 v. Chr.) werden wieder rege Handelsverbindungen nach Punt begründet. Regelmäßiger Transport von Gold, Elfenbein, Edelhölzern und Weihrauch per Schiff.
• um 1.470 v. Chr.: Pharao Thutmosis III. lässt den Hafen Perunefer bei Memphis im Delta des Nils zu einem großen Flottenstützpunkt ausbauen. Bau von frühen Werftanlagen sowie von Lagerhallen zwecks Versorgung. In dieser Zeit bauen die Ägypter auch erste spezialisiertere Schiffe sowohl für das Rote Meer als auch für das Mittelmeer. Diese werden jedoch nicht nach Typen, sondern - soweit diese Einschätzung Überlieferungen gestatten - nach ihren Fahrtzielen kategorisiert (z. B. "Kreter" oder "Bibliten" [wenn sie nach Byblos fuhren]). Einen direkten Unterschied zwischen Handels- und Kriegsschiffen gibt es indessen noch nicht. Es handelte sich hierbei um einmastige Schiffe mit bis zu 30 Ruderern.
• um 1.300 v. Chr.: Die großen Handelsstädte an der libanesischen Küste, Ugarit, Byblos und Tyros (später auch Sidon), geraten zunehmend von der Landseite her unter Druck und Einfluss der Hethiter. Zugleich dringen über Westgriechenland einerseits und über Zypern andererseits die sog. "Seevölker" (Philister) in den östlichen Mittelmeerraum ein.
• um 1.300 v. Chr.: In diese Zeit fällt das sog. Schiffswrack von Ulu-Burun (vor der heutigen Südtürkei), es handelt sich um ein spätbronzezeitliches Handelschiff und das älteste bekannte Hochsee-Schiff, dessen Herkunft aber nicht genau gesichert ist. Berühmtes Fundobjekt ist ein Skarabäus der Nofretete, was auf Verbindungen nach Ägypten verweist. Ferner konnte Bernstein aus dem Ostseeraum nachgewiesen werden, was auf Handelsverbindungen dorthin hindeutet.
• ca. 1.250 v. Chr.: In diese Zeit wird im Allgemeinen die sog. "Argonauten-Sage" (Jason und die/seine Suche nach dem goldenen Vlies) verortet. Sie fällt interessanterweise damit mit dem Niedergang der spätmykenischen Kultur überein; möglicherweise ist sie a) eine reine Sage, die eher einen Hoffnungsschimmer enthalten soll, oder aber b) ein indirekter Hinweis darauf, dass es tatsächlich Kontakte nach dem Schwarzmeer-Gebiet gab (und die Sage spielt sich ja dort ab).
• um 1.230 v. Chr.: Zug der Griechen gegen Troja ("Trojanischer Krieg"). Laut dem sog. "Schiffskatalog der Ilias" sollen 1.000 Schiffe daran beteiligt gewesen sein, was aber kritisch betrachtet werden sollte. Es handelt sich quasi um die erste (mit Legenden behaftete) amphibische Operation der Weltgeschichte, da das gesamte griechische Heer mit Reiterei über die Ägäis gesetzt und angelandet wird.
• um 1.200 v. Chr.: Seeschlacht bei Zypern: Die Hethiter unter König Suppiluliumas II. besiegen eine Flotte der Seevölker. Es ist dies die erste größere Seeschlacht der Menschheit, die durch Aufzeichnungen (Tontafeln in Ugarit) überliefert und zumindest grob zeitlich fixierbar ist. Trotz dieses Sieges bricht das Hethiterreich jedoch im "Seevölkersturm" zu Lande zusammen.
• um 1.190 v. Chr.: Seeschlacht vor dem Nildelta: Die Ägypter unter Pharao Ramses III. besiegen eine Flotte der "Seevölker" entscheidend und wehren deren Angriff auf Ägypten damit endgültig ab. Es die zweite größere, durch Überlieferungen (ägyptische Stelen) datierbare Seeschlacht.
• um 1.100 v. Chr.: Die "Seevölker" sind zwar kurzfristig noch bestimmende maritime Handelsmacht im östlichen Mittelmeer, sie können sich zu Lande jedoch nicht durchsetzen und unterliegen spätestens um (oder vor?) 1.000 v. Chr. den gemeinsamen Angriffen von Ägyptern, Phöniziern, der Stadt Tyros und dem frühisraelischen Königreiche Davids. Die Reste der Philister gehen in den lokalen Bevölkerungen auf.
• nach 1.100 v. Chr.: In den nachfolgenden rund 300 Jahren werden die Phönizier dominierende Handels- und Seemacht im Mittelmeer. Sie bauen nicht nur die ersten Schiffe mit mehreren Ruderbänken übereinander, sondern befahren mit diesen auch den gesamten Mittelmeerraum bis nach dem heutigen Gibraltar. Ob oder inwieweit gar Vorstöße in den Atlantik stattfanden, hierüber herrscht Unklarheit bzw. streiten sich die Fachleute (?). Marinetaktisch interessant: Zudem erstes Auftauchen des Rammsporns in phönizischen Aufzeichnungen.
•ab ca. 1.100 v. Chr.: Sog. "dorische Wanderung" in der griechischen Welt des Altertums. Besiedlung Kretas, der Peloponnes und von Rhodos durch die Dorer. Die Ionier weichen stattdessen nach Chios und Samos aus. Spätachäische bzw. aiolische Gruppen besiedeln zudem die Westküste der heutigen Türkei zw. der Insel Lesbos und Halikarnassos. (Anm.: Die dorische Wanderung wird teils auch früher angesetzt; um 1.300 v. Chr.?)
•nach 1.000 v. Chr.: Die Phönizier gründen u. a. die Hafenstädte Panormus (Palermo), Karthago (814 v. Chr.), Gades (das heutige Cadiz), Stützpunkte auf Malta und das heutige Bizerta (damals Hippo). Sie unterhalten Handelsverbindungen nach dem sagenumwobenen Tartessos an der Mündung des Guadalquivir und bringen von dort Zinn, Blei, Eisen und Silber nach dem Nahen Osten. Im Gegenzug exportieren sie Sklaven, Purpur (Färbemittel, aus Schnecken gewonnen) und Zedern (aus dem Libanon). Um 960 v. Chr. (?) bauen Phönizier und Israel unter Salomo den Seehandel auch nach dem Roten Meer hin aus und betreiben dort zeitweilig Warenaustausch mit den Ägyptern (v. a. Perlen, Korallen und Salz).
• ab 900 v. Chr.: Die frühen griechischen Stadtstaaten (u. a. Ägina, Athen, Epidauros, Nauplia und Orchomenos) liegen mit anderen griechischen Städten (auf Euböa und in Thessalien) im Krieg. Möglicherweise geht es hierbei um die Vormachtstellung/den Führungsanspruch bezüglich der beginnenden griechischen Kolonisation. Über diese Konflikte ist aber sehr wenig bekannt - sie haben also im Ablauf einen hohen spekulativen Charakter -, als gesichert gilt indessen, dass die Griechen in dieser Zeit den metallbeschlagenen Rammsporn von den Phöniziern übernahmen.
• ab ca. 830 v. Chr.: Beginn der griechischen Kolonisation des Mittelmeerraumes. Diese überseeischen Besiedlungen konzentrieren sich v. a. auf den Schwarzmeerraum (Gründung von Sinope 812 v. Chr., von Byzanz 668 v. Chr. und von Trapezunt 756 v. Chr.) sowie auf das westliche Mittelmeer (hier Gründung von Syrakus 733 v. Chr., von Cumae [westitalienische Küste] 760 v. Chr., von Tarent 706 v. Chr. und von Messina 750 v. Chr.), da das östliche Mittelmeer von Phöniziern und Ägyptern dominiert wird. Weitere Ausbreitungen im Westen bringen die Griechen indessen später - nach 600 v. Chr. - mit den frühen Puniern (Karthago) und den Etruskern (vorrömische Kulturträger in Mittelitalien) in Konflikt (hierzu später mehr).
• nach 800 v. Chr.: Einbruch der Assyrer nach Phönikien. Sie erobern bis ca. 710 v. Chr. und v. a. unter Sargon II. die gesamte phönikische Küste (die Stadt Tyros allerdings erst 671 v. Chr.), Kilikien und machen Zypern tributpflichtig. (Nachweise u. a. auf Stelen, z. B. Stele von Kition.)
• nach 740 v. Chr.: Die Äthiopier unter Pianchi (dessen Reich etwa im heutigen Südsudan lag) dringen mit einer Flussflotte den Nil abwärts vor und erobern Memphis im Delta. Hierbei benutzen sie erstmals eine Art Brückensteg (quasi eine frühe "Enterbrücke"), der vom eigenen Schiff auf das gegnerische übergelegt wird. Dies ermöglicht es den Äthiopiern, Landtruppen mitzuführen und diese bei den Gefechten auf dem Nil in den Enterkampf einzubinden (Anm.: Diese Taktik der Nutzung einer Enterbrücke findet sich erst rd. 500 Jahre später wieder bei den Römern in den punischen Kriegen). Pharao Tefnacht lässt nach mehreren Niederlagen in Flussgefechten seine Restflotte verbrennen und ergibt sich den Invasoren. Bereits wenige Jahrzehnte später erringen die Ägypter, bedingt durch interne Machtkämpfe bei den äthiopischen Angreifern, jedoch wieder ihre Unabhängigkeit.
• nach 700 v. Chr.: Im griechischen Kernland herrscht Bürgerkrieg. Hierbei kämpfen u. a. Athen, Korinth, Milet, Megara, Kerkyra und Chalkis gegeneinander. Dieser Krieg ist zu großen Teilen ein Seekrieg. Die erste bekannte Seeschlacht in der griechischen Geschichte ereignet sich ca. 664 v. Chr. vor der westlichen Peloponnes, wo Schiffe aus Korinth und Kerkyra (Korfu) aufeinandertreffen. Zu den großen Verlierern dieses Krieges zählt Athen, dass für rund 200 Jahre aus der griechischen Machtpolitik verdrängt wird. (Anm.: Athen ist zu diesem Zeitpunkt noch eine eher drittklassige See- und zweitklassige Landmacht.)
• nach 671 v. Chr.: Die Assyrer unter den Großkönigen Assarhaddon und Assurbanipal (dessen Sohn) erobern Ägypten. Größte Ausdehnung des assyrischen Reiches. Sie übernehmen einen Großteil der Flotten der unterworfenen Länder. So besitzen die Assyrer als Landmacht selbst keine eigene Flotte, ihre Seemacht wird durch die Schiffe der tributpflichtigen Gebiete ermöglicht. Z. B. unterhalten die Assyrer Flussflotten auf dem Euphrat und dem Nil, welche von Phöniziern gebaut und befehligt wurden.
• nach 663 v. Chr.: Der assyrische Statthalter in Ägypten, Pharao Psammetich I., sagt sich zunehmend vom assyrischen Kernreich los und bietet zugleich dem eigenen Reich die Unterstützung durch seine (ägyptische) Flotte an. (Hintergrund: Die Assyrer gerieten zu dieser Zeit im Osten stark unter den Druck des aufsteigenden neubabylonischen Reiches.) Er holt zudem griechische Händler ins Land, die einen regen Küstenhandel aufbauen.
• um 610 v. Chr.: Zusammenbruch des assyrischen Reiches durch Angriffe der Babylonier und der Meder. Bis 575 v. Chr. erobern die Babylonier die gesamte Küste Phönikiens und von Juda. Unter Nebukadnezar II. unterhalten die Babylonier eine Küstenflotte aus angeworbenen griechischen Söldnerschiffen vor diesen Gebieten. Ein weiterer Vorstoß der Babylonier nach Ägypten findet jedoch nicht statt, da das neubabylonische Reich seinerseits nach 550 bzw. 539 v. Chr. von den persischen Achaimeniden unter Kyros dem Großen erobert wird.
• nach 609 v. Chr.: Der Nachfolger Pharao Psammetichs I., Pharao Necho II., dehnt den ägyptischen Handel erneut nach Süden (im Roten Meer) aus. Unter seiner Herrschaft gelingt es phönizischen Seeleuten (in ägyptischen Diensten), erstmals Afrika zu umfahren (von Ost nach West, Dauer geschätzt ca. zwei Jahre). Es ist dies die erste große Entdeckungsfahrt der Menschheit bzw. im Altertum. Necho II. forciert zudem den Kanalbau und lässt mit einem Durchstich vom Nil zum Roten Meer beginnen. Nach seinem Tode (um 594 v. Chr.) wird das Projekt aber abgebrochen.
• Diese "Seefahrer-Pharaonen" bewirken, gemeinsam mit dem Zusammenbruch der babylonischen Bedrohung, dass sich Ägypten im 7. bzw. 6. Jahrhundert v. d. Z. zeitweilig erneut zu einer maritimen Großmacht entwickeln kann. Noch einmal, zum letzten Mal in seiner Geschichte, wird Ägypten für rund 100 Jahre dominierende Seemacht im östlichen Mittelmeer.
• um 600 v. Chr.: Korinth ist, unter der Herrschaft des Tyrannen Periander (625 bis 585 v. Chr.), die mit Abstand stärkste griechische Seemacht. Die Stadt beherrscht die Seerouten nach Italien quasi völlig. Erst nach Perianders Tod erstarken andere Städte (u. a. Sikyon, unter der Herrschaft des Kleisthenes, und später Samos). Athen spielt hierbei (noch) keine große Rolle.
• 540 v. Chr.: Seeschlacht bei Alalia (vor Korsika): Die Karthager unterstützen die italischen Etrusker bei der Abwehr eines Vorstoßes der griechischen Phokäer. Sieg der Verbündeten. Die Griechen scheitern mit ihrem Versuch, ihren Einfluss auch im westlichen Mittelmeer jenseits von Süditalien weiter auszubauen. Ihr abgelegener Stützpunkt Massilia (das heutige Marseille, gegründet um ca. 600 v. Chr.) kann sich indessen gegen Attacken der karthagisch-etruskischen Seestreitkräfte behaupten.
• ab 538 v. Chr.: Samos wird stärkste griechische Seemacht. Unter der Führung des Polykrates besiegt die Insel die Rivalen Milet und Lesbos und schickt anschließend (526 v. Chr.) ein Geschwader von ca. 50 Schiffen nach Ägypten, um die Perser bei der Eroberung des Pharaonenreiches zu unterstützen. Die Besatzungen meutern jedoch gegen diese Absicht und das Unternehmen schlägt fehl (erste schriftlich fixierbare Meuterei in einer Kriegsflotte in der Historie). Polykrates wird 522 v. Chr. ermordet. Die Seemacht von Samos bricht innerhalb von wenigen Jahren wieder zusammen.
• 525 v. Chr.: Die persischen Achaimeniden unter Kambyses erobern Ägypten. Endgültiges Ende der selbstständigen ägyptischen Seemacht. Die ägyptische Flotte wird fast vollständig von den Persern übernommen. Durch die Übernahme der ägyptischen, phönizischen, kilikischen und zypriotischen Flottenkräfte wird Persien, die stärkste Landmacht jener Zeit, auch zur Seemacht im östlichen Mittelmeer.
• ca. 510 v. Chr.: Der griechische Seefahrer, Abenteurer und Schreiber Skylax von Karyanda erkundet innerhalb einer 30-monatigen Reise im Auftrag des persischen Großkönigs Dareios I. die Küste Indiens und Teile des Indus, umfährt die arabische Halbinsel, passiert den heutigen Bab el-Mandeb und erreicht Ägypten. Er verfasst eine sehr präzise Küstenbeschreibung.

...wird fortgesetzt...

Schneemann.
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