BSP Zahlen von China
#36
oooch - mir ist die "Kindervariante" durchaus geläufig, wenngleich die für eine moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft eher untauglich ist (wer hier in Deutschland mehr als zwei Kinder hat gilt ja vielfach schon als asozial) ...

zu China:
China durchlebt derzeit einen der tiefgreifendsten Strukturwandel, die man sich vorstellen kann. Davon ist auch das Sozialwesen, vor allem die Altersvorsorge, betroffen. Auch die befindet sich im Umbau.

Ich muss da zunächst etwas vorausschicken:
es gibt für die Rentenfinanzierung nach dem "Schweizer Modell" auch in der EU zunehmend "drei Säulen"
- eine staatliche Grundrente (entsprechend unserer gesetzlichen Renteversicherung)
- eine Betriebsrente (ähnliches kennt die Altersversorgung des öffentlichen Dienstes) und
- die (ggf. staatlich geförderte) Privatvorsorge (Stichwort: Bausparer, Riester-Rente, Eichel-Rente = Entgeltumwandlung);

CHINAS BISHERIGE ENTWICKLUNG:
In China gibt es (derzeit noch) eine "Zweiteilung" der Gesellschaft (vgl.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.uni-kiel.de/ewf/geographie/forum/unterric/material/china/bevoelkerung/be6r1alv.htm">http://www.uni-kiel.de/ewf/geographie/f ... 6r1alv.htm</a><!-- m --> ).

A) Bereich der Bauern und Dörfer:
Kinder dienen hier vielfach noch als Arbeitskräfte und Alterssicherung, da das Rentensystem Chinas gerade für die Bauernschaft keine Absicherung bietet. So haben die Söhne dann traditionell die Pflicht, für die Eltern zu sorgen
China ist derzeit dabei, ein Rentensystem für die Bauern zu entwickeln und einzuführen. Im Juli 2003 wurde in Qingdao in der Provinz Shangdong, für die in den Vororten der Stadt lebenden Bauern probeweise ein ländliches Rentensystem eingeführt. Alle lokalen Bauern über 18, die ja nicht als Stadtbürger gelten, können sich an der ländlichen Rentenversicherung beteiligen, indem sie 15 Jahre lang 267 Yuan (knapp 33 US$) pro Jahr oder alles auf einmal einzahlen. Wenn nun eine Bäuerin das Alter von 55 Jahren oder ein Bauer das Alter von 60 Jahren erreicht hat, wird von der lokalen Behörde für Arbeit und Soziales eine monatliche Rente ausgezahlt werden.
Das ganze ist also eine "öffentlich gesicherte" Privatvorsorge, und im Ansatz wohl auch der Privatvorsorge vergleichbar, die "Freiberufler", Handwerker oder Landwirte bei uns machen können.
Source:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/01/19/1@4150.htm">http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/01/19/1@4150.htm</a><!-- m -->

Dieses System der "Privatvorsorge" wird weiter ausgebaut und auch in den städtischen Bereichen angeboten werden - wobei sehr viele Chinesen (mit einem eisernen Sparwillen versehen) durchaus auch andere Arten der Privatvorsorge betreiben. Derzeit boomt z.B. der Immobiliensektor, auch weil sich viele Chinesen mit Eigentumswohnungen und -häusern versehen. Inzwischen hat auch eine deutsche Bausparkasse mit entsprechenden Angeboten in China aufgemacht.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,286528,00.html">http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,286528,00.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.stern.de/wirtschaft/immobilien/meldungen/?id=520314">http://www.stern.de/wirtschaft/immobili ... ?id=520314</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,286609,00.html">http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,286609,00.html</a><!-- m -->
Die "Mittelschicht" in China nimmt enorm zu. Ein großer Teil des Börsenbooms in China ist auch durch die Privatanlage von Spargeldern der Chinesen ausgelöst.

B) Im "städtisch-industriellen" China
gab es bisher praktisch nur die "Zweite Säule" - die Betriebsrente aus dem (staatlichen bzw. der Kommune) gehörenden Betrieb (System: "Eiserne Reisschüssel"), das von den Kommunisten eingeführt worden war (vorher gabs gar nix).
Nach dem Prinzip der Einheit ("Danwei") bietet das Unternehmen nicht nur den Arbeitsplatz, sondern auch Wohnung, Kindergartenplatz, Krankenversorgung und Versorgung im Alter. Die staatlichen und kommunalen Betriebe sind immer noch ein tragender Pfeiler für soziale Sicherung.
Je mehr Staatsbetriebe in private Betriebe umgewandelt werden, desto dringender muss China eine neue Form der Altersvorsorge und sozialen Sicherung aufbauen.
Vielfach wird das System der "Betriebsrente" auch von den Privatfirmen weiter geführt.
Zitat:Eine ausländische Firma führte ein Rentensystem ein, bei dem die Angestellten 5% und die Firma 7,5% des Monatsgehalts als Altersversicherungsprämie einbezahlten. Beim Erreichen des Pensionsalters erhält ein Angestellter die Summe von Gesamtkapital und Zins zurückbezahlt. Wenn er weniger als 5 Jahre in der Firma gearbeitet hat, kann er sich seine Beiträge ausbezahlen lassen. Beträgt die Arbeitszeit länger als 5 Jahre, erhält er die Firmenbeiträge dazu. Diese Regelung verbindet das ursprüngliche System der ausländischen Firma mit den chinesischen Gegenbenheiten und ist bei vielen chinesischen Angestellten beliebt.
Source:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.chinatoday.com.cn/chinaheute/203g1n2/g2003n12/12n2c.htm">http://www.chinatoday.com.cn/chinaheute ... /12n2c.htm</a><!-- m -->

Dazu Radio China International:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/02/25/1@5703.htm">http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/02/25/1@5703.htm</a><!-- m -->
Zitat:Rentenversicherungssystem in China weiter ausgebaut
In China soll das System der Rentenversicherung weiter ausgebaut werden. ...
sind bislang über 150 Mio. Chinesen, darunter 80 Prozent der Arbeiter und Angestellten von Unternehmen rentenversichert.

Auch Gewerbetreibenden und Freiberufliche werden zunehmend in die Rentenversicherung integriert.
....
Ich erwarte, dass über kurz oder lang eine solche Betriebsrente auch gesetzlich vorgeschrieben wird. Damit kann der Staat die staatliche "Last zur Altersvorsorge" auf die Schultern der Unternehmer verlagern. Bei uns ist das mit der staatlich geförderten Entgeltumwandlung ja auch auf dem Wege.

Zum Vergleich: die "Betriebsrente des öffentlichen und kirchlichen Dienstes" in Deutschland geht von einem Rentenbeitrag von 4 % aus, der vom Arbeitgeber für die Angestellten und Arbeiter monatlich zusätzlich zum Gehalt gezahlt wird. Daraus lässt sich bei reiner Kapitaldeckung und einer vorsichtig kalkulierten Verzinsung eine Rentenleistung von um die 30 % des Gehalts erreichen.

ZUSAMMENFASSUNG:
Aus den bisherigen Ansätzen lässt sich eine konkrete Weiterentwicklung ableiten:
Ein System, das auf private Vorsorgekonten mit betrieblicher oder staatlicher Förderung setzt, ist eine der wahrscheinlichsten Optionen. Die hohe Sparbereitschaft und die enorme Arbeitsmotivation der Chinesen könnten dazu beitragen, dass das Land die tief greifenden Veränderungen seiner sozialen Struktur in den Griff bekommt

Kommt eine "dritte Säule?"

Die beiden bisherigen Säulen - auch zusammen - werden wohl nicht in allen Fällen ein auskömmliches Rentenniveau sichern können. China muss sich daher auch zu einer weiteren, staatlich garantierten "Grundrente" durchringen.

Dieses Rentensystem auf das "Umlageverfahren" abzustützen ist bei der absehbaren demographischen Entwicklung der Chinesen nicht ratsam. Für eine Kapitaldeckung sind Milliarden nötig - oder aber entsprechende staatliche Steuereinnahmen.
Noch kann das Land seine "demographische Dividende" ausspielen, da bis zum Jahr 2030 noch viele junge Arbeitskräfte auf den Markt drängen. Doch diese Menschen müssen auch einen Arbeitsplatz und damit Gelegenheit bekommen, für ihr Alter vorzusorgen.

Und nun Deinem Einwand zum "pro-Kopf-BIP":
absolute Zahlen sind dabei absolut irreführend. Entscheidend ist die Kaufkraft, also das Verhältnis von Einkommen zu Lebenshaltungskosten.
Wenn das Preisniveau entsprechend niedrig ist, kann auch das Einkommen entsprechend niedriger sein, ohne dass dies zu Einbussen in der Lebensqualität führen muss.
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da man nicht zwei Postings hintereinander machen soll editier ich mal dazu:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.handelszeitung.ch/de/artikelanzeige/artikelanzeige.asp?BerichtNr=77674">http://www.handelszeitung.ch/de/artikel ... htNr=77674</a><!-- m -->

Zitat:Handelszeitung Geld vom 27.01.2004 (Schweiz)
Asien: China-Anlagen sind jetzt riskant

Chinas Wirtschaft wächst viel zu schnell. Die Regierung hat zwar Massnahmen beschlossen, es bleiben aber Risiken. Die Bewertungen sind zu hoch. ....
und das Gegenteil:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/02/24/1@5602.htm">http://de.chinabroadcast.cn/21/2004/02/24/1@5602.htm</a><!-- m -->
China Radio International Friday Feb 27th 2004

Zitat:Deutsche Bank sieht geringere Gefahr einer Konjunktur-Überhitzung in China

Shanghai:
Die Deutsche Bank sieht verminderte Gefahren einer Konjunktur-Überhitzung in China.

In einem am Montag in Shanghai veröffentlichten Untersuchungsbericht begründete die Bank dies mit gebremsten Zuwächsen der Investitionen in Festkapitalanlagen und des Kreditvolumens. Für dieses Jahr sei mit einem weiteren stabilen Wirtschaftswachstum in China zu rechnen....
und die Wirtschaftswoche vom Dezember letzten Jahres:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/buildww/cn/cn_artikel/cn/bm_morecontent/artpage/0/id/125/id/42287/fm/0/fl/0/bt/2/SH/0/depot/0/">http://www.wiwo.de/pswiwo/fn/ww2/sfn/bu ... 0/depot/0/</a><!-- m -->
Zitat:Neue Lokomotive der Weltwirtschaft

....„China wird seinen steilen Aufstieg wahrscheinlich viel länger und stärker fortsetzen, als die meisten Menschen kurz- und mittelfristig erwarten“, resümieren die Goldman-Sachs-Ökonomen. Das Riesenreich bleibt also eine Lokomotive der Weltwirtschaft.

Eine Überhitzung der Konjunktur ist bis auf weiteres nicht zu befürchten. Die Inflation beträgt nur 1,8 Prozent, und der Anstieg der Immobilienpreise liegt bei moderaten 4,0 Prozent.....
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