Moderne Festungsanlagen
#57
Die früheren Zeiten und die heutige unterscheiden sich erheblich. Daher sind Rückgriffe auf frühere Geschehen heute sehr fragwürdig und der Versuch einer Extrapolierung zukünftiger Großkriege aus dem Kriegsgeschehen der Vergangenheit gefährlich.

Der Krieg würde sich daher keineswegs festfressen, ala 1915. Meiner Ansicht nach würden zudem beide Seiten anfangs nicht mit dem Bewegungskrieg beginnen, bis nicht eine der beiden Seiten beim Kampf aus der Distanz einen wesentlichen Vorteil errungen hat. Das heißt, zuerst bewegt sich am Boden wenig, der Krieg erscheint erstarrt, dann aber bricht der Bewegungskrieg aus, sobald eine Seite irgendwie einen entsprechenden Vorteil aus der Distanz erkämpfen konnte.

Die Reichweite, Präzision und Wirkung der heutigen Distanzsysteme ist einfach derart groß, dass eine andere Art der Kriegsführung zu hohe Risiken beinhaltet.

Die Beschreibungen Jüngers sind daher für die heutige moderne Kriegsführung weitgehend wertlos. Heute kannst du am Geräusch nicht mal im Ansatz erkennen, wo die Granaten einschlagen werden. Und die Wirkung des heutigen Feuer ist derart groß, dass jede Bewegung in dieses Feuer hinein die eigene Vernichtung bedeutet. Die einzige Chance dem Feuer zu entgehen ist es, sich so zu verbergen, dass man nicht gesehen wird, also nicht beschossen wird. Jede Bewegung aber erhöht die Chance für die Entdeckung. Daher wirkt der Distanzkampf heute so starr. Die entscheidende militärische Frage ist daher, wie man sich bewegt ohne entdeckt zu werden, wie man also die Bewegung tarnt (bspw im Zivilen Element).

Die psychologischen Effekt der Waffenwirkung sollte man auch heute nicht unterschätzen. Auch moderne Kriege werden ebenso durch psychologische Wirkung wie durch die Waffenwirkung gewonnen. Heute ist allerdings die Waffenwirkung immens viel größer als im Zweiten Weltkrieg. Eine heutige Panzer-Division ist für die damaligen Truppen im Endeffekt unbesiegbar, unzerstörbar und würde durch ihre Feuerkraft beliebige Verbände der damaligen Zeit völlig zerschlagen.

Das Tarnen und Täuschen, im modernen Krieg nach englischem Sprachgebrauch C3D2 genannt (Cover, Concealment, Camouflage, Denial, Deception) ist heute daher einer der wesentlichsten Faktoren der Kriegsführung. Was man nicht findet, kann man nicht bekämpfen. Wer den anderen zuerst sieht, gewinnt den Feuerkampf. usw

Dadurch "degeneriert" der Krieg nicht zu einem Sitzkrieg, sondern er wird komplexer und man muß ihn vorsichtiger führen. Auf der Gegenseite hat man aufgrund der Kriegskosten nicht so viel Zeit, muß also schneller zum Ergebnis kommen. Aus dem Spannungsfeld dieser beiden sich gegenseitig ausschließenden Zielsetzungen entstehen die heutigen Probleme bei den Operationen.

Meiner Meinung nach ist die einzig logische Antwort auf die immer besser werdenden Fähigkeiten aller Streitkräfte weltweit im C3D2 Bereich, dass man selbst diesen ebenfalls massiv ausbauen muß und auch offensiv anwenden muß. Dadurch entsteht eine scheinbare Leere des Schlachtfeldes, dass heißt, auch unsere Truppen sind nicht sichtbar bzw kämpfen und agieren nicht sichtbar. Gerade auch im assymetrischen Krieg ist dies eigentlich die gebotene Antwort auf die Kampfweise des Gegners, wird aber von konventionellen Armeen so nicht angewendet bzw nur im ganz kleinen Stil durch Sondereinheiten angewendet. So fehlt aber die notwendige Quanität an Truppen.

Kurz zusammen gefasst:

Die derzeitigen Umstände führen erstmal zu einem vorsichtig geführten, aber massiven Schlagabtausch aus der Distanz, während sich am Boden wenig bewegt (Abstand wahren). Nach dieser Phase des "Grabenkrieges" wird sich dann eine Seite dahin gehend durchsetzen, dass sie einen Vorteil erlangt. Dieser löst dann den Bewegungskrieg aus.
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