Sparta
#4
Zur Frage der Begründung des Staates Spartas durch Lykurg:

Die ganze überlieferte Lebensgeschichte Lykurgs lässt große Zweifel zu, ob Lykurg wirklich als historische Figur existiert hat. Zu sehr orientiert sich seine Lebensbeschreibung am Leben von Solon, man sieht ganz klar, dass die Spartaner so wie die Athener einen Gesetzgeber für ihren Staat wollten, der dem athenischen Pedant gleich war. Die Geschichte ist also konstruiert.

Dennoch zeigt sie einige Besonderheiten, die dann einzigartig sind, z.B. den Teil der Geschichte, wo Lykurg nach Creta ging, um dort von den Cretern zu lernen, und tatsächlich gab es kulturell und geistig zwischen den Dorern auf Creta und denen in Lakonien in der Frühzeit einen regen Kontakt. Die meisten modernen Theorien gehen jetzt davon aus, dass Lykurg eine Figur der Religion, oder gar ursprünglich ein Gott war, der dann als Mensch personifiziert war, ich folge aber der Theorie, dass beides stimmt, dass es einen Menschen Lykurg als bedeutenden Anführer gegeben hat, dessen Namensähnlichkeit mit einem bestimmten religiösen Hintergrund in dann zum Symbol und Schutzgott der spartanischen Verfassung werden ließ.

Von Herodot kennen wir einen Spruch aus Delphi, wie der Gott von Delphi Lykurg angeblich begrüßte, als er um Rat suchend eintrat. Und zwar fragt Apoll, ob er Lykurg wegen seiner Menschengestalt jetzt als Mensch oder als Gott ansprechen soll, und Lykurg antwortet, als Gott wäre richtig. Warum sollte so ein hoher Gott wie Apoll einen normalen Menschen Lykurg derart hochstellen, der Ton ist so respektvoll, dass ein Gott Lykurg sogar über Apoll zu stehen scheint.

Welcher Gott soll den dann Lykurg sein? Die Antwort ist ziemlich interessant, Zeus selbst. Genau genommen wird Lykurg von Apoll nämlich Lykoorgos genannt, derselbe Name fand sich auch auf einem Diskus, dessen Inschrift die Begründung der Olympischen Spiele preist, und wer an ihr Beteiligt war. Lykoorgos war aber in der Frühzeit auch ein Beiname von Zeus und spielt auf die Figur des Werwolfes an. Zeus Lykoorgos war Zeus der Wolfsgott. Auch später gab es noch, gerade in Sparta den Kult des Zeus Lykaios, einer der ganz wenigen griechischen Kulte, in denen regelmäßig sehr grausame Menschenopfer dargebracht wurden. Die Idee des höchsten Himmelsgottes als auch eines Gottes der Nacht und der Wölfe findet sich in der Frühzeit nicht nur bei den Dorern, sondern auch in Italien bei den Latinern/Römern oder bei den Germanen (Wodan) und geht daher wohl auf Indoeuropäisches Religiöses Gedankengut zurück.

Lykurgos war also auch eine Personifikation des Zeus. Das er die spartanische Verfassung geschaffen hat, sollte nach Idee der Spartaner zeigen, dass ihr Staatswesen in seiner Verfassung von den Göttern selbst geschaffen wurde. Bzw. vom höchsten Gott in einer Menschengestalt, und in seiner Form als Werwolf/Wolfgott. Dazu kam dann vielleicht eine historische Figur, eines frühen Königs, die Könige waren ja damals auch zugleich die Hohepriester und für den Kontakt zwischen Göttern und Menschen zuständig.

Man kann also in der Figur Lykurg einen frühen König, und Hohepriester des Werwolfkultes des Zeus sehen, oder Zeus selbst in dieser Gestalt, die Figur wurde aber daher wohl doch nicht als Gegenantwort auf Solon künstlich geschaffen, denn sie ist älter, sondern um klar aufzuzeigen, dass die spartanische Gesetzgebung eine göttliche Herkunft hat.

Entgegen aber der Überzeugung der Spartaner selbst, ist ihre Verfassung und ihr Staatswesen ein gewachsenes System, dass von niemanden geschaffen wurde, sondern sich durch ganz spezielle Umstände langsam entwickelte, wie wir heute vor allem aus archäologischen Funden wissen. Vollständig ausgereift war es sogar erst nach dem 1 Messener Krieg, erst ab da tritt uns der reine Militärstaat Sparta entgegen, es war also gar nicht so alt, wie die Spartaner selbst glaubten.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: