Geschichte der Juden
#15
Teil 2

2 Die Juden in der Antike

Die Juden bzw das Judentum entstanden also wie in Teil 1 erläutert zur Zeit des König Josia, der als König des Reiches der Judäer den größten Teil der Gebiete des Reiches der Israeliten eroberte bzw besetzte. Während seiner Herrschaft wurde zudem zum der jüdische Monotheismus eingeführt.
Es enstand auf diese Weise aus der Vermischung dieser zwei Völker in Kombination mit dem von König Josia eingeführten Monotheismus das Judentum.

Was aber war in der Antike ein Jude? Wie war das Jude sein definiert? Dazu muß man wissen, daß die Juden in dieser Zeit wie die meisten Völker ihrer Gegend kulturell erheblich von den Reichen des Zweistromlandes aus beeinflusst waren. Das sieht man beispielsweise auch perfekt in der Thora, wo Geschichten wie die Sintflut oder die Abrahamsgeschichte alle in Wahrheit jüdische Versionen von viel älteren Mesopotamischen Legenden sind.

Was hat das nun für einen Belang für die Frage was ein Jude in der Antike war? Nun es ist wesentlich, weil nationale Identitäten im Zweistromland nicht von der Abstammung her, nicht von der Sprache her, sondern theologisch begründet wurden. Nehmen wir mal die Assyrer, die gerade zur Zeit des König Josia kulturell vorherrschend waren: Sie waren als Volk nach ihrem Gott Assur benannt. Die Stadt Assur hieß nach dem Gott. Der König der Assyrer war zugleich der Hohepriester des Gottes Assur. Das ganze Volk und Reich benannte sich nach seinem Gott. Assyrer war, wer sich selbst als solchen bezeichnete, dem König gehorchte und dem Gott Assur folgte. In der Folge dessen schlossen sich viele Menschen anderer Abstammung den Assyrern an und wurden zu selbigen. Da so viele Aramäer zu Assyrern wurden, verdrängte die Aramäische Sprache bei den Assyrern das sogar ihre eigene Sprache das Assyrische.

Was war nun ein Jude in der Antike? Zunächst jemand, der dem jüdischen König folgte, und dann zugleich und das ist der entscheidende Punkt: sich dem Monotheismus anschloss. Jude wurde man in der Antike durch Bekehrung zum Monotheismus, nicht durch Geburt. Auf diese Weise breitete sich das jüdische Volk über mehrere verschiedene Volksgruppen hinweg aus. Gerade in der Anfangszeit war dies sogar ein immenser Vorteil, da so viele neue Staatsbürger gewonnen werden konnten und so wurde das jüdische Reich noch unter König Josia zu einer bedeutenden Regionalmacht.

Dann wurde das Machtvakuum das die Assyrer bei ihrem Untergang hinterlassen hatten jedoch von den Babyloniern ausgefüllt und die Babylonischen Armeen stießen unter dem König Nabkuduriusur dem II (Nepukadnezar II) in das jüdische Königreich vor. Dieses wurde nach einigem Widerstand von den Babyloniern erobert. Jetzt aber kommt wieder ein überraschender archäologischer Befund:

Es läßt sich keine Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier feststellen. Und es gab keine Massendeportationen durch die Babylonier. Die Stadt wuchs vielmehr unter Babylonischer Herrschaft an Größe und Reichtum. Bezüglich des Tempels hat man keine Funde die eine Aussage zuließen. Aber es ist angesichts der anderen Funde unwahrscheinlich, daß die Babylonier den Tempel zerstörten. Höchstwahrscheinlich haben sie ihn ihrer Praxis gemäß geplündert und die Heiligen Gegenstände bzw Symbole des jüdischen Gottes nach Babylon überführt.

In Babylonischen Schriften aus dieser Zeit tauchen dann in Babylon jüdische Namen auf, Es fand also eine Deportation einer geringen Anzahl von Personen nach Babylon statt, aber da wir archäologisch eine ganze Reihe von prächtigen Häusern der Oberschicht aus der Zeit der babylonischen Herrschaft haben, sind vermutlich nur Teile der Eliten bzw die Spitzen des vorherigen Königstums deportiert worden. Interessant in diesem Kontext ist es, daß im Gegensatz zu der Darstellung der Babylonischen Gefangenschaft in der Thora die Juden in Babylon sehr wohlgelitten waren und einig von ihnen sogar Karriere am Hofe Nabkuduriusurs machten.

Es kam dabei wahrscheinlich zu einer Spaltung der jüdischen Exilanten, in einen Teil der sich den Babyloniern anschloss und sich rasch assimilierte und einen anderen Teil (vermutlich die Spitzen der Priesterschaft), die in einer kulturellen Abstoßungsreaktion sich gegen die Babylonier stellten. Dafür spricht auch, daß sich der Monotheismus erst in dieser Zeit radikalisierte und ausschließlich wurde. Die exilierten Spitzen der Priesterschaft waren als erklärte Feinde alles Babylonischen darauf bedacht die eigene Kultur und Religion aufrecht zu erhalten. Trotzdem wurden sie von den Babyloniern ausgesprochen gut behandelt und hatten bis auf die Wahl ihres Wohnortes fast alle Freiheiten.

Schließlich eroberten die Perser unter der Führung ihres Großkönigs Kurus des II (Kyros der Große) Babylon und setzten die Babylonfeindlich gebliebenen jüdischen Eliten als persische Statthalter in den Siedlungsgebieten der Juden ein. Was steht nun in der Thora dazu: Kyros soll hier die Juden heimgeführt haben und dann den Auftrag zum Wiederaufbau des Tempels gegeben haben. Darüber hinaus soll er den Bau des Tempels finanziell massiv unterstützt haben und gar Steuerfreiheit dafür gewährt haben.

Davon findet sich in den persischen Inschriften kein Wort. Im Gegenteil. Die Perser gewährten zwar Religionsfreiheit, sowie erhebliche Innere Freiheiten für die von ihnen unterworfenen Völker, sie setzten auch die von den Babyloniern gestürzten Eliten wieder in ihre Machtpositionen ein, aber gerade bei Tempeln aller Art wurden von den Persern per Gesetz Steuern erhoben. Die Priester konnten diese Steuern dann wiederum von den Gläubigen eintreiben. Auf diese Weise mißbrauchten die Perser die jeweiligen Priesterschaften als Steuereintreiber, was zugleich den Wiederstand gegen diese Steuerzahlungen an die Perser senkte. Für einen Wiederaufbau des Tempels gibt es übrigens keine Belege in dieser Zeit. Es gibt aber klare Belege für einen prächtigen Neubau des Tempels anstelle eines bestehenden älteren Gebäudes.

Die Perser gestatten den Priestern nämlich, Teile der Steuern die sie eintrieben als Provisionen einzubehalten. Darüber hinaus stärkten die Perser die jüdische Priesterschaft gegenüber den weltlichen jüdischen Eliten um auf diese Weise die persische Herrschaft abzusichern. In der Folge dessen erlangten die jüdischen monotheistischen Priester während der Herrschaft der Perser eine weitgehende Kontrolle über das jüdische Volk und seine Kultur. Aber auch in dieser Zeit galt immer noch ein entscheidender Unterschied zu heute: Jude war, wer dem jüdischen Monotheismus folgte, den Priestern und dem Tempel in Jerusalem gehorsam war und sich selbst als Jude bezeichnete.

Im Gegensatz zu heute wo man Jude per Geburt, als Kind einer jüdischen Mutter ist, war man damals Jude vor allem durch seinen Glauben und den Gehorsam gegenüber den Tempelpriestern. Auch vom Religionsgesetz her gab es damals die zwingende Abstammung von einer jüdischen Mutter noch nicht.

Der nächste entscheidende Schritt hin zum heutigen Judentum war dann die Eroberung der jüdischen Gebiete durch die Makedonen. Es entstand dadurch bei den Juden eine massive kulturelle Abstoßungsreaktion, in der man sich selbst zunehmend als Gegensatz zum Hellenismus definierte. Das ganze hatte auch machtpolitische und wirtschaftliche Gründe, den Priester verloren unter den Makedonen ihre extrem privilegierte Stellung, die sie unter den Persern inne gehabt hatten. Daher hetzten die Priester gegen den Hellenismus und den Verfall der jüdischen Werte und Sitten, was zu einer gewaltsamen Widerstandsbewegung, den Makabäern führte. Die Makaäber waren extrem Fundamentalisten, die gemäß der Thora beispielsweise Frauen die unverheiratet Geschlechtsverkehrt hatten ebenso töten ließen wie alle Homosexuellen.

Der Makabäer Jonathan erlangte als Füher der Aufstandsbewegung dann sogar das Amt des Hohepriesters und setzte seine Fundamentalistischen Auffassungen im jüdischen Volk mit Gewalt durch. Die Makaäber siegten und begründeten eine unabhängiges jüdisches Königreich, in dem der König zugleich Hohepriester war. Und dieses Reich expandierte.

Warum ist das wiederum wesentlich für die Frage was Juden in der Antike waren?

Weil die Makabäer mit Gewalt Nicht-Jüdische Völker in der Region zum Judentum zwangskonvertierten. Bis zur Eroberung des Landes zwang die jüdische Dynastie der Hasmonäer, zugleich König und Hohepriester alle von ihr Unterworfenen dazu Juden zu werden. Das hieß, sich zum jüdischen Monotheismus makabäischer Prägung zu bekennen. In der Folge der Erfolge der Makabäer breitete sich das Judentum in der Region auch missionarisch in Gebieten, die nicht von den Hasmonäern beherrscht wurden. Auf diese Weise schlossen sich beispielsweise viele Edomiter (ein genau genommen arabischer Volksstamm) dem Judentum an und sahen sich selbst dann als Juden und wurden umgekehrt auch von diesen dann als Stammesverwandte wahrgenommen. Das ganze ging so weit, daß in der Thora die Edomiter als Nachkommen des Esau bezeichnet wurden.

Der Witz aber daran ist, daß die Edomiter zu den Proto Arabern gehören. Sie sind also ethnisch, von der Abstammung und Sprach her Araber gewesen, und keine Juden. Trotzdem waren sie zu dieser Zeit zu großen Teilen jüdischer Religion und stellten später sogar den jüdischen König Herodes.

Dieser herrschte dann über die Juden als römischer Vasallenkönig, nachdem die Römer das Königreich der Hasmonäer erobert hatten. In der Zeit des Königs Herodes findet man dann zum ersten Mal im Judentum eine von der reinen Religion her abweichende Haltung bezüglich der Definition dessen was ein Jude ist. Die Haltung ist aber eine Folge der römischen Ursupation gewesen und bezog sich speziell auf die als Herrscher über die Juden eingesetzten Edomiter, die ja wie ich es erwähnte zwar jüdischen Glaubens waren, aber von ihrer Abstammung und Sprache her Araber.

Der jüdische König Herodes war also ein Araber und beherrschte im Auftrag der Römer die Juden. Aus dem Wiederstand der Juden gegen dieses Vasallenkönigtum bzw die römische Herrschaft, entstand dann zum ersten Mal eine Ablehnung von Menschen jüdischen Glaubens, die aber anderer Sprache und Abstammung waren. Der Grund dafür war die extrem Gewaltherrschaft und Unterdrückung durch die Römer wie auch durch den Edomiter Herodes. Dieser war aber selbst tiefgläubig und sah sich selbst wie die anderen Edomitischen Eliten selbst als echten Juden, was Teile der Juden aber selbst auch immer noch so sahen. Das Judentum selbst entwickelte in dieser Zeit eine ganze Reihe von Sekten und Strömungen die sich zum Teil erheblich wiedersprachen.

Und Herodes schuf erst den Tempel wie man ihn kennt, ein gewaltiger Um- und Neubau des Tempels der diesen zu einem der prächtigsten Religiösen Anlagen der damaligen Welt machte. Um seine Herrschaft zu stabilisieren versuchte er zudem durch weitere solche Bestechungen die Priesterschaft aus seine Seite zu ziehen, was aber nur teilweise gelang. Nach seinem Tod übernahmen seine Söhne das Herrschaftsgebiet, wurden aber alsbald von den Römern verdrängt die dann die Herrschaft über die Juden direkt übernahmen. Dazu mehr im Teil 3


Beschließend aber noch ein wesentlicher Punkt: durch die zunehmende Vermischung der Juden mit den Aramäern in dieser Zeit und die Übernahme des jüdischen Glaubens durch viele Aramäer hatten die Juden schon der Zeit der persischen Herrschaft ihre ursprüngliche Sprache verloren und sprachen Aramäisch.

Wie wir also gesehen haben, hatten die Juden im Laufe der Zeit andere Völker assimiliert, darüber hinaus sogar zur Zeit der Makabäer zwangskonvertiert. Die Jüdische Abstammung ist also eine von mehreren Völkern. Zugleich verloren die Juden in dieser Zeit ihre eigene Sprache, so daß die Juden weder von der Abstammung her noch von der Sprache her zur Zeit der Makabäer als Volk mehr greifbar sind.

Es verblieb die Religion. Jude war, wer jüdischer Religion war.

Erst die Gewaltherrschaft der Edomiter über die Juden und dann der Römer über die Juden begann dann erstmals einen neuen Gedanken zur Frage dessen was ein Jude ist aufzuwerfen. Dies allerdings nur in Judäa selbst. Warum ist diese Feststellung so wichtig, nur in Judäa selbst?!

Weil der größte Teil der Juden zu dieser Zeit gar nicht mehr in Judäa lebte, dazu mehr im nächsten Teil: der Diaspora
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