20.05.2005, 18:54
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Erscheinungsformen des Imperialismus
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Der britische Imperialismus
Großbritannien brachte als Ursprungsland der industriellen Revolution die besten Voraussetzungen für eine Expansion in den Kolonien mit: Neben der weltweit größten Handels- und Kriegsflotte besaß Großbritannien auch noch den Vorteil, durch frühe Reformen und Gesetze (Gewerkschaften, Verbot der Kinderarbeit) keine schwerwiegenden sozialen Probleme oder gar Konflikte bekämpfen zu müssen.
Der britische Imperialismus lässt sich in zwei Phasen unterteilen: Bis 1870 verzichtete Großbritannien auf Grund seines großen Vorsprungs als Wirtschafts-, Handels- und Kolonialmacht auf den Erwerb neuer Kolonien und konzentrierte sich stattdessen auf die Sicherung der eroberten Gebiete. Mit dem Auftreten neuer Großmächte nach 1870 (Deutschland, Japan, Vereinigte Staaten) kam jedoch die Furcht auf, die beherrschende Stellung als Wirtschafts- und Kolonialmacht zu verlieren und beteiligte sich am Wettlauf um den Erwerb neuer Kolonien.
Die Ziele des britischen Imperialismus waren vor allem die Sicherung des Seeweges nach Indien beziehungsweise dessen Verkürzung durch die Herstellung einer Nord-Süd-Verbindung in Afrika und den Bau des Suezkanals (1869) sowie die Erhaltung des kontinentalen Gleichgewichts in Europa.
Weiteres Ziel war die Erhaltung und Stabilisierung des Osmanischen Reiches als Gegenwicht zu Russland und – damit verbunden – das Verhindern eines russischen Zugangs zum Mittelmeer. Um die Macht Russland auf dem europäischen Kontinent einzudämmen, bemühten sich britische Politiker vergeblich um ein Bündnis mit dem deutschen Kaiserreich, was aber auf Grund von Interessengegensätzen nicht zu Stande kam.
Der französische Imperialismus
Obwohl sowohl Frankreich als auch Großbritannien schon seit dem 18. Jahrhundert Kolonien in Übersee besaßen, begann die eigentliche Phase des französischen Imperialismus erst mit der Niederlage im deutsch-französischen Krieg. Nach dem deutsch-französischen Krieg war Frankreich auf Grund der Bündnispolitik Bismarcks international isoliert und hatte seine Vormachtstellung in Europa verloren. Durch eine aggressive Kolonialpolitik wollte man die erlittene Schmach wieder wettmachen.
Ziele waren neben Afrika vor allem Indochina (Kambodscha, Laos und Vietnam) und China. In Afrika wollte Frankreich eine Ost-West-Verbindung aufbauen, was unweigerlich zum Konflikt mit Großbritannien führen musste; in Asien strebte man die Etablierung als zweite Großmacht neben Großbritannien an und versuchte durch den Erwerb der Kolonien in Indochina (1897 abgeschlossen) einen Zugang nach Südchina zu erhalten.
Der russische Imperialismus
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war Russland im Gegensatz zu den anderen europäischen Großmächten ein extrem rückständiges Land und litt unter großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen: Es fehlte eine eigenständige, nationale Industrie und die Lage der Bauern hatte sich trotz Landreformen nicht gebessert. Gleichzeitig führten die sozialen Spannungen zwischen der armen Landbevölkerung, der adeligen Oberschicht und der orthodoxen Kirche, die eine dominierende Rolle einnahm, immer wieder zu revolutionären Erhebungen. Um von den inneren Problemen abzulenken und seine Macht zu vergrößern, begann Russland sich am Wettlauf der Großmächte zu beteiligen.
Im Gegensatz zu den anderen imperialistischen Mächten lagen die Interessen Russlands nicht im Erwerb überseeischer Kolonien, sondern in der Verschiebung seiner Grenzen nach Osten (China), Süden (Persien, Afghanistan, Kaukasus) und Westen (Balkan). Dementsprechend waren für das russische Reich offene Seewege entscheidend, sondern der konsequente Ausbau des Eisenbahnnetzes (Transkaspische Eisenbahn 1880 – 1886, Transsibirische Eisenbahn 1891 – 1903). Trotzdem bemühte sich Russland immer wieder um den Zugang zum Mittelmeer und zum japanischen Meer. Der Versuch eines Zugangs zum Mittelmeer, das heißt durch die Meerenge am Bosporus kam trotz zweier Kriege (Krimkrieg 1854 – 1856) nicht zustande und genauso vergeblich war der Versuch, sich ein festes Standbein in Nordostasien zu verschaffen: Nach dem russisch-japanischen Krieg (1905) musste Russland zugunsten Japans auf Korea, Süd-Sachalin und Port Arthur verzichten und konzentrierte von nun an seine Bemühungen auf den Balkan.
Wichtiges Standbein der Ausdehnung nach Westen war der Panslawismus, das heißt die Einheit aller Slawen unter russischer Herrschaft.
Der deutsche Imperialismus
Die deutsche Außenpolitik während des Kaiserreichs lässt sich in zwei Epochen unterteilen: Die unter der Amtszeit Bismarcks geführte Außenpolitik war darauf ausgerichtet, durch ein komplexes Bündnissystem die Isolation Frankreichs aufrechtzuerhalten und eine Koalition gegen Deutschland zu verhindern. Trotzdem wurden während dieser Zeit der Großteil der deutschen Kolonien – offiziell Schutzgebiete genannt – erworben, wobei dies nicht durch militärische Besetzung, sondern durch private Handelsgesellschaften geschah.
Mit der Entlassung Bismarcks und dem Amtsantritt Wilhelm II kam es zu einer aggressiven, imperialistisch ausgerichteten Außenpolitik. Ihr Ziel war es, wie auch die anderen Großmächte seinen „Platz an der Sonne“ einzunehmen.
In Deutschland wurde die Forderung nach dem Erwerb von zusätzlichen Kolonien neben Wirtschaft und Politik vor allem durch den „Alldeutschen Verband“ und den „Deutschen Kolonialverein“ unterstützt. Als Folge des Erwerb von Kolonien forderte unter anderen der „Deutsche Flottenverein“ die Verstärkung der, um die Handelwege zu schützen und den Erwerb und den Zugang zu weitern Kolonien zu ermöglichen.
Der japanische Imperialismus
Nach der durch den Westen erzwungenen Öffnung Japans und der folgenden Modernisierung kam es zu einem starken Bevölkerungswachstum (Verdopplung der Bevölkerung 1860 – 1910) und einem steilen Anstieg der wirtschaftlichen Produktion. Um neue Siedlungsgebiete und Absatzmärkte zu erschließen, begann Japan mit dem Erwerb von Kolonien. Ziel der japanischen Politik war die Annexion Koreas, was aber erst nach dem japanischen Sieg gegen Russland (1905) erreicht wurde. Um den Einfluss Russlands in Asien zurückzudrängen kam es 1902 zu einem Bündnis zwischen Japan und Großbritannien.
Der amerikanische Imperialismus
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Außenpolitik der Vereinigten Staaten durch die Monroe-Doktrin von 1823 (Prinzip der Nichteinmischung) gekennzeichnet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Erschließung Nordamerikas beendet und die Vereinigten Staaten begannen ebenfalls mit dem Erwerb von Kolonien.
Ziele des amerikanischen Imperialismus waren die Erschließung neuer Rohstoffquellen und Absatzmärkte, die Verdrängung Spaniens aus Mittelamerika (Spanisch-Amerikanischer Krieg 1898), die Herrschaft über die Karibik und die Schaffung einer sicheren Verbindung nach Ostasien durch eine Kette von Marinestützpunkten (Hawai, Philippinen) sowie die Sicherung der Kanalzone und der Bau des Panamakanals ( 1901 – 1914), um eine schnelle Verbindung zwischen West- und Ostküste zu gewährleisten.
Anders als die anderen imperialistischen Mächte setzten die Vereinigten Staaten nur dann militärische Mittel ein, wenn ihre Interessen unmittelbar bedroht wurden („big-stick-diplomacy“) und konzentrierten sich stattdessen auf die Schaffung finanzieller und wirtschaftlicher Abhängigkeiten („Dollarhegemonie“).
Der amerikanische Imperialismus war stark von dem Bewusstsein geprägt, ein auserwähltes Volk zu sein und anderen Völkern Demokratie und Freiheit bringen zu müssen. Dementsprechend wurden auch alle militärische Interventionen der Vereinigten Staaten damit begründet, die innere Sicherheit wiederherzustellen, eine bessere Regierung einzusetzen und die Lebenssituation der Bevölkerung zu verbessern.
Erscheinungsformen des Imperialismus
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Der britische Imperialismus
Großbritannien brachte als Ursprungsland der industriellen Revolution die besten Voraussetzungen für eine Expansion in den Kolonien mit: Neben der weltweit größten Handels- und Kriegsflotte besaß Großbritannien auch noch den Vorteil, durch frühe Reformen und Gesetze (Gewerkschaften, Verbot der Kinderarbeit) keine schwerwiegenden sozialen Probleme oder gar Konflikte bekämpfen zu müssen.
Der britische Imperialismus lässt sich in zwei Phasen unterteilen: Bis 1870 verzichtete Großbritannien auf Grund seines großen Vorsprungs als Wirtschafts-, Handels- und Kolonialmacht auf den Erwerb neuer Kolonien und konzentrierte sich stattdessen auf die Sicherung der eroberten Gebiete. Mit dem Auftreten neuer Großmächte nach 1870 (Deutschland, Japan, Vereinigte Staaten) kam jedoch die Furcht auf, die beherrschende Stellung als Wirtschafts- und Kolonialmacht zu verlieren und beteiligte sich am Wettlauf um den Erwerb neuer Kolonien.
Die Ziele des britischen Imperialismus waren vor allem die Sicherung des Seeweges nach Indien beziehungsweise dessen Verkürzung durch die Herstellung einer Nord-Süd-Verbindung in Afrika und den Bau des Suezkanals (1869) sowie die Erhaltung des kontinentalen Gleichgewichts in Europa.
Weiteres Ziel war die Erhaltung und Stabilisierung des Osmanischen Reiches als Gegenwicht zu Russland und – damit verbunden – das Verhindern eines russischen Zugangs zum Mittelmeer. Um die Macht Russland auf dem europäischen Kontinent einzudämmen, bemühten sich britische Politiker vergeblich um ein Bündnis mit dem deutschen Kaiserreich, was aber auf Grund von Interessengegensätzen nicht zu Stande kam.
Der französische Imperialismus
Obwohl sowohl Frankreich als auch Großbritannien schon seit dem 18. Jahrhundert Kolonien in Übersee besaßen, begann die eigentliche Phase des französischen Imperialismus erst mit der Niederlage im deutsch-französischen Krieg. Nach dem deutsch-französischen Krieg war Frankreich auf Grund der Bündnispolitik Bismarcks international isoliert und hatte seine Vormachtstellung in Europa verloren. Durch eine aggressive Kolonialpolitik wollte man die erlittene Schmach wieder wettmachen.
Ziele waren neben Afrika vor allem Indochina (Kambodscha, Laos und Vietnam) und China. In Afrika wollte Frankreich eine Ost-West-Verbindung aufbauen, was unweigerlich zum Konflikt mit Großbritannien führen musste; in Asien strebte man die Etablierung als zweite Großmacht neben Großbritannien an und versuchte durch den Erwerb der Kolonien in Indochina (1897 abgeschlossen) einen Zugang nach Südchina zu erhalten.
Der russische Imperialismus
In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts war Russland im Gegensatz zu den anderen europäischen Großmächten ein extrem rückständiges Land und litt unter großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen: Es fehlte eine eigenständige, nationale Industrie und die Lage der Bauern hatte sich trotz Landreformen nicht gebessert. Gleichzeitig führten die sozialen Spannungen zwischen der armen Landbevölkerung, der adeligen Oberschicht und der orthodoxen Kirche, die eine dominierende Rolle einnahm, immer wieder zu revolutionären Erhebungen. Um von den inneren Problemen abzulenken und seine Macht zu vergrößern, begann Russland sich am Wettlauf der Großmächte zu beteiligen.
Im Gegensatz zu den anderen imperialistischen Mächten lagen die Interessen Russlands nicht im Erwerb überseeischer Kolonien, sondern in der Verschiebung seiner Grenzen nach Osten (China), Süden (Persien, Afghanistan, Kaukasus) und Westen (Balkan). Dementsprechend waren für das russische Reich offene Seewege entscheidend, sondern der konsequente Ausbau des Eisenbahnnetzes (Transkaspische Eisenbahn 1880 – 1886, Transsibirische Eisenbahn 1891 – 1903). Trotzdem bemühte sich Russland immer wieder um den Zugang zum Mittelmeer und zum japanischen Meer. Der Versuch eines Zugangs zum Mittelmeer, das heißt durch die Meerenge am Bosporus kam trotz zweier Kriege (Krimkrieg 1854 – 1856) nicht zustande und genauso vergeblich war der Versuch, sich ein festes Standbein in Nordostasien zu verschaffen: Nach dem russisch-japanischen Krieg (1905) musste Russland zugunsten Japans auf Korea, Süd-Sachalin und Port Arthur verzichten und konzentrierte von nun an seine Bemühungen auf den Balkan.
Wichtiges Standbein der Ausdehnung nach Westen war der Panslawismus, das heißt die Einheit aller Slawen unter russischer Herrschaft.
Der deutsche Imperialismus
Die deutsche Außenpolitik während des Kaiserreichs lässt sich in zwei Epochen unterteilen: Die unter der Amtszeit Bismarcks geführte Außenpolitik war darauf ausgerichtet, durch ein komplexes Bündnissystem die Isolation Frankreichs aufrechtzuerhalten und eine Koalition gegen Deutschland zu verhindern. Trotzdem wurden während dieser Zeit der Großteil der deutschen Kolonien – offiziell Schutzgebiete genannt – erworben, wobei dies nicht durch militärische Besetzung, sondern durch private Handelsgesellschaften geschah.
Mit der Entlassung Bismarcks und dem Amtsantritt Wilhelm II kam es zu einer aggressiven, imperialistisch ausgerichteten Außenpolitik. Ihr Ziel war es, wie auch die anderen Großmächte seinen „Platz an der Sonne“ einzunehmen.
In Deutschland wurde die Forderung nach dem Erwerb von zusätzlichen Kolonien neben Wirtschaft und Politik vor allem durch den „Alldeutschen Verband“ und den „Deutschen Kolonialverein“ unterstützt. Als Folge des Erwerb von Kolonien forderte unter anderen der „Deutsche Flottenverein“ die Verstärkung der, um die Handelwege zu schützen und den Erwerb und den Zugang zu weitern Kolonien zu ermöglichen.
Der japanische Imperialismus
Nach der durch den Westen erzwungenen Öffnung Japans und der folgenden Modernisierung kam es zu einem starken Bevölkerungswachstum (Verdopplung der Bevölkerung 1860 – 1910) und einem steilen Anstieg der wirtschaftlichen Produktion. Um neue Siedlungsgebiete und Absatzmärkte zu erschließen, begann Japan mit dem Erwerb von Kolonien. Ziel der japanischen Politik war die Annexion Koreas, was aber erst nach dem japanischen Sieg gegen Russland (1905) erreicht wurde. Um den Einfluss Russlands in Asien zurückzudrängen kam es 1902 zu einem Bündnis zwischen Japan und Großbritannien.
Der amerikanische Imperialismus
Bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die Außenpolitik der Vereinigten Staaten durch die Monroe-Doktrin von 1823 (Prinzip der Nichteinmischung) gekennzeichnet worden. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Erschließung Nordamerikas beendet und die Vereinigten Staaten begannen ebenfalls mit dem Erwerb von Kolonien.
Ziele des amerikanischen Imperialismus waren die Erschließung neuer Rohstoffquellen und Absatzmärkte, die Verdrängung Spaniens aus Mittelamerika (Spanisch-Amerikanischer Krieg 1898), die Herrschaft über die Karibik und die Schaffung einer sicheren Verbindung nach Ostasien durch eine Kette von Marinestützpunkten (Hawai, Philippinen) sowie die Sicherung der Kanalzone und der Bau des Panamakanals ( 1901 – 1914), um eine schnelle Verbindung zwischen West- und Ostküste zu gewährleisten.
Anders als die anderen imperialistischen Mächte setzten die Vereinigten Staaten nur dann militärische Mittel ein, wenn ihre Interessen unmittelbar bedroht wurden („big-stick-diplomacy“) und konzentrierten sich stattdessen auf die Schaffung finanzieller und wirtschaftlicher Abhängigkeiten („Dollarhegemonie“).
Der amerikanische Imperialismus war stark von dem Bewusstsein geprägt, ein auserwähltes Volk zu sein und anderen Völkern Demokratie und Freiheit bringen zu müssen. Dementsprechend wurden auch alle militärische Interventionen der Vereinigten Staaten damit begründet, die innere Sicherheit wiederherzustellen, eine bessere Regierung einzusetzen und die Lebenssituation der Bevölkerung zu verbessern.