20.06.2006, 23:49
Zitat:Kann dir hier nicht zustimmen, weil du den Kardinalfehler begehst, sozio-politische Dynamiken und Prozesse nicht kontextuell zu betrachten, sondern anhand eines vorgefertigten normativen Kriteriensatzes und das kannst du bei Prozessen der Demokratisierung glatt vergessen. Palästina ist nunmal nicht Deutschland und die Voraussetzung, ja die Aufoktroyierung bestimmter fremder, nicht verwurzelter Ordnungskonzepte ist anmaßend und dumm, bestenfalls hochgradig naiv und idealistisch. Die FDGO kannst du eben nicht so einfach ohne institutionelle Aufbereitung und Basis, ohne sozio-ökonomische und sozio-politische Fundierung voraussetzen.Meine Güte, merkst du eigentlich noch, wie du dich anhörst?!
Das ist so, als ob du einem Lehrling sagst, los mache mal, repariere das Auto, ohne dass er das selbst jemals direkt getan hat. Völliger Blödsinn also dieser Ansatz. Die Verurteilung des Hamssieges, sowie die dezerdierte Isloierung moderater oder potenziell moderationsfähiger Islamisten kann keine gute Politik sein, vergißt sie doch, dass diese gesellschaften sich stark transformieren und damit auch die politischen Kräfte dort.
Mal davon abgesehen schlitterst du völlig am Gesagten vorbei. Dass du ernsthaft glaubst, ich würde einfach die Verhältnisse in Deutschland auf die im Nahen Osten übertragen, macht das ganze nur noch lächerlicher. Es ging darum, ob der Westen rein willkürlich und losgelöst von wohlwollenden Prinzipien die Hamas isoliert, weil sie ihm einfach nicht ins Programm passt oder nicht. Und das ist nun mal kaum haltbar. Mag ja sein, dass es innerhalb der Hamas speziell und der Palästinenser allgemein Bestrebungen gibt, eine eigene, funktionelle Ordnung aufzubauen. Das habe ich nicht in Zweifel gezogen. In Zweifel ziehe ich aber sehr wohl die These, dass diese Entwicklung so zwangsläufig vonstatten geht und der Westen daher quasi als einzige Möglichkeit die Unterstützung der Hamas gewährleisten muss. Dass in dieser Hinsicht vom Westen nicht der richtige Ton getroffen worden ist, ist eine völlig andere Geschichte und beileibe nichts neues in der Politik.
@Marc:
Zitat:Nope, ganz und gar nicht. Vielleicht im Bereich Armenien, aber auch hier sehe ich durchaus nicht als für die Türkei als erledigt an. Und es gibt andere Bereiche Kurden, Homosexuelle, allgemeine Polizeibrutalität, usw.Pass bloß auf, bevor dir auch ein vorgefertigter normativer Kriterienansatz vorgeworfen wird.
Aber ich seh schon, was du meinst. Ich denke sicher auch nicht, dass sich die Türkei 1:1 mit Deutschland vergleichen lässt und daher sollte man nicht den Fehler begehen, hier gegeneinander abzurechnen, was man nun hier darf und dort nicht. Ich denke dennoch, dass es in beiden Staaten, so wie in allen Ländern generell, eben bestimmte Dinge gibt, die in ihrer Betrachtung gewissermaßen losgelöst von sonstigen freiheitlichen und rechtlichen Prinzipien sind, weswegen sie sich zum Vergleich kaum eignen. Das war eben die Armenier-Geschichte in der Türkei und die Holocaust-Diskussion in Deutschland.