Wehrpflicht oder Berufsarmee?
#71
@ Quintus Fabius

Zitat:Die Offiziere sind heutzutage erst recht keine Soldaten mehr, sondern in vielen Fällen nur noch Studenten, daher weg mit dem Studium, nur wer dann als Elektroniker oder Maschinenbauer auch bei den Unterstützungsstreitkräften Verwendung findet sollte dergleichen auch studieren können.
Dem kann ich so nicht zustimmen, das Studium ist heutzutage integraler Bestandteil der Offizierausbildung. Man geht sogar dahin, das in der Zukunft die Kapazitäten der BW-Unis aufgestockt werden, und es keine OAs ohne Studium mehr geben wird.
Warum ist das so? Weil in höheren Stabsfunktionen wissenschaftliches Denken Grundvoraussetzung ist. Ein Beispiel, alle A12 (Hauptmann in Funktion eines Einheitsführers o.ä.) gehen am Ende ihrer Zeit als Einheitsführer zum Auswahllehrgang an die FüAk der Bw um dort diejenigen herauszufiltern, die für eine Generalstabsausbildung in Frage kommen. Alle Offiziere ohne Studium müssen 2 Wochen vorher anreisen und bekommen in einem Kurzlehrgang die Methodik des akademischen Arbeitens vermittelt, da das Wissen um diese Methodik unabdingbar ist für das Bestehen des Lehrgangs. Und die Generalstabslehrgänge der Bundeswehr gelten immer noch mit als die Prestigeträchtigsten in der gesamten NATO. Auch andere NATO-Armeen gönnen ihren Offzieren ein Studium, West Point z.B. ist eigentlich ein stinknormales College, das halt zusätzlich ein wenig Formaldienst, Sportausbildung und im Sommer 2 Monate Bootcamp, im Winter 2-3 Wochen Taktikausbildung beinhaltet, und zum Abschluss gibt es das Offizierspatent und einen Bachelor in einem selbstgewähltem Fach.

Zitat:Sonstige Offiziere sollten aber erstmal als einfache Mannschaftsdienstgrade und Unteroffiziere dienen und sich so hocharbeiten. Statt 4 Jahre Studium wären bei Kampftruppen 1 Jahr Mannschaftsdienstgrad, 1 Jahr Unteroffizier und dann 1 Jahr Stabsunteroffizier usw viel besser.

Es gibt ja einige wenige Offiziere die vorher 1 oder 2 Jahre in niederen Diensträngen gedient haben, dass waren vom militärischen Wert her immer die besten, zudem schweißt es die Truppe zusammen und ermöglicht dem Offizier genau einzuschätzen, was er wie umsetzen kann.
Tja, das ist die alte Leier vom Offizier der im militärischen Alltag über seine eigenen Füße stolpert, sehr gut kolportiert von fast allen Filmen, die ich kenne.
Ich kenne solche Offiziere auch, aber ich kenne viel mehr Offiziere die fachlich mehr als Kompetent sind. Das was Sie dort als Ausbildung vorschlagen ist die Ausbildung zum Feldwebel, und nicht zum Offizier. Und meine Erfahrung mit Offizieren, die aus der Feldwebel/Unteroffizier-Laufbahn kommen sind da eher bescheiden. Die meisten haben es technisch raus gehabt, waren menschlich aber nicht Führungsfähig, weil sie immer noch in den Kategorien eines Unteroffiziers dachten, und am Ende aus dem Führungsvorgang Kontrolle klammheimlich eine Art von Befehlstaktik gemacht haben. Als wir einen neuen studierten Chef bekammen waren die meisten Unterführer mit dem Maß an Freiheit das sie bekammen erstmal überfordert. Der Neue führte streng nach Auftragstaktik. Und ich kam damit nach kurzer Zeit hervorragend zurecht.
Desweiteren muss der Offizier das Ausbildungskleinklein kennen aber nicht beherschen, den seine Aufgabe ist das Führen. Für die Ausbildung der Mannschaften und den Technischen Dienst sind die Unteroffiziere da, die werden dafür ja auch ausgebildet. Für die taktische Ausbildung im Kompanierahmen ist der Offizier verantwortlich. Man darf nämlich eins nicht vergessen, in der Bundeswehr wird der Offizier zum Einheitsführer ausgebildet. Der Posten als Alpha-Zugführer ist eigentlich der Posten des stellv. KpChefs, während auf dem Posten des stellv. ZgFhr A eigentlich immer der beste Uffz m.P. gesetzt wird, der kein Zugführer ist (Heutzutage sind das z.T. schon HFw), um den Offizierzugführer zu entlasten.
Und im übrigen ist man als OA die ersten 12 Monate Mannschaftsdienstgrad, danach 8 Monate Fahnenjunker, anschließend 10 Monate Fähnrich und zum Schluß 6 Monate Oberfähnrich, das sieht deiner Einteilung sehr ähnlich. Als Umsetzer von der Laufbahn des ROA zum OA war ich bereits im Dienstgrad Fähnrich (als ich mich bewarb war ich 22 Monate dabei) und musste über ein Jahr warten bis ich in die OA-Ausbildung einsteigen konnte, diese zusätzlichen 14 Monate in der Truppe haben mir eine Menge mehr an Erfahrung gebracht, und die meisten anderen OAs konnten auch nicht mithalten in Ausbildungsmethodik u.ä., aber am wichtigsten war wenn der Chef mich zu irgendwelchen Offizierweiterbildungen mitgenommen hat, weil nur da wurde (zumindest ging es mir so) man intellektuell stimuliert bzw. gefordert. Das Ausbildungskleinklein hat man einmal raus und dann kommt da nicht mehr viel.

Zitat:Alle Ordonanzen werden ebenso rausgeschmissen wie alle sonstigen Nichtkampftruppen massiv gekürzt werden müssen, so wird heute schon ein Zug von 30 Mann Kampftruppe von insgesamt 10 Mann im Stab verwaltet, was soll das?! Man muß die Stäbe auf allen Ebenen kürzen.
Was haben Sie eigentlich immer mit den Ordonanzen, in den meisten Dienststellen Bundeswehr gibt es schon kaum noch Ordonanzen. Da schauen Sie sich mal andere Armeen wie die Britische oder Französische an, da ist das Standesbewußtsein der Offiziere noch viel ausgeprägter.

Bei den Stäben gebe ich Ihnen absolut recht, allerdings muß dafür der Schriftverkehr abgebaut bzw. auf elektronischen Schriftverkehr umgestellt werden. ( Wie drückte es ein Kamerad so treffend aus: Wenn in 1000 jahren jemand eine BW-kaserne ausgräbt wird er denken es wäre eine Papierfärbefabrik! :bonk: ). Und was die ganzen Stäbe angeht, insbesondere solche wie die Korpsstäbe welche nicht mal unterstellte Truppen haben, sind dies Wasserköpfe, welche eigentlich keine Existenzberechtigung haben ausser Papier schwarz zu färben. Wozu braucht eine Brigade im Einsatz noch einen Divisionsstab und einen Korpsstab, ich meine damit ISAF.Das Deutsch-Niederländische Korps führte ISAF und das deutsche Kontingent hatte noch einen Brigade- und Divisionsstab dabei. Vom personellen Umfang her ist das ISAF-Kontingent eine verminderte Division und das deutsche Kontingent irgendwas zwischen einem verstärkten Batallion und einer verminderten Brigade, kann ich auch nicht so ganz nachvollziehen wofür da drei Grossverbandstäbe benötigt werden.

Zitat:Da wir wegen der Gesellschaft keine solche Wehrpflichtarmee mehr haben können, obwohl es viel vernünftiger und der eigentlichen Idee unseres Staates viel entsprechender wäre, daher dann eine Berufsarmee von 200 000 Soldaten mit absoluter Mehrheit für die Kampftruppe.
Mehrheit oder Schwerpunkt? Da das nicht unbedingt das gleiche sein muss. Mir wären zwei bis drei Mechanisierte (Panzer oder Panzergren) Divisonen nach dem Muster Heeresstruktur 5 (N) genehm, dazu die DSO und eine schlagkräftige DLO plus die militärische Grundorganisation, was beim Heer dann insgesamt 100.000 bis 130.000 Mann machen würde. voraussetzung wäre eine Berufsarmee, weil nur hier die militärische Grundorganisation so klein gehalten werden könnte.

Zitat:Nur die Truppen am Horn von Afrika bleiben, zum Üben für die Marine und der Kosovo zum Üben für das Heer.
Könnten Sie das bitte näher erläutern? Soll das Kosovo zu einem Truppenübungsplatz wie Bergen gemacht werden, nur das wir keine Ruleplayer mehr brauchen sondern authentische Bevölkerung haben?

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@pharao

Auftagstaktik bedeutet im Grunde genommen das der Befehlsempfänger die Absicht versteht die der Befehlsgeber mit seinem Befehl verfolgt. Dies befähigt den Befehlsempfänger dazu im Sinne der übergeordneten Führung zu handeln, was ihm wiederum ermöglicht die Durchführung eines Befehls selbst zu gestalten, bzw. sogar die Durchführung selbstständig abzubrechen wenn die Absicht der übergeordneten Führung nicht mehr erreichbar ist (das zweite ist der Extremfall, nicht der Normalfall). Dazu ist ein gutes Informationsmanagement unabdingbar, d.h. das bis zum letzten Soldaten einer Einheit alle mit den Informationen die zur Durchführung eines Auftrags benötigt werden auch versorgt werden. Diese Art der Befehlsgebung fördert Initiative und Motivation der Unterführer da sie ihre Ideen in ihrem Bereich verwirklichen können, verlangt allerdings auch von ihnen Verantwortung zu übernehmen. Weiterhin ist wichtig das alle den einheitlichen Führungsvorgang der Bundeswehr befolgen (Lagefeststellung, Planung, Befehlsgebung, Kontrolle, und von vorn). Desweiteren wird so ereicht, das Einheiten noch handlungsfähig sind auch wenn die Oberste Führungsebene (z.B. KpChef) ausgeschaltet ist, im besten Fall auch noch wenn die zweite Ebene (z.B. ZgFhr) weg ist.

Gruß NoBrain
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