30.12.2004, 19:03
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Zitat:Auslandseinsätze: Bundeswehr bleibt in Afghanistan
Der Deutsche Bundestag hat mit breiter Mehrheit dafür gestimmt, das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr um ein weiteres Jahr zu verlängern. Das Mandat läuft am 13.Oktober 2004 aus. Die Entscheidung stand unter dem Druck des Raketenangriffs auf das deutsche Feldlager in Kundus, bei dem drei deutsche und zwei schweizerische Soldaten verletzt wurden. Für die Erneuerung des Mandats bis zum 13.Oktober 2005 stimmten 509 von 550 Angeordneten; 48 votierten für "Nein". Bei der namentlich Abstimmung gab es drei Enthaltungen. FDP und PDS stimmten gegen die Verlängerung.
Das bisherige Mandat des Deutschen Bundestages für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan bleibt inhaltlich unverändert. Derzeit liegt die Mandatsobergrenze bei 2 250 deutschen Soldaten. Davon dürfen 450 in Kundus und Fayzabad eingesetzt werden. Insgesamt sind gegenwärtig in Afghanistan und auf dem usbekischen Versorgungsstützpunkt Termes 2 175 Soldaten der Bundeswehr stationiert. Damit stellt Deutschland bei der Internationalen Schutztruppe ISAF (International Security Assistance Force) das größte Truppenkontingent. ISAF-Soldaten , darunter deutsche Fallschirmjäger und Gebirgsjäger, patrouillieren in Kabul und Umgebung, sorgen für Sicherheit und Stabilität in der afghanischen Hauptstadt.
In Termes sorgen 200 deutsche Soldaten für den Nachschub des deutschen Anteils an der ISAF. Nach zwei Jahrzehnten Krieg ist die Infrastruktur Afghanistans schwer beschädigt und daher unzureichend. Die Bundeswehr muss alles, was für den Einsatz bei der ISAF benötigt wird, auf dem Luftweg nach Afghanistan bringen. Ein Abkommen zwischen Russland und Deutschland gestattet nun der deutschen Luftwaffe, den russischen Luftraum zu benutzen. Dadurch verkürzt sich die Route von 5 900 Kilometern auf 4 800 Kilometern. Das bedeutet, dass die Transportflugzeuge vom Typ "Transall" ihr Ziel in zwei statt drei Tagen erreichen.
In Kundus und Fayzabad sorgt die Bundeswehr für ein sicheres Umfeld in den Regionen, errichtet Wiederaufbauteams PRT (Provincial Reconstruction Team). In Kundus sind es etwa 270 Soldaten, in Fayzabad 110 Soldaten. Diese Teams stützen den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Aufbau in Nordafghanistan. Die Soldaten schützen zivile Aufbauhelfer und arbeiten mit lokalen Stammesführern zusammen. Das Verteidigungsministerium, das Entwicklungsministerium und das Auswärtige Amt haben sich auf eine Liste deutscher Entwicklungsvorhaben in der Provinzhauptstadt Fayzabad geeinigt. Von den 14 Projekten sollen fünf umgehend umgesetzt werden, darunter die Sanierung der Krankenhäuser, der Bau von Mädchenschulen und die Verlegung von Wasserleitungen. Die Kosten von 200 000 Euro trägt das Entwicklungsministerium.
Bundesaußenminister Fischer betonte bei der Debatte im Bundestag, der Petersberger Prozess werde Stufe für Stufe umgesetzt. Die internationale Konferenz auf dem Petersberg bei Bonn endete im Dezember 2001 mit einer "Vereinbarung über provisorische Regelungen in Afghanistan bis zum Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen". Beschlossen wurde der Einsatz einer internationalen Friedenstruppe in Kabul, um den Aufbau demokratischer Strukturen im Lande zu sichern. Die Annahme der Verfassung durch die Delegierten der Großen Ratsversammlung im Januar 2004, die Präsidentenwahl am 9.Oktober 2004 sowie die für das Frühjahr 2005 geplanten Parlamentswahlen sind wichtige politische Schritte zu Umsetzung des Petersberger Prozesses, den Deutschland nicht nur mit militärischen, sondern auch mit zivilem Engagement unterstützt. Dabei erfüllen deutsche Soldaten folgenden Aufgaben:
Bevölkerung (Rundfunkprogramme, gedruckte Informationsmittel);
Zusammenarbeit mit afghanischen Sicherheitsorganen;
Logistische Unterstützung anderer ISAF-Nationen (Lufttransport, Fernmelde- Verbindungen, medizinische Hilfe);
Unterstützung beim Aufbau der afghanischen Nationalgarde in den Bereichen Fernmeldeverbindungen, Erste Hilfe und Logistik;
Beiträge im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (CIMIC), beim Wiederaufbau der Infrastruktur;
Unterstützung deutscher Polizeikräfte beim Aufbau der afghanischen Polizei mit Verpflegung, medizinischer Betreuung, Feldpost, Mitflüge.
In Kabul, Termes, Kundus und Fayzabad befinden sich im Einsatz:
Infanteriekräfte für Sicherungs- und Patrouillenaufgaben (Fallschirmjäger und Gebirgsjäger);
Heeresflieger mit mittleren Transporthubschraubern vom Typ CH-53G;
Pioniere;
Sanitäter;
Feldjäger;
Logistikpersonal;
Kräfte für Zivil-Militärische Zusammenarbeit (CIMIC);
Kräfte der Operativen Information (Information für die Bevölkerung);
Kräfte für die Beteiligung an internationalen Hauptquartieren;
Verbindungsorgane zu Regierungs- und anderen Internationalen Organisationen.
Grundlage für den Afghanistan-Einsatz ist die Resolution 1386 des UN-Sicherheitsrats vom 20. Dezember 2001 gemäß Artikel VII der UN-Charta. Der Deutsche Bundestag hatte am 22.Dezember 2001 mit großer Mehrheit einer Beteiligung Deutschlands an der Internationalen Schutztruppe ISAF in der Hauptstadt Kabul zugestimmt. Verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz deutscher Soldaten im Rahmen von ISAF ist Artikel 24, Absatz 2 des Grundgesetzes. Dieser regelt das Vorgehen im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit. Das ist durch die Mitgliedschaft Deutschlands in der NATO, der UNO, der EU und der OSZE gegeben. Jeder bewaffneter Auslandseinsatz der Bundeswehr muss vom Deutschen Bundestag genehmigt werden. So fordert es das Bundesverfassungsgericht.
Der Raketenangriff durch die radikal-islamischen Taliban auf das deutsche Feldlager in Kundus zeigt, wie gefährlich der Einsatz der Bundeswehr ist. Die Bundeswehr hat nach dem Vorfall die Kräfte für die Eigensicherung verstärkt. Afghanische Soldaten beteiligen sich ebenfalls an den Sicherungsmaßnahmen außerhalb des Camps. Das Wiederaufbauteam setzte seine Arbeit unverändert fort.