14.02.2007, 04:31
So, jetzt mal einige kurze kritische Punkte, die bei Bedarf weiter ausgebaut werden:
Die historische Komponente dieser Debatte ist gerade von Tiger sehr, sehr selektiv und in meinen Augen inadäquat dargestellt wurden.
Dass Schweden als aggressive Großmacht wider Russland aufgetreten wäre, ist mir relativ neu. Schwedens Ziel war in der frühen Neuzeit das dominium maris baltici, nicht die Beherrschung Russlands! Russland mischte sich seit Iwan IV jedoch aktiv in diesen Konflikt ein, der primär von Schweden und Polen-Litauen geführt wurde und Dänemark. Russland griff im 16. jahrhundert in den Kampf um das Baltikum ein, obschon dort auch historisch vorher keine feste russische Herrschaft bestanden hatte. Schon dort griff Russland expansiv aus, nur fehlte damals einfach noch die Kraft für die Expansion. In diese Rubrik gehört auch die Smuta lieber Tiger! Russland oder sagen wir besser das Großfürstentum Russland hatte im 16. Jahrhundert massiv expandiert und dies versucht an allen Grenzen. Doch fehlte damals noch die Substanz und die darauffolgende Schwächephasen wurde zu Anfang des 17. Jahrhunderts von Polen, aber auch etwas von Schweden genutzt. Sowas nennt man eben Machtpolitik. Die Russen und deren russophile Verteidiger in Forum hier scheinen ein bissel blind auf einem Auge zu sein: Die schonungslose und brutale Expansion ist gut, wenn sie von einem autoritären und imperialen Russland vorgenommen wird, aber sobald die Russen mal schwächer sind, ist derselbe Umstand der machtpolitischen Erweiterung plötzlich ein zu geißelnder und abzulehnender Umstand! So viel Selbstgerechtigkeit auch noch moralisch fundieren zu wollen, würde mir Probleme bereiten...
Nach dem Ende des Kiewer Rus, bestanden mehrere russische Fürstentümer, von denen keine die Oberhoheit hatte. Nachdem aber die Goldene Horde mehr und mehr sich zurückzog, gab es zwei Fürstentümer, die die Hoheit über das Gebiet der ehemaligen Kiewer Rus beanspruchten: Litauen und Moskau. Beide stritten darum und daraus wurde der Kampf zwischen Moskau/Russland und Polen-LItauen.
Und dass die Moskauer nicht auch brutal zu ihren eigenen Leuten waren, muss ich nicht sagen: Novgorod wurde mehrfach bitter heimgesucht, das letzte Mal um 1580, als die Stadtoberen das Schreckensregime von Iwan dem Schrecklichen satt hatten und mit Polen konspirierten. Die Stadt wurde angegriffen und niedergebrannt.
Moskau und Russland griffen daraufhin in der Folge immer wieter aus, undzwar nach allen Richtungen, auch weit über das, was einstmals die Kiewer Rus war! Man eroberte mit blutigem Schwert und anders kann man das einfach nicht sagen selbst Städte wie Warschau oder Vilnius, die nie zum Kiewer Rus gehört haben. Man drang in den Kaukasus ein und rottete sogar einige der Kaukasusvölker fast aus. Man eroberte Sibirien usw. All dies nur als brutales Durchexerzieren machtpolitischer Umstände!
Oder nehmen wir einfach mal die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Länder wie Polen oder die Tscheschoslowakei wurden - obschon Verbündete - zu abhängigen Vasallenstaaten und Satelliten gedragiert - alles nur, weil eben die Rote Armee in diesen Ländern stand und die mächtigste bewaffnete Kraft war. Von Katyn will ich erst gar nicht anfangen. Auch hier ging Russland nach dem simplen Motto vor: Wir können es, wir machen es, wen interessiert, was andere davon halten!
Es ist schon extrem belustigend, wie jetzt angesichts dieser historischen Bilanz plötzlich Russland herumjammert um seine verlorene Positionen. Nur zu dumm, dass man da leider vergißt, mit welch brutalem und rücksichtlosem Vorgehen man diese Positionen gewonnen hatte! Warum hielt denn bitte schön Russland und die Sowjetunion die Vorherrschaft über den Ostblock?? Weil man die Sowjets und die Russen so toll fand?? Selten so gelacht! Es war die Macht der Roten Armeen und die bloße nackte Gewalt, wie man in Ungarn 1956, in der Tscheschoslowakei 1968 sah! Natürlich freut es die Russen nicht, dass ihr imperiales Erbe so ziemlich dahin ist, aber da noch viel Verständnid oder gar Zustimmung dazu zu haben, fäält mir bei dieser Geschichte einfach schwer!
Demokratische Staaten in Osteuropa entscheiden nun, was sie wollen. im weitesten Sinne kann nun das Volk entscheiden und angesichts der Erfahrungen mit Russland, ist die freie Entscheidung dort ziemlich eindeutig: man ist pro-EU und pro-USA. Sobald den Russen die Überzeugungskrat ihres Militäts fehlt, ist nunmal mit ihrem Einfluss nicht mehr viel her. Das sollte man in Moskau schon zur Kenntnis nehmen.
Und inwiefern nun Staaten blind folgen... in Sowjetzeiten mussten die Satelliten auch blind Moskau folgen, Moskau erwartet immer, dass andere springen, wenn es etwas sagt. Dass jetzt Staaten Bündnistreue vorgeworfen wird, ist seitens Russland ein billiges Argument, um von seinem schieren Neid abzulenken: Diese Staaten folgen eben Moskau nicht mehr blindlings, ergo sind sie schlecht. Würden sie Moskau so folgen, wäre es sicher nicht mehr schlecht. Wer hier selektiv ist in der Wahrnehmung, diese Frage sei einfach nur mal in den Raum gestellt, als rein rhetorische Frage!
Polen überdies war immer mutig genug Russland zu konfrontieren, allein schon aus historischer Perspektive, daher stellt es sich in der Ukraine, in Sachen Belarus, in Sachen Engeriefragen und Tschetschenien prononciert gegen Russland. Auch wenn Polen unter den Kaczynskis leider von dem liberalen und demokratischen Kurs etwas abkommt, stehen hier immer noch Systeme gegeneinander: Hier ein autoritärer Nationalismus eines stark hierarchischen, autoritären Staates, dort der emanzipierende Nationalismus eines plutokratisch/oligarchisch nun demokratischen Staates. Hier sei insbesondere an das große Werk von Klaus Zermack erinnert: Polen und Russland- zwei Wege in die europäische Geschichte, in dem dieser Gegensatz gut dargestellt wird.
Also, Polen steht wie Demon schon ausführte von seinen Interessen klar gegen Russland und da es dies eben jetzt wieder mehr kann, handelt Polen so. Inwiefern da Handlunsgrenzen überschritten werden, ist irrelevant, zumal wenn die rein akteurszentriert definiert werden. Will heißen: Wen interessiert es in Warschau, was Moskau denn letztlich als Handlungsgrenze für Polen ansieht? Moskau hat sich auch nie geschert, ergo, warum sollte es anders sein. Hier sollten einige etwas Realismus lernen. Wwas Russland mit seinen imperialen Ambitionen als adäquate Rolle für Polen ansieht, muss dort noch lange keinen interessieren. Relevant ist nur, was eben tatsächlich im internationalen Staatensystem möglich ist. Und solange Russland selbst noch an überzogenen Ambitionen festhält, wird wohl in Washington oder Warschau auch niemand zuhören, was Moskau will. Das ist nunmal Realpolitik.
Die Russen konnten das auch mal sehr gut, zu dumm nur, dass das Spiel nun etwas gegen sie steht.
Die historische Komponente dieser Debatte ist gerade von Tiger sehr, sehr selektiv und in meinen Augen inadäquat dargestellt wurden.
Dass Schweden als aggressive Großmacht wider Russland aufgetreten wäre, ist mir relativ neu. Schwedens Ziel war in der frühen Neuzeit das dominium maris baltici, nicht die Beherrschung Russlands! Russland mischte sich seit Iwan IV jedoch aktiv in diesen Konflikt ein, der primär von Schweden und Polen-Litauen geführt wurde und Dänemark. Russland griff im 16. jahrhundert in den Kampf um das Baltikum ein, obschon dort auch historisch vorher keine feste russische Herrschaft bestanden hatte. Schon dort griff Russland expansiv aus, nur fehlte damals einfach noch die Kraft für die Expansion. In diese Rubrik gehört auch die Smuta lieber Tiger! Russland oder sagen wir besser das Großfürstentum Russland hatte im 16. Jahrhundert massiv expandiert und dies versucht an allen Grenzen. Doch fehlte damals noch die Substanz und die darauffolgende Schwächephasen wurde zu Anfang des 17. Jahrhunderts von Polen, aber auch etwas von Schweden genutzt. Sowas nennt man eben Machtpolitik. Die Russen und deren russophile Verteidiger in Forum hier scheinen ein bissel blind auf einem Auge zu sein: Die schonungslose und brutale Expansion ist gut, wenn sie von einem autoritären und imperialen Russland vorgenommen wird, aber sobald die Russen mal schwächer sind, ist derselbe Umstand der machtpolitischen Erweiterung plötzlich ein zu geißelnder und abzulehnender Umstand! So viel Selbstgerechtigkeit auch noch moralisch fundieren zu wollen, würde mir Probleme bereiten...
Nach dem Ende des Kiewer Rus, bestanden mehrere russische Fürstentümer, von denen keine die Oberhoheit hatte. Nachdem aber die Goldene Horde mehr und mehr sich zurückzog, gab es zwei Fürstentümer, die die Hoheit über das Gebiet der ehemaligen Kiewer Rus beanspruchten: Litauen und Moskau. Beide stritten darum und daraus wurde der Kampf zwischen Moskau/Russland und Polen-LItauen.
Und dass die Moskauer nicht auch brutal zu ihren eigenen Leuten waren, muss ich nicht sagen: Novgorod wurde mehrfach bitter heimgesucht, das letzte Mal um 1580, als die Stadtoberen das Schreckensregime von Iwan dem Schrecklichen satt hatten und mit Polen konspirierten. Die Stadt wurde angegriffen und niedergebrannt.
Moskau und Russland griffen daraufhin in der Folge immer wieter aus, undzwar nach allen Richtungen, auch weit über das, was einstmals die Kiewer Rus war! Man eroberte mit blutigem Schwert und anders kann man das einfach nicht sagen selbst Städte wie Warschau oder Vilnius, die nie zum Kiewer Rus gehört haben. Man drang in den Kaukasus ein und rottete sogar einige der Kaukasusvölker fast aus. Man eroberte Sibirien usw. All dies nur als brutales Durchexerzieren machtpolitischer Umstände!
Oder nehmen wir einfach mal die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg: Länder wie Polen oder die Tscheschoslowakei wurden - obschon Verbündete - zu abhängigen Vasallenstaaten und Satelliten gedragiert - alles nur, weil eben die Rote Armee in diesen Ländern stand und die mächtigste bewaffnete Kraft war. Von Katyn will ich erst gar nicht anfangen. Auch hier ging Russland nach dem simplen Motto vor: Wir können es, wir machen es, wen interessiert, was andere davon halten!
Es ist schon extrem belustigend, wie jetzt angesichts dieser historischen Bilanz plötzlich Russland herumjammert um seine verlorene Positionen. Nur zu dumm, dass man da leider vergißt, mit welch brutalem und rücksichtlosem Vorgehen man diese Positionen gewonnen hatte! Warum hielt denn bitte schön Russland und die Sowjetunion die Vorherrschaft über den Ostblock?? Weil man die Sowjets und die Russen so toll fand?? Selten so gelacht! Es war die Macht der Roten Armeen und die bloße nackte Gewalt, wie man in Ungarn 1956, in der Tscheschoslowakei 1968 sah! Natürlich freut es die Russen nicht, dass ihr imperiales Erbe so ziemlich dahin ist, aber da noch viel Verständnid oder gar Zustimmung dazu zu haben, fäält mir bei dieser Geschichte einfach schwer!
Demokratische Staaten in Osteuropa entscheiden nun, was sie wollen. im weitesten Sinne kann nun das Volk entscheiden und angesichts der Erfahrungen mit Russland, ist die freie Entscheidung dort ziemlich eindeutig: man ist pro-EU und pro-USA. Sobald den Russen die Überzeugungskrat ihres Militäts fehlt, ist nunmal mit ihrem Einfluss nicht mehr viel her. Das sollte man in Moskau schon zur Kenntnis nehmen.
Und inwiefern nun Staaten blind folgen... in Sowjetzeiten mussten die Satelliten auch blind Moskau folgen, Moskau erwartet immer, dass andere springen, wenn es etwas sagt. Dass jetzt Staaten Bündnistreue vorgeworfen wird, ist seitens Russland ein billiges Argument, um von seinem schieren Neid abzulenken: Diese Staaten folgen eben Moskau nicht mehr blindlings, ergo sind sie schlecht. Würden sie Moskau so folgen, wäre es sicher nicht mehr schlecht. Wer hier selektiv ist in der Wahrnehmung, diese Frage sei einfach nur mal in den Raum gestellt, als rein rhetorische Frage!
Polen überdies war immer mutig genug Russland zu konfrontieren, allein schon aus historischer Perspektive, daher stellt es sich in der Ukraine, in Sachen Belarus, in Sachen Engeriefragen und Tschetschenien prononciert gegen Russland. Auch wenn Polen unter den Kaczynskis leider von dem liberalen und demokratischen Kurs etwas abkommt, stehen hier immer noch Systeme gegeneinander: Hier ein autoritärer Nationalismus eines stark hierarchischen, autoritären Staates, dort der emanzipierende Nationalismus eines plutokratisch/oligarchisch nun demokratischen Staates. Hier sei insbesondere an das große Werk von Klaus Zermack erinnert: Polen und Russland- zwei Wege in die europäische Geschichte, in dem dieser Gegensatz gut dargestellt wird.
Also, Polen steht wie Demon schon ausführte von seinen Interessen klar gegen Russland und da es dies eben jetzt wieder mehr kann, handelt Polen so. Inwiefern da Handlunsgrenzen überschritten werden, ist irrelevant, zumal wenn die rein akteurszentriert definiert werden. Will heißen: Wen interessiert es in Warschau, was Moskau denn letztlich als Handlungsgrenze für Polen ansieht? Moskau hat sich auch nie geschert, ergo, warum sollte es anders sein. Hier sollten einige etwas Realismus lernen. Wwas Russland mit seinen imperialen Ambitionen als adäquate Rolle für Polen ansieht, muss dort noch lange keinen interessieren. Relevant ist nur, was eben tatsächlich im internationalen Staatensystem möglich ist. Und solange Russland selbst noch an überzogenen Ambitionen festhält, wird wohl in Washington oder Warschau auch niemand zuhören, was Moskau will. Das ist nunmal Realpolitik.
Die Russen konnten das auch mal sehr gut, zu dumm nur, dass das Spiel nun etwas gegen sie steht.