08.07.2025, 09:13
Wie alphall31 es durchaus schon richtig angerissen hat, sind mechanisierte Kräfte viel mehr als nur schwere Panzer – und vor allem muss man sehr klar zwischen (schweren) Kampfpanzern und mechanisierten Kräften unterscheiden, dahingehend, dass Kampfpanzer zwar auch mechanisierte Kräfte sind, aber nicht die Voraussetzung für diese und zudem eben nicht alle mechanisierten Kräfte schwere Panzer sind oder sein müssen.
Wenn man es geschichtlich durchgeht, entstanden Panzer zunächst primär zum Zweck des Durchbruches, sie dienten also dem Kampf gegen feindliche Stellungssysteme. Exploriert werden sollte der Durchbruch jedoch nicht durch die Panzer selbst, welche in ihren Anfängen also faktisch den „Belagerungswaffen“ zuzurechnen wären. Gerade der Anfang des Kampfpanzers, insbesondere aber des schweren Panzers (im Verhältnis der damaligen Zeit) war die Idee einer Durchbruchswaffe. Mechanisierte Kräfte bedeutet damals also schlussendlich eine Weiterentwicklung der Sappeure, sie dienten daher in ihren Anfängen nicht dem Bewegungskrieg und insbesondere nicht der Manöverkriegsführung.
Daraus entstanden dann dem ersten Weltkrieg folgend verschiedene Lehren wie man diese Kräfte einsetzt und vor allem wie man sie weiterentwickeln sollte. Zum einen war hier Großbritannien führend in der Idee einer Flotte von Panzern welche sich geschlossen und in großer Quantität quer durch das Land bewegt. Dabei überwindet sie zugleich jede Art von Stellungssystem, zum anderen dringt sie nach Überwindung desselben dann weiter vor. Diese Lehre vernachlässigte die Infanterie als Unterstützung und auch sonst jede unterstützende andere Waffen, weil sie davon ausging, dass der massenweise Einsatz von C-Waffen sowie die Kampfkraft der Panzer selbst ausreichend sein würden.
In Frankreich und einigen anderen Ländern sah man den Panzer hingegen als eine Unterstützungswaffe der Infanterie, und entsprechend disloziert auf die Infanterieverbände um diesen gegenüber feindlichen Stellungssystemen die notwendige Kampfkraft zu geben und vor allem auch um in der Defensive mit feindlichen Panzern fertig zu werden.
Andere Länder wie die frühe Sowjetunion hingegen verfolgten von Anfang an eine Lehre, in welcher die Panzerwaffe spezialisiert wurde, in schwere Panzer welche weiter nur als „Belagerungswaffe“ die feindlichen Stellungssysteme durchbrechen sollten, und völlig getrennt davon leichte Panzerverbände, welche dann erst nachdem der Durchbruch erzielt wurde diesen explorieren sollten um in die Tiefe des gegnerischen Raumes durchzustoßen. Diese Operation in der gesamten Tiefe des gegnerischen Raumes führte als Grundidee dazu, dass die Sowjets sich von Beginn an und als erste Luftlandetruppen in diesem Konzept andachten, sowie auch schon sehr früh mit luftbeweglichen leichten Panzern experimentierten.
Darüber hinaus gab es ja in allen Armeen immer noch die Kavallerie, und dem folgend den Konflikt ob die Panzerwaffe nun der Kavallerie oder der Infanterie unterstehen solle, und etliche Armeen hatten daher in ihren Anfängen praktisch gesehen zwei getrennte Panzerwaffen – da die Kavallerie eigene Panzer und Panzerwägen beschaffte, während Infanterie / sonstige Heereseinheiten andere Panzer beschafften. Die Panzerstreitkräfte der Kavallerie unterschieden sich dabei eigentlich immer dahingehend von anderen Panzereinheiten, dass sie leichter waren, eben kavallaristisch wirken sollten und daher sehr viel leichter und beweglicher aufgestellt waren.
Schlussendlich kamen eigentlich alle Seiten dahin überein, dass man verschiedene Arten von Panzern benötigt, um die ihrer Natur nach verschiedenen Aufgaben durch diese erfüllen zu können. Schwere Panzer waren damals noch ungeeigneter für die Manöverkriegsführung als sie dies heute sind, leichte Panzer wiederum für den Durchbruch teilweise völlig unzureichend, und manche Armeen wie die Japanische hatten zudem noch das Problem der geographischen Begebenheiten ihres Kriegsraumes zu berücksichtigen was erneut Sonderwege zur Folge hatte. Entsprechend differenzierten sich die Panzer sehr stark, und wurde dann noch selbst in einer Gewichtskategorie noch weiter durch eine spezialisierte Bewaffnung unterteilt:
Dahingehend, dass man Panzer hatte, welche primär gegen Infanterie / Stellungen wirken sollten und welche, die mit ihrer Bewaffnung gegen feindliche Panzer wirken sollten. Man hatte Defensive Panzer und solche die als Offensive Panzer klassifiziert wurden. Man hatte eine Vielzahl von Gewichtsklassen und selbst innerhalb dieser und bei gleicher Zielsetzung für die Verwendung dann je nach Fahrzeug unterschiedliche Bewaffnung welche sich jeweils ergänzen sollte.
Das heißt schlicht und einfach: dass die Panzerwaffe hochgradig spezialisiert wurde. Mechanisierte Kriegsführung war nicht einfach gleich mechanisierter Kriegsführung und alle Einsatzarten und Formen von Panzern in einem solchen Begriff zusammen zu fassen wären den damaligen Theoretikern zu diesem Bereich als widersinnig erschienen. Ein wesentlicher Grund für diese Spezialisierung waren vor allem technologische Beschränkungen. Motoren, Treibstoffverbrauch, technisch machbare Panzerung, die Möglichkeiten der Bewaffnung etc. zwangen eine immense Typenvielfalt herbei.
Mit dem Fortschreiten der Technologie im 2WK und weil die Kriegswirtschaftlichen Zwänge dies erforderten, konnte diese Typenvielfalt immer mehr überwunden und eingestampft werden. Panzer konnten nun immer flexibler und vielfältiger eingesetzt werden und man setzte also die exakt gleichen Fahrzeuge mit der exakt gleichen Bewaffnung für verschiedene Aufgaben ein, welche vorher von spezialisierten (!) Panzern erledigt werden sollten / erledigt wurden. Trotzdem unterschied man immer noch leichte, mittlere und schwere Panzer, sowie defensive und offensive Typen und setzte diese wie von alphall genannt dann auch oft kombiniert ein.
Dessen ungeachtet führte der Weltkrieg und seine gewaltigen kriegswirtschaftlichen Anforderungen eine starke Vereinheitlichung herbei und eine gewisse Dominanz mittlerer Panzer mit einer Mehrzweckbewaffnung. Nicht weil diese in irgend etwas überlegen gewesen wären, sondern weil sie möglichst vielfältig und flexibel für viele verschiedene Aufgaben eingesetzt werden konnten und damit am multifunktionalsten waren. Daraus entstand schlussendlich die aktuelle / moderne Idee des Kampfpanzers, während andere Panzerfahrzeuge spezialisierter wurden (Spähpanzer etc) und sich vom Kampfpanzer ablösten um komplett eigene Wege zu gehen.
Durch die Entstehung der Panzergrenadiertruppe im gleichen Zeitraum entstand so die bis heute nachwirkende Idee der mechanisierten Kriegsführung, wie wir sie heute verstehen, welche aber primär ein Produkt des Kalten Krieges ist, auch wenn sie in 2WK wurzelt. Im Kalten Krieg galten noch mehr als je zuvor die kriegswirtschaftlichen Anforderungen als alles dominierend, um den Massen des Feindes überhaupt begegnen zu können. Eine Vielzahl von verschiedenen Kampfpanzern war zu einem Problem geworden, zugleich ermögliche die technologische Weiterentwicklung eine immer breitere und flexiblere Verwendung des mittleren Panzers.
Daraus erwuchs das Konzept des Hauptkampfpanzers (Main Battle Tank), der in seinen Anfängen ja ein Mittlerer Panzer war. Statt vieler spezialisierter Typen von Kampfpanzern hatte man nur noch einen – und füllte die Lücken welche dadurch entstanden durch technologische Weiterentwicklung desselben und seiner Bewaffnung sowie durch die Schützenpanzer welche an seine Seite traten.
Diese stabile Anordnung war für beide Seiten im Kalten Krieg nicht überwindbar, oder anders weiter entwickelbar, da die Anforderungen extremer Aufrüstung gar nichts anderes zuließen. Zudem führten der Druck des Kalten Krieges, die Standardisierung in der NATO, der lange die Streitkräfte degenerierende Friede und die scheinbare Alternativlosigkeit des MBT Konzeptes dazu, dass sich alle immer mehr anglichen. Im Westen waren es einzig die Franzosen, welche sich dem nicht so anschlossen und versuchten hier eigene Konzepte mit einfließen zu lassen.
Über die Jahrzehnte des Kalten Krieges wurde die aus den spezifischen Umständen desselben erwachsene heutige, moderne Konzipierung der mechanisierten Kriegsführung dann scheinbar alternativlos. Aber eigentlich handelte es sich um eine für genau diese Umstände hochspezialisierte Form – welche unter anderen Umständen so gar nicht aufrecht erhaltbar war und ist. Man ging einfach aus, dass die Spezialisierung auf die Massenschlacht in Mitteleuropa ein Konzept sei, welches global und in jedem Kriegsraum Gültigkeit haben werde.
Eigentlich aber war diese vereinheitlichte, standardisierte, reduzierte (!) - wenn man so will also verkürzte Form der Kriegsführung mit Panzern, welche man nun als mechanisierte Kriegsführung betrachtete eine Spezialisierung auf einen bestimmten Kriegsraum und einen bestimmten Feind (so wie sich dieser ebenfalls umgekehrt auf uns spezialisierte). Nur wenige Staaten (Israel) gingen hier andere Wege, aufgrund der spezifischen Umstände in deren Kriegsraum. So entstand die Idee von Durchbruch mittels Kampfpanzern / Panzergrenadieren, des Vorstoß derselben in die Tiefe des gegnerischen Raumes und der Einkesselung und Zerschlagung feindlicher Verbände durch diesselben, immer verbunden mit massiven Luftangriffen.
Alles im 2WK in der Einsatzweise der Deutschen wurzelnd, und dann spezialisiert auf die Anforderungen des Kalten Krieges ! Manöverkriegsführung wurde immer eingeschränkter als die Bewegung von Kampfpanzern verstanden, unterstützt durch eine schier allmächtige Luftwaffe. Im Irakkrieg als Schlusspunkt des Kalten Krieges und praktischem Höhepunkt dieses Konzeptes trat die auf genau diese Kampfweise spezialisierte westliche Kriegskunst nun gegen einen nach sowjetischem Vorbild bewaffneten und trainierten Gegner an und der Sieg fiel spektakulär aus. So extrem fiel dieser Sieg aus, dass damit die eigenen Schlussfolgerungen und Entwicklungen aus dem Kalten Krieg praktisch sakrosankt wurden – den sie hatten sich ja anscheinend im realen Krieg mehr als bewährt.
Ab diesem Zeitpunkt erstarrte meiner Wahrnehmung nach das militärische Denken in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung. Man dachte diese in der Form des Krieges gegen den Irak als Kulmination der Sonderentwicklung des Kalten Krieges mit ihrer Reduktion. Man dachte ihn insbesondere als Einsatzweise von schweren Kampfpanzern und Schützenpanzern, und dem folgend betrieb man von da ab nur noch Strukturextrapolierung, was die mechanisierten Verbände, ihre Strukturen, ihre Doktrin, ihre Einsatzweisen und insbesondere ihre Ausrüstung angeht. Panzer (Kampfpanzer wie Schützenpanzer) wurden in bloßer Strukturextrapolierung wie folgt gedacht: Dreieck – mehr Panzerung – mehr Motor – mehr Feuerkraft. Entsprechend stiegen seitdem Gewicht und Mobilitätsprobleme sowie der logistische Fußabdruck immer weiter und weiter und sank die Quantität immer weiter.
Was eine gewisse Ironie ist, da im Kalten Krieg das MBT Konzept ja vor allem anderen ursprünglich die Frage der Quantität beantworten sollte, wie auch schon im 2WK seine Ursprünge in zunehmender Vereinheitlichung der Panzer wie der mechanisierten Kriegsführung vor allem der Frage der Quantität geschuldet waren. Man hatte also ursprünglich ein Konzept der Vereinheitlichung – um mehr Quantität zu erzeugen, und überspitzte dieses im Laufe der Zeit derart, dass gerade durch dieses Konzept die sinkende Quantität immer mehr zum Problem wurde. Dabei war der Ursprung das genaue Gegenteil was die Zielsetzung angeht.
Die stete evolutionäre Weiterentwicklung des immer selben Dreiecks führte zu immer höheren Kosten, immer größerem Regieaufwand und immer größerem Gewicht und damit zu immer mehr Einschränkungen der mechanisierten Kriegsführung. Dennoch stellte und stellt man diese Entwicklung nicht fundamental in Frage, auch wenn es selbst während des Kalten Krieges durchaus einige militärische Vordenker gab, die dies taten. Da alle (vor allem im Westen TM / der NATO) entsprechend gleich handeln (ein Resultat des Kalten Krieges und seiner spezifischen besonderen Anforderungen), wurde das grundsätzliche Konzept der heutigen mechanisierten Kriegsführung gar nicht weiter in Frage gestellt und wird auch nicht mehr wirklich diskutiert.
Stattdessen dreht man die Spirale aus Mehr Motor – Mehr Panzerung – Mehr Bewaffnung – Größeres Kaliber usw. einfach immer weiter. Obwohl damit die Idee des Generalistenpanzers (Mittlerer Panzer – Hauptkampfpanzer – MBT) zunehmend ad absurdum geführt wird. Entsprechende Probleme die sich daraus ergeben führen nicht dazu, dass man das Konzept selbst hinterfragt, sondern werden jeweils relativiert, oder wie auch hier in den Beiträgen weiter oben darauf geschoben, dass man eben einfach noch mehr Panzerung, noch mehr Kanone und um diese zu bewegen entsprechend einfach noch mehr Motorleistung (Mobilitätserhalt) benötigen würde (Stichwort Leopard 2 A4).
Das gleiche was die Frage der Systeme befallen hat, findet sich auch in Bezug auf das was heute unter mechanisierter Kriegsführung verstanden wird. Unisono werden einfach bestimmte Stichwörter raus gehaut: Gefecht verbundener Waffen – Durchbruch – Vorstoß in die Tiefe, als wären dies magische Zaubersprüche. Man verwendet selbst unter Soldaten solche Definitionen meiner Wahrnehmung nach zunehmend kontextlos. Man glaubt also, in der Taktik (!) gewisse eindeutige Prinzipien und Wirkmechanismen gefunden zu haben, die nicht nur optimal sind, sondern die darüber hinaus gar nicht anders gedacht werden können, weil sie allgemein gültig wären.
Man glaubt tatsächlich an nun dauerhaft gültige Regeln für Taktik und Operation – obwohl die Regeln welche man da als Axiome annimmt ein Resultat des Kalten Krieges und seiner spezifischen Umstände sind und obwohl die aus diesen Umständen resultierende Form mechanisierter Kriegsführung dann im weiteren immer mehr überspitzt und in negativer Form weiter entwickelt wurde, man könnte auch sagen entartet wurde.
Heute stehen wir deshalb meiner Meinung nach vor dem Problem, dass wir eine eingeschränkte Sicht haben, dass wir sozusagen Scheuklappen aufhaben, was Kampfpanzer / Panzer / mechanisierte Kriegsführung angeht. Wir beschränken uns gedanklich in Bezug auf diese, sowohl systemisch als auch in Bezug auf ihre zukünftige Entwicklung und Einsatzweise. Wir hängen zudem zu sehr gedanklich im Kalten Krieg fest (und hängen damit zu sehr an den Wurzeln der Konzepte des Kalten Krieges im 2WK) - was durch die erneute Feindschaft im Osten meiner Einschätzung nach noch verstärkt wird.
Die Übertechnisierung der mechanisierten Kriegsführung, die Frage der Quantität, die Frage der Kriegskosten, die Frage der Beschränktheit der aktuellen Konzepte in diesem Kontext und die geistige Erstarrung in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung führen meiner Meinung nach dazu, dass damit stattfindende Umbrüche / oder mögliche Umbrüche verpasst werden. Zu unserem Glück sind unsere Gegner aktuell noch ganz genau so geblendet – und stecken ebenfalls in der gleichen Sackgasse.
Aber wird das dauerhaft so bleiben ?! Und könnte und sollte man nicht besser diesen Umstand, dass die Gegner ebenfalls noch auf dem gleichen Weg sind, vor ihnen ausnützen ?
Um beschließend auf den Titel des Stranges zurück zu kommen: wir glauben heute meiner Meinung nach zu sehr an allgemeingültige Prinzipien in der Taktik und der Operation. Meiner Ansicht nach ist dies unser primärer Fehler. Meiner Meinung nach sind gerade in der Taktik und Operation nur sehr wenige Prinzipien langfristig gültig und ist gerade dieser Bereich viel weitgehender als die Strategie höchst unklar, von in Wahrheit unbekannten Regeln geprägt die man sich immer wieder neu durch Logik frei von allen Konventionen und allem bisherigen neu erschließen muss – und muss daher gerade im Bereich der Taktik und der Operation das bestehende immer wieder kritisch hinterfragt werden, gerade eben um sich daraus Vorteile erschließen zu können.
Demgegenüber halte ich die Strategie eher für den Bereich, in welchem Prinzipien greifbar sind (das ist übrigens konträr zur Auffassung von Clausewitz, der dies genau anders herum sieht). Da die Taktik aber der Strategie dient, zugleich aber unbestimmter ist und immer wieder neu von jeweils neuen unbekannten Prinzipien geprägt, stellt sie damit einen unsicheren Unterbau für die Strategie dar. Darin sehe ich in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung wie auch in Bezug auf die Kriegsführung im allgemeinen das aktuell primäre Problem unserer Doktrin und Auffassungen.
Wenn man es geschichtlich durchgeht, entstanden Panzer zunächst primär zum Zweck des Durchbruches, sie dienten also dem Kampf gegen feindliche Stellungssysteme. Exploriert werden sollte der Durchbruch jedoch nicht durch die Panzer selbst, welche in ihren Anfängen also faktisch den „Belagerungswaffen“ zuzurechnen wären. Gerade der Anfang des Kampfpanzers, insbesondere aber des schweren Panzers (im Verhältnis der damaligen Zeit) war die Idee einer Durchbruchswaffe. Mechanisierte Kräfte bedeutet damals also schlussendlich eine Weiterentwicklung der Sappeure, sie dienten daher in ihren Anfängen nicht dem Bewegungskrieg und insbesondere nicht der Manöverkriegsführung.
Daraus entstanden dann dem ersten Weltkrieg folgend verschiedene Lehren wie man diese Kräfte einsetzt und vor allem wie man sie weiterentwickeln sollte. Zum einen war hier Großbritannien führend in der Idee einer Flotte von Panzern welche sich geschlossen und in großer Quantität quer durch das Land bewegt. Dabei überwindet sie zugleich jede Art von Stellungssystem, zum anderen dringt sie nach Überwindung desselben dann weiter vor. Diese Lehre vernachlässigte die Infanterie als Unterstützung und auch sonst jede unterstützende andere Waffen, weil sie davon ausging, dass der massenweise Einsatz von C-Waffen sowie die Kampfkraft der Panzer selbst ausreichend sein würden.
In Frankreich und einigen anderen Ländern sah man den Panzer hingegen als eine Unterstützungswaffe der Infanterie, und entsprechend disloziert auf die Infanterieverbände um diesen gegenüber feindlichen Stellungssystemen die notwendige Kampfkraft zu geben und vor allem auch um in der Defensive mit feindlichen Panzern fertig zu werden.
Andere Länder wie die frühe Sowjetunion hingegen verfolgten von Anfang an eine Lehre, in welcher die Panzerwaffe spezialisiert wurde, in schwere Panzer welche weiter nur als „Belagerungswaffe“ die feindlichen Stellungssysteme durchbrechen sollten, und völlig getrennt davon leichte Panzerverbände, welche dann erst nachdem der Durchbruch erzielt wurde diesen explorieren sollten um in die Tiefe des gegnerischen Raumes durchzustoßen. Diese Operation in der gesamten Tiefe des gegnerischen Raumes führte als Grundidee dazu, dass die Sowjets sich von Beginn an und als erste Luftlandetruppen in diesem Konzept andachten, sowie auch schon sehr früh mit luftbeweglichen leichten Panzern experimentierten.
Darüber hinaus gab es ja in allen Armeen immer noch die Kavallerie, und dem folgend den Konflikt ob die Panzerwaffe nun der Kavallerie oder der Infanterie unterstehen solle, und etliche Armeen hatten daher in ihren Anfängen praktisch gesehen zwei getrennte Panzerwaffen – da die Kavallerie eigene Panzer und Panzerwägen beschaffte, während Infanterie / sonstige Heereseinheiten andere Panzer beschafften. Die Panzerstreitkräfte der Kavallerie unterschieden sich dabei eigentlich immer dahingehend von anderen Panzereinheiten, dass sie leichter waren, eben kavallaristisch wirken sollten und daher sehr viel leichter und beweglicher aufgestellt waren.
Schlussendlich kamen eigentlich alle Seiten dahin überein, dass man verschiedene Arten von Panzern benötigt, um die ihrer Natur nach verschiedenen Aufgaben durch diese erfüllen zu können. Schwere Panzer waren damals noch ungeeigneter für die Manöverkriegsführung als sie dies heute sind, leichte Panzer wiederum für den Durchbruch teilweise völlig unzureichend, und manche Armeen wie die Japanische hatten zudem noch das Problem der geographischen Begebenheiten ihres Kriegsraumes zu berücksichtigen was erneut Sonderwege zur Folge hatte. Entsprechend differenzierten sich die Panzer sehr stark, und wurde dann noch selbst in einer Gewichtskategorie noch weiter durch eine spezialisierte Bewaffnung unterteilt:
Dahingehend, dass man Panzer hatte, welche primär gegen Infanterie / Stellungen wirken sollten und welche, die mit ihrer Bewaffnung gegen feindliche Panzer wirken sollten. Man hatte Defensive Panzer und solche die als Offensive Panzer klassifiziert wurden. Man hatte eine Vielzahl von Gewichtsklassen und selbst innerhalb dieser und bei gleicher Zielsetzung für die Verwendung dann je nach Fahrzeug unterschiedliche Bewaffnung welche sich jeweils ergänzen sollte.
Das heißt schlicht und einfach: dass die Panzerwaffe hochgradig spezialisiert wurde. Mechanisierte Kriegsführung war nicht einfach gleich mechanisierter Kriegsführung und alle Einsatzarten und Formen von Panzern in einem solchen Begriff zusammen zu fassen wären den damaligen Theoretikern zu diesem Bereich als widersinnig erschienen. Ein wesentlicher Grund für diese Spezialisierung waren vor allem technologische Beschränkungen. Motoren, Treibstoffverbrauch, technisch machbare Panzerung, die Möglichkeiten der Bewaffnung etc. zwangen eine immense Typenvielfalt herbei.
Mit dem Fortschreiten der Technologie im 2WK und weil die Kriegswirtschaftlichen Zwänge dies erforderten, konnte diese Typenvielfalt immer mehr überwunden und eingestampft werden. Panzer konnten nun immer flexibler und vielfältiger eingesetzt werden und man setzte also die exakt gleichen Fahrzeuge mit der exakt gleichen Bewaffnung für verschiedene Aufgaben ein, welche vorher von spezialisierten (!) Panzern erledigt werden sollten / erledigt wurden. Trotzdem unterschied man immer noch leichte, mittlere und schwere Panzer, sowie defensive und offensive Typen und setzte diese wie von alphall genannt dann auch oft kombiniert ein.
Dessen ungeachtet führte der Weltkrieg und seine gewaltigen kriegswirtschaftlichen Anforderungen eine starke Vereinheitlichung herbei und eine gewisse Dominanz mittlerer Panzer mit einer Mehrzweckbewaffnung. Nicht weil diese in irgend etwas überlegen gewesen wären, sondern weil sie möglichst vielfältig und flexibel für viele verschiedene Aufgaben eingesetzt werden konnten und damit am multifunktionalsten waren. Daraus entstand schlussendlich die aktuelle / moderne Idee des Kampfpanzers, während andere Panzerfahrzeuge spezialisierter wurden (Spähpanzer etc) und sich vom Kampfpanzer ablösten um komplett eigene Wege zu gehen.
Durch die Entstehung der Panzergrenadiertruppe im gleichen Zeitraum entstand so die bis heute nachwirkende Idee der mechanisierten Kriegsführung, wie wir sie heute verstehen, welche aber primär ein Produkt des Kalten Krieges ist, auch wenn sie in 2WK wurzelt. Im Kalten Krieg galten noch mehr als je zuvor die kriegswirtschaftlichen Anforderungen als alles dominierend, um den Massen des Feindes überhaupt begegnen zu können. Eine Vielzahl von verschiedenen Kampfpanzern war zu einem Problem geworden, zugleich ermögliche die technologische Weiterentwicklung eine immer breitere und flexiblere Verwendung des mittleren Panzers.
Daraus erwuchs das Konzept des Hauptkampfpanzers (Main Battle Tank), der in seinen Anfängen ja ein Mittlerer Panzer war. Statt vieler spezialisierter Typen von Kampfpanzern hatte man nur noch einen – und füllte die Lücken welche dadurch entstanden durch technologische Weiterentwicklung desselben und seiner Bewaffnung sowie durch die Schützenpanzer welche an seine Seite traten.
Diese stabile Anordnung war für beide Seiten im Kalten Krieg nicht überwindbar, oder anders weiter entwickelbar, da die Anforderungen extremer Aufrüstung gar nichts anderes zuließen. Zudem führten der Druck des Kalten Krieges, die Standardisierung in der NATO, der lange die Streitkräfte degenerierende Friede und die scheinbare Alternativlosigkeit des MBT Konzeptes dazu, dass sich alle immer mehr anglichen. Im Westen waren es einzig die Franzosen, welche sich dem nicht so anschlossen und versuchten hier eigene Konzepte mit einfließen zu lassen.
Über die Jahrzehnte des Kalten Krieges wurde die aus den spezifischen Umständen desselben erwachsene heutige, moderne Konzipierung der mechanisierten Kriegsführung dann scheinbar alternativlos. Aber eigentlich handelte es sich um eine für genau diese Umstände hochspezialisierte Form – welche unter anderen Umständen so gar nicht aufrecht erhaltbar war und ist. Man ging einfach aus, dass die Spezialisierung auf die Massenschlacht in Mitteleuropa ein Konzept sei, welches global und in jedem Kriegsraum Gültigkeit haben werde.
Eigentlich aber war diese vereinheitlichte, standardisierte, reduzierte (!) - wenn man so will also verkürzte Form der Kriegsführung mit Panzern, welche man nun als mechanisierte Kriegsführung betrachtete eine Spezialisierung auf einen bestimmten Kriegsraum und einen bestimmten Feind (so wie sich dieser ebenfalls umgekehrt auf uns spezialisierte). Nur wenige Staaten (Israel) gingen hier andere Wege, aufgrund der spezifischen Umstände in deren Kriegsraum. So entstand die Idee von Durchbruch mittels Kampfpanzern / Panzergrenadieren, des Vorstoß derselben in die Tiefe des gegnerischen Raumes und der Einkesselung und Zerschlagung feindlicher Verbände durch diesselben, immer verbunden mit massiven Luftangriffen.
Alles im 2WK in der Einsatzweise der Deutschen wurzelnd, und dann spezialisiert auf die Anforderungen des Kalten Krieges ! Manöverkriegsführung wurde immer eingeschränkter als die Bewegung von Kampfpanzern verstanden, unterstützt durch eine schier allmächtige Luftwaffe. Im Irakkrieg als Schlusspunkt des Kalten Krieges und praktischem Höhepunkt dieses Konzeptes trat die auf genau diese Kampfweise spezialisierte westliche Kriegskunst nun gegen einen nach sowjetischem Vorbild bewaffneten und trainierten Gegner an und der Sieg fiel spektakulär aus. So extrem fiel dieser Sieg aus, dass damit die eigenen Schlussfolgerungen und Entwicklungen aus dem Kalten Krieg praktisch sakrosankt wurden – den sie hatten sich ja anscheinend im realen Krieg mehr als bewährt.
Ab diesem Zeitpunkt erstarrte meiner Wahrnehmung nach das militärische Denken in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung. Man dachte diese in der Form des Krieges gegen den Irak als Kulmination der Sonderentwicklung des Kalten Krieges mit ihrer Reduktion. Man dachte ihn insbesondere als Einsatzweise von schweren Kampfpanzern und Schützenpanzern, und dem folgend betrieb man von da ab nur noch Strukturextrapolierung, was die mechanisierten Verbände, ihre Strukturen, ihre Doktrin, ihre Einsatzweisen und insbesondere ihre Ausrüstung angeht. Panzer (Kampfpanzer wie Schützenpanzer) wurden in bloßer Strukturextrapolierung wie folgt gedacht: Dreieck – mehr Panzerung – mehr Motor – mehr Feuerkraft. Entsprechend stiegen seitdem Gewicht und Mobilitätsprobleme sowie der logistische Fußabdruck immer weiter und weiter und sank die Quantität immer weiter.
Was eine gewisse Ironie ist, da im Kalten Krieg das MBT Konzept ja vor allem anderen ursprünglich die Frage der Quantität beantworten sollte, wie auch schon im 2WK seine Ursprünge in zunehmender Vereinheitlichung der Panzer wie der mechanisierten Kriegsführung vor allem der Frage der Quantität geschuldet waren. Man hatte also ursprünglich ein Konzept der Vereinheitlichung – um mehr Quantität zu erzeugen, und überspitzte dieses im Laufe der Zeit derart, dass gerade durch dieses Konzept die sinkende Quantität immer mehr zum Problem wurde. Dabei war der Ursprung das genaue Gegenteil was die Zielsetzung angeht.
Die stete evolutionäre Weiterentwicklung des immer selben Dreiecks führte zu immer höheren Kosten, immer größerem Regieaufwand und immer größerem Gewicht und damit zu immer mehr Einschränkungen der mechanisierten Kriegsführung. Dennoch stellte und stellt man diese Entwicklung nicht fundamental in Frage, auch wenn es selbst während des Kalten Krieges durchaus einige militärische Vordenker gab, die dies taten. Da alle (vor allem im Westen TM / der NATO) entsprechend gleich handeln (ein Resultat des Kalten Krieges und seiner spezifischen besonderen Anforderungen), wurde das grundsätzliche Konzept der heutigen mechanisierten Kriegsführung gar nicht weiter in Frage gestellt und wird auch nicht mehr wirklich diskutiert.
Stattdessen dreht man die Spirale aus Mehr Motor – Mehr Panzerung – Mehr Bewaffnung – Größeres Kaliber usw. einfach immer weiter. Obwohl damit die Idee des Generalistenpanzers (Mittlerer Panzer – Hauptkampfpanzer – MBT) zunehmend ad absurdum geführt wird. Entsprechende Probleme die sich daraus ergeben führen nicht dazu, dass man das Konzept selbst hinterfragt, sondern werden jeweils relativiert, oder wie auch hier in den Beiträgen weiter oben darauf geschoben, dass man eben einfach noch mehr Panzerung, noch mehr Kanone und um diese zu bewegen entsprechend einfach noch mehr Motorleistung (Mobilitätserhalt) benötigen würde (Stichwort Leopard 2 A4).
Das gleiche was die Frage der Systeme befallen hat, findet sich auch in Bezug auf das was heute unter mechanisierter Kriegsführung verstanden wird. Unisono werden einfach bestimmte Stichwörter raus gehaut: Gefecht verbundener Waffen – Durchbruch – Vorstoß in die Tiefe, als wären dies magische Zaubersprüche. Man verwendet selbst unter Soldaten solche Definitionen meiner Wahrnehmung nach zunehmend kontextlos. Man glaubt also, in der Taktik (!) gewisse eindeutige Prinzipien und Wirkmechanismen gefunden zu haben, die nicht nur optimal sind, sondern die darüber hinaus gar nicht anders gedacht werden können, weil sie allgemein gültig wären.
Man glaubt tatsächlich an nun dauerhaft gültige Regeln für Taktik und Operation – obwohl die Regeln welche man da als Axiome annimmt ein Resultat des Kalten Krieges und seiner spezifischen Umstände sind und obwohl die aus diesen Umständen resultierende Form mechanisierter Kriegsführung dann im weiteren immer mehr überspitzt und in negativer Form weiter entwickelt wurde, man könnte auch sagen entartet wurde.
Heute stehen wir deshalb meiner Meinung nach vor dem Problem, dass wir eine eingeschränkte Sicht haben, dass wir sozusagen Scheuklappen aufhaben, was Kampfpanzer / Panzer / mechanisierte Kriegsführung angeht. Wir beschränken uns gedanklich in Bezug auf diese, sowohl systemisch als auch in Bezug auf ihre zukünftige Entwicklung und Einsatzweise. Wir hängen zudem zu sehr gedanklich im Kalten Krieg fest (und hängen damit zu sehr an den Wurzeln der Konzepte des Kalten Krieges im 2WK) - was durch die erneute Feindschaft im Osten meiner Einschätzung nach noch verstärkt wird.
Die Übertechnisierung der mechanisierten Kriegsführung, die Frage der Quantität, die Frage der Kriegskosten, die Frage der Beschränktheit der aktuellen Konzepte in diesem Kontext und die geistige Erstarrung in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung führen meiner Meinung nach dazu, dass damit stattfindende Umbrüche / oder mögliche Umbrüche verpasst werden. Zu unserem Glück sind unsere Gegner aktuell noch ganz genau so geblendet – und stecken ebenfalls in der gleichen Sackgasse.
Aber wird das dauerhaft so bleiben ?! Und könnte und sollte man nicht besser diesen Umstand, dass die Gegner ebenfalls noch auf dem gleichen Weg sind, vor ihnen ausnützen ?
Um beschließend auf den Titel des Stranges zurück zu kommen: wir glauben heute meiner Meinung nach zu sehr an allgemeingültige Prinzipien in der Taktik und der Operation. Meiner Ansicht nach ist dies unser primärer Fehler. Meiner Meinung nach sind gerade in der Taktik und Operation nur sehr wenige Prinzipien langfristig gültig und ist gerade dieser Bereich viel weitgehender als die Strategie höchst unklar, von in Wahrheit unbekannten Regeln geprägt die man sich immer wieder neu durch Logik frei von allen Konventionen und allem bisherigen neu erschließen muss – und muss daher gerade im Bereich der Taktik und der Operation das bestehende immer wieder kritisch hinterfragt werden, gerade eben um sich daraus Vorteile erschließen zu können.
Demgegenüber halte ich die Strategie eher für den Bereich, in welchem Prinzipien greifbar sind (das ist übrigens konträr zur Auffassung von Clausewitz, der dies genau anders herum sieht). Da die Taktik aber der Strategie dient, zugleich aber unbestimmter ist und immer wieder neu von jeweils neuen unbekannten Prinzipien geprägt, stellt sie damit einen unsicheren Unterbau für die Strategie dar. Darin sehe ich in Bezug auf die mechanisierte Kriegsführung wie auch in Bezug auf die Kriegsführung im allgemeinen das aktuell primäre Problem unserer Doktrin und Auffassungen.