01.05.2005, 11:08
Zitat:Hannibal war von absolutem Hass auf die Römer geprägt. Der Vater hat wohl seinen Sohn mit dem Hass auf Rom "besseelt".So steht es in einer römischen Quelle: das nämlich Hamilkar, der Vater den jungen Hannibal noch als Kind im Tempel des Baal schwören ließ, für immer und überall Feind der Römer zu sein.
Trotzdem wird dieser Punkt kontrovers diskutiert. Hannibal hat die Römer sicher abgelehnt, und sich als ihr Feind betrachtet, ob er sich aber absolut gehasst hat oder überhaupt gehasst hat ist umstritten.
Später hat er immer wieder versucht mit Rom zu verhandeln. Selbst als er auf dem Höhepunkt seiner Erfolge war machte er Rom mehrmals Friedensangebote die Rom aber stets ablehnte. Als der Krieg nach Zama verloren war, war es Hannibal der mit seinem Einfluß einen Friedensschluß aushandelte und den Krieg in direkten Verhandlungen mit Scipio beendete.
Ein sehr wichtiger Aspekt in Hannibals Charakter wird gern total ausgeblendet: nämlich seine griechische Erziehung. Hannibal war geistig stark griechisch geprägt, sein Hauslehrer war ein Spartaner namens Sosylos gewesen, dessen Biographie von Hannibals Leben leider verloren gegangen ist.
Zitat:Karthago war politisch als Handelsstadt eine Plutokratie. Die laten mächtigen und reichen Familien beherrschten die Entscheidungsgremien und dachten zuallerst an den Kommerz ( waren also ein typischer Handelsstaat, der vom totalen Krieg a la römischer Kriegsführung nichts hielten).Und hier hat sich in der Betrachtung Karthagos in den letzten Jahren einiges Verändert. Was du schilderst ist im Endeffekt die klassische Sicht der Dinge die aber ergänzt werden muß:
Karthago wandelte sich durch den 1 Punischen Krieg ganz massiv, aber auch schon vorher gab es eine Verlagerung der Aktivitäten vom Handel weg hin zum Kolonialismus.
Die Karthager waren zu dem Zeitpunkt ihres Kampfes gegen Rom eben kein reiner Händlerstaat mehr. Aber auch schon vorher war der Einfluß des Handels nicht so groß wie man sich das vorstellt. In der Antike gab es keinen modernen Handel wie heute, es wurden primär seltenere Rohstoffe und Luxuswaren gehandelt. Aber der Umfang dieses Handels war nicht groß.
Die Einnahmen Karthagos resultierten daher aus 3 Gebieten und zwar in folgender Reihenfolge:
1 aus den Kolonien durch die Ausbeutung dieser Gebiete
2 aus der Landwirtschaft in Nordafrika
3 erst als drittes aus dem Handel.
Zur Zeit des Krieges gegen Rom standen sich in Karthago als politische Parteien nun nicht die Händler und das Militär gegenüber, wie das klassisch dargestellt wird sondern die Großgrundbesitzer und Landwirtschaftlichen Gruppen gegen die Kolonialen Gruppen.
Die Barkiden z.B. waren zugleich die größten und wichtigsten Händler Karthagos in dieser Zeit, wenn also die Barkiden gegen die Händlerschaft agiert hätten ?! wie sollte das sein. Die Gegner der Barkiden waren nicht die Händler, den die Barkiden waren selbst die Führer der Händler sondern die politischen Gegner waren die Großgrundbesitzer und der Landadel.
Die Landwirtschaft war in Karthago hochentwickelt und in der zweiten Hälfte des 1 Punischen Krieges kam es zu Aufständen in Nordafrika und dann zum Söldnerkrieg. Aus diesen Ereignissen heraus eroberten die Karthager nicht nur Spanien, sondern auch zugleich große Teile Nordafrikas, was meist total ignoriert wird. Damit vervielfachte Karthago sein Landgebiet in Nordafrika um ein Mehrfaches und die Großgrundbesitzer stiegen auf und ihre Einnahmen waren zeitweilig größer als die Einnahmen aus Spanien wo noch gekämpft wurde.
Das erste landwirtschaftliche Fachbuch der Welt wurde von einem Karthager namens Mago schon früher geschrieben und die Karthager brachten den Olivenbaum, die Walnuß und den Pfirsich ebenso nach Westen wie die Weinrebe und die Feige. Der Granatapfel hieß deshalb auch Mala Punica bei den Römern weil er ebenfalls von den Karthagern her stammt. Die Art der Olivenbaumbewirtschaftung mit einem Abstand von 22 m je Baum ist heute noch in Tunesien so wie sie die Karthager eingeführt haben.
Der Innenpolitische Konfllikt in Karthago war also der des Landadels und der Großgrundbesitzer Afrikas auf der einen und der Imperialisten (darunter auch die Händlerschaft) unter den Barkiden auf der anderen Seite.
Zitat:Man fürchtete wohl einen siegreichen Hannibal genauso sehr wie einen geschlagegen.Das ist ein wichtiger Aspekt. Karthago hatte sozialkulturell eine starke Ablehnung gegen zu erfolgreiche Feldherrn. Das geht auf die Frühzeit Karthagos zurück, in der ein Militärputsch dem nächsten folgte. Daher versuchten die Karthager stets den Einfluß und die Macht ihrer Feldherrn gering zu halten, und Hannibal war schon so aus karthagischer Sicht viel zu mächtig. Umgekehrt wurden Feldherrn wenn sie versagten gnadenlos bestraft und häufig gekreuzigt oder zum Verhungern gezwungen. Das man Hannibal nach dem Ende des Krieges stattdessen sogar politsche Macht übertrug zeigt wie mächtig er im karthagischen Machtgefüge war.
Zitat:Karthago wurde von zwei Sufeten, gewählten Beamten, regiert, denen eine Art Ältestenrat zur Seite stand. Es wäre ein paar Überlegungen wert, welches Verhältnis diese Institutionen zu Hannibal hatten.Suffet heißt übrigens ursprünglich Richter. Sie leiteten auch das Gerichtswesen. Der genannte Ältestenrat umfasste 300 Mitglieder und innerhalb dieses Rates gab es einen inneren, sogenannten Heiligen Rat aus 30 Ältesten die von den anderen gewählt wurden und den Suffeten als Regierung dienten. Dieser heilige Rat bestimmte die Feldherrn Karthagos und traff die militärischen Entscheidungen. Die vom heiligen Rat vorgetragenen Gesetzesbeschlüsse durften von den anderen 300 nur abgelehnt oder akzeptiert werden, eigene Gesetze durfte der Ältestenrat nicht beschließen. Nur wenn keine Entscheidung erzielt wurde ging dann das Gesetz vor die Volksversammlung.
Dazu gab es aber noch den den sogenannten Rat der 100 (dem aber 104 Mitglieder angehörten), der im Anfang eine Art Staatsgerichtshof war. Diese konnten über verschiedene Maßnahmen ebenfalls in die Politik eingreifen und Feldherrn wie Politiker bei Versagen verurteilen. Dadurch konnte er mißliebige Politiker fertig machen.
Die Judikative und Exekutive gehörten also den Suffeten und Teilweise dem heiligen Rat bzw den 104, die Legislative dem Ältestenrat und teilweise der Volksversammlung.
Die Machtverhältnisse waren vermutlich so, daß die Barkiden den Rat der 104 dominierten und ihre politischen Gegner den Ältestenrat und den Heiligen Rat. Die Barkieden erlangten aber im Verlauf des Krieges in der Volksversammlung immer mehr Einfluß und stärkten den Einfluß des Volkes gegenüber dem Staat.
Noch zur Einordnung der karthagischen Sozialkultur: Zitat einer antiken griechischen Chronik: „Die Karthager sind eine hartes und finsteres Volk. Feige in Zeiten der Gefahr, grausam in Zeiten eigener Überlegenheit. Sie halten zäh an ihren Auffassungen fest , sind streng gegen sich selbst und haben keinen Sinn für die Freuden des Lebens.“
Ein gewisser wahrer Kern ist da dran. Die Karthager sind im Vergleich zu den anderen, mehr griechisch orientierten Völkern des westlichen Mittelmeers schlicht und einfach archaischer gewesen. Dazu waren sie ziemlich nüchtern und die Ruinen und archäologischen Funde lassen das Bild einer nicht sehr prachtvollen, rein auf Zweckmäßgikeit ausgelegten Seefahrerstadt erscheinen. Die Karthager sprachen bis zum Ende das alte Phönizisch, als es in Phönizien selbst schon längst ausgestorben war, sie waren außerdem sehr religiös, was auch kaum bedacht wird.
Die Namen allein schon: Hannibal (geliebt von Baal), Hasdrubal (Baal hat geholfen), Hamilkar (Diener des Melkart), Batbaal (Tochter des Baal), Aharbal, Maharbal, Bomilkar usw usw
Die Wichtigkeit der alten phönizischen Religion in Karthago und der Einfluß der Priesterschaft und der Tempel wird in der Darstellung des zweiten punischen Krieges ziemlich unterschätzt.
Hannibal war demgegenüber ein Außenseiter der stark griechisch geprägt war und den uralten Kulten kritisch gegenüberstand. Seine Haltung wie sein Verhalten waren mehr griechisch als karthagisch. Auch in der Folge dessen hatte er in Karthago innenpolitische Probleme mit den konservativen Alten Familien.
Das war daher auch eine Auseinandersetzung zwischen den Konservativen (am alten phönizischen festhaltenden) und den Fortschrittlichen (sich dem griechischen zuwendenden) Kräften in Karthago.