(Zweiter Weltkrieg) Deutsche Strategie im Zweiten Weltkrieg
#10
Nochmal kurz zur „polnischen Variante“, die ideologischen Probleme halte ich für unüberwindbar, es entsprach eben gerade nicht der Politik Hitlers auf Raum im Osten auch nur kurzfristig zu verzichten und die Polen als Partner anzuerkennen war auch ideologisch nicht vertretbar.
Auch eine Unterstützung des Westens halte ich für ausgeschlossen, nach der „Zerschlagung der Resttschechei“ im März 39 und dem damit verbundenen Bruch des Münchener Abkommens war Hitlers aggressive Politik überdeutlich und das politische Vertrauen in die Zuverlässigkeit Hitler Deutschlands lag auf dem Nullpunkt. Deutschland war ein Paria Europas.
Die Unterstützung Finnlands war tatsächlich angedacht, was Stalin u.a. zum Friedensschluss bewegte.
Allerdings hätte die UdSSR ohne den Ribbentrop Molotov Pakt wohl kaum Finnland, das ebenso wie die baltischen Staaten in die sowjetische Interessensphäre fiel, überfallen und den Westalliierten Anlaß zu Unterstützungsüberlegungen gegeben.
Interessant ist an dem Gedankenspiel aber auch die Rolle der baltischen Staaten; diese waren eher deutsch freundlich, deren Unterstützung man sicherlich hätte gewinnen können. Nach Leningrad wäre es dann auch ein kleiner Sprung gewesen…
Die Nordfront hätte dann sicher wesentlich weniger Kräfte gebraucht.
Hmm interessantes Gedankenspiel, allerdings bleibt meine Kristallkugel eher skeptisch.
Mein Hauptgrund ist die mangelnde Erfahrung der Wehrmacht mit der Blitzkriegstrategie.

Okay, jetzt zum wirklichen Krieg;
Kiev war in der damaligen Situation die falsche strategische Entscheidung, das Gewinnen der Kornkammer Ukraine wurde als vorrangig angesehen.
Interessant, dass du Clausewitz zitierst, hierzu zitiere ich mal Lidell Hart, den englischen Blitzkriegtheoretiker; „Sein [Clausewitz] entscheidender Fehler war es, den Willen auf der Liste seiner Prioritäten als letztes statt als erstes und umfassendes Ziel zu nennen und zu behaupten, dass die Zerstörung der feindlichen Militärmacht wesentlich sei, um die anderen Ziele zu erreichen.“ (zitiert nach: Charles Messenger, Blitzkrieg - Eine Strategie macht Geschichte, Bechtermünz Verlag Augsburg 2000, S.41)

Moskau war das einzig relevante Ziel, ich wage mal die Behauptung, die Rote Armee wäre nach dem Fall Moskaus auseinandergebrochen aufgrund der auf Moskau zentralisierten Infrastruktur und aus dem aus ihrem Fall zwangsläufig resultierenden Führungs- und Versorgungsproblemen. Der Schwenk nach Kiev war daher strategisch falsch.

Beim Unternehmen Blau hätte man Moskau als Ziel nehmen sollen, ein weiträumiges Ausweichen der Roten Armee, wie im Süden geschehen, wäre nicht möglich gewesen. Aufgrund der Mitte 42 noch überlegenen dt. Führungskunst, exemplarisch an der Schlacht um Charkow im Frühsommer 42 zu sehen, wäre es wohl wiederum zu Einkesselungen gekommen. Eine Wiederholung von Wjasma-Brjansk hätten die Russen nur schwer verkraftet. Ob eine Eroberung Moskaus Mitte 42 noch die gleichen Auswirkungen wie Ende 41 gehabt hätte, bezweifele ich angesichts der allgemeinen Stabilisierung der militärischen und politischen Lage. Stalin hatte 41 Angst verhaftet und angeklagt zu werden, General Wlassow lief zur Wehrmacht über…

Mit deinem Zitat Friedrich des Großen und den daraus gezogenen Folgerungen bin ich dagegen voll und ganz einverstanden, das Verkleckern deutscher Truppen in Frankreich, die LSAH, Totenkopf u.a. waren 42,43 als Besatzungstruppen sicherlich nicht notwendig.
Hieran zeigt sich aber exemplarisch die strategische Feigheit Hitlers.

Das DAK beurteile ich anders, die 41 bis Mitte 42 eingesetzten Truppen waren zahlenmäßig im Gesamtbild nicht relevant. Die Ende 42 nach Tunesien in Folge der Operation Torch entsandten Truppen waren dagegen eine Wahnsinnsverschwendung. Mit diesen Truppen hätte man auf Sizilien oder eher noch an der Ostfront so einiges anfangen können.
Nach Torch und der verlorenen Schlacht um El Alamein hätte man die verbliebenen Truppen ausfliegen bzw. ausschiffen sollen und die erfahrenen Soldaten in D neu ausrüsten sollen. Angesichts des Angriffs von zwei Seiten und der weit überlegenen Marine der Alliierten waren die Schlusskämpfe in Afrika blanker Unsinn.
Zu den Hilfslieferungen an die Sowjets; Zahlen habe ich nicht parat, aber deine Zahlen klingen plausibel.
Nach meiner Erinnerung liefen 2/3 der Hilfslieferungen über Persien. Bedeutung hatten diese vor allem für die durchgehende Motorisierung der Roten Armee, die dadurch wesentlich stärker ausgeprägt war als bei der Wehrmacht. Diese größere Beweglichkeit hatte einen bedeutenden Anteil an den sowjetischen Erfolgen ab 43.
Die Einnahme Murmansk scheiterte daran, dass eine Versorgung einer die notwendige Stärke besitzenden Truppen in den klimatischen Verhältnissen nicht möglich war, nach meiner Kenntnis wurden 3x2 Divisionen eingesetzt, um die nach Murmansk führende Bahnlinie zu unterbrechen. Hätte man diese Einheiten geschlossen eingesetzt und versorgen können, wäre ein solches Unternehmen vielleicht gelungen.
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