Tschetschenien
@ Francisco

Aber für die ganze Geschichte gibt es eben Gründe, die eben nunmal in der Geschichte zu suchen sind!
Ich meine, ich weiß wirklich nicht, wie ich es euch noch deutlicher und einfacher erklären soll??

Wenn jemand vollkommen Fremdes in dein Haus kommt, dort alles ändert und sich zum Herrscher aufschwingt, dann gefällt das sicher keinem.
Wenn derjenige Eindringling dazu noch deine Art und deine Lebensweise zerstört und unterbindet, dann gefällt es dir erst recht nicht. Doch du mußt dich beugen, weil er der Stärkere ist und denkt, dass er machen kann, was er will.
Denn für ihn bist du nur ein kleiner unzivilisierter Wurm.
Aber dieser Eindringling schwächelt, wird aus anderen besetzten Häusern vertrieben. Welche Maßnahme ergreifst du denn nun??
Du wirst versuchen ihn mit aller Gewalt zu vertreiben....

So, jetzt mal die A/B-Personen Analogie etwas personalisiert.
Ich verstehe wirklich nicht, warum man diese einfachen Zusammenhänge nicht checken will.

Tschetschenien und der Kaukasus waren historisch garantiert kein russisches Kernland.
Erst im Zuge der imperialen Ausdehnung Rußlands schafften sie es im 18 . bzw. dann erst wirklich im 19. jahrhundert diesen Flecken Erde zu erobern und zu kolonialisieren (!).
Vorher lebten diese Völker dort recht ungestört bzw. frei unter der Oberhoheit der Osmanischen Sultane soweit ich weiß.
Doch die Russen sahen sich selbst als Heilsbringer, der den barbarischen islamischen Völkern des Kaukasus die Zvilisation brachte. Nur zu dumm, dass Zivilisation gleichbedeutend war mit brutaler russ. Herrschaft und dass diese "Barbaren" eben partout sich nicht dem Recht des Stärkeren beugen wollten und Widerstand leisteten gegen den arroganten selbstherrlichen Eroberer.
Und dass da die Russen damals schon nicht mit Samthandschuhen umgingen, das brauch ich niemandem zu sagen.
Daher wurden diese "wilden Völker" erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts unterworfen. Dass heißt aber auch, dass erst im Zuge der russ. Machtausdehnung diese Gebiete russ. besetzt wurden.
Auch folgten Kolonisten ( das sind dann die Familien bzw. die Nachfahren die auch angegangen wurden).
Aber ständig begehrte man auf im kaukasus. Die Tschetschenen und andere Völker wurden nach Sibirien deportiert. Sowas brennt sich in das geschundenen Bewußtsein eines geknechteten Volkes ein!
Die Tscherkessen wurden als Volk praktisch aufgelöst, also ermordet bzw. die Reste umgesiedelt und zerstreut in der gesamten Kaukasus-Region.
Dieses brutale Vorgehen ging aber nur solange gut, wie Rußland bzw. die Sowjetunion stark waren.
Nun aber sind sie schwach und werden schwächer. Sie verlieren immer mehr an erobertem Boden und der Einfluß Russlands wird mehr und mehr zurückgedrängt.
Daher eben auch der Versuch der Tschetschen, dasselbe zu nutzen, was auch Balten, Ukrainer und zentralasiatische Türkvölker genutzt haben: die Schwäche der Russen.
Nichts mehr und nichts weniger.
Da braucht man auch nicht mit Moral oder sonstwas zu argumentieren. Hier geht es um klassische Machtfragen , die eben blutig gelöst werden und jeder versucht auf seine Weise den anderen zu schaden.
Punkt . Ende.

So, und das Problem auf tschetschenischer Seite ist eben, dass sie mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre Zeit gekommen sahen, aber die Russen deutlich mehr Widerstand leisteten als zum Beispiel gegenüber den Separationsbestrebungen der Ukrainer..warum?
Weil jene eine eigene Republik hatten und daher nicht direkt Rußland waren ( von der Struktur der Sowjetunion ausgehend), aber Tschetschenien war es und ist es.
Daher der entschlossen Widerstand der Russen, die sich auch zu Anfang Spannungen innerhalb der ziemlich angeschlagegen Clans auszunutzen suchten. Zusätzlich wurde der Kampf immer brutaler und der Hass steigerte sich auf beiden Seiten. Leider wurde der tschetschenische Widerstand immer mehr von der islamistischen Internationale unterwandert und so wurden Teile der Tschetschen immer radikaler, sprich der Konsens innerhalb der Tschetschenen selbst war nicht da.
Bei den Russen ist das Problem, das sie eine verzerrte Wahrnehmung im Bezug auf sich selbst haben. In der Wissenschaft könnte man von einem sogenannten Bias sprechen.
Sie denken immer noch in den imperialen Kategorien von Macht und Herrschaft des 19. Jahrhunderts, insbesondere auch hinsichtlich der territorialen Ausdehnung. Dabei ist doch die reale Macht der Russen eher anzuzweifeln ( mal abgesehen von den A-Waffen) und so verrennen sich die Russen in ihren übersteigerten imperialen Selbstansprüchen bzw. Gelüsten.
Wobei, wie Turin schon richtig sagte, stecken sie auch in einem gewissen Dilemma.
Einfach so überall zurückziehen wie bisher, das würde an den Grundfesten des russ. Staates rühren. In dem Zusammenhang sollte man nicht vergessen, dass noch heute der große Gorbatschow bei den einfachen Russen auf der Straße nicht sonderlich beliebt ist.
Aber die Russen müssen sich dieses Dilemma viel viel mehr bewußt werden und geschickter handeln mit dem Wissen um ihre Schwäche.
Von daher, dass brutale Vorgehen rührt nicht so sehr aus Stärke an sich her, wie jacks meinte.
Es ist eher die zunehmende Schwäche des großen Russlands, dass die Haltung eben so verfestigt und den Russen angeblich so eine harte Haltung diktiert.
Aber damit kommen sie nicht weit, da gehe ich mit Jacks absolut d´accord.
So oder so wird eine harte Haltung die Russen immer mehr ins Hintertreffen bringen, da dadurch zum einen ihre eh schon wenigen Machtmittel gebunden werden und so der Hass und die Energien gegen Rußland noch zunehmen.
Daher wäre langfristig sicher ein Weg der Verständigung besser für Rußland als diese harte Linie, die Putin hier showmäßig aufführt für das innenpolitische Publikum, das einen starken Mann sehen will an der Spitze des Staates.

So, hoffe, dass man mal jetzt die Sache etwas objektiver betrachten kann.
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