Bulgarien
#14
Dass Bulgarien, neben Serbien, ein Einfallstor für russische Propaganda sein kann, ist schon länger eine stille Befürchtung. Und das Land selbst scheint, trotz aller Reformen und Umbrüche, innenpolitisch nicht sonderlich gefestigt, sondern taumelt von einer Regierungskrise in die nächste - so zumindest kann man fünf Regierungen in zwei Jahren interpretieren. Hinzu kommt, dass das Land als labil gilt, was seine Medienlandschaft angeht - etablierte, demokratisch geformte größere Medienhäuser gibt es bislang kaum, stattdessen erhalten v. a. die (a)sozialen Medien ein starke Gewichtung bzgl. der Informationsgewinnung. Für Russlands Propagandakrieg ein perfekter Nährboden...
Zitat:Pro-Russia party shakes up Bulgarian politics [...]

A pro-Russia party campaigning against Bulgaria joining the euro is seeking to shake up the country’s politics in parliamentary elections, reflecting voters’ increasing disillusionment with corruption scandals and political bickering in Sofia. Under the leadership of Kostadin Kostadinov, a charismatic 43-year-old academic who specialised in ethnography, Revival has struck a chord with the Bulgarian electorate after adopting a far-right stance, routinely recycling Kremlin propaganda lines and questioning the government’s support for Ukraine in its defence against Russian aggression. [...]

The country’s impending adoption of the euro was one of the biggest issues as Bulgarians voted on Sunday in the country’s fifth election in two years. Revival has collected half a million signatures to support a referendum on delaying the euro’s introduction for two decades, a number which, if verified, would make it mandatory for the government to hold a vote. “Putin has lost some popularity so the campaign is not pro-Russia but anti-west, but it’s the other side of the same coin,” said Vessela Tcherneva, a researcher at the European Council on Foreign Relations and a former government adviser on foreign policy. [...]

Bulgaria, traditionally an ally of Russia, with whom it shares linguistic, historic and cultural ties, is a member of Nato and has been an important supplier of ammunition, small arms and fuel to Ukraine. But the non-partisan interim government and the pro-Kremlin president Rumen Radev have resisted deeper involvement, such as sending old Soviet fighter jets and anti-aircraft weapons to Ukraine. [...]

The social media presence of Russia’s embassy in Sofia reached almost 2mn interactions in 2022 on Facebook alone, according to Georgiev. “It must be among the most successful embassy social media operations in the world,” he said. “It is more reminiscent of a propaganda outlet than an embassy page.” Such output is echoed on Revival’s web pages, which often rehash pro-Russia commentary. “Our people love Russia [but] a quiet dictatorship rages . . . to shut down Russian information sources and stoking guilt in anyone who thinks differently,” said one such Revival repost.
https://www.ft.com/content/88603542-7f82...d023f96451

Dazu auch:
Zitat:Desinformation in Bulgarien

Wahl zwischen alternativen Wahrheiten [...]

Die instabilen Verhältnisse zeigen sich auch in politischen Debatten, die geprägt werden durch Soziale Medien und eine Flut an Desinformation. [...] Bulgarien steht auch nach der erneuten Wahl vor einer ungewissen politischen Zukunft. Für Unruhe sorgten unmittelbar vor den Wahlen Bombendrohungen gegen Schulen in mehreren großen Städten, unter anderem in Sofia. Cyber-Experten vermuteten im bulgarischen Rundfunk, es handele sich möglicherweise um extremistische Hackergruppen, die Panik und Angst verbreiten wollten, mutmaßlich aus Russland. Sprengkörper wurden in den betroffenen Schulen nicht gefunden. [...]

Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten spielt in Bulgarien Facebook bei der Verbreitung von Informationen und auch Desinformation noch bis heute eine überragende Rolle. Der politische Diskurs finde auf der Plattform von Meta statt, sie funktioniere wie eine Nachrichtenagentur für die großen Medien im Land, stellte der Schriftsteller Georgi Gospodinov bei einer Konferenz des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung am Dienstag in Sofia fest. Eine Ursache für Facebooks riesigen Einfluss: Es fehlten große Qualitätsmedien und Zeitungen in Bulgarien. Dies stellt auch der Forscher Ruslan Stefanov fest, der ausführte, dass der Mangel an guter politischer Führung das Misstrauen gegen die Demokratie noch vergrößere. Und dieser Mangel an Vertrauen fördere die Verbreitung von Falschmeldungen und Desinformation - sowie die Zustimmung zu autoritären Ideologien. [...]

Dazu kommt eine Medienlandschaft, die durch Abhängigkeit von der Politik und Oligarchentum geprägt ist. Zudem, so erklärt es Stefanov vom Center for Study of Democracy in Sofia, käme eine ältere Generation von Journalistinnen und Journalisten, die es gewohnt sei, russische Quellen zu benutzen und ihnen zu vertrauen - und dies bis heute tun. So habe eine Untersuchung gezeigt, dass mehr als ein Viertel aller Meldungen, die von der staatlichen Nachrichtenagentur BTA publiziert wurden, zugunsten Russlands seien oder auf Angaben der russischen Nachrichtenagentur TASS basierten. Es gebe daher die Sorge, so Stefanov weiter, die bulgarische Nachrichtenagentur sei ein trojanisches Pferd für russische Desinformation in der EU. [...]

Die russischen Narrative über eine irrationale und komplett marode EU werden in der bulgarischen Öffentlichkeit und Politik immer wieder aufgenommen, wie verschiedene Beispiele zeigen: Sei es die angebliche Genehmigung der EU, menschliches Haar in Brot zu verarbeiten oder die Falschmeldung, in Westeuropa hätten die Menschen kaum noch Nahrung und würden bald ihre Haustiere verspeisen. [...]

Und so blicken viele Fachleute wenig optimistisch in die Zukunft Bulgariens. Während der Pandemie war die Skepsis gegenüber westlichen Impfstoffen hier besonders ausgeprägt, und auch wenn nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine das Ansehen Putins deutlich sank, wurden die ukrainischen Streitkräfte doch weithin als unorganisierte Banden von Neonazis dargestellt, die Zivilisten als Schutzschilde benutzten und Kriegsverbrechen gegen ukrainische Bürger begingen, um diese dann Russland in die Schuhe zu schieben. Auch geflüchtete Ukrainer sind Gegenstand und Ziel von Desinformation und Falschmeldungen. Sogar Minister der damaligen Regierung übernahmen die Propaganda des Kremls, wonach es sich bei dem Angriffskrieg lediglich um eine Spezialoperation handele.
https://www.tagesschau.de/faktenfinder/d...n-101.html

Schneemann
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