17.11.2005, 18:46
Zitat:hunter1 posteteich glaube, diese situation wird sich auch in den nächsten jahrzehnten nicht ändern, weil afghanistan aus einer vielzahl ethnischer und religiöser gruppen mit unterschiedlichen sprachen, kulturen und religionen. jede dieser gruppen wird von einem anliegerstaat unterstützt, so z.b. die schiitischen hazara durch den iran, die paschtunen (aus denen sich die taliban zumindest teilweise rekrutierten) von pakistan, die nördlichen stämme durch die zentralasiatischen staaten. jeder dieser (oft untereinander verfeindeten) staaten versucht "seine" stammesgruppe zu unterstützen und die jeweils von den anderen staaten unterstützten stammesgruppen zu schwächen.
Was hingegen bleibt ist die politische Konstellation, welche Afghanistan seit ewigen Zeiten praegt: quasi-unabhaengige Provinzen, die von Warlords oder Stammesfuersten kontrolliert werden. Letztere haben sich bei den kuerzlich abgehaltenen Parlamentswahlen nun ihre Herrschaft auch noch konstitutionell abgesichert, in dem sie dort kraeftig mitbestimmen werden.
so unterstützten zb. die vereinigten staaten, pakistan und saudi-arabien die paschtunen um die von russland und einigen zentralasiatischen sowie indien unterstützte nordallianz zu vernichten. beide fraktionen versuchten "ihre" stammesgruppen als vorherrschende gruppe zu etablieren um sie ihre interessen durchsetzen zu können, konkret ging es in den 90er jahren um den bau einer erdölpipeline. zwei wichtige punkte sind also a) die vielzahl ethnischer gruppen und b) die unterschiedlichen und konkurrierenden nationalen interessen der anrainerstaaten und weltmächte.
ein weiterer punkt, der sich aus a) ergibt, ist das fehlen eines afghanischen nationalgefühls; das gleiche problem ist auch in einer vielzahgl afrikanischer staaten zu treffen und kann zumindest teilweise durch den einfluss des islam erklärt werden: die loyalität der einzelnen gilt in erster linien ihrem clan, dann ihrem staat und dann der umma, der (islamischen) gemeinschaft aller gläubigen. die staatseben taucht in dieser hierarchie nicht auf. *
Zitat:Die ISAF wird irgendwann wieder abziehen muessen, denn insbesondere den Europaern wird bald mal die Lust vergehen, ueber zentralasiatische Steinhaufen zu marschieren und Wache zu schieben, insbesondere, wenn sich die Zahl an eigenen Toten noch haeufen sollte.wass v.a. mit dem schlechten kosten-nutzen-verhältnisses dieses einsatzes zusammenhängt - die kosten (sowohl menschenleben aber auch logistik- und einsatzkosten) sind im vergleich zu den zu erziehlenden resultaten viel zu gering, außerdem fehlt die unterstützung der bevölkerung.
Zitat:Bevor sie jedoch gehen koennen, muss es den Afghanen irgendwie gelingen, eine Allianz unter den Provinzherren zu schmieden, um allfaellige Agressoren an einer erneuten Uebernahme des Landes zu hindern. Der afghanische Zentralstaat wird dazu wohl noch lange nicht, wenn ueberhaupt je, in der Lage sein. Die Zeit spielt also je laenger je mehr wieder fuer die Taliban, denn diese lassen sich nicht ausrotten und scheinen eher wieder staerker zu werden.die taliban stellen für afghanistan eine eher geringe gefahr dar, da sie über keine ethnische basis im afghanistan verfügten. zwar bestanden sie zum teil aus paschtunen, aber auch aus arabern, pakistans u.a. und in dem feudalistisch geprägten afghanistan spielt die ethnische zugehörigkeit und abstammung eine nicht zu verachtende rolle. von den meisten afghanen wurden die taliban auch als ausländer angesehen. zum einen besteht in den medien die angewohnheit, jedes attentat den taliban zuzuschreiben, weil sie eben "die" feinde des wiederaufbaus sind, zum anderen haben sich unter bezeichnung taliban mittlerweil eine größere gruppe dem westen feindlich gesinnter afghanen zusammengefunden hat.
die provinzherren und warlords stellen eine größere gefahr dar, da sich jeweils auf eine der stammesgruppen stützen (z.b. stützt sich dostum auf die usbeken im norden) und somit eine ethnische basis, was - wie oben erwähnt - in afghanistan eine wichtige rolle spielt, und dadurch auch auf die solidarität ihrer stammesbrüder zählen können, zum anderen, weil sie durch ihre verwicklung in den drogenhandel acuh über die entsprechenden finanziellen mittel verfügen, um eine bedrohung darzustellen.
just my 2 cents
* der iran und die türkei stellen hier eine besonderheit dar.