Sparta
#3
Da kaum bekannt wie es vonstatten ging:

Das Ende Spartas

Die zeitweilig Restauration Spartas als Regionalmacht 244-192vChr:
Die Zeit Alexanders des Großen und die Blütezeit der makedonischen Macht verschlief Sparta sozusagen, begrenzt auf sein altes Gebiet Lakonien. Die Spartiaten hatten vollauf genug damit zu tun, die lakonischen Heloten weiter zu unterdrücken und die Agression von Nachbarstaaten abzuwehren, umgekehrt kümmerte sich niemand um Sparta und auch Alexander ließ die Stadt unbehelligt.

Im Jahr 244 war Sparta völlig am Ende, es herschte immer noch die alte lykurgiche Ordnung, aber der Staat umfasste nur noch 700 Vollbürger, bei einer Einwohnerzahl von Sparta selbst von 20 000 Menschen.

Die meisten verwechseln ja immer die Anzahl der Vollbürger mit der Anzahl der Spartaner, Spartaner waren auch Spartiaten, die aus dem Kreis der Vollbürger ausgestoßen worden waren, z.B. weil sie angefangen hatten zu arbeiten, oder weil sie ihren Beitrag zu den Syssitien nicht mehr bezahlten, diese nannte man Hypomeiones. Dazu kamen die Mischlinge zwischen Spartiaten und Periöken und die Mischlinge zwischen Heloten und Spartiaten, die man Mothakes nannte, diese hatten zwar keine politischen Rechte, nahmen aber sehr wohl an der Ausbildung und dem Erziehungssystem der Vollbürger teil. Militärisch war Sparta also viel mehr als nur diese 700 Vollbürger, das wird gern übersehen. Von den ungefähr 6000 bis 8000 erwachsenen männlichen Einwohnern der Stadt Sparta selbst, waren dann eben 5300 bis 7300 keine Spartiaten, aber sehr wohl Spartaner!

Jedenfalls wurde klar, dass es so nicht weiterging, auf Dauer würde man den sich auf dem Peloponnes gerade bildenden Städte Bündnisssen unterliegen. Dazu nahm die Anzahl derer, die noch die alte Staatsausbildung durchliefen immer weiter ab, und innenpoltisch blockierte sich der Staat mit seinem komplizierten Aufbau selbst. Dazu kam noch einmal der Wunsch auf, wieder die alte Stellung als Militärmacht wieder zu erlangen.

Die Initative dazu ging von dem sehr jungen spartanischen König Agis IV aus. Der stammte aus dem Königshaus der Eurypontiden und bestieg als Jugendlicher 244 den Thron. Er schuf zusammen mit seiner ebenfalls durchgängig jugendlichen Anhängerschaft ein Sozialreform Programm und begann die Missstände in Sparta zu bekämpfen. Das größte Problem war die extreme Lücke zwischen Arm und Reich, selbst unter den Vollbürgern besaßen einige wenige alles, und der Rest gar nichts mehr. Kern des Programms von Agis war zuerst ein vollständiger und allgemeiner Schuldenerlaß, dann die Beschlagnahmung des gesamten Staatslandes und die Neuverteilung desselben auf 4500 Landlose für Vollbürger und ein Novum, 15 000 Landlose für Periöken. Neuspartiat sollte jeder Periöke werden können, der sich dem spartanischen Heer anschloß, jeder Helot konnte nun Periöke werden, wenn er sich den Streitkräften anschloß, noch mehr: auch das Helotentum wurde gemäßigt und Auswüchse wie die Krypteia bekämpft. All diese Reformen direkt nach dem peloponnesischen Krieg gegen Athen, und Sparta wäre expandiert und zu einer immer stärker werdenden Großmacht geworden, die richtigen Reformen also, aber zur falschen Zeit, viel zu spät.

Das ehrgeizige Projekt scheiterte aber am Wiederstand der Reichen Familien unter den Vollbürgern die Agis 241/40 ermorden ließen. Bis dahin hatte sich aber sein Programm als Idee herumgesprochen und auch in anderen Polis Anklang gefunden, vor allem aber stand nach der Ermordung das Gros der Lakedaimonier hinter dem neuen König Kleomenes III der die Ideen von Agis übernahm und sogar noch erweiterte. Um den Wiederstand zu brechen ließ er als erstes die Opposition töten, insgesamt 80 Spartiaten wurden getötet, und das bei nur noch 600 Vollbürgern. Es wurden auch alle Ephoren umgebracht und das Amt des Ephoren abgeschafft, die Macht fiel nach langer Zeit wieder allein den beiden Königen zu. Die Befugnisse der Gerusia wurden begrenzt und dafür das neue Amt des Verfassungswächters, Patronomoi geschaffen. 4000 Landlose wurden an Neuspartiaten vergeben und das Militär massiv gestärkt, aber die alte Staatserziehung aufgeweicht, es fand sich nicht genug Begeisterung, auch die alte Lebensweise wieder 1 zu 1 aufzunehmen. Als weiteres Novum in der spartanischen Geschichte wurden Fremde und Ausländer in den Staat als Bürger aufgenommen.

Der Erfolg war überwältigend, während Sparta vorher nur noch eine Art Dorf war, erzielte es nun erst mal seit langem wieder außenpolitische Erfolge und begann auf dem Peloponnes zu expandieren. Eine ganze Reihe anderer Städte wurde von den Spartanern und Kleomenes erobert oder schloß sich ihm freiwillig an, vor allem der sofortige Schuldenerlaß und die Landneuverteilung auf alle Bürger fanden beim Gros der Bevölkerung anderer Stadtstaaten Anklang. Für 5 Jahre beherschte Sparta wieder den ganzen Peloponnes.

Damit geriet es in direkten Krieg gegen den Achaierbund, Aratus, der Führer der Achaier stand mit den Erfolgen der Spartaner vor dem politischen Aus und entschloß sich daher zu einem extremen Schritt, er verbündete sich mit Makedonien gegen die Spartaner. Und Antigonos III Doson von Makedonien entsandte tatsächlich ein Gros seiner Streitkräfte nach Süden. Eine aberwitzige Entwicklung, definierte sich doch der Achaierbund als Bündnis gegen die Makedonen!

Von 227 bis 221 herschte nun Krieg in der Region, in dem sich die Spartaner trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit und schlechterer Bewaffnung sehr gut schlugen, bis es den Makedonen gelang, die Spartaner 222vChr bei Sellasia zur Schlacht zu zwingen und ihre Armee dort vernichtend zu schlagen. Im Jahr darauf besetzen die Truppen der Achaier und der Makedonen die Stadt Sparta selbst, zum ersten mal in ihrer Geschichte standen Feinde in der Stadt, König Kleomenes floh mit einigen Vollbürgern nach Ägypten, wo er in die Dienste von Ptolemaios III Euergetes trat. Mit der Niederlage von Sellasie endete der Traum einer Restauration der spartanischen Macht endgültig und Sparta war, auch durch die enormen Menschenverluste im Krieg gegen die Makedonen am Ende.

Die Makedonen wollten jedoch Sparta nicht den Achaiern überlassen und hatten selber auch keine Lust, Lakonien dauerhaft zu besetzen, so wurde Sparta noch einmal unabhängig, die Makdonenen schafften aber das Doppelkönigtum und auch die lykurgische Ordnung ab und Sparta wurde eine ganz reguläre Monarchie. Es wurde auch die Staatserziehung zum Krieg untersagt und die meisten wichtigen Grundlagen der typisch spartanischen Kultur wie die Syssiten gingen verloren.

Im Jahr 206 bestieg dann Nabis den spartanischen Thron, vermutlich ein Verwandter des Könighauses der Eurypontiden. Nabis war wieder ein Revolutionär, er zerstörte die allerletzten Reste der spartanischen Kultur und griff zugleich den Gedanken seiner Vorgänger, von einer, heute würden wir sagen komunistischen Revolution auf dem Peloponnes wieder auf. Sein Ziel war das Überleben Spartas als eigenständige Macht zwischen den Großmächten Makedonien und Rom, dass nun ebenfalls schon auf dem griechischen Schauplatz agierte. Er zog dazu alle Register der Politik, und war der letzte fähige und bedeutende Lakedaimonier. Er setzte auf Mord und Gewalt, Friedensinitiativen und Diplomatie, Blitzkriege und Bündnisse und scheiterte am Ende doch. Im Jahr 197 vChr ging er mit Makedonien ein Militärbündnis ein und erhielt für seine Hilfe gegen Rom die Stadt Argos zugesprochen, so viel der älteste Feind Spartas unter spartanische Herrschaft.

Doch er hatte aufs falsche Pferd gesetzt und 196 vChr schlugen die Römer die Makedonen bei Kynoskephalai vernichtend. Auf Anweisung Roms mußte er ein Jahr später Argos wieder räumen, trotzdem griffen ihn die Römer an. Der römische Feldherr Flaminius hatte im gleichen Jahr die „Freiheit“ und „Unabhängigkeit“ aller Griechenstädte verkündet, um diese damit aufzuspalten und zu schwächen, und mußte daher gegen Sparta als Hegemon auf dem Peloponnes vorgehen. 192vChr wurde Nabis auf Geheiß Roms ermordet, nachdem die Römer Sparta vorher schon auf sein Stadtgebiet beschränkt hatten.

Aus Sentimentalität heraus wurde jedoch Sparta nicht besetzt und auch nicht offiziell okkupiert! 188vChr wurde jedoch von den Römern ausdrücklich jede Form von lykurgischer Lebensweise und Staatsordnung untersagt und Sparta war ohnehin nur noch ein bedeutungsloses Dorf, die Aktionen Nabis hatten das Menschenpotential vollends erschöpft, wo die Stadt sich von den Verlusten des Krieges Kleomenes gegen die Makedonen noch nicht erholt hatte.

Als 146 vChr Rom die Oberhoheit über Griechenland übernahm, wurde Sparta zwar Bundesgenosse und Klientel Roms, blieb aber immer noch nominell unabhängig. Das blieb so bis in die Kaiserzeit, zur Zeit des Kaisers Augustus dehnte sogar Sparta seine Herrschaft unter der Führung eines Gaius Julius Eurykles (man beachte den Namen!) auf einige andere Kleinstädte in Lakonien aus, was Rom tolerierte, die Gegend war völlig bedeutungslos geworden.

395nChr zerstörten die Westgoten unter Alarich das Dorf Sparta vollständig. Im Jahr 1248 wird Sparta noch einmal als Weiler im Lehen des Guillame II de Villehardouin erwähnt, der die 30 Einwohner in das von ihm neugegründete Mistra umsiedelte. Mistra spielte dann in der spätbyzantinischen Geschichte noch eine wichtige Rolle. Erst 1834 wurde nebem dem Areal des historischen Sparta das moderne Sparta wieder begründet.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: