Söldner(un)wesen
#78
(bin wieder im Land)

Werter Turin :

Zum Thema selber werde ich nie mit dir auf einen Punkt kommen. Zumindest sind einige deiner Argumente es wert darüber nachzudenken. Aber das will ich nicht weiter diskutieren, da meine Überzeugungen hier weit über jede Sachlogik hinaus gehen.

Daher möchte ich mich mal nur auf Geschichtliche Aspekte des Söldnertums konzentrieren, weil es mMn in deinen Ausführungen hier einige schwere Fehler gibt :

Zitat:Mag sein, dass es da Milizsysteme gab, aber die existierten stets parallel zu Söldnerheeren, sie hatten niemals die endgültige Vorherrschaft, so wie dies ab dem 19. Jhd. zunehmend der Fall war.
Das ist wirklich Grundfalsch. Die Grundlage der Armeen der Antike und ihr Ausgangspunkt war das Milizsystem bzw das Wehrpflichtsystem. Sowohl in Griechenland als auch in Persien als auch in Rom. Die Milizheere existierten nicht paralell sondern sie existierten VOR jeder Söldnerarmee. Die meiste Zeit standen diese Armeen in vielen Staaten de facto fast allein da.

Die Bedeutung gerade des Milizgedankens für Rom und für die griechischen Polis ist derart entscheidend und wichtig für die gesamtgesellschaft und die sozialkultur dieser Völker, daß deine Aussage wirklich grundfalsch ist.

Im Verlauf der Zeit kamen dann AUCH Söldner zu diesen nationalen Armeen und zwar in Kampfbereichen, in denen die Stadtstaaten selber militärisch schwach waren. Das waren z.B. bei den Griechen wie bei den Römern Kavallerie und Schützeneinheiten.

Erst mit den Perserkriegen und in Rom erst mit den Bürgerkriegen änderte sich das teilweise. Und nur die Diadochenreiche und Karthago stellten dann größere Kontingente von Söldnern auf. Wobei hier aus traditionellen Fehlern der Geschichtswissenschaften die militärische Eigenleistung von Staaten wie z.B. Karthago notorisch unterschätzt wird.

Zitat:Der erste Punische Krieg , der Karthago auf den Höhepunkt seiner Macht gebracht hat, wurde seitens der Karthager mit Söldnerheeren ausgefochten, der spätere Söldnerkrieg entstand nur, weil diese nicht bezahlt worden sind.
Die Hälfte aller Truppen der Karthager in diesem Krieg an LAND waren Punier. Dazu kommt noch, daß die Karthager im Fall der Flotte ausschließlich Bürger hatten. Der zugegeben hohe Anteil von Söldnern resultiert aus der numerischen Schwäche des karthagischen Volkes bei gleichzeitiger ökonomischer Stärke.

Der folgende Söldnerkrieg wurde wie wir wissen primär durch Bürgertruppen und Verbündete Nordafrikanische Kontingente niedergeschlagen. Wobei letztere nicht als Söldner mitkämpften.

Überhaupt muß man in der Antike viel schärfer zwischen Söldnern und den Truppen Verbündeter unterscheiden.

Aber der größte Schnitzer ist die Aussage, Karthago wäre durch diesen Krieg auf den Höhepunkt seiner Macht gebracht worden. Das Gegenteil ist der Fall. Von dem Höhepunkt seiner Macht wurde Karthago herunter gestoßen und fast vernichtet.

Zitat:Auch im zweiten Punischen Krieg kehrte Karthago wieder zu Söldnern zurück. Karthagos Niedergang liegt eher in einer unzureichenden Führung begründet statt in der Natur der Söldner.
Im zweiten punischen Krieg war die Mehrzahl der Kontingente Karthagos aus Verbündeten aufgestellt. Weder die Oberitalischen Kelten noch die Italiker noch die Numider forderten oder erhielten Sold. Die Truppen Hannibals als Söldnerarmee anzusprechen verzerrt das Bild dieser Truppe sehr. Auch wenn es wieder viele Söldner in den Reihen Karthagos gab.

Aber gerade diese äußerst heterogene Struktur einer buntzusammengewürfelten Truppe zeigt nun wie Stark die Karthagische Führung war, wie Fähig sie war, also das Gegenteil dessen was zu hier ausgesagt hast.

Der Niedergang Karthagos lag an seiner grundsätzlichen enormen Unterlegenheit in militärischen Belangen. Karthago hatte ca 300 000 Bürger und davon ein Wehrpotential von maximal 50 000 Mann. Rom dagegen verfügte über Hunderttausende von Soldaten und da Rom zu dieser Zeit eine REINE Milizarmee war, konnte es viel schneller als Karthago neue Armeen aus dem Boden stampfen.

Zitat:Wie kannst du nur Nationalarmeen gutheißen,
Ich heiße nicht alles gut. Aber ich kann Dinge die aus Glaubensgründen, Aus Ideologie begangen werden eher verzeihen als Dinge die aus Geldgier und Kommerz begangen werden. Truppen die für eine höhere Idee Verbrechen begehen sind weniger Schuldig als Truppen die aus niederen Motiven Verbrechen begehen wie Geldgier.

Erstere handeln nämlich aus ihrer subjektiven Realität heraus und da sind sie die Guten, die anderen haben aber gar keine Moral und Ethik und morden folglich aus niederen erbärmlichen Trieben heraus.

Zitat:Wie ich schon sagte, ist das Versagen Karhagos letztendlich nicht auf Söldner zurückzuführen, sondern auf das Versagen seiner Herrscher.
Die Söldner haben ihren Wert in den ersten beiden Punischen Kriegen unter Beweis gestellt.
Das ist allerdings richtig. Das haben sie trotz deiner sonstigen Aussagen hierzu. Aber trotzdem zeigt gerade die Zusammensetzung und Bewaffnung und Herkunft dieser Söldner die Fähigkeit und Stärke der karthagischen Führung die mit einem derart heterogenen und zugleich schwachen !! Heer so große Erfolge gegen einen derart überlegenen Feind erzielen konnte.

Zitat:Was nun die Griechen anging, so waren Söldner populär vertreten.
Nicht zu allen Zeiten und dann muß man den Umfang der Söldnertruppen ansprechen und dieser war nur in der Diadochenzeit überwiegend. Sonst waren Söldner Ergänzungen für die eigenen Truppen wo diese Unzulänglichkeiten zeigten z.B. bei der Kavallerie oder bei den Bogenschützen.

Viele Heere und Staaten Griechenlands und Italiens hatten darüber hinaus niemals Söldnertruppen. Rom z.b. oder Argos.

Zitat:Das Bürgerheer Spartas
Die Spartaner, genauer gesagt die Lakedaimonier setzten z.B. Söldner ein. Z.B. kretische Bogenschützen. Wie du siehst ist es nicht so einfach.

Zitat:(was dir vermutlich als ein Ideal vorschwebt, auch wenn die Werte seiner Gesellschaft fragwürdig sind)
Die Werte und die Lebensweise der frühen und mittleren römischen Republik sind mein Ideal.

Zitat:ist nicht symptomatisch für die Gesamtheit der griechischen Stadtstaaten.
Gerade Lakedaimon ist typisch für die Gesamtheit der Polis. Gerade dieser Staat weil er z.B. als einer der ersten griechischen Polis überhaupt seine Hopliten mit Söldnern ergänzte !!

Weshalb seine Armee trotzdem im Kern eine Bürgerarmee blieb und Söldner nur begrenzte Spezialaufgaben hatten und darüber hinaus die Lochen der Spartiaten selbst stets die größte Schlagkraft behielten, was im Gegensatz zu allem ist, was gerade jetzt geschieht.

Zitat:Die Marine Athens im Peloponnesischen Krieg wurde zu einem erheblichen Teil von Privatmännern ausgerüstet, das ist auch eine Form der privatisierten Gewalt, obwohl sie ausschließlich dem Staat unterstand. Diese Marine war bekanntermaßen ziemlich erfolgreich.
Die Marine war hier in dieser Form eine Art der Milizarmee. Gerade die Marine war frei von jedweden Söldnern. Die Schiffe wie die Mannschaften wurden ausschließlich von Vollbürgern gestellt, Reiche bezahlten die Schiffe und fungierten dann zugleich als Kapitän, die Armen, die Theten bildeten die Ruderer. Alles war rein Staatlich.

Miliz und Söldner !! ist ein Unterschied !! ist der entscheidende Unterschied. Und die Milizarmee ist mein Ideal.
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