Bundeswehr 2020: Wunschkonzert
#84
QF: „Warum überhaupt ein Flugzeug? Eine Drohne ist gerade auf See deutlich überlegen. Und bei 70 !! Euro-Hawk die du vorsiehst brauchst du eigentlich gar keine anderen Aufklärungseinheiten mehr, damit hast du mehr Fernaufklärung als der Rest der Welt zusammen.“

Ein Flugzeug in der Größe eines Mittelstreckenflugzeuges kann mehr Aale und Sonden laden und hat daher einen höheren Kampfwert als eine Drohne.

Ich hatte geschrieben: „Für den vollständig abgesessenen Jagdkampf, der in der Regel wohl nur auf Gruppenebene – gemeint sind eine Gruppe aus zwei Trupps also 8-10 Personen – durchgeführt werden wird, ist die Schlagkraft gegen mechanisierte Kräfte ziemlich gering.“

QF entgegnete mir: „Panzerabwehr ist per definitonem kein Jagdkampf. Darüber hinaus ist es mehr als merkwürdig, den Jagdkampf nur auf Gruppenebene anzudenken. Die Schlagkraft leichter Infanterie gegen mechaniserte Kräfte ist in städtischer Umgebung erheblich, ebenso im Wald vorausgesetzt dieser hat eine gewisse Größe.“

Ich sage auch gar nicht, dass der Jagdkampf primär gegen mechanisierte Kräfte gerichtet ist.

Zur Thematik Handfeuerwaffen kann ich nur auf basales Physikwissen zurückgreifen und auf meine Erfahrungen beim Ehrendienst. Gibt es dazu vielleicht auch wissenschaftliche Literatur? Es reicht hierfür auch erstmal ein gutes Trivalbuch welches ggf. in einem Artikel bei Wikipedia empfohlen wird. Sicherlich haben die Länge des Rohres, das Treibmittel qualitativ und quantitativ, das Material und die Oberfläche des Rohres, die Beschaffenheit des Geschosses, die Dichtheit des Verschlusses und andere Parameter einen Einfluss auf die V0 und damit auf die Durchschlagskraft.

Mit was belegst Du Deine Behauptung meine Gliederungen seien zu schwach mit Pionierkräften versehen? Hast Du dazu Literatur oder Dienstvorschriften?

QF: „Die USA haben heute nun bei weitem keine 15 000 KPz mehr. Und die Russen noch viel weniger und der größte Teil davon ist Schrott. Russland könnte für einen ernsthaften größeren Krieg meiner Einschätzung nach nicht mal 1000 KPz aufbringen.“

Da Du Dich ebenfalls als Leser der ESUT dargestellt hast, dann guck Dir folgenden Artikel an: Hilmes, Rolf: Duell oder MOUT? Betrachtungen zur internationalen Panzerentwicklung. In: Strategie & Technik. Jg. 51 2008. H. 8. S. 16–20. S. 17. Demnach habe die USA 16.700 KPz und Rußland 12.700 KPz.

Ich habe mir mehrere Jahrgänge der Military Balance heruntergeladen, die Zahlen variieren jährlich. Dieses lässt darauf schließen, dass die Zahlen womöglich nicht verlässlich seien, sondern eher ein Anhaltspunkt.
Bei den Panzerzahlen der Russen von heute Morgen (siehe oben) habe ich die älteren Modelle T64/62/55 usw. nicht aufgeführt, aber die schiere Masse machst, denn die wollen erstmal abgeschossen werden. Ein Gedanke an die Bestände von PARL für die verschiedenen Trägerplattformen hilft hierbei.

Hinsichtlich der Definition von schwerer und leichter Infanterie haben wir gewisse Unterschiede. M. E. ist selbst der Puma lediglich ein leichter SPz und demnach der Boxer erst recht ein leichter SPz bzw. ein MTW.

Daher zähle ich Jäger mit Boxern als Transportfahrzeug auch zur leichten Infanterie. Ich definiere Jäger auch mehr nach ihren Aufgaben und nicht hinsichtlich ihrer Ausstattung.

Das BMVG (Bundesministerium der Verteidigung) (Hrsg.): Heer. Stichworte und Zahlen. Bonn 1986. sagt dazu: „Jäger kämpfen zu Fuß. Wenn möglich, nutzen sie auch ihre Kraftfahrzeuge. In jedem Fall müssen sie mit dem Gelände so vertraut sein, daß es für sie zu einem Hilfsmittel im Kampf wird.“ (Der Fettdruck wurde nicht übernommen.)

Diese Definition wird sicherlich mit derjenigen in den entsprechenden HDV’s übereinstimmen. Daher wäre mein Vorschlag, dass Du mir einen Link aus dem Forum/ und oder Netz zuschickst, wo Deine oder eine andere Definition, die Deiner Definition nahe kommt niedergelegt ist. Oder wir machen dazu einen Thread auf.

Ich meine mit Mechanisierung immer eine Kombination aus Panzerung und Kettenfahrzeugen sowie entsprechender Feuerkraft.

QF: „Deine Struktur einer Kalter Krieg Armee ist schon in Afghanistan unter den Sowjets drastisch gescheitert, und du kannst den Sowjets nicht vorwerfen, sie hätten da ihre Feuerkraft nich bedenkenlos gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt.“

Wie bereits mehrfach geäußert sind die schweren Kräfte nicht für einen Einsatz in Afghanistan gedacht, die Oberflächengestalt Afghanistans eignet sich nicht für mechanisierte Kräfte. Die SU hatte damals 1979 ja gar keine leichte Infanterie mehr, sieht man von den Speznas einmal ab, und selbst die Luftlandeverbände waren ja mit sehr leichten Luftlandepanzern ausgestattet (ich glaube so um die 11t mit 87mm BK und irgendetwas aus der AT-Serie z.B. Sagger/ Spandrel = PALR). Daher hatten sie einfach nichts anderes, um der Regierung zur Hilfe zu eilen, die Parallele ist frappierend im völkerrechtlichen Vorgehen im Bezug auf Enduring Freedom. Danach wurde dann eine Gebirgsjägerdivision gebildet.

QF: „[…] weil dazu deine Luftwaffe viel zu schwach ist und deine ganzen Panzermassen von den Luftstreitkräften einfach aus der Luft vernichtet würden.“

QF: „Weißt du an wen mich deine Struktur am meisten erinnert? An die irakische Armee kurz vor dem zweiten Golfkrieg! Die irakischen Kampfpanzermassen, man könnte sie auch als fahrende Opfer bezeichnen waren bereits damals konzeptionell veraltet. Nicht technisch, sondern bereits konzeptionell.“

QF: „Weil du das ganze nicht im gesamten Kontext siehst.“ und weiter „Der Clou aber ist, dass trotz dieser immensen Kosten deine Armee immer noch selbst von der VR China vernichtet werden würde. Einfach weil sie konzeptionell völlig veraltet ist.“

Wie bereits eingangs erläutert liegen diesen Konzept bestimmte Prämissen zu Grunde:
1. das Kriegsbild ist ein symmetrisches. Dieses bedeutet, dass der Gegner ebenfalls mit einer klassischen Armee uns bedroht, in der Regel ein Staat. Ein solcher Krieg wird m.E. sehr kurz sein, so dass leichte Konzepte nicht ihre Vorteile ausspielen werden können.
2. Deutschland bleibt in der NATO. Damit ist der Luftraum gesichert, notfalls durch US-Strahljagdbomber F15/16/22 und den JSF. Ggf. könnten sogar europäische Streitkräfte einen Luftschirm garantieren.
3. Dieses Konzept beinhaltet auch leichte Kräfte (nach meiner Definition), die asymmetrisch kämpfen können.
4. Dieses Konzept ist in eine politische Strategie eingebunden, Deutschland soll eine Zentralmacht (Peter Schwarz) sein. Wobei diese Struktur lediglich ein erster Schritt ist. Zunächst sollen die mitteleuropäischen Nachbarstaaten an Deutschland gebunden werden, dazu dient genau diese extrem hochgradig mechanisierte Armee: zur Abschreckung Rußlands und seiner Marionetten mit konventionellen Kräften – ein Georgien soll sich nicht in Osteuropa ereignen. Der Kaukasus zählt geographisch nicht zu Osteuropa. Gleichfalls soll Rußland in eine europäische Sicherheitsstruktur integriert werden. Dieses beißt sich mit den US-Interessen im Kaukasus und Zentralasien. Die NATO ist überdehnt, m.E. vergleichbar mit dem italienisch-deutschen Bündnis im Ersten Weltkrieg oder dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nationen, es gleicht einer Hülle – dennoch wird die NATO lange bestehen bleiben.

Cyberwar sollten wir noch einmal extra verhandeln, aber selbstverständlich sollte kritische Infrastruktur gehärtet werden. Kraftwerke, Krankenhäuser, Ampelschaltungen, Logistikketten u.v.w.m. brauchen keinen Zugang ins Netz um zu funktionieren.

Mich persönlich nervt das Netz und die daraus resultierenden schwachsinnigen Konzepte bereits jetzt: z.B. Facebook – die größte Propagandaplattform der Welt, in der der Nihilismus (der Sinnverlust) sein Unwesen treibt; oder Programme, die ständigen Netzzugang benötigen, damit sie funktionieren. Oder auch die Daten-Wolke.
Das Schlimmste wird irgendwann sein, das die meisten Menschen denken, dass alles sofort verfügbar wäre. Als ob Dinge ähnlich wie Begriffe bei Google sofort erschienen, wenn man danach verlangt.

Zum Totalen Krieg welche Definition verwendest Du hierfür, diejenige von Ludendorff oder diejenige, die später aufgenommen wurde und in einer Rede im Sportpalast gipfelte. Bedenke allerdings, dass dann wenn man ein Stufenmodell der Eskalation – wie sie z.B. in den 60er Jahren in Mode waren – Deine leichten Truppen auch mit Gas konfrontiert werden, und damit die viel gelobte Beweglichkeit stark reduziert wird. Und einen Kohlenstofffilter wird einfach durch die Beimischung von Blausäure bei Gasen der 2. Generation wie Sarin konterkariert. Wobei es zu beachten gilt, dass ich moltekianisch – der Ältere versteht sich – denke und nur die militärischen Kräfte im Sinne Clausewitz treffen möchte.
Ich möchte keine rein aufs militärische verengte Staatsführung, diese sei immer eingeschränkt, wie hier die Fixierung auf ein einziges Kriegsbild womöglich zeige.

Stattdessen sollte dieses Forum dazu dienen, die Kräfte zu sammeln, um eine neue „potentatis defendis“ aufzubauen, wenn auch die Auffassungen hinsichtlich des Kriegsbildes hier variieren. Ein Leitbild oder vielmehr Leitbuch sollte Martin van Crefelds: fighting Power sein, oder doch ein späteres Buch vom selben Autor.

Denn nichts ist schlimmer als der vorherrschende Nihilismus, der sich aus entkoppelten Lebenswelten speist.


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