Frankreich
Um auf Tiger zurückzukommen: Nicht nur, dass Frankreich wirtschaftlich ein Problem hat, so wird dieses Problem obweilen immer mehr zu einem politischen und zudem auch zu einem für Europa. Das zunehmende Abbröseln der Mittelschicht greift auch in Frankreich immer heftiger um sich und sorgt für eine politische Radikalisierung, besonders des rechten und rechtspopulistischen Randes.
Zitat:Marine Le Pen

Würstchen, Hetze und Champagner

Unterwegs mit Marine Le Pen: Die Führerin der französischen Rechtsradikalen zieht von Dorf zu Dorf und versammelt die Unzufriedenen um sich. Sie dürfte die Kommunal- und Europawahlen gewinnen. Und niemand ist in Sicht, der sie aufhalten kann. [...] Die Parteichefin des rechten Front National (FN) gibt sich an diesem Oktobersonntag kumpelhaft und volkstümlich, stapft im blauen Dufflecoat durch Brachay, ein Dorf in der Champagne. Muss man sich vor ihr fürchten? "Die Umfrage, die Angst macht", titelte vergangene Woche das Pariser Magazin Le Nouvel Observateur und zeigte die blonde Nationalistin neben einer Zahl, der 24. So viel Prozent der Stimmen würde ihre Partei, einer Umfrage zufolge, bei den Europawahlen erzielen, wenn jetzt gewählt würde. Damit liegt sie erstmals landesweit vor allen anderen. Die möglichen Folgen sind kaum auszudenken. Stieße die dezidierte EU-Gegnerin Le Pen wirklich einmal ins Innere der Macht in Paris vor, dann geriete Europa ins Wanken. Den Bürgern von Brachay käme das gerade recht. Bei den Präsidentschaftswahlen im Mai 2012 stimmten 72 Prozent von ihnen für Le Pen. Dabei seien sie ganz normale Franzosen und "keine Rassisten", wie ihr Bürgermeister Gerard Marchand sagt. [...]

Nur am Rande flicht sie in ihrer Rede auf dem Dorfplatz die für ihre Partei typischen Tiraden gegen Ausländer und die "verbrecherischen Nomaden" ein, die Sinti und Roma. Dafür gibt es den stärksten Applaus. Als ihr Hauptanliegen aber präsentiert sie in Brachay etwas anderes: Sie will das Dorf zum "Symbol der Vergessenen" machen. "Symbol von Millionen Franzosen, denen es immer schlechter geht und deren Sorgen von der französischen Politik vollkommen ignoriert werden", ruft sie aus. [...]

Derzeit läuft es perfekt für sie. Das Meinungsforschungsinstitut IFOP zählt Gründe auf. So zeugten neue Umfragen vom "Unbehagen der Mittelschichten", deren soziale Lage erodiere. Es gibt heute ein Kaufkraftproblem in Frankreich", analysiert IFOP-Direktor Jérôme Fourquet. "Wirtschaftskrise und steigende Steuern haben bewirkt, dass für sehr viele Franzosen am Monatsende das Geld nicht mehr reicht."

Ihr Zorn muss sich Luft verschaffen, der FN bietet die Ventile an: Einwanderung, Kriminalität, die angebliche Islamisierung, Globalisierung, Europa.
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Schneemann.
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