Volksturm 2014 oder Mobilmachung 2014
#6
Ich würde grundsätzlich davon ausgehen, dass einem russischen Angriff auf die östlichen Natoländer eine mehrwöchige Phase der Zuspitzung des Konflikts vorausgeht. Ein Angriff aus dem Stand ist schon geographisch kaum möglich.
Das Russland in einem Streich die Ukraine, Polen und das Baltikum angreifen würde ist kaum denkbar. Ein Angriff auf die östlichen Natoländer müsste in jedem Fall eine Phase zwei nach einer abgeschlossenen (Teil) Eroberung der Ukraine sein.
Das ergäbe dann eine politische Großwetterlage, in der die Nato und erst recht unsere Verbündeten im Osten jede weitere Truppenmassierung in Aufmarschräumen als extrem kritisch einstufen würde.
Es ist schon nach einer Teileroberung der Ukraine sehr wahrscheinlich, dass die Nato substantielle Verbände nach Osten verlegt. Eine weitergehende russische Aggression würde diesen Prozess nur beschleunigen und verstärken. Zudem würden Polen, Tschechien die Slowakei und wmgl auch Ungarn recht schnell mobilisieren.
Wahrscheinlich deutlich bevor sich die Nato zu umfassenden Mobilmachungen durchringen kann.
Insofern würde ich eigentlich davon ausgehen wollen, dass unsere östlichen Verbündeten mit der Masse ihrer Streitkräfte in den vorgesehenen Verzögerungsräumen steht bis Russland angreifen würde.
Diese Kräfte wären zwar nicht ausreichend um den lokalen Durchbruch russischer Manövergruppen zu vermeiden, würden jedoch zweifellos eine Menge Zeit gewinnen. Die Russen mögen zwar eine wesentlich bessere Kampfmoral aufweisen als der Nato Durchschnitt, mit Panzergefechten gegen einen qualitativ überlegenen Gegner sind sie aber auch noch nie konfrontiert worden.
Ich halte es da für nicht unwahrscheinlich, dass dem russischen Angriff auf Polen mit Erreichen der Hauptverteidigungslinie an der Weichsel der Schwung genommen werden kann.
Woran ich nicht glaube ist an eine erfolgreiche Verteidigung des Baltikums. Selbst dann nicht wenn die NATO mehrere Monate für umfangreiche Mobilisierungen zu Verfügung hätte. Es existiert doch schlicht nicht genügend Gelände für eine verzögernde Rückwärtsbewegung. Es wäre sehr leicht das Baltikum zuu spalten und einzelne Einheiten mit überlegener Feuerkraft zu vernichten. Man müsste dort erhebliche Kräfte (3 Divisionen) konzentrieren um Brückenkopf effektiv gegen ein russisches Panzerkorps zu halten. Die fehlen dann in Polen und der Solwakei, obendrein wäre die Versorgung und direkte Luftunterstützung schwierig. Kaliningrad ist hier einfach im Weg.
Ich würde vermuten wollen, dass die Planungen der Nato eher vorsehen (sofern sie realistisch sind und nicht aufgrund politischer Vorgaben erstellt wurden) einen Entlastungsangriff aus dem Raum Danzig auf Kaliningrad zu führen. Im Baltikum sehe ich eher Marineinfanterie und Fallschirmjäger die in den urbanen Räume Riga und Tallinn den Häuserkampf aufnehmen. Bis Kaliningrad fällt könnte ich mir dabei vorstellen, dass die dortigen Kräfte durch Luftwaffenbasen aus Norwegen unter Verletzung der schwedischen Neutralität unterstützt werden.

Was Deutschland angeht sehe ich in der ersten Kriegswoche nur sehr mittelbare Gefahren. Es ist gesteigert wahrscheinlich, dass die Amerikaner massive Luftflotten vor Ausbruch der Kampfhandlungen nach Deutschland und Polen verlegen werden. Die Aufgaben unsere Luftwaffe würden hier sehr schnell auf einen sehr kleinen Bereich zusammenschmelzen. Ich glaube kaum das wir mehr zu tun hätten als Norddeutschland vor russischen Luftangriffen zu verteidigen. Das ist machbar, zumindest in der ersten Woche. Ein entscheidender Faktor in diesem Zusammenhang wird sein, inwieweit es den Russen gelingen wird bodengestützte Marschflugkörper von Kaliningrad, Weißrußland oder der Westukraine aus einzusetzen. Ich halte Iskander und Scarabs für die weit größere Bedrohung für unsere Luftwaffenbasen als die russische Luftwaffe. Hier könnte es zu ganz üblen Ergebnissen kommen, ganz besonders wenn die Amerikaner nicht rechtzeitig ABM Systeme einfliegen können. Glücklicherweise sollte das durchaus machbar sein und notfalls müsste man halt zwei Schiffe mit Aegis-BMD an die polnische Küste stellen.

Was die russische Luftwaffe angeht sehe ich für Zentraleuropa keine größere Gefährdung. Die Masse der russischen Luftflotten würde sehr wahrscheinlich zur Luftnahunterstützung eingesetzt werden. Strategische Luftkriegsführung gegen deutsche Infrastruktur kann angesichts der Präsenz von amerikanischen F-15 und F-22 sowie französischen, englischen und deutschen Abfangjägern nur übel ausgehen.
Noch dazu ist die Infrastruktur in Deutschland soweit ausgebaut, dass schon eine erhebliche Anzahl an Sorties nötig wäre um Truppenbewegungen nachhaltig zu verlangsamen.

Was das deutsche Heer angeht, würden wir den Großteil unserer verbleibenden schweren Verbände nach Polen verlegen müssen. Sprich effektiv eine Panzer- und eine Panzergrenadierbrigade sowie eine Luftlandebrigade. Die Nato wird mehr fordern (zwei Divisionen) aber das wird effektiv nicht da sein.
Sicher würde man sich dann intensiv darum bemühen mehr Verbände zusammenzuziehen. Die Mobilisierung von Reservisten würde aber kaum zu mehr dienen, als die aktiven Verbände des Heeres auf Kriegsstärke zu bringen.
Eine umfassende Mobilisierung mit Reaktivierung inaktiver Verbände ist strukturell nicht möglich.
Ebensowenig halte ich irgendwelche Gedankenspiele hinsichtlich Notrüstung oder Wiedereinführung der Wehrpflicht für unrealistisch. Letzteres würde der Truppe nur unnötig Ressourcen kosten, ohne das sich daraus irgendein Vorteil ergeben würde.

Denn so oder so, die Kampfhandlungen würde sich nicht länger als ein paar Wochen hinzuiehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Operationstempo nach einen turbulenten und für beide Seiten sehr blutigen ersten und zweiten Kriegswoche mit schweren Kämpfen in Ostpolen, dem Baltikum und im Raum Kaliningrad deutlich abnehmen wird. Russland wird wohl Geländegewinne zu verzeichnen haben, die Nato dürfte sich bis dahin jedoch die Luftherrschaft erkämpft haben, was weiträumige russische Operationen schwierig macht.
Beide Seiten werden bis dahin deutliche Nachschubprobleme haben und der Blutzoll wird so hoch sein, dass die Bevölkerung in insbesondere Deutschland auf eine Beilegung der Feindseligkeiten drängen wird. Ich halte in diesem Zusammenhang auch schwere politische Unruhen für denkbar.
Es ist dann gesteigert wahrscheinlich, dass dann die 'Stunde der Diplomatie' schlagen wird und man mit Russland irgendeinen Verhandlungsfrieden bastelt. Sprich dann Auslösung russischsprachiger Territorien aus dem Baltikum, Ausscheiden dieser Länder aus der Nato, wmgl Aufgabe Kaliningrads wenn es für uns gut laufen würde, etc.
Das ein Krieg bis zu Kapitulation geführt werden oder solange geführt wird, dass Bodenkämpfe westlich der Oder-Neise Grenze stattfinden würden halte ich für ausgeschlossen.
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