Saudi Arabien
Zitat:Schneemann, Deine Behauptung, dass der Stamm der Sauds die schon immer militante Bewegung der Wahabiten als Bedrohung ihrer Herrschaft angesehen hätten oder würden, ist bereits aus dem gemeinsamen historischen Kontext heraus seit 270 Jahren widerlegbar.
Das habe ich so auch nicht gesagt. Ich sagte, dass aus der Sicht der Fundamentalisten das Königshaus ein abzulehnender Faktor sei wegen dessen nicht sonderlich islamischer, ja geradezu protzig-feudaler Lebensweise. Das Königshaus selbst hat sich die Wahhabiten indessen durchaus im Sinne der eigenen Machterhaltabsichten zunutze gemacht, sicherlich richtig. Nur habe ich in dem Zusammenhang auch sehr genau und zudem angemerkt, dass einige im Königshaus so langsam (grob seit dem Ende der 1970er Jahre und dem Geschehen der weiter oben geschilderten Ereignisse) ebenfalls geflissentlich bemerkt haben, dass man sich den eigenen Ast absägt und dass man nun versucht Gegenmaßnahmen zu treffen (und dies tut man auch, zumindest innenpolitisch; was nun das Tragen der wahhabitischen Ideologie nach außen betrifft, so ist man noch sehr zaghaft, auch wenn das Verbot der syrisch-salafistischen Terrororganisationen [s. oben] ein Wink in die richtige Richtung sein könnte). Ob diese Maßnahmen von Erfolg gekrönt sein werden oder aber ob die gerufenen Geister irgendwann das eigene Ende einleiten, bleibt abzuwarten.
Zitat:In gewisser Weise trägt diese Beziehung Züge eines Schutzgeldgeschäfts oder König/Söldner-Verhältnis, wie es die Europäischen Adelshäuser mit den Söldnerheeren und ihren Anführern im Mittelalter in Zentraleuropa führten. Die Adeligen hatten damals die Finanzmittel, aber für Machterhalt und -Ausbau nicht genügend Gewaltpotential.
Das lässt sich recht schwer vergleichen. Zwar haben europäische Adlige oder Königshäuser durchaus auch ihre Söldnerheere besessen und "verkauft" nach dem jeweiligen Kriegsschauplatz, aber es ging hier nicht um das Benutzen (besser: Missbrauchen) einer religiösen Idee - von den europäischen Religionskriegen einmal abgesehen -, sondern um sehr geographisch-weltliche Machtansprüche (Thronfolgen, Handelswege, Kolonien etc.). Zudem sind die wahhabitischen Eiferer ja seltsamerweise nicht die Söldner der Saudis, die eigentlichen Truppen und Eliteeinheiten, wenn es denn Ausländer sind, rekrutieren sich oftmals aus Ländern rund um den Indik (Scholl-Latour nannte es mal beim Namen, als er erstaunt war, wie viele Pakistaner, Bangladescher, Malaien, ja sogar Philippinos sich dort tummelten).
Zitat:Mitunter verstehe ich daher durchaus Deinen gedanklichen Ansatz, dass derartige Söldner einem König über den Kopf wachsen können. Ich sehe das in Saudi Arabien aber nicht.
Vielleicht noch nicht (ganz). Bemerkt hat man das Gefahrenpotenzial indessen durchaus, sehr real sogar. Anders lässt sich die gegensteuernde Hektik der letzten Jahre auf diesem Feld nur schwer erklären.
Zitat:Gerade der Irak ist vor dem Hintergrund der wahabitisch-saudischen Allianz ein historisches Betätigungsfeld.
Das ist korrekt. Wobei man dazu sagen muss, dass der Irak bzw. das Zweistromland schon immer und oft ein Reibungspunkt zwischen Arabern bzw. Turkvölkern [Seldschuken] und Persien und damit auch zwischen den innerislamischen religiösen Strömungen war. Das kann man über Jahrhunderte zurückverfolgen. Das war aber schon der Fall, bevor es die Saud-Dynastie oder die Wahhabiten-Ideologie gab.

Schneemann.
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