(Kalter Krieg) Wann waren wir den Krieg am nächsten?
#32
@marcoB
Bis zum Kriegsausbruch wirkt das Szenario recht realistisch, auch wenn man davon ausgeht das Soshkin Züge von Paranoia aufweist.
Aber schon bei der Blockade merkt man, das sich da niemand mit den Streitkräften der Sowjetunion auskennt. Die sowjetische Marine war eigentlich eher für den Schutz der eigenen Küsten, mit ihren "Bastionen" von U-Booten mit ballistischen Atomraketen, ausgerichtet. Entsprechend hatten die meisten sowjetischen Kriegsschiffe einen vergleichsweise geringen Fahrbereich und auch einen recht geringen Vorrat an FK. Sie wären damit für ausgedehnte Operationen im offenen Atlantik kaum geeignet gewesen.
Nur einige größere und neuere Kriegsschiffe - namentlich die Zerstörer der Sovremenny- und der Udaloy-Klasse wären für eine größere Operation im Atlantik geeignet gewesen. Ihre Zahl wäre aber überschaubar gewesen. Genug Schiffe hätten sich in der Werft oder aber auch bei der Pazifikflotte befunden.
Ein weiteres Problem, dem sich die sowjetische Marine bei der Aufrechterhaltung einer solchen Blockade gegenübergesehen hätte, wäre die Versorgung der teilnehmenden Kriegsschiffe gewesen. Die sowjetische Marine hatte bis zuletzt nur ein einziges richtiges Versorgungsschiff, die Berezina. Dieser Mangel an geeigneten Versorgungsschiffen hätte bei einer solchen Blockade zu schweren logistischen Problemen geführt.
Zwar hätte man auch auf U-Boote zurückgreifen können, aber auch von diesen hätte man eine gewisse Anzahl für den Schutz der eigenen Küste oder der "Bastionen" benötigt.
Die sowjetische Marine wäre also zu einer solchen Blockade kaum in der Lage gewesen.
Die US Navy hätte auch keine acht Flugzeugträger eingesetzt. Schon vier Flugzeugträger samt ihren Begleitkreuzern und -zerstörern wären ein stattlicher Verband gewesen, und auch die US Navy hätte genug Kriegsschiffe nicht im Atlantik, sondern im Pazifik gehabt. Dennoch hätte sie den Konvoi recht gut verteidigen können.
Die Landung bei Heiligenhafen in Schleswig-Holstein ist unrealistisch.
Der Fehmarnsund ist ein stark befahrenes Seegebiet, das zudem noch per Radar überwacht wird. Da kommt man nicht einfach ungesehen mit einer Landungsflotille durch! Es wären dazu imho zumindest umfangreiche Operationen der Spetznasz notwendig gewesen.
Die Volksmarine stützte sich zum fraglichen Zeitpunkt vor allem auf Korvetten der Parchim-Klasse und 20 FK-Schnellboote, davon 5 der Tarantul I-Klasse. Eventuell hätten noch eine von drei Fregatten der Koni-Klasse und vereinzelte Torpedoboote der Libelle- oder Shershen-Klasse zur Deckung der Landung eingesetzt werden können. Davon wäre natürlich auch nur ein Teil verfügbar gewesen.
Mit diesen hätte man sich der Bundesmarine - die in ihren Stützpunkten in Schleswig-Holstein immerhin schon 40 FK-Schnellboote beheimatet hatte - und der dänischen Marine gegenübergesehen. Hinzu wäre Luftunterstützung durch Marineflieger aus Eggebek und Jagel und vielleicht auch landgestützte Artillerie gekommen. Schon der Versuch einer Landung in Schleswig-Holstein wäre also wohl eine kostspielige und verlustreiche Affäre für den Warschauer Pakt geworden.
Schlimmer noch: Nach der Landung hätten sich die Truppen des Warschauer Paktes starken feindlichen Verbänden gegenübergesehen, namentlich der 6.Panzergrenadierdivision der Bundeswehr.
Eine Verlegung zusätzlicher Truppen nach Schleswig-Holstein wäre also absolut unnötig gewesen.
Die Landung hätte auch kaum den Effekt einer Ablenkung erzielt, sondern hätte eher alle Truppen der NATO entlang der innerdeutschen Grenze alarmiert. Den nach Westen vorstoßenden Truppen des Warschauer Paktes hätte dies ihre Aufgabe eher erschwert.
Ebenso unglaubwürdig sind die Luftangriffe auf die Luftwaffenstützpunkte der NATO. Diese wären schon vorher in erhöhter Alarmbereitschaft gewesen, man hätte Luftpatrouillen in der Luft und Alarmrotten am Boden startbereit gehabt. Zudem gibt es ja auch eine bodengestützte Luftabwehr. Ach ja, die MiG-25 wird eher als Abfangjäger und Aufklärer eingesetzt, und nur wenige warn in der damaligen DDR stationiert.
Es fällt auch auf, das die NATO in dem Szenario bis zu Operation "Bloody Nose" - cooler Name, btw. 8) - fast nur reagiert.
So wie die Sowjetunion und ihre Verbündeten in dem in dieser sogenannten Doku gezeigten Szenario vorgehen hätten sie jede Menge Vorteile von vornherein verspielt.
Fazit: Nettes Popkornkino, reißerisch präsentiert und unrealistisch.
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