Heute, 05:24
"Raubtiermentalität" trifft es wohl. Boris Schumatsky* hat viel Lesenswertes zu diesem Thema geschrieben. Die russische Gesellschaft ist im Grunde dysfunktional, gerade im ländlichen Raum ähnelt sie eher den Zuständen auf dem Balkan in früheren Jahrhunderten, als schon im nächsten Dorf Todfeinde leben konnten.
Wer Russland verstehen will, muss laut Schumatsky verstehen, dass die Russen während ihrer gesamten Geschichte stets unterdrückt wurden—wenn nicht von der eigenen Regierung, dann von ausländischen Invasoren. "Der Russe", dies kann man laut dieses russischen Philosophen verallgemeinernd sagen, hat daraus gefolgert, dass du jederzeit damit rechnen musst, von anderen niedergeknüppelt zu werden, und dass es besser ist, zuerst zuzuhauen und dir zu nehmen, was dir "zusteht".
Und wer die Zustände in der russischen Armee verstehen will, sollte die Biografien der Männer lesen, die im Pazifikkrieg Kriegsgefangene der Japaner waren. Sie beschreiben, was auch in den Ostasien-Kriegsverbrecherprozessen immer wieder ausgesagt wurde: Dass ethnische Koreaner die brutalsten Soldaten der kaiserlich japanischen Armee waren. Seltsam, nicht wahr? Doch die Koreaner standen ganz unten in der Hackordnung der japanischen Gesellschaft. Sie wurden am ehesten bestraft, am schlechtesten verpflegt und zu den schwierigsten und gefährlichsten Aufgaben herangezogen. Prügel und Mord durch die eigenen Vorgesetzten und japanischen "Kameraden" waren an der Tagesordnung. Ihr Ventil fanden diese Männer, die gleichzeitig Opfer des japanischen Imperialismus waren, im Umgang mit alliierten Kriegsgefangenen und asiatischen Zivilisten.
Und so funktioniert auch die russische Armee, zumal seit das Gros der Freiwilligen aus dem Bodensatz der Gesellschaft besteht.
Es ist, wie @Quintus mal geschrieben hat: Die vermeintliche Verklärung des Soldatischen und der Verteidiger von Mütterchen Russland ist nur Fassade, die russische Armee genießt in Wahrheit kein gutes Ansehen in der Gesellschaft, und ihre Soldaten sind die Fußabtreter des Staates.
Plattformen wie Reddit (r/UkraineWarVideoReport) quellen über von Videos, wie russische Soldaten "diszipliniert" werden: Schwere Prügel, Vergewaltigung, Elektroschocks. Männer werden nackt bei Eiseskälte in Gruben geworfen oder als "Drohnenköder" an Bäume gebunden. Es gab sogar mindestens einen Fall, wo Soldaten, die einen "Fleischwolfangriff" verweigerten, gezwungen wurden, in einer Grube bis zum Tod zu kämpfen. Wohlgemerkt, diese Videos werden von russischen Soldaten selbst ins Netz gestellt, und keineswegs immer, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Der "Grubenkampf" wurde von diesem Möchtegern-Streicher Solowjow begeistert auf Telegram geteilt, der fand die Idee großartig.
Was muss man mehr wissen?
Der Vergleich zu anderen postsowjetischen Armeen ist wirklich bemerkenswert. Ich bin überzeugt, dass einer der Gründe, warum die Ukrainer den Russen widerstehen konnten, darin besteht, dass man nach der Orangenen Revolution energisch gegen die Dedowschtschina vorging—das in Russland heute noch übrige und als "sibirische Erziehung" verklärte System der Misshandlung und Ausnutzung Untergebener durch Vorgesetzte. Eine Armee kann so nicht funktionieren. Und die russische Armee würde auch nicht funktionieren, wenn das Land nicht so riesig und die Bereitschaft nicht so groß wäre, noch den geringsten militärischen Erfolg mit Unmengen an Blut und Ressourcen zu erkaufen.
*) Eigentlich schreibt sich der Name richtigerweise Schumjazki, aber er veröffentlicht unter "Schumatsky".
Wer Russland verstehen will, muss laut Schumatsky verstehen, dass die Russen während ihrer gesamten Geschichte stets unterdrückt wurden—wenn nicht von der eigenen Regierung, dann von ausländischen Invasoren. "Der Russe", dies kann man laut dieses russischen Philosophen verallgemeinernd sagen, hat daraus gefolgert, dass du jederzeit damit rechnen musst, von anderen niedergeknüppelt zu werden, und dass es besser ist, zuerst zuzuhauen und dir zu nehmen, was dir "zusteht".
Und wer die Zustände in der russischen Armee verstehen will, sollte die Biografien der Männer lesen, die im Pazifikkrieg Kriegsgefangene der Japaner waren. Sie beschreiben, was auch in den Ostasien-Kriegsverbrecherprozessen immer wieder ausgesagt wurde: Dass ethnische Koreaner die brutalsten Soldaten der kaiserlich japanischen Armee waren. Seltsam, nicht wahr? Doch die Koreaner standen ganz unten in der Hackordnung der japanischen Gesellschaft. Sie wurden am ehesten bestraft, am schlechtesten verpflegt und zu den schwierigsten und gefährlichsten Aufgaben herangezogen. Prügel und Mord durch die eigenen Vorgesetzten und japanischen "Kameraden" waren an der Tagesordnung. Ihr Ventil fanden diese Männer, die gleichzeitig Opfer des japanischen Imperialismus waren, im Umgang mit alliierten Kriegsgefangenen und asiatischen Zivilisten.
Und so funktioniert auch die russische Armee, zumal seit das Gros der Freiwilligen aus dem Bodensatz der Gesellschaft besteht.
Es ist, wie @Quintus mal geschrieben hat: Die vermeintliche Verklärung des Soldatischen und der Verteidiger von Mütterchen Russland ist nur Fassade, die russische Armee genießt in Wahrheit kein gutes Ansehen in der Gesellschaft, und ihre Soldaten sind die Fußabtreter des Staates.
Plattformen wie Reddit (r/UkraineWarVideoReport) quellen über von Videos, wie russische Soldaten "diszipliniert" werden: Schwere Prügel, Vergewaltigung, Elektroschocks. Männer werden nackt bei Eiseskälte in Gruben geworfen oder als "Drohnenköder" an Bäume gebunden. Es gab sogar mindestens einen Fall, wo Soldaten, die einen "Fleischwolfangriff" verweigerten, gezwungen wurden, in einer Grube bis zum Tod zu kämpfen. Wohlgemerkt, diese Videos werden von russischen Soldaten selbst ins Netz gestellt, und keineswegs immer, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Der "Grubenkampf" wurde von diesem Möchtegern-Streicher Solowjow begeistert auf Telegram geteilt, der fand die Idee großartig.
Was muss man mehr wissen?
Der Vergleich zu anderen postsowjetischen Armeen ist wirklich bemerkenswert. Ich bin überzeugt, dass einer der Gründe, warum die Ukrainer den Russen widerstehen konnten, darin besteht, dass man nach der Orangenen Revolution energisch gegen die Dedowschtschina vorging—das in Russland heute noch übrige und als "sibirische Erziehung" verklärte System der Misshandlung und Ausnutzung Untergebener durch Vorgesetzte. Eine Armee kann so nicht funktionieren. Und die russische Armee würde auch nicht funktionieren, wenn das Land nicht so riesig und die Bereitschaft nicht so groß wäre, noch den geringsten militärischen Erfolg mit Unmengen an Blut und Ressourcen zu erkaufen.
*) Eigentlich schreibt sich der Name richtigerweise Schumjazki, aber er veröffentlicht unter "Schumatsky".
(Gestern, 21:37)Quintus Fabius schrieb: Nicht Rußland, sondern etliche Russen, was ein Unterschied ist.In diesem Fall kann man tatsächlich verallgemeinern. Denn das Verhalten der russischen Armee in der Ukraine wird von der russischen Regierung und den russischen Eliten wenn nicht sogar befohlen, so doch zumindest gefordert und gefördert. Und nicht geringe Teile der Gesellschaft laden Mitschuld auf sich, indem sie es goutieren oder tolerieren. Schon 2023 hat das Center for European Policy Analysis die Rhetorik der russischen Medien und deren Rolle bei der Begründung und Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges untersucht (Link), in einem früheren Beitrag hatte ich ein paar Beispiele herausgegriffen:
Zitat:Gezeigt wird, dass die Medien den Angriff fördern, ermutigen und rechtfertigen. Sie tun dies mit genozidaler Rhetorik und entmenschlichenden Aussagen, u.a. werden Ukrainer als "Tiere", "Schweine" und "Ungeziefer" bezeichnet. Es wird auch gezeigt, wie russische Medien, Politiker und Intellektuelle sich die Zukunft der Ukraine vorstellen, und dass der Begriff "Denazifierung" als Chiffre dient für genozidale Strategien. Unverhohlen wird von Massenmord, Vertreibung und Umerziehung gesprochen.Wenn russische Soldaten in der Ukraine habituell Kriegsverbrechen begehen, so liegt es auch daran, dass sie von Medien und Eliten dazu angestachelt werden.
Die Beispiele werden konkret benannt und belegt.
So schlug der Rundfunkdirektor von Russia Today, Anton Krassowski, vor, ukrainische Kinder zu verbrennen oder zu ertränken, um die Ukraine in die Knie zu zwingen.
Pawlo Hubarjew, ein pro-russischer ukrainischer Politiker und Statthalter der Föderationsregierung in Donezk, kündigte an, Millionen von Ukrainern zu töten, denn diese seien "vom Teufel besessen".
General Wladimir Schamanow, vormals Kommandeur der Luftlandetruppen und jetziger Abgeordneter, äußerte, dass man zwei Generationen brauchen werde, um die Ukrainer umzuerziehen, und rechnet mit einer militärischen Präsenz Russlands in der Ukraine über 40 Jahre.
Vitali Tretiakow, Kanzler der Staatlichen Medienhochschule, forderte, die Ukraine mit Militärbasen zu überziehen und dauerhaft zu besetzen, nur so könne man die Mentalität der Bevölkerung kontrollieren, die zu "Tieren" degeneriert sei.
Der Duma-Abgeordnete Alexei Schurawljow sprach in dem Format '60 Minuten' davon, dass etwa 2 Mio. Ukrainer niemals zum Russischen bekehrt werden könnten und physisch vernichtet werden müssten. Auf ihre Nachfrage hin kamen Moderatorin Olga Skabejewa und er überein, dass Erschießungen und Enthauptungen ein geeignetes Mittel seien.
Dmitri Rogosin, vormals ständiger Vertreter Russlands bei der NATO, Vize-Premierminister, Leiter der Raumfahrtbehörde und jetzt Komiteeobmann im Föderationsrat, bekennt offen, dass man die Loyalität großer Teile der Ukrainer wohl nicht gewinnen werde, doch habe die Invasion auch niemals deren Befreiung gedient, sondern ihrer Unterwerfung.
Der Artikel hebt hervor, dass eine direkte Linie gezogen werden kann zwischen dieser Art von Rhetorik und russischen Kriegsverbrechen wie in Butscha.
Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Flucht bzw. Vertreibung von Millionen Ukrainern nach Europa von den russischen Eliten als strategisches Ziel betrachtet wird, um sowohl die Ukraine als auch Europa zu schwächen.
Durchweg betonen nicht nur Journalisten und Politiker, sondern auch namhafte Wissenschaftler wie z.B. die kommissarische Leiterin des Staatlichen Instituts für Internationale Beziehungen, Prof. Elena Ponomarewa, dass der russische Staat bei der Durchsetzung seiner Interessen sich nicht von moralischen Bedenken aufhalten lassen solle.
