(Europa) Schweizerische Heeresstreitkräfte
Gestern war in einer Schweizer Zeitung ein 2-seitiger Bericht über die Nachfolge des Tigers, der grösste Teil davon ein Interview mit dem Chefplaner der Armee, Jakob Baumann. Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen von ihm aus meiner Sicht:


- Gesamtbudget von 2.5 - 3 Mia SFR geplant
- ca. 100 Mio pro Maschinen Systempreis geplant
- Entscheid für 2010 geplant (Projektstart 2008)
- Beschaffung einer ersten Tranche von 10-13 Maschinen (1 Staffel)
- Lieferung 1. Staffel 2013 - 2015 geplant
- Endzahl noch unbekannt ("typenabhängig")
- Occasionsmaschinen nach wie vor in Diskussion
- Abklärungen Modernisierung Tiger als Notlösung inkl.


Aus dem Gesamtbudget interpretiere ich, dass man immer noch von 20-30 Maschinen ausgeht, jedoch in 2-3 Tranchen. Dies ermöglicht es, die Beschaffungen innerhalb des normalen Budgetrahmens der jährlichen Rüstungsprogramme (pro Jahr ca. 1 - 1,5 Mia SFR für Beschaffungen) abzuwickeln, d.h. ohne grossen Spezialkredit wie beim F-18.



Ganzes Interview (zwar online verfügbar, jedoch nur 7 Tage kostenlos, anschliessend gegen Gebühr):

Aargauer Zeitung / MLZ; 04.12.2006

Thema Zeitung

«Es geht darum, ein Dach über der Schweiz zu haben»

Jakob Baumann Der Armee-Chefplaner sagt, wie es punkto Entwicklungsschritt 08/11 weitergehen soll

Damit die Schweizer Armee punkto Luftkriegführung den Anschluss nicht verliert, brauche es mindestens 10 bis 13 neue Kampfflugzeuge, sagt Divisionär Jakob Baumann, der Chef des Planungsstabs der Armee.

christoph brunner
Herr Baumann, wie lange kann die Schweizer Armee unseren Luftraum mit den heutigen Mitteln noch schützen?

Jakob Baumann: Man muss zwischen Luftpolizeidienst und Luftkriegführung unterscheiden. Luftpolizeidienst im Extremfall ist das, was während des World Economic Forum in Davos passiert: Die Flieger sind permanent in der Luft. Mit unseren 33 F/A-18 und den 54 F-5-Tiger sind wir in der Lage, das ohne Unterbruch ein bis zwei Wochen sicherstellen zu können.

Wie sieht es punkto Luftkriegführung aus?

Baumann: Wir haben mit der F/A-18 ein hervorragendes Ins trument, mussten aber in den vergangenen Jahren mit der Ausmusterung der Mirage und der Hunter die Fähigkeit zur Aufklärung respektive das Feuer Luft-Boden aufgeben. Das heisst: Die Schweiz verfügt nicht mehr über das komplette Know-how in der Luftkriegführung. Handlungsbedarf besteht also erstens in der Durchhaltefähigkeit im Luftpolizeidienst, zweitens gilt es, gewisse Lücken im Bereich Luftkriegführung zu schliessen.

Die Tiger erreichen im Jahr 2010 das Ende ihrer operationellen Lebensdauer. Besteht danach also eine ernsthafte Lücke in der Luftverteidigung, wenn wir keine neuen Kampfjets anschaffen?

Baumann: Die 33 F/A-18 allein reichen weder für einen nachhaltigen Luftpolizeidienst über einen längeren Zeitraum noch für eine Luftkriegführung in der ganzen Breite des Spektrums, die diesen Namen überhaupt verdient.

Wie zentral ist nach 9/11 ein permanenter Luftpolizeidienst für die Sicherheit der Schweiz?

Baumann: Ich denke, dass sich die Wahrnehmung der Bevölkerung stark verändert hat, weil jedem klar ist, dass die Bedrohung aus der Luft real ist. Bezüglich der möglichen Szenarien hat sich nicht viel geändert.

Zurück zu den 54 Tiger F-5: Sie haben dieses Jahr einen Kredit von 2 Millionen Franken bewilligt bekommen, um vertiefte Marktbeobachtungen durchführen zu können. Was haben diese bis jetzt ergeben?

Baumann: Wir haben dieses Jahr mit den möglichen Anbietern eines Ersatzes für den Tiger F-5 je zwei Meetings durchgeführt. Es handelt sich um die Firmen Boeing, Dassault, EADS und Saab. Alle vier Anbieter kennen jetzt unsere Ausgangslage und werden uns aufgrund ihrer Studien mitteilen, wie viele ihrer Flugzeuge in welcher Konfiguration unsere Luftwaffe benötigen würde, um ihre Aufträge erfüllen können.

Von welcher Stückzahl gehen Sie aus?

Baumann: Das kann ich heute noch nicht sagen, weil die Abklärungen der Anbieter noch laufen und wir ihre Antworten erst im Lauf des nächsten Jahres bekommen. Vorgesehen ist aber, dass wir im Laufe des Jahres 2007 dem Parlament einen Projektkredit «Ersatz Tiger» beantragen um 2008 ein entsprechendes Projekt zu starten.

Das heisst, dass alle vier genannten Typen die Anforderungen grundsätzlich erfüllen?

Baumann: Ja, wobei die Anforderungen noch nicht im Detail bekannt sind. Ich bin nicht Pilot, aber als Planer könnte ich mit allen vier Typen sehr gut leben.

Sie haben letztes Jahr gesagt, dass sie von Kosten von rund 100 Millionen Franken pro Kampfjet ausgehen. Trifft diese Grössenordnung noch zu?

Baumann: Das ist wahrscheinlich eine realistische Grössenordnung. Wobei zu betonen ist, dass 100 Millionen der Systempreis für einen voll ausgerüsteten Flieger wären.

Wie viele neue Maschinen braucht es denn, um den «Aufwuchskern Luftkriegführung» zu alimentieren?

Baumann: Das ist eine sehr komplexe Frage, weil es davon abhängt, welcher Flugzeugtyp welche Aufgabe wahrnimmt, beispielsweise Luft-Boden-Feuer. Man kann jedoch davon ausgehen, dass für diesen Aufwuchskern Luftkriegführung mindestens eine Staffel nötig ist, das heisst 10 bis 13 Maschinen.

Ist auch der Kauf von Occasionsmaschinen eine mögliche Variante, die Sie prüfen?

Baumann: Ja, solche Offerten prüfen wir intensiv. Die Frage ist aber, wie viele Flugstunden mit einer solchen Maschine noch möglich und welche «Upgrades» noch nötig sind.

Liesse sich mit einer solchen Lösung substanziell Geld sparen?

Baumann: Genau das wissen wir eben nicht. Es könnte sogar sein, dass es teurer wäre.

Prüfen Sie auch die Kooperation mit dem Ausland bei gleichzeitiger Reduktion der eigenen Aufgaben?

Baumann: Nein. Wesentlich ist, dass wir das Dach über der Schweiz mit unserer eigenen Luftwaffe sicherstellen. Diese nationale Aufgabe wird von selbstständigen Ländern selbst wahrgenommen, das kann man nicht delegieren. Das schliesst jedoch nicht aus, dass wir mit unseren Nachbarn Abkommen eingehen, welche die Zusammenarbeit im luftpolizeilichen Bereich regeln, inklusive Einsatz von Überwachungssystemen.

Das Parlament muss also zwischen 2008 und 2011 einen Grundsatzentscheid treffen. Ab wann könnten denn die neuen Kampfjets frühstens in der Luft sein?

Baumann: Wenn das Parlament 2010 Ja sagen würde, dann gehen wir davon aus, dass eine ers te Staffel zwischen 2013 und 2015 operationell sein könnte.

Und wenn das Parlament Nein sagt? Müssen dann die Tiger nachgerüstet werden?

Baumann: Aus dem Tiger können Sie keinen Ersatz des Tiger machen, auch wenn sich einige Funktionen theoretisch noch nachrüsten lassen. Es ist aber eine mögliche Variante, mit der wir uns befassen. Die Thematik der Tiger-Nachfolge ist aber nicht primär eine militärische Fragestellung, sondern eine sicherheitspolitische. Es geht darum, ob wir ein Dach über der Schweiz haben wollen oder nicht. Das muss nicht nur die Armee interessieren, sondern alle Schweizerinnen und Schweizer.

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