Imperium Romanum
#4
Beschränken wir uns erst mal auf Rom:

Zitat:Kurz und knapp: Die römische Republik als Republik starb durch eine Entwicklung, die auch in ihren Anfängen auf den Einfluss derer zurückzuführen war, die große Einkommen (zu Beginn meist aus Landbesitz) hatten.
Und da muß ich wiedersprechen. Den Anfang nahm der aggressive Imperialismus durch diejenigen, die gerade an diese Reichen schon zu viel verloren hatten - und die sich nun auf dem absteigenden Ast befanden und durch die Ärmeren. Diese Verarmten oder im Vergleich Ärmeren wollten sich nun von anderen Völkern die Mittel holen, um sich weiter gegen die Reicheren Politisch durchzusetzen, und das setzten sie mittels Volksversammlung und Volkstribunen gegen den Willen des Senats durch. Der Erste Punische Krieg wurde z.B. gegen die Ablehnung des Senat und der Reichen von den anderen Klassen durchgesetzt. Und erst dieser!! Krieg änderte dann Rom entscheidend und setzte alles in Gang.

Davor kann man auch nicht wirklich von großen Vermögen in Rom sprechen, selbst die Vermögensten waren im Vergleich (Karthago/Syrakus/Diadochen) nicht wirklich reich, Rom war eine Art Dritte Welt Land, in dem die Mehrheit fast nichts hatte und in der sogar die Reicheren im Vergleich zu ihrer Zeit und im Vergleich zu heute Wenig hatten.

Rom war zuerst einmal ARM, aber gleichzeitig militärisch herausragend stark.

Zitat:Es funktionierte exzellent als Oligarchie der Römischen Bürger. Es war dann keine Republik im engeren Sinne mehr, aber das hatte ich mit dem "Ende der Republik" gar nicht gemeint, sondern ich bezog mich vereinfachenderweise nur auf die Stadt selbst.
Es funktionierte nicht. Genau das war ja das Problem. Der römische Staat als Oligarchie war wegen der Vielfalt der gegen einander handelnden Gruppierungen in der Oberschicht de facto fast handlungsunfähig. Als Rom noch ein Stadtstaat mit beschränktem Territorium war, funktionierte das System noch, aber nachdem Rom außerhalb Italiens expandierte war der Staat Rom in politischen Belangen unfähig irgend etwas vernünftig zu lösen und handelte oft aberwitzig, selbst bei ernsten Krisen. Nur ein Beispiel: Der täglich wechselnde Oberbefehl über die Armee vor der Schlacht von Cannae gegen Hannibal, durch zwei Feldherrn die auch Privat und Politisch Todfeinde waren.

Die Kriege wurden dann immer mehr von Privatpersonen und Privatinitiativen geführt, und dann zunehmend nicht mehr als Staatskriege mit Staatlichen Armeen sondern, schon vor der Bürgerkriegszeit, als Privatkriege mit Privatarmeen wobei der legale staatliche Rahmen nur noch der Propaganda und der Rechtfertigung diente.

Nochmal: Das ganze Staatskonzept war nie für die Herrschaft über ein Imperium ausgelegt und in der Folge daher auch unfähig, ein solches zu verwalten.

Das geht von der jährlichen Wahl der Konsuln, über das ständige Feldherrn be- und abberufen bis hin zur Selbstrüstung der Bürger und das die Bürger auf eigene Kosten Jahrelang in Staatsdiensten im Ausland kämpften und ihre Äcker nicht bestellen konnten, was wirtschaftlich fatal war und dann noch mehr Kriege zum Ausgleich notwendig machte. Dann das Volkstribunat und die Volksabstimmung, die mit ihrem Vetorecht nur noch grundsätzlich Blockade betrieben, gekauft von den jeweiligen Parteien legten sie ihr Veto fast gegen jeden Vorschlag einer anderen Partei ein, nur weil er von einer anderen kam.

In der Form wie Sulla dann den Staat weiterentwickelte hätte die Oligarchie Rom als echte Oligarchie weiterbestehen können, da war aber die Geschichte mit den Privatarmeen schon zu weit entwickelt und daran scheiterte dann die viel zu spät begonnene, dringendst notwendige Reform des Staates. Schon nach dem Zweiten Punischen Krieg war Rom politisch gesehen eine einzige Katastrophe und handelte immer häufiger wirr und unlogisch aus Innenpolitischen Zwängen.

Zitat:aber der Keim des Untergang lag in der Ungleichverteilung von Macht in der Gesellschaft, eben der Kombination von großen Einkommensunterschieden (die es auch am Anfang der Republik gab) und legaler Käuflichkeit von Stimmen.
Der Keim des Untergangs lag in der Nicht Anpassung des Staates an die territoriale Expansion. Ob die Macht ungleich verteilt war ist gar nicht bedeutend, du selbst schreibst ja von funktionierender Oligarchie. Es ist nicht wichtig wer die Macht hat, solange die Mehrheit glaubt, dass er das rechtmäßig hat und das es damit funktioniert. Und es hat nicht funktioniert und auf Dauer hat die Mehrheit das erkannt, dass war der Keim des Untergangs.

Zitat:Für wen. Das ist die entscheidende Frage- wie auch in Rom. Die Plebejer, die die Expansion forcierten, waren auch keine armen Schlucker (sonst hätten sie sich die politische Aktivität gar nicht leisten können).
Erwischt ! Stimmt schon, dass die ersten beiden Klassen, besonders die Ritter recht vermögend waren, nur: zur Zeit als der Imperialismus begann, d.h. zur Zeit des ersten punischen Krieges waren die Ritter bei weitem nicht so reich wie du vermutest und es war wesentlich weniger Geld notwendig um sich politisch zu engagieren. Selbst mittellose konnten in dieser Zeit über das Volkstribunat noch weit kommen, dazu kamen die Bestechungsgelder für das Vertreten gewünschter politischer Meinungen. Selbst ohne Mittel konnte man sich nur aus der Politik und von den anderen genug Mittel beschaffen.

Das was du propagierst, dass die Römische Expansion den römischen Handelsinteressen folgte, hat man lange Zeit so gesehen, es ist aber wiederlegt.

Das war auch eine ganz andere Kultur die man eben nicht einfach so mit der heutigen Vergleichen oder Gleichsetzen kann, man kann nicht das was heute logisch erscheint einfach nach damals übertragen, die Menschen dachten und handelten oftmals anders als sie es heute würden.

Zitat:Glaubst Du im Ernst, dass die, die die politische Entwicklung in Richtung "günstigerer Handel" lenkten, keinen Handel betrieben und sich nicht ausrechneten, dass der durch Imperialismus erleichterte Handel ohnen erhöhte Profite bringen würde?
Diese Gruppe lenkte ja die Entwicklung eben NICHT in Richtung Handel, sondern nur in Richtung Krieg. Das Ziel waren nicht Profite durch Handel, sondern nur Profite durch direkte Beute die man nach Hause mitnehmen konnte. Weiter als die Plünderung und Sklaven und Tribute dachten die damals nicht. Handelsinteressen finden sich z.B. eher in Freundschafts und Friedensverträgen, wie dem anfänglichen Freundschaftsvertrag zwischen Karthago und Rom. Freundschafts- und Friedensverträge waren aber gegensätzlich zur Politik der Imperialisten in Rom. Tatsächlich trieben die Militaristen Roms im Vergleich z.B. zu den Isolationistischen Kreisen oder den merkantilen Kreisen ja eben vergleichsweise wenig Handel. Das ist ja gerade das verblüffende.

Die mußten Politisch dadurch immer mehr Boden einbüßen, weil die Händler und erfolgreicheren Landbesitzer ihnen die Macht einfach wegkauften und sie eben nicht oder nur wenig Handel betrieben. In der Folge der Samnitenkriege und der Besetzung Süditaliens machten sie aber die Erfahrung, dass sie mit Kriegsbeute dies ausgleichen konnten, was zudem ihrem Verständnis von Kultur und Gesellschaft entgegenkam. Daher strebten sie zum Krieg, um die Nachteile die sie gegenüber erfolgreicheren Händlern und Landbesitzern hatten auszugleichen.

Zitat:"Die Wirtschaft" gibt es nicht. Es gibt Einzelinteressen. Die Frage wäre, wessen Einzelinteressen wahrscheinlich von einer Militärjunta zuerst bedient würden.
Wie gesagt war das Ziel der Militaristen in Rom eben nicht, Wirtschaftsinteressen im Sinne von Handel, günstigeren Bezugsquellen, Beherschung von Rohstoffen etc durchzusetzen sondern nur direkt den schon bestehenden Besitz des Gegners zu erbeuten und dann im weiteren Tribute zu erpressen. Dazu kam eine ganz andere Kultur und Einstellung zum Krieg die diesen in genau diesen Kreisen als Selbstzweck verherrlichte.

Daher immer die Überbetonung der Mos Maiorum durch diese Kreise und das Beharren auf ärmlicher Lebensweise und kargem Alltag, weil die Vorfahren auch so gelebt hätten. Bestes Beispiel eines solchen Homo Novus: Cato der Älteres, der war stinkend reich, seine Familie war durch Kriegsbeute zu Großgrundbesitzern aufgestiegen und er selbst lebte wie der letzte Bauer und hielt nur das spartanische Soldaten und Bauernleben hoch, obwohl er enorm reich war. Er forderte unentwegt die Zerstörung Karthagos, obwohl Karthago für Rom inzwischen viel einbrachte und viele Römer in Karthago Investitionen hatten, die sie mit der Zerstörung verlieren würden, die Cato Sippe machte mit dem 3 Punischen Krieg selbst nur Miese, da kam nichts in die Kasse, trotzdem beharrten die auf der Zerstörung der Stadt Karthago und der Ausrottung der Karthager.

Zitat:Das waren zwar Plebejer, aber keine armen Schlucker, wie Dir sicher bekannt ist. Siehe oben.
Sicher nicht. Viele der Ritter waren enorm Reich. Als diese Zeit der Expansion aber begann, waren die Ritter in der Mehrzahl immer noch im Vergleich Arm, selbst der Senat und die Patrizier waren im Vergleich recht arm. Rom war zwar eine große Stadt und ein militärisch mächtiger Staat, aber wirtschaftlich ein Zwerg und die Stadt Rom selbst trotz großer Einwohnerzahl ein Bauerndorf wo noch mitten in der Stadt Felder lagen und Kühe auf dem Forum standen.

Erst mit den Kriegen wurden die Römer Reich. Und erst mit den Homi Novii, den Neuen Männern, die durch Kriegsbeute politischen Einfluß erlangten, ging dann der Imperialismus auf diese über. Und erst der Kampf um die Macht unter diesen zerstörte dann die Republik, dass es aber überhaupt dahin kommen konnte, liegt an der kompletten Veränderung der Wirtschafts- und Sozialkultur durch eben diese Kriege.

Erst durch diese Kriege entstand ein Geldadel und erst in der Folge und in der Endzeit dieser Expansionskriege übernahm dieser die Führung!! Und zwar nicht um Handelsinteressen zu vertreten sondern aus politischem Ehrgeiz und Machtgier, ein hervorragendes Beispiel ist Gaius Marius, der sich überhaupt nicht um den Handel seiner Familie kümmerte, sondern nur ums Krieg führen und Kämpfen und Aufsteigen. In der Folge wurde er Senator, Konsul und Feldherr, reformierte die Armee um noch mehr Einfluß zu kriegen und zugleich militärisch stärker zu werden und als er starb war das gesamte Vermögen dahin und sein Sohn verschwand schon in der Versenkung, vor allem aus Geldmangel! Weil er kein Geld mehr hatte, konnte er gegen Sulla nichts mehr ausrichten.

Und trotzdem kämpften die Marianer noch einige Zeit, aus Loyalität dem Toten gegenüber, obwohl sie nicht bezahlt wurden. Das zeigt doch deutlich, dass man Rom nicht nur auf das Geld und die Zahlungen reduzieren kann.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema
Imperium Romanum - von Marc79 - 21.07.2004, 11:21
RE: Imperium Romanum - von Schneemann - 09.11.2022, 12:28
RE: Imperium Romanum - von Rudi - 16.11.2022, 22:40
RE: Imperium Romanum - von Quintus Fabius - 17.11.2022, 00:58
RE: Imperium Romanum - von Helios - 18.11.2022, 09:00
RE: Imperium Romanum - von Schneemann - 08.02.2024, 13:52
RE: Imperium Romanum - von Schneemann - 15.05.2024, 05:52
RE: Imperium Romanum - von Quintus Fabius - 15.05.2024, 09:25
RE: Imperium Romanum - von Quintus Fabius - 15.05.2024, 09:53
RE: Imperium Romanum - von Schneemann - 19.05.2024, 08:36
RE: Imperium Romanum - von Quintus Fabius - 19.05.2024, 11:11
RE: Imperium Romanum - von Quintus Fabius - 23.06.2024, 10:12

Gehe zu: