19.04.2025, 20:42
@KheibarShekan
Zunächst: Das Atomprogramm ist ein höchst besorgniserregender Umstand (meine Eigenmeinung), und es ist einer, der den Nahen Osten unabsehbar durcheinander bringen könnte. Und ja, er spielt eine gewichtige Rolle, für die USA, für Israel (im besonderen), ggf. auch für die Russen und Europäer.
Aber I: Es ist auch richtig, dass die USA in gewisser Weise überreagieren und dem oftmals manichäischen Geiste ihrer Außenpolitik folgen, was ihren Blick vernebelt. Bzgl. Iran und der Ajatollahs war es so, dass man 1979 und nach dem Sturz des Shah tatsächlich nach einer Lösung suchte, wie man mit den Mullahs zusammenarbeiten könnte, ja dass man im State Department und in Langley händeringend nach einer Art von Ansatz oder Idee auf eine Zusammenarbeit suchte - hinter den Kulissen, wohlgemerkt. Scholl-Latour hat dies einmal gut umschrieben. Nach der Botschaftsbesetzung und v. a. nach den Terrorakten der Hisbollah im Libanon in den 1980ern sah man den Iran aber als erzkonservatives Böses an (und der Iran gab allen Anlass, dass man es so sehen kann), und man schrieb es sich auf die Fahnen, diesem terroristischen Monster die Zähne zu ziehen. Dass man Saddam im 1. Golfkrieg dann unterstützte, hat auch damit zu tun. Der Blick auf manche Facette der iranischen Politik ging aber verloren.
Aber II: Die fanatischen Blutsäufer der Säuberungen in Iran nach 1979, die Schwarzweißdenker auf iranischer Seite, ihr Fanatismus und ihr Wille, zwischen der US-Unterstützung Israels und dem Mossadegh-Sturz eine unabwendbare Schicksalsergebenheit des Kampfes hin zum "großen Satan" im Rahmen eines islamisch-schiitisch verklärten Antikolonialkampfes zu konstruieren - und nebenbei noch die Palästinenserfrage mit einzuspannen -, vernebelte es ihnen umgekehrt genauso, einen Ausgleich mit Washington zu suchen. Dass sie sich damit höchstselbst in einen Konflikt hineintrieben (den sie eigentlich gar nicht brauchen und auch nicht wirklich gewinnen konnten) und dass sie damit auch umgekehrt die Falken in den USA befeuerten, die ihnen in einem überdimensionierten Indianerkrieg nachzustellen trachteten und bereit waren, sahen sie natürlich nicht. Und sie wollen es heute immer noch nicht.
Insofern: Ja, das Atomprogramm ist ein Aspekt, der Kern des Dilemmas ist aber älter und vielschichtiger. Und der Iran hat seinen großen Anteil.
Schneemann
Zitat:Egal mit welchen Argumenten oder Mitteln. Mit Atom, ohne Atom. Das macht gar keinen Unterschied.Ja und Nein. In gewisser Weise gebe ich dir aber durchaus recht.
Zunächst: Das Atomprogramm ist ein höchst besorgniserregender Umstand (meine Eigenmeinung), und es ist einer, der den Nahen Osten unabsehbar durcheinander bringen könnte. Und ja, er spielt eine gewichtige Rolle, für die USA, für Israel (im besonderen), ggf. auch für die Russen und Europäer.
Aber I: Es ist auch richtig, dass die USA in gewisser Weise überreagieren und dem oftmals manichäischen Geiste ihrer Außenpolitik folgen, was ihren Blick vernebelt. Bzgl. Iran und der Ajatollahs war es so, dass man 1979 und nach dem Sturz des Shah tatsächlich nach einer Lösung suchte, wie man mit den Mullahs zusammenarbeiten könnte, ja dass man im State Department und in Langley händeringend nach einer Art von Ansatz oder Idee auf eine Zusammenarbeit suchte - hinter den Kulissen, wohlgemerkt. Scholl-Latour hat dies einmal gut umschrieben. Nach der Botschaftsbesetzung und v. a. nach den Terrorakten der Hisbollah im Libanon in den 1980ern sah man den Iran aber als erzkonservatives Böses an (und der Iran gab allen Anlass, dass man es so sehen kann), und man schrieb es sich auf die Fahnen, diesem terroristischen Monster die Zähne zu ziehen. Dass man Saddam im 1. Golfkrieg dann unterstützte, hat auch damit zu tun. Der Blick auf manche Facette der iranischen Politik ging aber verloren.
Aber II: Die fanatischen Blutsäufer der Säuberungen in Iran nach 1979, die Schwarzweißdenker auf iranischer Seite, ihr Fanatismus und ihr Wille, zwischen der US-Unterstützung Israels und dem Mossadegh-Sturz eine unabwendbare Schicksalsergebenheit des Kampfes hin zum "großen Satan" im Rahmen eines islamisch-schiitisch verklärten Antikolonialkampfes zu konstruieren - und nebenbei noch die Palästinenserfrage mit einzuspannen -, vernebelte es ihnen umgekehrt genauso, einen Ausgleich mit Washington zu suchen. Dass sie sich damit höchstselbst in einen Konflikt hineintrieben (den sie eigentlich gar nicht brauchen und auch nicht wirklich gewinnen konnten) und dass sie damit auch umgekehrt die Falken in den USA befeuerten, die ihnen in einem überdimensionierten Indianerkrieg nachzustellen trachteten und bereit waren, sahen sie natürlich nicht. Und sie wollen es heute immer noch nicht.
Insofern: Ja, das Atomprogramm ist ein Aspekt, der Kern des Dilemmas ist aber älter und vielschichtiger. Und der Iran hat seinen großen Anteil.
Schneemann