Wehrpflicht oder Berufsarmee?
mal ein kompromissvorschlag in der diskussin um den weiterbestand oder die aussetzung / abschaffung der allgemeinen wehrpflicht ... die wichtigsten argumente für den fortbestand der wehrpflicht sind in meinen augen:
a) gesellschaftliche bedeutung: jeder (männliche) bürger leistet einen dienst für die gesellschaft leistet (oder zumindest sollte - von der hohen ausmusterungs- und verweigerungsquote einmal abgesehen), egal ob bei der bundeswehr, im zivildienst, im katastrophenschutz etc. diese gesellschaftliche bedeutung halte ich gerade in ener zeit der zunehmnden individualisierung für wichtig. zudem sollte sich jeder bürger an der verteidigung seines staates / landes und seiner werte und seiner freiheit beteiligen. denn - um es mal pathetisch auszudrücken Cool - unsere heutigen freiheitn wurden vor jahrhunderten mit blut erkämpft und jeder sollte auch bereit sein, diese freiheiten zu verteidigen.
b) quantitative bedeutung: ob technisches hilfswerk, bundeswehr und die verschiedenen caritativen organisationen in der lage oder auch bereit wären, die wegfallenden (billigen) arbeitskräfte durch besser bezahlte "vollprofis" zu ersetzen, halte ich für fraglich. möglichweise würden diese arbeitsplätze auf grund hoher kosten wegrationalisiert werden. die wehrpflicht stellt für diese gemeinnützigen organisationen ein nicht zu verachtendes rekrutierungsmittel dar.
c) militärische bedeutung: die wehrpflicht sichert die aufwuchsfähigkeit der bundeswehr ab. das sicherheitspolitische umfeld ist zur zwar relativ ruhig, aber nicht zuletzt die krise um den stop der russischen ölförderungen an die ukraine hat gezeigt, dass in europa noch genug konfliktpotential für die nächsten jahre liegt ... und der cia rechnet immerhin 2020 mit dem zusammenbruch der europäischen union Wink .
d) demographische probleme: die jahrgangsstärken in deutschland werden auf grund des geburtenrückgangs von derzeit 450.000 jungen männern auf 350.000 im jahr 2020 absinken. dies hätte zur folge, dass zum einen die rekrutierungsbasis für eine freiwilligen massiv absinken würde (dies gepaart mit der zunehmenden mangelnden fitness und "zivilisationskrankheiten" des durchschnittsjugendlichen), und zum anderen würde die wehrgerechtigkeit bei gleichbleibendem wehrpflichtigenanteil wieder steigen.

dagegen bleibt aber auch festzuhalten, dass a) eine berufsarmee von knapp 200.000 soldaten billiger ist als eine wehrpflichtigen armee von 250.000 soldaten, b) eine berufsarmee für die zukünftig wahrscheinlichsten aufgaben (internationale stabilisierungs- und womöglich auch kampfeinsätze) und c) es aus meiner sicht keine eindeutig nur von wehrpflichtigen bzw nur mit der hilfe von wehrpflichtigen zu bewältigende aufgaben in der bundeswehr gibt. viele aufgaben könnten genauso gut von berufs- / zeitsoldaten oder zivilkräften erledigt werden oder würden (beste möglichkeit) wegrationaisiert werden.
größtes problem einer möglichen reinen freiwilligenarmee wäre allerdings trotzdem, genug geeignete rekruten zu finden. im gegensatz zu anderen europäischen staaten, deren nachwuchssorgen meist eine folge von schlechter bezahlung und einer aus der größe der streitkräfte resultierenden hohen rekrutenzahl an einem jahrgang sind, wird es in deutschland (bei einer potentiellen stärke von 200.000 soldaten = rund 26.000 neue freiwillige / jahr = 0,24% eines jahrganges) wohl eher die in der bevölkerung vorhandenen antipathien gegenüber dem dienst in der bundeswehr sein, bei steigender konjunktur auch noch die konkurrenz durch die privatwirtschaft.

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vergleich wichtiger daten / fakten andere industriestaaten mit berufsarmeen. die zahl der in den einzelnen ländern benötigten rekruten pro jahr habe ich mit der für die bundeswehr benutzten quote von 13% berechnet.

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einkalkuliert in die personalkosten ist eine pauschale solderhöhung um zunächst 6000€ im jahr sowie verpflichgtungsprämien von je 10.000€ für jeden neuen zeitsoldaten. die daten für alle grafiken sind aus dem cia factbook 2005 und von geopowers.com.

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die möglichkeit der umwandlung der allgemeinen wehrpflicht in einen sozialen pflichtdienst mit freier wahl zwischen wehr-, zivil-, ersatz- oder entwicklungsdienst halte ich zwar für grundsätzlich gut, scheitert in der praxis aber daran, dass es die akzeptanz des ungeliebten zwangsdienstes (und so wird die wehrpflicht von vielen wahrgenommen) wohl kaum erhöhen würde. durch persönliche überzeugung motivierte wehrpflichtige erledigen ihre aufgaben und pflichten besser als zwangsverpflichtete. und erstere könnten ihren dienst genauso gut freiwillig ableisten.
für einen pflichtdienst für frauen und männer spricht zwar, dass wer gleiche recht haben will auch die gleichen pflichten erfüllen muss - das argument, dass frauen statt des wehrdienstes kinderkriegen würden ist vollkommener humbug (wenn es wenigstens so wäre), es existiert in deutschland keine geburtspflicht für frauen parallel zum wehrdienst für männer - dagegen spricht allerdings neben der bereits oben genannten tatsache auch noch, dass für mehr als 700.000 dienstpflichtige nicht genug (sinnvolle) dienstposten geschaffen werden könnten.

als kompromissvorsschlag deshalb folgendes: die wehrpflicht wird ausgesetzt, aber nicht abgeschafft, denn internationales / europäisches recht (??) verhindert meiner kenntnis nach die wiedereinführung der wehrpflicht nach der abschaffung per gesetz. anstelle der wehrpflicht tritt ein freiwilliger dienst in staatlichen und / oder öffentlichen, caritativen organisationen, ähnlich dem derzeitigen freiwilligen sozialen jahre (fsj).

zur näheren erläuterung: mit vollendung des 18. lebenjahres werden alle volljährigen - sowohl männer als auch frauen - zu einer mehrtägigen pflicht-(!!)-inforveranstaltung eingeladen, die quasi die derzeitige musterung ersetzt. auf dieser inforveranstaltung werden sie über alle möglichkeiten über den (freiwilligen) dienst in einem staatlichen und öffentlich-caritativen / wohltätigen organistaionen informiert. informiert wird über kurzzeitdienst wie das derzeitigen fsj oder die militärischen pendants fwdl / saz2. dieser kurzzeitdiest kann z.b. in der zeit zwischen schuldende und studienbeginn abgeleistet werden.
im rahmen dieser infoveranstaltung wird auch über den längeren dienst in staatlichen organisationen / formationen (bei der bundeswehr > saz4, bundespolizei, zoll) informiert.

neben der finanziellen entschädigung (diese sollte höher liegen als der derzeitige sold für wehrpflichtige) sollten ganz klar nicht-direkt-finanzielle vorteile im vordergrund stehen (allein schon auf grund der derzeitigen finanzsituation): steuerbefreiung während des kurzzeitdienstes (im geringen maße auch im späteren berufsleben), bevorzugung bei der besetzung öffentlicher stellen (möglicherweise auch bevorzugung bei stellenbesetzung in der privaten wirtschaft - regelung per gesetz?) und die anrechnung auf die rente. für angehende studenten kämen noch die möglichkeit eines höheren bafögs, die reduzierung oder sogar der erlass von studiengebühren und staatliche stipendien hinzu.
die leistungen / vorteile staffeln sich nach dienstzeit sowie psychischer und physischer belastung, d.h. infanterist im auslandseinsatz = rettungssanitäter > essensausfahrer bei der diakoniestation. die liste möglicher vorteile lässt sich fortsetzen - weite vorschläge sind gerne erwünscht Big Grin.

ziel muss es sein, dass dieser dienst an der gesellschaft und am staat quasi zur normalität wird - wie die wehrpflicht, nur eben auf freiwilliger basis. mit einer mischung aus massiver und effektiver, zielgruppen gerechter werbung gepaart mit geld und anderen vorteilen sowie einer durch tradition und propaganda hervorgerufenen motivation und persönlicher überzeugung sollte dies auch zu erreichen sein.

just my 50 cents Cool vorschläge, anregungen, kritik?
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