Beziehungen USA - Israel
#73
@Nightwatch
Zitat: Die Gesamtsituation stellte sich unter Bush wesentlich ungünstiger da.
Erst durch die Kriege die Israel im Libanon und Gaza geführt hat gelang es Stabilität zu schaffen, die im vergangenen Jahr zu eine faktischen Waffenruhe an den Grenzen Israels führte.
Präsident Bush kann sich hier den totalen Einbruch der terroristischen Gewalt zu einem guten Teil auf seine eigenen Fahnen schreiben.
Nicht unbedingt. Zu Beginn seiner Amtszeit war die Lage in Nahost nicht einmal sonderlich schlecht. In Israel regierte Barak, in den palästinensischen Gebieten (auch in Gaza) herrschte die Fatah unter Arafat. Bush übernahm eine Lage, die ihn zunächst nicht arg forderte, er hätte ohne allzu großes Risiko Initiativen starten können, tat es aber nicht. Als dann allerdings die sogenannte zweite Intifada ausbrach – eine eher dumme als logische Eskalation (wobei Scharon bei dem Besuch auf dem Tempelberg, der die Krawalle auslöste, eigentlich nichts falsches tat, bzw. auch seine Friedensabsichten kundtat) – und dringend Handlungsbedarf nötig gewesen wäre, kam aus Washington nichts, rein gar nichts. Bis 2003 wurden bei Selbstmordanschlägen dann in Israel über 200 Menschen getötet und 1.200 verletzt, die Lage eskalierte dramatisch. Und dennoch kam die „Roadmap“ erst nach fast zwei Jahren aus Washington (nachdem zwei Jahre lang die Fetzen geflogen waren). Was für eine Unterstützung ist das? Erst als man quasi nicht mehr zuschauen konnte, regte sich in den USA der Herr im Weißen Haus, nachdem in Berater und auch Europäer auf die Lage und seine Verpflichtungen hingewiesen hatten.

Ferner mag es durchaus stimmen, dass durch die Waffengänge im Libanon und im Gazastreifen eine gewisse Ruhe hergestellt wurde. Aber: Wer sagt denn, dass es z. B. den Krieg im Gazastreifen hätte geben müssen? Hätte Bush allgemein etwas mehr Verantwortungsbewusstsein und Gespür für die Lage vor Ort bewiesen, so hätte es vielleicht keine Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen 2007 gegeben und somit wohl auch keinen Krieg. Und zwar hat man nun eine (trügerische?) Ruhe, aber genau genommen waren dazu zwei Kriege notwendig, und zudem sind letztlich die eigentlichen Gegner (Hamas und Hisbollah) nicht wirklich besiegt oder gar zerschlagen. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, beide sitzen recht fest im Sattel und die Maßnahmen für einen neuen Waffengang dürften schon laufen. Und für überaus besorgniserregend halte ich z. B. die Meldungen, wonach sich im Gazastreifen neuerdings Qaida-Strukturen ausbilden. Diese ganze Entwicklung hätte durch mehr Engagement der Bush-Regierung entschärft werden können, nun aber, zwei Kriege später, mit einer vermeintlichen Ruhe im Rücken, droht sich im Stillen das Medusenhaupt der Qaida im Gazastreifen zu erheben, was m. Mn. noch arg große Probleme in sich trägt, mehr als bisher zumindest.

Insofern: Bush kann sich (vielleicht) den zeitweiligen Einbruch des Terrors auf die Fahnen schreiben, wie du sagtest, aber a) hat er dem Ausbruch des Terrors erst mal zugeschaut (seit dem Ausbruch der zweiten Intifada 2000 bis etwa 2002/03) und er hat b) durch seine Politik Hinterlassenschaften in Nahost hinterlassen, die sich in der Zukunft eventuell wesentlich dramatischer als bisherige Terrorprobleme auswirken könnten. Kurz: Man hat das Krebsgeschwür des Terrors nicht besiegt, sondern eher mit oberflächlicher Schminke und einiger „Hau-ruck-Chirurgie“ zugedeckt. Unterhalb der Fassade wuchert der Tumor aber stärker denn je.
Zitat: Er stand bedingungslos zu Israel und erlaubte es dem Land mit militärischen Mitteln der Gewalt ein Ende zu setzen.
Das er bedingungslos zu Israel stand, mag sein, aber es ist ihm auch recht spät eingefallen. Und es bleibt dahingestellt, ob er tatsächlich ein Ende der Gewalt erreicht hat oder ob er nicht eine noch schlimmere Saat hinterlassen hat.
Zitat:Das ist eine vollkommen absurde These, schon allein weil Hisbollah mit dem Nahostkonlfikt an sich nichts zu tun hat sondern einen direkter Proxy der Iraner ist.
Ich denke schon, dass die Hisbollah mit dem Nahost-Konflikt etwas zu tun hat. Genau genommen entstand sie im Libanon erst nach dem Krieg von 1982 und dem unsäglichen Bürgerkrieg mit teils extremen Exzessen. Und dieser wiederum wurde durch die Aktivitäten der Palästinenser im Libanon (die sich wieder einmal zum Staat im Staat entwickelten) und den israelischen Einmarsch mit verursacht. Und es war auch so, dass man die Haltung und das Potenzial der Schiiten im Libanon schlicht sträflich vernachlässigt hat, ja verkannte. Mit etwas Gespür, mit etwas strategischem Geschick hätte man die Sache so drehen können, dass sich (zumindest nicht so schnell) keine Hisbollah ausformt, auf die dann die iranische Führung hätte aufsteigen können (und es vergingen einige Jahre, eher der Iran das „Potenzial“ der Hisbollah erkannte und für sich zu nutzen begann). Es ist fast ähnlich wie mit der Hamas (und eventuell bald auch der Qaida) im Gazastreifen.
Zitat: Kann jedoch auch nicht als Entschuldigung für Obamas verheerende Politik jetzt hergenommen werden.
Genausowenig ist sein Desinteresse plötzlich schuld am erstarken der Hisbollah.
Naja, das behaupte ich ja auch nicht. Ich frage mich aber auch, wie du darauf jetzt kommst. Das Erstarken der Hisbollah ist sicherlich auf andere Faktoren zurückzuführen. Im Grunde hat Obama mit der Hisbollah bisher so gut wie nichts am Hut. Obgleich man auch sagen muss, dass die Lage im Norden (von einem Zwischenfall vor ein paar Wochen mal abgesehen) relativ ruhig geblieben ist – bislang.

Schneemann.
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