Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN)
#22
@Schneemann
"Phoenix" galt tatsächlich als erfolgreich. Die amerikanischen Einheiten hatten ihre Taktik gewechselt, statt den Vietcong zur offenen Feldschlacht zu zwingen, lachhafte Idee gegen Partisanen, wurde die amerikanische Truppe zu kleineren Einheiten umgeformt. Mobile Einsatzkommandos und nahkampferprobte Trupps durchkämmten Dschungel und Reisfelder. Speziell ausgebildete südvietnamesische Einheiten gingen unter Anleitung amerikanischer Berater gegen lokale Guerillas vor. Das ganze war eine äußerst brutale und blutige Geschichte, aber auch erfolgreich.
Die Guerillas wurden nach dem militärischen Desaster der Tet Offensive weiter geschwächt, so daß die Kriegführung von der NLF auf die Nordvietnamesen überging.
Verantwortlich für den Wechsel der Strategie war der neue Befehlshaber Creighton Abrams der nach Tet den glücklosen und uninspirierten Westmoreland abgelöst hatte.

Einher ging das mit einem "Accelerated Pacification Programm". Taktisch wurde an die Methoden der NLF angeknüpft, Einheiten von 59 Mann gingen in ein Dorf, um dort mit den Bewohnern zu leben, soziale Dienste zu verrichten und die Bewohner im Sinne Saigons zu beeinflussen.
Wesentliches Hindernis für dieses Programm war die schlechte Ausbildung der Kader und die korrupte und unflexible Haltung der Saigoner Regierung. Auch die Abstimmung zwischen US und ARVN Einheiten war mangelhaft.

Bis Mitte 1971 wurden 28.000 Guerillas verhaftet, 20.000 erschossen und 17.000 "überredet", die Seiten zu wechseln. Teilweise waren die Opfer aber auch politische Gegner Thieus (der regierende General Südvietnams) oder Zivilisten.

Noch ein Aspekt, warum die USA in Südvietnam scheiterten, die ARVN war in amerikanischer Taktik ausgebildet, die sich aber nur die USA materiell bezahlen konnten und diese "Militarisierung von unten", entscheidend wichtig für Partisanenkriege, konnte nach dieser Maßgabe nur schief gehen. Die Desertionsrate der ARVN war aufgrund der schlechten Bezahlung und der korrupten Offiziere immens.

Ebenso haben die USA sich die falschen Verbündeten ausgesucht; Diem war ein korrupter Spinner unter dem der Nepotismus blühte. Die auf den US gestützten Putsch gegen Diem folgende Generäle an der Macht waren nur unwesentlich besser, korrupt, entscheidungsunfähig und am einfachen Menschen nicht im geringsten interessiert. Im Gegensatz dazu lebten die NLF Kader Integrität vor und konnten so leichter die Bevölkerung für sich gewinnen.

Bei Linebacker II wurden auch sowjetische Schiffe im Hafen beschädigt und der Aufschrei blieb aus. Nixons "Madman theory" war trotzdem gefährlich.

Die USA haben in Südvietnam schon am Anfang zu viel falsch gemacht, um noch erfolgreich zu sein. Eine falsche Idee vom zu führenden Kampf, ein totales Fehlverständnis des Gegners und Ignoranz gegenüber den Fehlern der Seite auf die man sich geschlagen hat.

Hat aber auch am Rande etwas damit zu tun, dass die westliche Militärkultur seit der Zeit der griechischen Hopliten auf eine Entscheidungsschlacht im Kampf Mann gegen Mann getrimmt ist, eine Idee, die im Osten eher wenig verbreitet war. Dieses militärische Grundkonzept muss in einem Konflikt versagen, wenn es Grundidee des Gegners ist, eben diese Schlacht zu verweigern.

Zu Zahlen der Gesamtverluste, die ich zur Hand habe (Stand 1998) sind 2 Mio tote Vietnamesen, 300.000 Vermisste von 61-75, dazu kommen noch 800.000 Tote aus dem französischen Indochinakrieg.
4000 der 5800 der landwirtschaftlichen Genossenschaften im Norden wurden schwer beschädigt, im Süden 9.000 von 15.000 Dörfern zerstört.
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[Kein Betreff] - von Holger - 23.01.2004, 11:13

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