(Allgemein) Personalgewinnung, Wehrpflicht und der Aufbau von Reserven
(31.08.2025, 14:13)Milspec_1967 schrieb: ... Es spricht aber absolut Gar Nichts (!)! dagegen, eine Wehrpflicht für Frauen an Dienst in rückwärtigen Raum, Logistik /LKW Hubschrauber / Flugzeuge / Schiffs Besatzungen / Sanitäter / ELOKA / Fkugabwehr... Drohnen Lenkung etc zu binden und vom Kampf an der Front auszuschließen
.... Einfach durch einen zusatz Paragraph.im GG...und fertig ist die Laube.
Doch, ich denke, dass ein solcher Paragraph nicht GG-konform wäre.
Allerdings braucht es den auch gar nicht, wenn das entsprechende WD-Gesetz einfach eine geschlechtsneutrale Verwendung nach persönlicher Eignung vorsieht. Dann landen nur jene Frauen (und Männer!) im Schützengraben, die dafür auch halbwegs tauglich sind.
Und wenn das WD-System von vornherein den Dienst ohne Waffe als einfache Verweigerungsform vorsieht, kann dieser Weg auch selbst gewählt werden.

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(31.08.2025, 13:01)Quintus Fabius schrieb: Frauen sind durch ihre Position im Reproduktionsprozess gegenüber Männern benachteiligt. Dieser Nachteil kann nicht ausgeglichen werden, und wer etwas anderes sagt predigt Utopien.
Es sinkt aber der Anteil an Frauen, die tatsächlich vom Reproduktionsprozess betroffen sind, weil der Anteil kinderloser Mütter steigt. Zumal wir ja auch nur über heute jugendliche deutsche Staatsbürger sprechen, da ist dieser Effekt absehbar nochmal höher als in der heutigen Gesamtbevölkerung.
Zitat:Der Kampfwert von zwangseingezogenen wehrpflichtigen jungen Frauen ist gering, ihr Nutzen im Krieg im Verhältnis zum Aufwand um sie überhaupt als Soldaten auszubilden gering. Dass sind Welten zwischen Freiwilligen welche Soldatinnen werden und irgendwelchen zwangsgepressten jungen Frauen die geistig von jeder Art von Krieg weit weg sind.
Das hängt von der Art des Dienstes ab, den sie leisten sollen. Es muss ja immer noch eine Prüfung der Verwendbarkeit stattfinden. Es wäre natürlich hirnrissig, einfach jedem und jeder ein Gewehr in die Hand zu drücken und den Weg zum Schützengraben zu zeigen.
Zitat:aus dem gleichen Grund wird der Gros der gezwungenen jungen Frauen den Kriegsdienst verweigern und stattdessen Zivildienst machen. Dieser soll aber im Vergleich zum Wehrdienst nachteilig gestaltet werden um die jungen Menschen zu motivieren sich für die Wehrpflicht zu entscheiden.
Weshalb es eben nicht einfach Wehr- und Ersatzdienst für die Besten bei der Musterung geben darf, sondern einen allgemeinen Dienst für wirklich alle, bei dem militärischer Wehrdienst nur ein Aspekt von mehreren ist, die aber alle mehr oder weniger Teil der Gesamtverteidigung sind. (Wir hatten die Diskussion lang und breit.)
Zitat:Entsprechend wird das weit überproportionale Verweigern des Kriegsdienstes durch junge Frauen und deren mehrheitliche Entscheidung für den Zivildienst diese

4.1. noch mehr in traditionelle Frauenrollen drängen (die Frau versorgt die Kranken und der Mann kämpft)
Ich denke, dass dieser Effekt nicht eintritt, da im Gegensatz zu den traditionellen Gründen für diese Rollenverteilung, hier ein Wahlmöglichkeit besteht und es es (im Rahmen der gegebenen Wahlmöglichkeiten) eine selbstbestimmte Entscheidung der Frau ist, diese Rolle einzunehmen, genauso wie auch Männer diese Wahl treffen. Es könnte sogar positive Effekte haben, weil durch die Durchmischung von Männern und Frauen im Ersatzdienst die klassische Trennung der Einsatzfelder entfällt. Zu früheren Zivildienstzeiten war klar, wenn man in einer Gesundheitseinrichtung eine dort tätige Frau antraf, war das eine Schwester, ein junger Mann war Zivi, ein alter Mann Arzt. Männliche Pfleger haben das schon etwas durchbrochen und weibliche Zivis würden diesen Effekt eher noch verstärken.
Wichtig wäre dafür aber, dass es nicht nur Schützengraben oder Bettpfanne als Optionen gibt, sondern eben auch Verwendungen ohne Waffe, die nicht dem klassisch-überholten Frauenbild zuarbeiten.
Zitat:das Grundgesetz sieht keine Wehrpflicht für Frauen vor, entsprechend wird es Klagewellen dafür und dagegen geben, die sich über viele Jahre hinziehen werden. ... Zudem widerspricht sich das Grundgesetz hier einfach selbst und diese Widersprüche können nicht aufgelöst werden.
So oder so, ja. Weswegen ich es auch für unwahrscheinlich halte, dass wir eine wirkliche Wehrpflicht bekommen werden, bzw. eine solche Bestand haben wird, solange es nicht wieder eine verfassungsändernde Mehrheit der Mitte gibt. Mit dem aktuellen Grundgesetz wäre nur eine allgemeine Verpflichtung für alle zu vergleichbaren Diensten möglich, die bei eingeschränktem Effekt so dermaßen hohe Kosten vielfältiger Art mit sich brächte, dass es sich schlicht und einfach nicht lohnt.
Zitat:Eine moderne Industriegesellschaft benötigt in einem großen konventionellen Krieg nicht primär Soldaten die als Wehrpflichtige Jahre zuvor unzureichend ausgebildet wurden und dann als Reserve irgendwann die Lücken füllen. Und gerade wir benötigen solche Reserven aus unzureichende Hilfstruppen am allerwenigsten, aufgrund geostrategischer Position, der eigentlichen Bedeutung im Bündnis und der sich daraus ergebenden Aufgaben usw.
Erneut: Deshalb darf man sich auch nicht auf eine klassische Wehrpflicht versteifen, sondern muss diese soweit wie irgend möglich auf Gesamtverteidigung und Resilienz ausweiten. Denn je mehr eine Wehrpflicht so ausgestaltet wird, dass sie der heutigen BW tatsächlich nutzt, desto weniger rechtlich tragbar wird sie. Wir können halt nicht nur die tauglichsten eines Jahrgangs für mehrere Jahre einziehen.
Zitat:Und insgesamt kann man daraus nur zu der Schlußfolgerung kommen, dass eine Wehrpflicht für Frauen falsch ist, ja sogar kontraproduktiv.
MMn gilt deine Aussage nicht geschlechtsspezifisch, sondern ganz allgemein für eine Wehrpflicht klassischer Ausgestaltung, die also nicht allumfassend ist, sondern lediglich die Optionen Kampftruppe oder Zivildienst bietet. Eine solche würde durch die gleichgestellte Behandlung von Frauen noch ineffizienter, dahingehend gebe ich dir ja sogar Recht, dass sie falsch wäre, aber eben nur in dieser begrenzten Form, die jedoch an sich schon falsch ist.

(31.08.2025, 14:16)Quintus Fabius schrieb: Wenn du es nicht verstehen willst, kann ich dir auch nicht weiterhelfen. Wir haben hierzulande keine Gleichberechtigung. Also ist ein Wehrdienst für Frauen keine Gleichberechtigung, sondern ein zusätzlicher Nachteil. Und weil sie im Falle einer Wehrpflicht überwiegend den "schlechteren" Zivildienst wählen werden, noch umso mehr.

Es geht nicht um Vorteile für Frauen, sondern darum, die Nachteile für Frauen zu verringern.
Ein solches Aufeinanderanrechnen von nicht miteinander verbundenen Vor- und Nachteilen wird dann zunehmend schwierig, wenn die Gruppe an Homogenität verliert. Früher betraf der "Nachteil Gebärfähigkeit" hierzulande noch 7 von 8 Frauen, heute sind es 4 von 5 und wir entwickeln uns in Richtung 2 von 3, während der steigende Anteil der Spätgebärenden dafür spricht, dass mehr Geburten unter selbstgewählten, nicht als Nachteil empfundenen Umständen zustande kommen. Alles in Allem kann man festhalten, dass immer weniger Frauen tatsächlich von den sich aus der Geburt ergebenden Nachteilen tatsächlich betroffen sind, so dass ein für alle Frauen gewährter Kompensationsvorteil zunehmend ungerechter wird. Zumal es ja um zukünftige Generationen deutscher Staatsbürgerinnen geht, also die Gruppe von Frauen, die von den genannten Entwicklungen besonders betroffen sind. Perspektivisch wird aus dieser Gruppe womöglich eine Mehrheit gar keine Kinder mehr bekommen, schon gar nicht mehrere. Deren Benachteiligung wird also zunehmend weniger durch die tatsächlichen, unvermeidbaren Einschränkungen der Mutterschaft definiert sein.
Unter diesen Voraussetzungen den Nachteilen durch allgemeine Kompensations-Vorteile entgegen zu treten, ist keine angebrachte, sondern eine Notlösung, weil man sich außerstande sieht, Benachteiligung dort zu verhindern, wo sie auftritt.
Zitat:Zur Frage der freiwilligen Wehrpflicht, der Wehrgerechtigkeit durch Wehrpflicht für Frauen etc. Schlussendlich haben wir hier meiner Meinung nach psychologisch eine Art Zielinversion, resultierend aus kontradiktatorischen Verhältnissen zwischen Teilzielen die schlussendlich zu einem Handeln führen, welches ein Problem durch ein anderes ersetzt. Daraus folgte dann im vorliegenden Fall wegen der Gegensätzlichkeit der angestreben Teilziele (Wehrkraft stärken -Gleichberechtigung etc) die begriffliche Integration derselben.
Dem kann man durchaus zustimmen, aber auch das gilt eigentlich primär für eine Wehrpflicht allgemein in unserer heutigen Gesellschaft und für die sich u.a. aus ihr heraus ergebenden Aspekte einer zeitgemäßen Kriegsführung.
Zitat:Wer nicht einsehen will, dass Wehrpflicht für Frauen keine Gleichberechtigung ist, der hat eben einen falschen Begriff von Gleichberechtigung.
"Gleichberechtigung" kann man tatsächlich so verstehen, dass es sich nur auf Rechte und nicht auf Pflichten bezieht. Daher sind eigentlich "Gleichbehandlung" oder "Gleichstellung" angemessenere Termini.

Insofern ist da eine Schwachstelle in der Formulierung des GG, weil in Art.3 (2) der Begriff "gleichberechtigt" eingeführt wird. Dieser wirkt aber meiner Auffassung nach hier primär nach außen, dient also dazu, den Statt zu ermächtigen, die Gleichberechtigung auch außerhalb seiner direkten Zuständigkeit durchzusetzen, bspw. in Privatorganisationen, Firmen, Vereinen etc.

Art.3 (1) hingegen spricht von Gleichheit vor dem Gesetz, ist also hinsichtlich der Beurteilung einer Wehrpflicht sehr viel relevanter und untersagt eigentlich bereits eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau, was durch die konkrete Erwähnung von "Geschlecht" und "Benachteiligung oder Bevorzugung" in Art.3 (3) noch untermauert wird.
GG Art.3 schrieb:(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Das Argument des Ausgleichs eines Nachteils durch einen Vorteil bzw. den Verzicht auf einen weiteren Nachteil anhand der Geschlechtszugehörigkeit war vom Wortlaut des GG so nie gedeckt.
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