Gestern, 19:06
(Gestern, 17:34)alphall31 schrieb: Allerdings kann man heute nicht mehr auf kampferfahrenes Personal zurück greifen wie bei der Aufstellung der Bw.Womöglich stellst Du dieser Generation ein höheres Lob aus, als sie verdient.
Die junge Bundeswehr war alles andere als eine Meritokratie. Gerade der zivile Bereich war durchsetzt von Nazi-Karrieristen, die sich vor 1945 eher durch ideologische Linientreue denn durch Kompetenz empfohlen hatten, und auf die mangels Alternative oder auf Druck alter Seilschaften zurückgegriffen wurde. Das erste Vierteljahrhundert Bundeswehr war denn auch geprägt von Skandalen, übrigens speziell in puncto Rüstung (siehe z.B. HS 30 und Starfighter).
Was wir heute kritisieren, ist also keineswegs ein neues Phänomen.
Auch was Doktrinen und Abläufe anlangt, kann man dieser Generation eine durchwachsene Bilanz unterstellen. Teile der Bundeswehr brauchten lange, bis sie die übernommenen Doktrinen der Wehrmacht hinterfragten (vom ethischen und staatsrechtlichen Versagen der Wehrmacht mal ganz abgesehen). An den Heerestruppenschulen hielt sich bis in die 1980er das Zerrbild einer Wehrmacht, die "nur" von der Übermacht erdrückt worden war.
Anstatt zu lernen, widersetzte man sich trotz des verlorenen Krieges wichtiger Impulse, weil man sich bestätigt glaubte. Was auch daran lag, dass die Alliierten die Selbstbeweihräucherung der Wehrmacht durch die Operational History German Section unter GFm v. Küchler kritiklos übernommen hatten, und der Bundeswehr Vorschusslorbeeren gewährten.
In den Sechzigern folgte dann die Ernüchterung. Beispielsweise hatte die Wehrmacht nur wenige Generale wie Gotthard Heinrici gehabt, die sich auf Verteidigung verstanden, und dieses Defizit wurde in die Bundeswehr mitgenommen. Noch 1965 äußerte sich der damalige SACEUR Lemnitzer abfällig über den Nutzen der Deutschen in der Raumverteidigung.
Persönlich würde ich behaupten, dass die Bundeswehr in den 1980ern ihren Peak erreichte. Zu diesem Zeitpunkt war sie erwachsen geworden, aber noch nicht verkalkt. Die damalige Gliederung von Streitkräften und Wehrverwaltung könnte heute als Vorbild dienen, natürlich mit einem entsprechenden Update.