12.02.2006, 13:39
@ Jim Knopf
So,zur Diskussion allgemein:
Die von Quintus gebrachte Unterscheidung in Schuldzuweisungs und Selbstschuldzuweisungsreligion (oder so...) hab ich so nirgends bisher gehört. Ich zweifle, ob die so existiert, daher würde ich solche Aussagen nicht gern hier haben, zumal spezielle religiös-theologische Fragen besser außen vor gelassen werden. Das kann man auch aus sozial-histor. Kontexten besser diskutieren...
Isolation kannst du heute vergessen. Was hier, wie aber auch in dem Zeitartikel vergessen wurde: Wir sind alle nicht nur Teil eines großen Netzwerkes geworden, nein das ist nur die halbe Wahrheit. Klar, jeder kann nun mit jedem (zumindest immer mehr, heute gibt es auch da immer noch gewichtige Probleme..) nun zusammen agieren und die Verbindungen werden multipler. Aber ist das denn wirklich ein Netzwerk??
Aus akademischer Sicht muss man da fast widersprechen, denn Netzwerke sind lose zusammengefügt, jeder kann wirklich mit jedem.Doch das ist wie gesagt nur ein Teil der Wahrheit.
Wir beobachten, wie schon seit über 50 Jahren sich eine asymetrische Gitterstruktur, eine in sich strukturierte Weltgesellschaft (sagen wir mal lieber Gesellschaftswelt, Weltgesellschaft ist etwas zu unzutreffend für heute) entwickelt.
Asymmetrisch, aber eine feste Struktur.
Es gibt neben den zahlreichen Verbindungsmöglichkeiten auch Die Abhängigkeiten und die unterschiedlichen Machtpotentiale, die unterschieden werden in diversen Dimensionen wie Kapital, Wirtschaft, Expertise (Fachwissen), generelle Bildung usw..
Bedenkt man dies nun, so ist die Isolation schon seit 30 Jahren keine ernsthafte Möglichkeit mehr, zumindest für die entwickelten und modernen Gesellschaften. Wir brauchen alle Märkte, Konsumenten, Produzenten usw. Wirtschaft ist heute global strukturiert, d.h. es existieren zwei/drei Pole (je nach Zählweise: USA, EU under Westen (Kanada...) und Ostasien, Japan, Korea, China, ASEAN) und um die kreisen kleinere Peripheriezentren, die schwächer damit verbunden sind, wo die Verbindungen schwächer sind.
Die Dinge, die der Zeitartikel schildert, führt dies exemplarisch vor ohne einen echten Zusammenhang zu schildern.
Abnabeln kann man sich nicht und sollte man sich nicht, denn dies führt einfach zur Leistungsminderung.
Nun zur Feigheit des Westens:
Viel hat Bastian schon dazu gesagt, ich will ergänzen:
Jeder Akteur verfährt in bestimmten Entscheidungsituationen nach ihm eigenen Rationalitätskalkülen, da hat die neue Spieltheorie durchaus Recht (aber nochmal:nach eigener, nich allgemeiner Rationalität). Und da hat Bastian absolut Recht, wenn er von Legitimation spricht, die jede Aktion haben muss, denn dies ist Teil des Kosten-Nutzen-Kalküls einer Intervention heute.
Ich hatte mal in einer Arbeit die Bedingungen für das Zustandekommen einer Humanitären Intervention folgendermaßen zusammengefaßt:
- starker öffentlicher Druck aufgrund starker Medienresonanz des Themas (per Cnn-Effekt beispielsweise)
- Übereinstimmung von humanitären und machtpolitischen Interessen bzw. zumindest nicht deren Widerspruch
- vorsichtige Kosten-Nutzen-Kalkulation der Verantwortlichen im Bezug auf die Vorgehensweise: möglichst
geringes Risiko eigene Verluste /hohe Kosten zu haben
Der Eingriff muss verkauft werden können in der Bevölkerung, die Sache muss wichtig sein oder so erscheinen und er darf nicht zu teuer sein. Du nenst das Feigheit, ich nenne das Überlegheit. Man kann natürlich auch wie das Röm. Reich sich an allen Grenzen endlos verausgaben und sich so zerreiben lassen,im Westen macht man das nicht.
Auch hat Bastian auch etwas sehr wichtiges gesagt: Der Umgang mit militär. Gewalt ändert sich. Die spezifischen Kosten-Nutzen-Relationen ändern sich, höhere Kosten und größere Gefahren werden in Kauf genomme, Gewalt eher als Mittel der Politik angesehen inzwischen. Das sind einfach Lernprozesse. Nach über 60 Frieden dank der mutual assured destruction und einer gewissen Blindheit in den 90er Jahren muss man sich wieder gesellschaftlich gewöhnen, auch Gewalt militärisch auszuüben. Das sind normale Prozesse.
Auch müßte ich nicht, wie Bastian, wer Europa momentan so hoch militärisch überlegen sein sollte. Niemand außerhalb der zwei großen Zentren (Westen, Ostasien) kann da Europa das Wasser reichen.Innerhalb der Zentren hinken wir sicher zurück, aber aufgrund der Geschichte des Kalten Krieges haben wir eien pazisfistische Haltung entwicklet, die erst nach und nach einer neuen Wahrnehmung von Gewalt weicht. Aber weder Russland noch Indien sind da so potent wir wir.
Also, was tun?
Ich finde den Zeitartikel etwas oberflächlich. Doppelstandards gab es und gibt es immer, eine einigermaßen gute Machtpolitik geht ohne sie nicht. Man muss sie natürlich begrenzen, aber das sollte man immer.
Auch das Machtgefälle sehe ich anders:
Natürlich der Westen ist nicht mehr allein auf der Welt. Aber man kann nicht erwarten, dass unsere Dominanz so stark und direkt bleibt.
Andererseits, mit der Entkolonialisierung, mit der Etablierung des Maoistischen Chians und er kommunist. Gefahr der Sowjetunion wurde auch schon in dne 50er und 60er Jahren der Abgesang gemacht auf den Westen, in den 80er Jahren war es das Wirtschaftsimperium Japan, das den Westen überrollen sollte. Und in den 90er Jahren sprach man dann plötzlich wieder vom Siegeszug der westlichen Demokratie. Anstatt sich also solch einfacher Schemata zu bedienen, sollte man bei den strukturellen Fakten bleiben:
Der Westen ist führend und wird dies noch lange bleiben,wenn Europa und die USA lernen wirklich zusammenarbeiten.Hier ginge es vorallem darum, inneramerikanisch den Kurs zu bestimmen (devided nation). Denn Ostasien formiert sich tatsächlich immer stärker.
Zitat:Stimmt, seit der Aufklärung war schon einiges los. Ist jedoch vor Martin Luther jemand darauf gekommen den Ablasshandel ernsthaft öffentlich zu kritisieren?Öhm, Jan Hus als Beispiel, der dafür gegrillt wurde auf dem Konstanzer Konzil. Oder da gab es doch noch die Katharer, die die katholische Kirche im Hochmittelalter aufgrund ihrer (modern ausgedrückt) "Überinstitutionalisierung" scharf kritisierten. Gegenbewegungen gab es auch vor Luther schon einige, von denen die Hussitenbewegung gerade bei uns in Erinnerung sein sollte (zumindest im Osten..) und ansonsten gab es immer wieder einzelne wenige, die dagegen schrien. Mir fiel spontan noch der Florenzer(??) Mönch Saviola ein, der ein, zwei Jahre Ende des 15.Jahrhunderts Florenz mit radikal-"protestant." Losungen unser seine Kontrolle brachte. Nur, wie im Islam heute, sind das wenige gewesen und auch zu Luthers Zeiten wagten sich zuerst wenige vor wie Melanchthon, auch Zwingli und Calvin..
So,zur Diskussion allgemein:
Die von Quintus gebrachte Unterscheidung in Schuldzuweisungs und Selbstschuldzuweisungsreligion (oder so...) hab ich so nirgends bisher gehört. Ich zweifle, ob die so existiert, daher würde ich solche Aussagen nicht gern hier haben, zumal spezielle religiös-theologische Fragen besser außen vor gelassen werden. Das kann man auch aus sozial-histor. Kontexten besser diskutieren...
Zitat:Es gibt nur die Lösung das wir unsere Lebensweise so verändern das wir unabhängig von diesen Völkern werden und sie dann ignorieren können oder das wir sie militärisch niederkämpfen, was die USA zur Zeit versuchen.Ich hab es schon zig Mal gesagt zu Quintus und ich sage es wieder:
Isolation kannst du heute vergessen. Was hier, wie aber auch in dem Zeitartikel vergessen wurde: Wir sind alle nicht nur Teil eines großen Netzwerkes geworden, nein das ist nur die halbe Wahrheit. Klar, jeder kann nun mit jedem (zumindest immer mehr, heute gibt es auch da immer noch gewichtige Probleme..) nun zusammen agieren und die Verbindungen werden multipler. Aber ist das denn wirklich ein Netzwerk??
Aus akademischer Sicht muss man da fast widersprechen, denn Netzwerke sind lose zusammengefügt, jeder kann wirklich mit jedem.Doch das ist wie gesagt nur ein Teil der Wahrheit.
Wir beobachten, wie schon seit über 50 Jahren sich eine asymetrische Gitterstruktur, eine in sich strukturierte Weltgesellschaft (sagen wir mal lieber Gesellschaftswelt, Weltgesellschaft ist etwas zu unzutreffend für heute) entwickelt.
Asymmetrisch, aber eine feste Struktur.
Es gibt neben den zahlreichen Verbindungsmöglichkeiten auch Die Abhängigkeiten und die unterschiedlichen Machtpotentiale, die unterschieden werden in diversen Dimensionen wie Kapital, Wirtschaft, Expertise (Fachwissen), generelle Bildung usw..
Bedenkt man dies nun, so ist die Isolation schon seit 30 Jahren keine ernsthafte Möglichkeit mehr, zumindest für die entwickelten und modernen Gesellschaften. Wir brauchen alle Märkte, Konsumenten, Produzenten usw. Wirtschaft ist heute global strukturiert, d.h. es existieren zwei/drei Pole (je nach Zählweise: USA, EU under Westen (Kanada...) und Ostasien, Japan, Korea, China, ASEAN) und um die kreisen kleinere Peripheriezentren, die schwächer damit verbunden sind, wo die Verbindungen schwächer sind.
Die Dinge, die der Zeitartikel schildert, führt dies exemplarisch vor ohne einen echten Zusammenhang zu schildern.
Abnabeln kann man sich nicht und sollte man sich nicht, denn dies führt einfach zur Leistungsminderung.
Nun zur Feigheit des Westens:
Viel hat Bastian schon dazu gesagt, ich will ergänzen:
Jeder Akteur verfährt in bestimmten Entscheidungsituationen nach ihm eigenen Rationalitätskalkülen, da hat die neue Spieltheorie durchaus Recht (aber nochmal:nach eigener, nich allgemeiner Rationalität). Und da hat Bastian absolut Recht, wenn er von Legitimation spricht, die jede Aktion haben muss, denn dies ist Teil des Kosten-Nutzen-Kalküls einer Intervention heute.
Ich hatte mal in einer Arbeit die Bedingungen für das Zustandekommen einer Humanitären Intervention folgendermaßen zusammengefaßt:
- starker öffentlicher Druck aufgrund starker Medienresonanz des Themas (per Cnn-Effekt beispielsweise)
- Übereinstimmung von humanitären und machtpolitischen Interessen bzw. zumindest nicht deren Widerspruch
- vorsichtige Kosten-Nutzen-Kalkulation der Verantwortlichen im Bezug auf die Vorgehensweise: möglichst
geringes Risiko eigene Verluste /hohe Kosten zu haben
Der Eingriff muss verkauft werden können in der Bevölkerung, die Sache muss wichtig sein oder so erscheinen und er darf nicht zu teuer sein. Du nenst das Feigheit, ich nenne das Überlegheit. Man kann natürlich auch wie das Röm. Reich sich an allen Grenzen endlos verausgaben und sich so zerreiben lassen,im Westen macht man das nicht.
Auch hat Bastian auch etwas sehr wichtiges gesagt: Der Umgang mit militär. Gewalt ändert sich. Die spezifischen Kosten-Nutzen-Relationen ändern sich, höhere Kosten und größere Gefahren werden in Kauf genomme, Gewalt eher als Mittel der Politik angesehen inzwischen. Das sind einfach Lernprozesse. Nach über 60 Frieden dank der mutual assured destruction und einer gewissen Blindheit in den 90er Jahren muss man sich wieder gesellschaftlich gewöhnen, auch Gewalt militärisch auszuüben. Das sind normale Prozesse.
Auch müßte ich nicht, wie Bastian, wer Europa momentan so hoch militärisch überlegen sein sollte. Niemand außerhalb der zwei großen Zentren (Westen, Ostasien) kann da Europa das Wasser reichen.Innerhalb der Zentren hinken wir sicher zurück, aber aufgrund der Geschichte des Kalten Krieges haben wir eien pazisfistische Haltung entwicklet, die erst nach und nach einer neuen Wahrnehmung von Gewalt weicht. Aber weder Russland noch Indien sind da so potent wir wir.
Also, was tun?
Ich finde den Zeitartikel etwas oberflächlich. Doppelstandards gab es und gibt es immer, eine einigermaßen gute Machtpolitik geht ohne sie nicht. Man muss sie natürlich begrenzen, aber das sollte man immer.
Auch das Machtgefälle sehe ich anders:
Natürlich der Westen ist nicht mehr allein auf der Welt. Aber man kann nicht erwarten, dass unsere Dominanz so stark und direkt bleibt.
Andererseits, mit der Entkolonialisierung, mit der Etablierung des Maoistischen Chians und er kommunist. Gefahr der Sowjetunion wurde auch schon in dne 50er und 60er Jahren der Abgesang gemacht auf den Westen, in den 80er Jahren war es das Wirtschaftsimperium Japan, das den Westen überrollen sollte. Und in den 90er Jahren sprach man dann plötzlich wieder vom Siegeszug der westlichen Demokratie. Anstatt sich also solch einfacher Schemata zu bedienen, sollte man bei den strukturellen Fakten bleiben:
Der Westen ist führend und wird dies noch lange bleiben,wenn Europa und die USA lernen wirklich zusammenarbeiten.Hier ginge es vorallem darum, inneramerikanisch den Kurs zu bestimmen (devided nation). Denn Ostasien formiert sich tatsächlich immer stärker.