26.02.2025, 01:01
(25.02.2025, 22:18)Falli75 schrieb: Das ist unser Anteil an der europäischen Flotte.
Wobei hier allerdings das kleine aber feine Problem besteht, dass es keine europäische Flotte gibt. Die NATO existiert zwar, da dessen Zukunft aber mehr oder weniger in den Sternen steht, sollte man nicht unbedingt darauf bauen. Gleichzeitig sind auch nur eine der beiden europäischen Blue Water Navies Teil der EU, was koordinierte Aktionen kurz und mittelfristig nochmals erschweren wird.
Zitat:Da groß, stellen wir das. Konzentrieren uns aber sonst eher in der Luft, im Raum und an Land. Wir können nicht alles auch mit Sondervermögen u.ä. Expeditionskräfte können andere da bedeutend besser als wir.
Das sehe ich grundsätzlich anders. Bereits mit 2.12% des BIPs verfügt Deutschland über den weltweit 4. größten Verteidigungsetat. Je nach dem in welchem Umfang die Pläne der neuen Bundesregierung umgesetzt werden, wird es wahrscheinlich der 3. größte werden. Ein „können wir nicht“ ist hier schlicht nicht akzeptabel. Deutschland verfügt über entsprechende Geldmittel, Infrastruktur, eine militärische Schiffbauindustrie die in alle Welt exportiert und hat einiges an Gründen weltweit aktiv zu werden (dazu komm ich später noch). Personal wäre ein Punkt, aber auch das ist ein lösbares Problem. Wir könnten wenn wir wollten, gerade wollen wir nur nicht.
Unsere geostrategische Lage hat sich seit dem Ende des kalten Krieges signifikant verändert. Deutschland ist kein Frontstaat mehr. Gleichzeitig ist es eine der lediglich 3 europäischen Wirtschaften, die entsprechende Kapazitäten auf See überhaupt stellen können.
Sich in diesem Kontext auf die Territorialverteidigung zu fokussieren ist schlicht unlogisch. Vor allem im „neuen“ gesamteuropäischen Kontext. Da die Unterstützung der Vereinigten Staaten nicht mehr sicher ist, müssen die „Ressourcen“ die Europa noch hat möglichst effizient verteilt werden. Fähigkeitsdopplung im großen Maßstab können wir wirtschaftlich schlicht nicht kompensieren.
Zitat:Der Asiatische Raum ist nicht unser Spielfeld, da haben wir nichts verloren. Und wenn, ist unser Anteil Bluewater ja mit dabei.
Ganz im Gegenteil, wir haben ein riesiges Interesse am asiatischen Raum. Der Zustand „xyz Region hat uns nicht zu interessieren“ existiert im Kontext einer globalisierten Welt nicht, schon gar nicht als Industrie- und Handelsnation. Nach den Vereinigten Staaten ist der asiatische Raum mit großen Abstand unsere wichtigste außereuropäische Handelsregion. Mehr als 40% unseres außereuropäischen Handels finden im Indopazifik statt, knapp 495 Milliarden Euro an jährlichem monetären Handelsvolumen. China, Japan und Südkorea zählen zu unseren Top 20 Handelspartnern, Indien, Taiwan, Singapur und Malaysia zu unseren Top 40. Gerade Taiwan ist mir seiner Chipproduktion (die knapp 85% der in Deutschland eingesetzten Chips herstellt) wortwörtlich überlebenswichtig für die deutsche Wirtschaft.
Wenn sich morgen (als Beispiel) Indonesien dazu entscheidet, dass es Deutschland nicht mag und fortan den deutschen Seehandel nach und von Taiwan unterbindet, Frachtschiffe in der Straße von Malakka abfängt und zurückschickt, hätten wir dem aktuell nichts entgegenzusetzen. Indonesien unterhält eine mittelmäßig potente Marine und Luftwaffe aber in Kombination mit den geographischen Begebenheiten vor Ort und der schieren Entfernung zu europäischen Gewässern, wird daraus ein Gegner, den wir mit unseren aktuellen Assets nicht realistisch Paroli bieten können. Und bis die UN eine diplomatische Lösung in solchen Fällen gefunden hat, vergehen Monate. Bis dahin geht unsere Wirtschaft zugrunde und wir können nichts dagegen tun. Wir wären darauf angewiesen, dass Großbritannien (dessen Marine selber akute Personalprobleme und mit Vernachlässigungserscheinungen zu kämpfen hat) oder Frankreich (das parallel noch auf rund ein Dutzend Überseegebiete aufpassen muss und ebenfalls über ein begrenztes Einheitenportfolio verfügt) gerade „Zeit und Lust“ hätten, der größten Volkswirtschaft Europas den Hintern vor Indonesien zu retten.
In Anbetracht unserer wirtschaftlichen Lage seit 25 Jahren ist es eigentlich absurd, dass wir nicht ohnehin schon über solche Fähigkeiten verfügen. Nicht nur um international souverän und handlungsfähig zu sein, sondern auch um einen gewissen „Abschreckungsfaktor“ zu bieten um solchen Konfrontationen generell vorzubeugen. In klassisch deutscher Manier haben damit natürlich gewartet, bis uns die Sicherheitsgarantie der USA unter den Füßen weggebrochen ist und wir jetzt doof in die Röhre gucken, Schwamm drüber, aber jetzt wirds echt Zeit.