Gestern, 11:15
(Gestern, 06:21)Leuco schrieb: Wie viele SM3 sollten wir dann anschaffen? Weniger als 1000 würde dann ja wohl wenig Sinn machen. Alles andere ist nur Symbolik. Was kostet das 20 Mrd?
Wäre es nicht effektiver und auch günstiger die Plattformen zu bekämpfen von denen geschossen wird? Aus See würde das unter anderem Stärkung von ASW und ASuW bedeuten.
Zitat:Und warum kann eine SM-3 oder ein vergleichbarer neuer FK nicht landgestützt eingesetzt werden?
Nein. Die SM-3 wird vor allem benötigt um effektiv gegen MRBMs und, je nach Situation, IRBMS und ICBMs zu wirken. Das ist ein Wirkmittel gegen die absolute Speerspitze der ballistischen Raketen. SRBMs und TBMs hingegen lassen sich bspw auch mit der SM-6 (rund 34km maximale Wirkhöhe) abfangen. Teilweise (wenn auch eingeschränkter) mit landgestützten Patriot Batterien. Warum komm ich gleich zu.
1.000x SM-3 für die deutsche Marine alleine sind hier nicht wirklich erforderlich, da MRBMs vergleichsweise teure ballistische Flugkörper sind und im vergleich zu SRBMs und TBMs deutlich seltener als Artillerierakete eingesetzt werden. Eine Arleigh Burke Flt.III bspw verfügt im Bereich BMD standardmäßig über 8x SM-3 und 16x SM-6. Für die F127 wird hier über ein ähnliches loadout geplant sein, da auch hier die zu erwartende Bedrohung vor allem aus SRBMs und TBMs besteht, die auch einen Großteil des russischen Arsenals ausmachen. MRBMs werden ebenfalls relevant sein, aber in einem deutlich geringerem Maße.
Eine SM-3 kostet aktuell zwischen 10-15mio USD pro Stück. Wenn wir davon ausgehen, dass die Marine wirklich volle 8x F127 beschafft, die alle 8x SM-3 mitführen. Sagen wir mal pro Schiff werden 3x volle "Salven" an SM-3 beschafft, 1x Salve eingerüstet und 2x in Reserve, so sind das 24x SM-3 pro Schiff. Insgesamt also 192x SM-3, Beschaffungskosten (bei angenommenem Stückpreis von 12,5mio USD) liegen hier bei 2.4mrd USD bzw 2.25mrd Euro.
Eine Beschaffung von 1.000x SM-3 (was ich persönlich für overkill halte aber nehmen wir das mal an), liegt hier bei 12.5mrd USd bzw. 11.7mrd Euro. Da aber selbst für die gesamte USN "nur" 1.700 Stück geplant sind und nicht nur wir diese Fähigkeit im europäischen Kontext stellen werden, halte ich das wie gesagt für unnötig.
Die Startplattformen zu bekämpfen wäre zwar eine Möglichkeit, dabei gibt es jedoch ein entscheidendes Problem: Die Sowjets haben sich das damals auch gedacht weshalb so gut wie alle sowjetischen TBMs, SRBMs und MRBMs (teilweise auch IRBMs und ICBMs) sowie ihre russischen Nachfolgersysteme fahrzeuggestützt und somit mobil sind. Diese Batterien können in wenigen Stunden aufgefahren und einsatzbereit gemacht werden, da rechtzeitig den Starter aufzuklären und einen deep strike zu organisieren (der dann auch noch an der russischen Luftverteidigung vorbei muss UND treffen muss) bevor ein Abschuss erfolgt ist quasi unmöglich. Das wird bei "bekannten" Startern möglich sein, bspw durch Spionage aber aus einem "blinden" Zustand heraus, werden diese Fahrzeuge nicht rechtzeitig zerstört werden. Dementsprechend ist eine Fokussierung auf die Zerstörung dieser Plattformen so gut wie sinnlos.
Also warum die SM-3 oder ein vergleichbares Produkt nicht landgestützt einsetzen?. Letzteres ist schnell abgehandelt - es gibt schlicht kein vergleichbares Produkt. Die SM-3 ist der weltweit aktuell einzige Flugkörper, der MRBMs und hoch fliegende SRBMs effektiv bekämpfen kann.
Warum dann die SM-3 nicht landgestützt einsetzen? Kurz gesagt: Weil es ineffizient ist, das zu tun. Die SM-3 ist ein Flugkörper der, zumindest aktuell und in absehbarer Zukunft, ausschließlich mit dem AEGIS Combat System funktioniert. Dieser Flugkörper ist bis jetzt in kein anderes System integriert, kann dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht werden.
Die SM-3 gibt es durchaus in einer "landgestützten" Version, im Rahmen von AEGIS Ashore. Also letztendlich die Sensorinsel einer Arleigh Burke mit SPY Radar, CMS usw an Land aufgestellt mit dazugehörigem VLS Komplex. Warum sollte Deutschland das tun, wenn man AEGIS auch direkt in die neuen F127 integrieren kann? Zumal AEGIS nicht nur im BMD nützlich ist, sondern so ziemlich der Goldstandard in allen Bereichen der modernen Seekriegsführung ist. Warum Geld und Ressourcen investieren, um ein System an Land zu errichten um ausschließlich BMD zu betreiben, wenn das System auf See sowohl für BMD, als auch für die generelle Seekriegsführung genutzt werden kann? Man gibt seinem Biathleten ja auch nicht 2x Skier aber dann kein Gewehr...
Ich habe ja bereits angesprochen, dass eine Patriot Battiere deutlich geringere BMD Fähigkeiten als eine SM-6 besitzt. Und das obwohl die Patriot eine größere Dienstgipfelhöhe als die SM-6 besitzt. Woran liegt das? Naja stark vereinfacht gesagt: an AEGIS. Die Sensorik und das Feuerleitsystem der Patriot PAC-3 sind nicht zum abfangen ballistischer Bedrohungen ausgelegt. Das können sie zwar auch, aber wie bereits angesprochen in deutlich reduzierterem Maße. Das schränkt die Genauigkeit der Zielerfassung ein, schränkt die Detektionsweite und somit die Reaktionszeit der Batterie gegen ballistische Bedrohungen ein und führt dazu, dass besagte Ziele nicht wirklich effektiv und vor allem verlässlich bekämpft werden können.
AEGIS hingegen ist ein System, das von Anfang an, nebst seinen anderen Aufgaben, für BMD gedacht war. Sensorik, Software, Effektoren usw sind hervorragend für die Aufgabe geeignet und sind weltweit mit so gut wie nichts zu vergleichen. Unteranderem deswegen reißen sich Staaten wie Südkorea und Japan, die in sich in Bezug auf eine ballistische Bedrohungslage seitens Chinas in einer vergleichbaren Position befinden wie wir, ebenfalls um solche "AEGIS Equipped Vessels", kopieren teilweise die Arleigh Bruke Klasse fast 1 zu 1. Das brauchen wir so nicht, aber AEGIS ist, zumindest aktuell unverzichtbar.
Die Bewaffnung der F127 könnte somit, im Kontext der hier zu erwartenden Bedrohungslage, wie folgt aussehen:
- 8x SM-3 IIa (für MRBM, SRBM) [1x8 Mk41 Modul]
- 16x SM-6 Ia (für SRBM, TBM, nicht-ballistische Bedrohungen großer Reichweite) [2x8 Mk41 Modul]
- 24x SM-2 IIIa (für TBM und nicht-ballistische Bedrohungen mittlerer Reichweite) [3x8 Mk41 Modul, von der F124 übernommen]
- 64x ESSM IIb (für nicht-ballistische Bedrohungen mittlerer/kurzer Reichweite) [2x8 Mk41 Modul im quadpack]
insgesamt also 8x Mk41 Module (64x Zellen), davon 24x (SM-3/-6) zum vollwertigen BMD und 24x (SM-2) zum halbwertigen BMD (also auf sehr kurze Distanz) befähigt. ESSM und SM-2 lassen sich mittelfristig durch die IRIS-T SLM und SLX ersetzen, sobald Diehl mit der im letzten Jahr begonnenen Integration in das Mk41 VLS fertig ist. Inwiefern die IRIS-T HYDEF hier eine Aufgabe erfüllen kann bleibt abzuwarten. Offiziell wird hier von einer Reichweite von 100km und einer Dienstgipfelhöhe von 50km gesprochen, trotzdem handelt es sich hierbei erstmal um einen Flugkörper der auf hypersonische Bedrohungen ausgelegt sein wird. Inwiefern dieser Flugkörper also auch gegen ballistische Ziele eingesetzt werden kann, bleibt offen, vor allem in Bezug auf die Dienstgipfelhöhe. Aber auch mit all diesen Ersatzprodukten kommt man um AEGIS, das MK41 und das SPY6/7 einfach nicht drumherum. Für Diese ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln benötigt viel Aufwand und Geld, vlt ein ganzes Jahrzehnt bis ein einsatzbereites System zur Verfügung steht. Ist somit für die F127 irrelevant.