15.02.2025, 17:06
(15.02.2025, 10:38)Quintus Fabius schrieb: Hier und jetzt wären wir nicht einmal in der Lage die Ostsee wirklich unter Kontrolle zu kriegen. Wenn wir unsere Verbündeten zumindest wenigstens davon entlasten würden, wäre das gerade eben solidarisch.
Nun, die Gründe, warum das nicht solidarisch ist wurden hier von verschiedenen Seiten genannt, unter anderem auch von mir. Und dabei handelt es sich ja nicht um irgendwelche abstrakten Gedanken, vielmehr wird genau diese Haltung bereits seit Jahrzehnten praktiziert und von unseren Verbündeten zunehmend kritisiert.
Zitat:Zudem denkst du meiner Meinung nach die Marine zu sehr in Richtung Seekriegsführung. Sie müsste aber zunächst in Bezug auf den großen konventionellen Krieg als Unterstützung der Landkriegsführung gedacht werden
Die natürliche Perspektive des Heeres, alles hat der Unterstützung der Landkriegsführung zu dienen.

Zitat:Wir sprechen hier aber von nicht beherrschbaren Dimensionen. Wir sprechen hier von zehntausenden Seemeilen an Routen, und dann von 15 Fregatten (+/-) welche sich auf diese verteilen würden. Wir sprechen hier von nicht durchhaltefähigen Strukturen welche weitab in fernen Meeren agieren sollen. Das sind alles meiner Ansicht nach Wunschvorstellungen die fernab jeder praktisch umsetzbaren Realität sind.
Es sind zumindest mal völlig falsche Vorstellungen davon, wie der Schutz der Seewege praktisch funktioniert. Dieser geschieht über den punktuellen Schutz an einzelnen maritimen Engstellen (Chokepoints), an denen ein Ausweichen gegenüber dem Feind gar nicht oder zumindest nicht ohne deutliche Nachteile möglich ist, oder (im Kriegsfall) die der Feind entsprechend passieren muss um überhaupt eine Gefahr darzustellen. Parallel dazu kann die Konvoibildung als ein begleitender Schutz in der Fläche notwendig werden, das hängt dann von den konkreten Szenarien ab. Und natürlich ist das ein enormer Aufwand, der aufgrund der Abhängigkeit notwendig ist, weswegen hier ein starkes Engagement besonders wichtig wäre.
Zitat:Und für viele der von dir genannten Probleme gibt es wesentlich bessere und sehr viel kostengünstigere Lösungen als Fregatten zu bauen. Beispielsweise kann man den Seeverkehr gegen Piraten sehr viel besser und sehr viel kostengünstiger mit Begleitinfanterie auf den zivilen Schiffen sichern als mit einer Fregatte.
Das sind halt Speziallösungen für Spezialfälle, also solche, die unter eng gefassten Rahmenbedingungen funktionieren und deshalb besonders effizient sind, denen aber das breite Spektrum fehlt und die deshalb jegliche Flexibilität vermissen lassen. Die Marine braucht keine Spezialisten, sondern Universalisten. Die mögen dann im Zweifel gegen eigenwirtschaftlich handelnde Piraten ineffizient sein, können dafür aber eben auch mehr als nur das.
Zitat:Und weiterhin muss ich dir vorwerfen, dass du zu unkonkret bist. Welche Seeroute genau wird von welchen deutschen Marineeinheiten exakt gegen welche Bedrohung genau gesichert ?!
Mit dem Vorwurf, dass ich nicht die nächsten Jahrzehnte Weltgeschichte vorhersage, kann ich gut leben. Und umgekehrt könnte ich dir vorwerfen, dass du dich nur und ausschließlich auf einen großen, konventionellen Krieg in Europa fokussierst (und den zu eng als Landkrieg in Osteuropa betrachtest), und damit alle anderen Entwicklungsstränge in der Welt (und von denen gibt es ja nun einige) völlig hinten an stellst. Es ließe sich nun trefflich darüber diskutieren, was nun wahrscheinlicher ist, ein offener Krieg mit Russland, oder irgendwelche Stellvertreterkriege, asymmetrische Angriffe auf unsere Wirtschaft, usw. - aber ich sehe mich nicht als Propheten und werde dazu nichts sinnvolles beitragen können.
Was meiner Meinung nach schon immer notwendig war und in einer immer weniger vorhersagbaren Welt immer wichtiger wird ist eine universelle Marine, mit der flexibel agiert werden kann. Egal ob nun gegen Russland in der Ostsee und dem Nordmeer, gegen die Huthi im Roten Meer oder im Golf von Aden, oder gegen wen auch immer wo auch immer. Die Mittel werden immer fordernder, die Strukturen der Akteure zunehmend komplexer, und als größte Volkswirtschaft Europas und mit unserer Abhängigkeit vom Seehandel müssen wir uns der Verantwortung bewusst werden.