08.06.2025, 12:18
Ich bin über den DW-Artikel eher beiläufig gestolpert - ich hatte eher was über Mali und den Sahel gesucht - und hatte mich dann auch wieder an diesen Strang erinnert, den ich vor ein paar Jahren mal eingesteuert hatte. Fakt ist, dass dieser Bürgerkrieg in Kamerun, übrigens eine ehemalige deutsche Kolonie, mehr oder minder gar nicht zur Kenntnis genommen wird.
Dabei ist die Lage vor Ort überaus desolat, aber es genießen andere Krisen wie die Ukraine oder Gaza medial eben eine Vorzugsbehandlung, zumal man gerade mit den Palästinensern ja bekanntlich auch besser Politik betreiben kann als mit einer Krise in einem Land in Schwarzafrika, wo viele vermutlich erst mal auf dem Globus nachschauen müssten, wo es denn überhaupt liegt.
Gerade Deutschland sollte hier (als ehemalige Kolonialmacht) engere Bande zu diesem Land knüpfen. Aber stattdessen kommt mit Glück alle Jubeljahre mal ein deutscher Minister vorbei, lässt sich ablichten, betont die enge Verbundenheit zu Afrika, hängt sich ein farbiges Tuch um und entschwindet mit dem Flieger dann wieder. Und das war es dann für ein Jahrzehnt oder so.
Dabei wäre es geo- und sicherheitspolitisch interessant, wenn man hier die Zusammenarbeit vertiefen würde. Das meine ich nicht im spätkolonial-belehrenden oder überheblichen Sinne (und auch nicht im rein wirtschaftlichen), aber irgendwie hat man das Gefühl, dass Deutschland seine ehemaligen Kolonien vergessen hat bzw. wie die Katze um den heißen Brei herumschleicht, wenn es um dieses Thema geht. Da gibt es ab und an wohlfeile Bekundungen und manchmal auch einen herausgeputzten Multikulti-Afrikatag in der nahen Vorstadt, aber realpolitisch und vor Ort passiert sehr wenig. Und das ist meiner Meinung nach schade, denn es sind vergebene Chancen.
Schneemann
Dabei ist die Lage vor Ort überaus desolat, aber es genießen andere Krisen wie die Ukraine oder Gaza medial eben eine Vorzugsbehandlung, zumal man gerade mit den Palästinensern ja bekanntlich auch besser Politik betreiben kann als mit einer Krise in einem Land in Schwarzafrika, wo viele vermutlich erst mal auf dem Globus nachschauen müssten, wo es denn überhaupt liegt.
Zitat:Kamerun - die größte vergessene Flüchtlingskrise der Welthttps://www.dw.com/de/kamerun-die-gr%C3%...a-72778631
[3. Juni 2025]
Eine große Katastrophe und nur wenig weltweites Interesse - nirgends ist dieses Missverhältnis ausgeprägter als im Fall Kamerun, sagt der Norwegische Flüchtlingsrat. Wie ist die Lage in dem zentralafrikanischen Land? [...]
Wenn irgendwo auf der Welt ein Konflikt ausbricht, dann können Außenstehende in der Regel drei Dinge tun: Regierungen und Institutionen können auf diplomatischer Ebene vermitteln und durch Resolutionen oder Sanktionen politischen Druck ausüben. Hilfsorganisationen können die Not der betroffenen Zivilbevölkerung lindern - meist finanziert von Spenden oder staatlichen Zuwendungen. Und die Medien können durch ihre Berichterstattung den nötigen öffentlichen Druck schaffen.
Der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC), die größte humanitäre Organisation des skandinavischen Landes, untersucht Konflikte weltweit systematisch anhand dieser drei Kriterien. Gerade hat der NRC seine aktuelle Rangliste der vernachlässigten Krisen weltweit veröffentlicht. Acht der zehn Krisen spielen sich in Afrika ab. Ganz oben steht diesmal Kamerun, gefolgt von Äthiopien, Mosambik, Burkina Faso, Mali, Uganda, dem Iran, der Demokratischen Republik Kongo, Honduras und Somalia. [...]
Der NRC sortiert Kamerun in die niedrigste Kategorie medialer Aufmerksamkeit ("vernachlässigt") ein. Gleichzeitig bekommt der politische Wille zur Konfliktbeilegung 0 von 30 möglichen Punkten, und nur 45 Prozent der benötigten Hilfsgelder werden gewährt. Nach Angaben des NRC sind 1,1 Millionen Kameruner im eigenen Land auf der Flucht, dazu kommen noch einmal 480.000 Flüchtlinge aus anderen Staaten - die meisten von ihnen aus der Zentralafrikanischen Republik. [...]
Kamerun hat zwei Konflikte, die geografisch und politisch weit voneinander entfernt sind. Seit 2017 gibt es im Westen einen regelrechten Bürgerkrieg, dessen Ursachen gut 100 Jahre zurückreichen: Die frühere deutsche Kolonie wurde nach dem Ersten Weltkrieg unter britische und französische Verwaltung gestellt. Bis heute wird in den beiden westlichen Regionen North West und South West vorwiegend Englisch gesprochen. Radikale Kräfte wollen die Loslösung vom größeren, frankophon geprägten Teil erreichen und riefen 2017 eine eigene Republik aus. Immer wieder gibt es Anschläge oder Gefechte mit der Armee, bei denen bereits Tausende Menschen ums Leben kamen. Doch vor allem der zweite große Konflikt hat sich in jüngerer Zeit verstärkt: Die Tschadsee-Region, zu der auch der äußerste Norden Kameruns gehört, wird von grenzüberschreitend tätigen Islamisten destabilisiert. [...]
Der NRC schreibt in seinem Bericht, die Zukunftsaussichten für Kamerun seien ohne neue politische, humanitäre oder mediale Aufmerksamkeit "noch düsterer". NRC-Sprecherin Laila Matar bemängelt gegenüber der DW, dass Länder wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland ihre Budgets für Entwicklung und humanitäre Hilfe zusammengestrichen hätten, während in Verteidigung investiert wird.
Gerade Deutschland sollte hier (als ehemalige Kolonialmacht) engere Bande zu diesem Land knüpfen. Aber stattdessen kommt mit Glück alle Jubeljahre mal ein deutscher Minister vorbei, lässt sich ablichten, betont die enge Verbundenheit zu Afrika, hängt sich ein farbiges Tuch um und entschwindet mit dem Flieger dann wieder. Und das war es dann für ein Jahrzehnt oder so.
Dabei wäre es geo- und sicherheitspolitisch interessant, wenn man hier die Zusammenarbeit vertiefen würde. Das meine ich nicht im spätkolonial-belehrenden oder überheblichen Sinne (und auch nicht im rein wirtschaftlichen), aber irgendwie hat man das Gefühl, dass Deutschland seine ehemaligen Kolonien vergessen hat bzw. wie die Katze um den heißen Brei herumschleicht, wenn es um dieses Thema geht. Da gibt es ab und an wohlfeile Bekundungen und manchmal auch einen herausgeputzten Multikulti-Afrikatag in der nahen Vorstadt, aber realpolitisch und vor Ort passiert sehr wenig. Und das ist meiner Meinung nach schade, denn es sind vergebene Chancen.
Schneemann