05.08.2003, 00:57
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Zitat:Die amerikanischen Soldaten im Irak fürchten vor allem die "Terror-Touristen"
von Rolf Tophoven
Berlin - Die Guerillaaktivitäten gegen die amerikanischen Truppen im Irak flammen immer wieder auf. Nach Tagen ohne Zwischenfälle gibt es erneut Tote und Verwundete Die Verluste unter den Militärs schwanken. Wer steckt hinter den mehr oder weniger zunehmend professioneller ausgeführten Anschlägen?
Die alte Garde um den ehemaligen Diktator Saddam Hussein hat abgewirtschaftet. Von den verschiedenen Ethnien im Irak droht den GIs die größte Gefahr aus dem Süden des Landes, aus den Hochburgen der Schiiten um den radikalen Prediger Scheich Muktada Al Sadr in Nadschaf. Doch die größte Unbekannte bei den immer wieder nadelstichartigen Guerillaangriffen mit Panzerfäusten, Handgranaten und Kalaschnikows sind die landesweit versprengten Kommandos militanter Islamisten. Amerikaner und Briten sprechen von so genannten "Terrortouristen" aus dem Ausland.
Per Video kündigten kürzlich vermummte Männer über den arabischen Nachrichtensender Al Arabija der Besatzungsmacht im Irak einen blutigen Kampf an. Die Fernsehbotschaft wurde unter dem Logo Vereinigung Fundamentalistischer Gotteskrieger ausgestrahlt.
Man mag die martialische Zurschaustellung belächeln, den Namen noch nie gehört haben, die Drohung dagegen ist ernst zu nehmen, denn dahinter stecken militante Islamisten. Männer, die abseits sunnitischer und schiitischer Opposition gegen die USA die "Ungläubigen" unter dem Banner eines Dschihad (Heiliger Krieg) angreifen.
Genaue Angaben über ihre Stärke gibt es nicht. Doch nach Einschätzungen nahöstlicher Geheimdienste sollen es einige Hundert oder gar Tausend sein. "Es ist eine islamistische Söldnertruppe des Terrors aus vielen arabischen Ländern", formulierte es eine israelische Geheimdienstquelle gegenüber der WELT. "Sie kämpfen gegen alles, was westlich und amerikanisch ist."
Manche von ihnen strömten noch vor den Kampfhandlungen in den Irak; andere wiederum kommen erst jetzt, um den Widerstand aufzubauen.
Geheimdienste in der Region haben die Herkunftsländer der Heiligen Krieger verifiziert: Saudi-Arabien, Syrien, Jemen, Ägypten, Libanon, palästinensische Autonomiegebiete, Algerien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Libyen. Nach der Zerschlagung der Terrorschulen Al Qaidas in Afghanistan strömten auch aus diesen Zirkeln Kämpfer an Euphrat und Tigris.
Unter den arabisch-afghanischen Mudjahedin befinden sich Kader, die bereit sind, sich als "Märtyrer" in die Luft zu sprengen. Neben den so genannten "Afghanen" zählen nach Geheimdiensterkenntnissen Algerier und Kommandos der proiranischen Hisbollah aus dem Libanon zu den härtesten und am besten operierenden Zellen innerhalb der islamistischen Söldnertruppe. Al-Qaida-Akteure gesellen sich ebenfalls hinzu.
In den Irak eingeschleust wurden die Gruppen über den Iran und Syrien. Nach einem Bericht der libanesischen Zeitung "Al Nahar" wurden in den Monaten März/April für etwa 40 Islamisten Visa von der irakischen Botschaft in Beirut ausgestellt. Die Antragsteller waren Libanesen, Palästinenser, Ägypter und Syrer. Alle begehrten, als Freiwillige und "Märtyrer" in den Irak zu ziehen. Unterstützung für dieses Unternehmen signalisierte auch Damaskus. Syriens Außenminister Faruk Al Shara erklärte, sein Land werde den Zug der Kämpfer in den Irak über syrisches Gebiet nicht stoppen.
Rolf Tophoven ist Terrorismusexperte. Er leitete das Bonner Institut für Terrorismusforschung
Artikel erschienen am 5. Aug 2003